JudikaturOLG Wien

14R32/25s – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
23. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Koch als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Schaller und Dr. Heissenberger in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei Marktgemeinde B* , **, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in Horn, wegen EUR 4.194,28 sA über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 3.093,04 sA) gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 31.1.2025, ** 19, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 731,90 bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung (darin enthalten EUR 121,98 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Dem Kläger suchte für die Schaffung einer PKW-Parkfläche auf seinem Grundstück bei der beklagten Marktgemeinde um eine Baubewilligung an. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 20.8.2020 wurde ihm ua für die Errichtung einer Steinschlichtung und Geländeanschüttung eine Baubewilligung erteilt. Im Frühsommer 2023 begann der Kläger mit der Geländeanschüttung und verwendete für die Einfriedung mittels Steinschlichtung Schalsteine, wobei er davon ausging, dass dies vom Bewilligungsbescheid umfasst sei.

Am 29.8.2023 fand durch den Bürgermeister der Beklagten und einen Amtssachverständigen eine baupolizeiliche Überprüfung vor Ort statt. Der Kläger wurde davon im Vorfeld nicht verständigt und er war auch nicht anwesend. Der Amtssachverständige wurde im Vorfeld nicht über die erteilte Baubewilligung vom 20.8.2020 informiert und wusste daher im Zeitpunkt der Überprüfung nichts davon. Einsicht in den Bauakt wurde vor der Überprüfung nicht genommen.

Bei der Überprüfung wurde festgestellt, dass die am Grundstück des Klägers geplanten Einfriedungen nach § 14 Z 2 der NÖ BauO 2014 bewilligungspflichtig sind. Mangels näherer Kenntis der Sachlage hat der Amtssachverständige nur überprüft, ob es sich bei den vorgenommenen Baumaßnahmen grundsätzlich um ein Bauwerk iSd NÖ BauO handelt, und ob dieses einer Bewilligungspflicht unterliegt. Da er davon ausging, dass kein Bewilligungsbescheid vorliegt, und dieser Umstand auch von Seiten des Bürgermeisters nicht aufgeklärt wurde, blieb ungeprüft, ob die vom Kläger vorgenommenen Baumaßnahmen von dem bestehenden Bewilligungsbescheid abweichen; es wurde nicht untersucht, ob sich eine Schalsteinmauer von einer Steinschlichtung unterscheidet und damit ein „konsensloses Bauwerk“ vorliegt.

Die Beklagte erließ am 30.8.2023 einen Abbruch- und einen Baustoppbescheid jeweils mit der Begründung, dass für die errichtete Einfriedung keine baubehördliche Bewilligung erteilt worden sei. Außerdem zeigte die Beklagte den Kläger bei der Bezirkshauptmannschaft C* wegen einer Verwaltungsübertretung (Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne rechtswirksame Baubewilligung) an.

Über vom Kläger erhobene Berufungen hob die Beklagte die beiden Bescheide jeweils mit Berufungsvorentscheidung vom 26.9.2023 zur Gänze auf. Dies mit der Begründung, dass für die Errichtung der Einfriedung eine baubehördliche Bewilligung vorliege.

Das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Kläger wurde - nach einer schriftlichen Rechtfertigung, einer Einvernahme und einem Einstellungsantrag des Klägers - letztlich am 25.10.2023 eingestellt.

Der Kläger zahlte insgesamt 4.194,28 Euro an Kosten für seinen Rechtsanwalt für die Bekämpfung der beiden Bescheide sowie für seine Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren (näher aufgeschlüsselt; siehe Urteil S 4 ff) und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 13.11.2023 zum Ersatz auf.

