JudikaturOLG Graz

8Bs1/24v – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
10. Januar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ohrnhofer (Vorsitz) und die Richter Mag. Koller und Mag. Petzner, Bakk. in der Strafvollzugssache des A* wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbots nach § 133a StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 19. Dezember 2023, GZ 83 BE 297/23t-3, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Klagenfurt die mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 23. Jänner 2023, AZ 10 Hv 111/22x, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 1 erster Fall und Abs 2 zweiter Fall, 15, 12 dritter Fall StGB, der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB verhängte 24-monatige Freiheitsstrafe mit dem Strafende am 15. Dezember 2024.

Die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit am 15. Dezember 2023 wurde mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 17. November 2023, AZ 83 BE 246/23t, rechtskräftig abgelehnt. Am 15. April 2024 werden zwei Drittel der Strafzeit verbüßt sein.

Gegen den Strafgefangenen besteht im Sinne des (rechtskräftigen) Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 24. Februar 2023 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von sieben Jahren (ON 2, S 13 ff). Der Strafgefangene verfügt über ein gültiges Ausreisedokument und könnte die von der Fremdenpolizei Wien überwachte Ausreise selbst finanzieren (ON 2, S 1, 3 und 5).

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Vollzugsgericht konform der negativen Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 2, S 3) den Antrag des Strafgefangenen vom 4. Dezember 2023 auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots gemäß § 133a StVG mit Blick auf die Art und Schwere der vollzugsgegenständlichen Straftaten aus generalpräventiven Gründen ab (ON 3).

Dagegen richtet sich die zulässige und rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 4).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde bleibt erfolglos.

Der Inhalt der in Vollzug stehenden Verurteilung sowie die für das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbots maßgebliche Norm des § 133a Abs 1 und 2 StVG wurden bereits im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt, sodass darauf verwiesen werden kann.

Auch das generalpräventive Kalkül des Erstgerichts ist nicht zu beanstanden.

Die „Schwere der Tat“ im Sinne des § 133a Abs 2 StVG stellt auf den sozialen Störwert (die kriminelle Bedeutung [RIS-Justiz RS0091863]) einer Tat ab. Für die Annahme einer Tatschwere nach § 133a Abs 2 StVG müssen – als Ausnahmesatz – gewichtige Gründe vorliegen, die sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig auftretenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, wobei nicht nur der Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern auch das Interesse an der Festigung genereller Normentreue in der Bevölkerung zu beachten ist. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein. Gewichtige Umstände, die sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen (vgl Jerabek / Ropper in WK 2 StGB § 43 Rz 18 und § 46 Rz 16).

Das hier unter anderem in Vollzug stehende Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 1 erster und Abs 2 zweiter Fall StGB ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht. Hierin liegt bereits eine gesetzliche Vorbewertung, die zum Ausdruck bringt, dass es sich bei in gewerbsmäßiger Absicht verübten Diebstählen durch Einbruch um Delikte handelt, denen ein hoher sozialer Störwert innewohnt. Der Beschwerdeführer hat jeweils in Gesellschaft eines Mittäters und in gewerbsmäßiger Absicht innerhalb von nur 13 Tagen in zehn Angriffen Geldbörsen samt Bargeld gestohlen (I./A./), mit den dabei widerrechtlich erlangten Bankomatkarten insgesamt 19 Geldbehebungen getätigt und damit nach § 129 Abs 1 Z 3 StGB qualifizierte Einbruchsdiebstähle verwirklicht (I./B./), wobei es bei zwei davon aufgrund zwischenzeitiger Kartensperre bzw. mangels Kenntnis des Pin-Codes beim Versuch blieb. Der Beutewert beläuft sich insgesamt auf mehr als EUR 13.000,00, daneben hat der Beschwerdeführer auch die Entfremdung der insgesamt sieben Bankomatkarten (II./) sowie die Unterdrückung unzähliger Urkunden (III./) zu verantworten. Die einschlägigen Verurteilungen in Rumänien, Italien, den Niederlanden, Deutschland und Großbritannien (ON 9 der Akten 83 BE 246/23t des Landesgerichts Klagenfurt) belegen zudem, dass es sich bei den vollzugsgegenständlichen Taten um einen Fall von Kriminaltourismus handelt (RIS-Justiz RS0120234 [T2]) und sich diese damit gesamthaft betrachtet von den regelmäßig auftretenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens deutlich abheben. Die Art und Schwere der vom Verurteilten verübten Taten erfordern daher den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe sowohl zur Abschreckung potentieller Täter (negative Generalprävention) als auch zur Bekräftigung des Geltungsanspruchs der Rechtsordnung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung des Vertrauens der Bevölkerung auf die Durchsetzung des Rechts sowie zur Vermeidung einer Bagatellisierung derartiger schwerwiegender Taten (positive Generalprävention).

Die in der nachgereichten Eingabe vom 3. Jänner 2024 vorgebrachten Argumente betreffen bei der Prüfung der Voraussetzungen nach § 133a StVG nicht maßgebliche spezialpräventive Erwägungen ( Pieber in WK² StVG § 133a Rz 17 und 19).

Der Ausschluss eines weiteren Rechtszugs gründet auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.

Rückverweise