BundesrechtBundesgesetzeStrafvollzugsgesetz§ 133a

§ 133aVorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes

(1) Hat ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate, verbüßt, so ist vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn

1. gegen ihn ein Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot besteht,

2. er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs. 1 Z 17 AsylG) unverzüglich nachzukommen, und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird, und

3. der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen.

(2) Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 solange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzuges bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

(3) Der Anstaltsleiter hat Verurteilte, die innerhalb des nächsten Vierteljahres die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 und 2 erreichen und über die ein Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot verhängt wurde, über die sonstigen Voraussetzungen des vorläufigen Absehens zu informieren und die zuständige Fremdenbehörde um Stellungnahme zu ersuchen, ob einer Ausreise Hindernisse entgegenstehen.

(4) Die Entscheidung über das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes steht dem Vollzugsgericht zu (§ 16 Abs. 2 Z 10).

(5) Der Anstaltsleiter hat die zuständige Fremdenbehörde vom vorläufigen Absehen wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes zu informieren und im Einvernehmen mit dieser Behörde erforderlichenfalls die Überstellung des Verurteilten in die zur Erfüllung der Ausreiseverpflichtung am zweckmäßigsten erscheinende Justizanstalt zu veranlassen. Die zuständige Fremdenbehörde hat dann die Überwachung der Ausreise in den Herkunftsstaat sicher zu stellen und die Justizanstalt sowie das Vollzugsgericht von der erfolgten Ausreise in Kenntnis zu setzen. Bei freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen sowie Inhabern eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EG“ eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, ist die Überwachung der Ausreise bis zur Grenze sicher zu stellen. Kommt der Verurteilte seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder kehrt er während der Dauer des Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes in das Bundesgebiet zurück, so ist er von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes wieder in Haft zu nehmen und in die nächstgelegene Justizanstalt zu überstellen.

(6) Die zuständige Fremdenbehörde hat die Justizanstalt vom Zeitpunkt des Ablaufs der Gültigkeitsdauer oder der Aufhebung des Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes zu verständigen. Mit diesem Zeitpunkt gilt die Freiheitsstrafe als vollzogen.

Entscheidungen
5
  • Rechtssätze
    2
  • RS0124016OGH Rechtssatz

    02. Oktober 2008·2 Entscheidungen

    Bei der Beurteilung der Voraussetzungen des § 133a StVG, die im (gebundenen) Ermessen der Gerichte liegt, ist einerseits die konkrete Möglichkeit anderer vergleichbarer Maßnahmen zu beachten (nämlich insbesondere ein Vorgehen nach dem EU-JZG, nach zwischenstaatlichen Übereinkommen über die Übernahme der Strafvollstreckung, ein Absehen vom Strafvollzug wegen Auslieferung nach § 4 StVG oder eine bedingte Entlassung), andererseits ist zu prüfen, ob der Anwendung dieser Bestimmung generalpräventive Gründe entgegenstehen. Das dem Gericht eingeräumte Ermessen wird im Gesetz dadurch eingeschränkt (und insoweit „konkretisiert"), als die Maßnahme in den in § 133a Abs 2 StVG aufgezählten Fällen jedenfalls unzulässig ist; darüber hinaus können aber-zufolge der allgemein gehaltenen Formulierung des Abs 1 leg cit - auch (über die in Abs 2 genannten Ausschlussgründe hinaus) generalpräventive Erwägungen in Betracht kommen, die einem vorläufigen Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots hinderlich sind. Die bloß abstrakte Möglichkeit der Erwirkung der Übernahme der Strafvollstreckung durch das Heimatland stellt indes keinen ausreichenden Hinderungsgrund dar; vielmehr müssen konkrete Umstände die Annahme rechtfertigen, dass gerade im Anlassfall eine andere vergleichbare Maßnahme Platz greifen werde. Eine Verweigerung der Maßnahme nach § 133a StVG aus rein spezialpräventiven Überlegungen widerspricht der ratio legis, soll doch dem spezialpräventiven Vollzugszweck - der allein darin liegt, den Rechtsbrecher von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten gerade auch durch die Ausreise des Verurteilten aus dem Bundesgebiet, verbunden mit der Androhung des sofortigen Strafvollzugs für den Fall der Missachtung seiner Ausreiseverpflichtung oder seiner neuerlichen Einreise nach Österreich während des aufrechten Aufenthaltsverbots (Abs 3 leg cit), nachhaltig Rechnung getragen werden.