Mit vorliegender Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung dieser Anwaltskosten aus dem Titel der Amtshaftung. Er brachte dazu soweit für das Berufungsverfahren noch von Relevanz und stark verkürzt vor, der Bürgermeister der Beklagten habe als Baupolizei unter Androhung unmittelbarer behördlicher Befehls und Zwangsgewalt nach einer unangekündigten baupolizeilichen Überprüfung vor Ort die beiden genannten Bescheide (Abbruch- und Baustoppbescheid vom 30.8.2023) erlassen und dabei, sowie bei der Anzeige an die Verwaltungsstrafbehörde unvertretbar rechtswidrig gehandelt. Es sei dabei in unvertretbarer Weise nicht berücksichtigt worden, dass er über eine rechtskräftige Baubewilligung vom 20.8.2020 verfügt habe. Er sei dazu vorab nicht angehört worden und es sei auch nicht in den Bauakt Einsicht genommen worden. Im Zusammenhang mit dem erfolgreichen Rechtsmittelverfahren zur Bekämpfung dieser Bescheide sowie im Zusammenhang mit dem Verwaltungsstrafverfahren, welches letztlich eingestellt worden sei, seien ihm Kosten für seine rechtsanwaltliche Vertretung entstanden, die er an seinen Rechtsvertreter überwiesen habe.

Die Beklagte wandte auf das noch Wesentliche zusammengefasst ein, mit der Baubewilligung vom 20.8.2020 sei unter anderem die Errichtung einer Steinschlichtung und einer Geländeanschüttung bewilligt worden. Wie aber bei der Begehung vom 29.8.2023 festgestellt worden sei, habe der Kläger nicht die genannte Steinschlichtung ausgeführt, sondern eine Schalsteinmauer, welche einer eigenen Bewilligung oder baubehördlichen Einreichung bedürfe. Nachdem der Bürgermeister darüber informiert worden sei, dass der Kläger ein neues Bauvorhaben einreichen werde, habe er die angefochtenen Abbruch und Baustoppbescheide in zwei Berufungsvorentscheidungen aufgehoben. Jedenfalls unterliege die errichtete Schalsteinmauer einer eigenen Bewilligungspflicht und stimme nicht mit der bewilligten Steinschlichtung überein. Der Kläger habe daher die entstandenen Rechtsanwaltskosten selbst verschuldet, da er keinen von der Baubewilligung gedeckten Baukonsens geschaffen habe. Die nicht der Baubewilligung entsprechende Ausführung des Bauvorhabens stelle eine Verwaltungsübertretung nach der NÖ BauO dar, weshalb er auch die Kosten für seine rechtsfreundliche Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren aufgrund seines Alleinverschuldens zu tragen habe. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten liege mangels unvertretbarer Rechtsansicht nicht vor. (Weitere Einwendungen zur Höhe der Klageforderungen sind nicht mehr berufungsgegenständlich.)

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren mit 3.093,04 Euro samt 4 % Zinsen seit 14.11.2023 statt und wies das Mehrbegehren von 1.101,24 Euro sA (rechtskräftig) ab. Es traf die auf den Seiten 9 bis 23 der Urteilsausfertigung enthaltenen umfangreichen Sachverhaltsfeststellungen, die eingangs gekürzt wiedergegeben wurden und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Dieser Sachverhalt ist im Berufungsverfahren nicht mehr strittig.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass der Bürgermeister der Beklagten bei Erlassung des Baustopp- und des Abbruchbescheides, sowie bei seiner Anzeigeerstattung an die BH C* im Rahmen der Vollziehung der Gesetze gehandelt habe und dieses Handeln daher § 1 Abs 1 AHG unterliege. Diese Rechtshandlungen seien als unvertretbar zu qualifizieren. Die beiden Bescheide sowie die Anzeige seien mit der Begründung vorgenommen worden, der Kläger habe ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben (und zwar eine Geländeanschüttung und Einfriedung mittels Steinschlichtung, wobei der Kläger für letzteres Schalsteine verwendet habe) ohne eine entsprechende Baubewilligung ausgeführt, obwohl eine solche bestanden habe und dies durch Einsichtnahme in den Bauakt auch leicht in Erfahrung zu bringen gewesen wäre. Hätte der Bürgermeister den Amtssachverständigen bei der baupolizeilichen Überprüfung darüber aufgeklärt, dass eine Baubewilligung vorliege, so wäre richtigerweise geprüft worden, ob das vom Kläger errichtete Bauwerk der ursprünglichen Baubewilligung entspreche, und nicht, ob vom Kläger ein Bauwerk gänzlich ohne entsprechender Bewilligung errichtet worden sei. Der Kläger sei außerdem zu keinem Zeitpunkt von der Überprüfung verständigt worden und es sei ihm keine Äußerungsmöglichkeit eingeräumt worden. Die Berufungsvorentscheidungen der Beklagten führten zudem rechtskräftig aus, dass für das Bauwerk eine Baubewilligung bestehe. Damit seien die bekämpften Bescheide jedenfalls unvertretbar unrichtig gewesen und der Kläger sei gezwungen gewesen, dagegen vorzugehen. Auch die Anzeige habe aus der mangelnden Sachverhaltsermittlung resultiert. Ein Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens sei nach der Rechtsprechung bei Bescheiderlassung ohne Wahrung des rechtlichen Gehörs unbeachtlich.

Hinsichtlich der Höhe der zugesprochenen Vertretungskosten wird auf die ausführliche Begründung im angefochtenen Urteil verwiesen, zumal sich die Berufung nicht gegen die Höhe des Zuspruchs wendet.

Gegen den der Klage stattgebenden Teil dieses Urteils richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das Klagebegehren auch diesbezüglich abzuweisen, und einem hilfsweise erhobenen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Die Beklagte ficht in ihrer Berufung den festgestellten Sachverhalt nicht an. Sie rügt in ihrer Rechtsrüge zusammengefasst die rechtliche Schlussfolgerung des Erstgerichts, dass der Beklagten eine unvertretbare Rechtsanwendung vorzuwerfen wäre, im Wesentlichen mit derselben Begründung, wie schon in erster Instanz. Da der Kläger entgegen seiner Bewilligung eine Schalsteinmauer errichtet habe, obwohl die Errichtung einer Steinschlichtung bewilligt worden sei, habe er somit schuldhaft einen baukonsenswidrigen Zustand hergestellt und dafür „alleine zu haften“. Nach ständiger Verwaltungspraxis und Judikatur des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich handle es sich bei der Errichtung einer Schalsteinmauer um ein „rechtliches Aliud“. Daher weiche das vom Bauwerber verwirklichte Projekt von der erteilten Bewilligung ab. Wie der Amtssachverständige ausgeführt habe, bedürfe die Errichtung einer Schalsteinmauer einer gesonderten Baubewilligung, sodass der Bürgermeister der Beklagten eine rechtsrichtige Schlussfolgerung gezogen habe. Es sei daher auch rechtlich irrelevant, ob im Rahmen der baupolizeilichen Aufsicht Einsicht in den Bauakt genommen worden sei. Die festgestellten Bescheide seien daher in einer jedenfalls vertretbaren Rechtsanwendung erlassen worden, vielmehr wäre ein Nichthandeln unvertretbar gewesen. Auch sei es rechtsrichtig und vertretbar gewesen, aufgrund der Verwaltungsübertretung des Klägers die zuständige Bezirkshauptmannschaft zu verständigen. Der Kläger habe die Kosten seiner Vertretung alleine verschuldet bzw verursacht; es handle sich dabei um „Sowieso Kosten“.

2. Mit diesen Berufungsausführungen setzt sich die Beklagte mit der konkreten rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts - die besonders ausführlich und gründlich erfolgt ist (Urteil S 23 bis 27) - nicht auseinander und geht damit zum Teil auch nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Eine Rechtsrüge ist aber nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie darlegt aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint (vgl RISJustiz RS0043605). Dabei ist strikt vom festgestellten Sachverhalt auszugehen (RS0043312, RS0043605).

Es ist daher nach § 500a ZPO zunächst darauf zu verweisen, dass das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts inhaltlich billigt und die Rechtsmittelausführungen der Beklagten für nicht stichhaltig hält. Es kann daher auf die vom Erstgericht dargelegten Entscheidungsgründe verwiesen werden, und es reicht aus, auf die im Lichte der Berufungsausführungen als wesentlich erscheinenden Punkte in der Folge begründend einzugehen.

3.Die Ausführungen der Berufung zur Beweislast für ein allfälliges Mitverschulden der Beklagten gehen schon deswegen ins Leere, weil im Verfahren erster Instanz von der Beklagten ein Mitverschuldenseinwand nicht erhoben wurde (RS0050022 [T3]). Außerdem kann ein Verhalten des Geschädigten, dass die behördliche Tätigkeit überhaupt erst ausgelöst hat, regelmäßig kein Mitverschulden begründen. Auch auf ein allenfalls rechtswidriges Verhalten des (später) Geschädigten haben die hoheitlich tätig werdenden Organe gesetzmäßig zu reagieren. Ein Verhalten, das bereits vor dem Einschreiten der Behörde abgeschlossen wurde, kann regelmäßig kein Mitverschulden des Geschädigten begründen (RS0050022 [T6]). Ein Mitverschuldenseinwand ist daher hier – abgesehen davon, dass er in erster Instanz gar nicht erhoben wurde – unzulässig und unbeachtlich.

4. Die Ausführungen der Berufungswerberin zu „Sowieso Kosten“ sind für das Berufungsgericht nicht nachvollziehbar. Unter SowiesoKosten werden im allgemeinen Gewährleistungsrecht Mehrkosten verstanden, die bei der durch den Werkunternehmer durchgeführten Mängelbehebung anfallen, welche aber die Herstellung eines mangelfreien Werks von vornherein erfordert hätten (RS0115106). Im Bereich des Schadenersatzrechts (bzw des Amtshaftungsrechts) hat dieser Rechtsbegriff keinen Anwendungsbereich.

Sofern die Beklagte damit inhaltlich den schadenersatzrechtlichen Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erheben wollte, ist darauf schon das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht zutreffend eingegangen. Auf diese rechtliche Beurteilung im angefochtenen Urteil kommt die Berufung mit keinem Wort zurück und legt nicht dar, aus welchem Grund sie unrichtig sein sollte. Die Rechtsrüge ist daher nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (RS0043603) und das Berufungsgericht hat sich mit der Beurteilung dieser selbständigen Rechtsfrage nicht weiter auseinander zu setzen (vgl RS0043338 [T20, T32]).

Zusätzlich sei aber zu dem von der Beklagten an mehreren Stellen ihrer Berufung benutzten Argument der „Sowiesokosten“ noch gesagt, dass sich jene Kosten, die der Kläger allenfalls aufwenden hätte müssen, um das Bauwerk der Bauordnung gemäß auszuführen, oder für das errichtete Bauwerk eine entsprechende nachträgliche Bewilligung zu erreichen, von den klagegegenständlichen Vertretungskosten in sachlicher Hinsicht (aber auch der Höhe nach) unterscheiden, sodass diesbezüglich jedenfalls nicht derselbe Schaden vorliegt.

5.Die Ausführungen in der Berufung dazu, dass es sich bei der errichteten Schalsteinmauer nach der Verwaltungsjudikatur (bei dem Zitat des VwGH handelt es sich offenbar um ein Fehlzitat; richtig wohl: VwGH 24.2.2016, Ro 2015/05/0012 RS7) um ein „rechtliches Aliud“ handle, gehen am Rechtsthema vorbei. Die Berufungswerberin verkennt damit die rechtlichen Schlussfolgerungen des Erstgerichts. Dieses ging ohnehin davon aus, dass der Kläger über eine Baubewilligung für die Geländeanschüttung und die Steinschlichtung verfügte, diese aber mittels Schalsteinen errichtet hat. Ob und allenfalls inwiefern sich die errichtete Schalsteinmauer von der bewilligten Steinschlichtung unterscheidet, ob also ein „rechtliches Aliud“ iSd verwaltungsrechtlichen Judikatur vorliegt, konnte mangels Berücksichtigung der erteilten Baubewilligung vor der Erlassung der Bescheide nicht geprüft werden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist aber eine entsprechende Beweisaufnahme, insbesondere durch Einsicht in den für die Liegenschaft bestehenden Bauakt, eine Grundvoraussetzung für einen baupolizeilichen Auftrag nach § 35 NÖ BauO (vgl VwGH Ra 2023/05/0231 zur NÖ BauO 2014, 2004/05/0004 zur BauO NÖ 1996).

Haftungsansatz ist hier demnach, dass im Vorfeld der Erlassung der beiden Bescheide nicht in den Bauakt Einsicht genommen wurde, und der Amtssachverständige auch sonst nicht über die bestehende Baubewilligung informiert wurde (obwohl der Bürgermeister nach den Feststellungen selbst Kenntnis von der Baubewilligung gehabt hat). Zudem wurde der Kläger vor der Überprüfung nicht davon verständigt und ihm vor der Bescheiderlassung auch keine Äußerungsmöglichkeit eingeräumt. Diesbezüglich ist das Erstgericht offenbar (implizit aber zutreffend) davon ausgegangen, dass im Falle einer Einsichtnahme in den Bauakt bzw einer Verständigung des Klägers die rechtskräftig erteilte Baubewilligung entsprechend berücksichtigt worden wäre. Die bekämpften Bescheide waren daher jedenfalls in ihrer Annahme, es liege für das errichtete Bauwerk (überhaupt) keine Baubewilligung vor, unvertretbar unrichtig . Eine diesbezügliche Fehlbeurteilung ist dem Erstgericht nicht vorzuwerfen.

6.Ein im vorliegenden Fall zu erkennender Verfahrensmangel in Form eines Verstoßes gegen § 11 Abs 1 AHG wird in der Berufung nicht geltend gemacht. Der nicht näher begründeten Ansicht von Ziehensack(AHG² § 11 Rz 25), es handle sich „ um einen derart gravierenden Verfahrensmangel, dass ein Nichtigkeitsgrund verwirklicht wird“, ist nicht zu folgen, da er in seiner Tragweite nicht mit den Nichtigkeitsgründen in § 477 ZPO vergleichbar ist.

7. Soweit die Berufungswerberin in diesem Zusammenhang darauf hinweisen möchte (Berufung S 6 f), dass nach der NÖ Bauordnung 2014 nicht (mehr) zu prüfen wäre, ob die ausgeführten Bauwerke bewilligungsbzw anzeigefähig seien, und kein Alternativauftrag zur Einholung einer nachträglichen Baubewilligung zu erteilen sei, so mag dieser Hinweis richtig sein (vgl VwGH Ra 2015/05/0046; Ra 2018/05/0206; Ra 2020/05/0111 RS3). Dies ändert allerdings nichts an der rechtlichen Beurteilung. Dass auch unter Berücksichtigung der rechtskräftigen Baubewilligung, über die der Kläger verfügt hat, inhaltsgleich ein Baustopp- und ein Abbruchbescheid der Beklagten ergangen wäre, hat das Erstgericht nicht festgestellt. Dieser hypothetische Sachverhaltsverlauf wurde von der Beklagten in erster Instanz auch gar nicht vorgebracht. Es würde hier allerdings in der Behauptungsund Beweislast der Beklagten liegen, nachzuweisen, dass der Schaden auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre (RS0112234 [T14], RS0111706 [T1], auch RS0027364 [T25]; vgl Kodek in Kletecka/Schauer, ABGB ON 1.04 § 1295 Rz 11). Das Erstgericht war daher auch nicht verhalten, dahingehende Feststellungen zu treffen.

8.Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt hat der Kläger seine Beweispflichten zu allen notwendigen Haftungsvoraussetzungen (vgl zB RS0022469) erfüllt. Die Nichtberücksichtigung der bestehenden Baubewilligung bei der Bescheiderlassung und der Strafanzeige hat das Erstgericht ohne Rechtsirrtum als unvertretbare Pflichtverletzung qualifiziert, die die vom Erstgericht zugesprochenen rechtsanwaltlichen Vertretungskosten kausal verursacht hat. Das Erstgericht hat daher zu Recht die Beklagte zum Ersatz des geltend gemachten Schadens in zugesprochener Höhe (gegen die Höhe des Zuspruchs wendet sich die Berufung nicht) verpflichtet.

9. Der Berufung der Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

10.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

11.Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.