JudikaturOLG Wien

12R7/25z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
28. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin Mag. Fisher als Vorsitzende sowie die Richterinnen Dr. Reden und Mag. Janschitz in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , **, vertreten durch Mag. Elisabeth Müller-Ozlberger, Rechtsanwältin in Waidhofen an der Thaya, wider die beklagte Partei C* , **, vertreten durch Dr. Christoph Schützenberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 18.977,80 sA und Feststellung (Streitwert EUR 1.000; Gesamtstreitwert EUR 19.977,80), über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 9.12.2024, **-40, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.220,42 (darin enthalten EUR 370,07 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt insgesamt EUR 5.000, nicht aber EUR 30.000.

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte zuletzt vom Beklagten die Zahlung von EUR 18.977,80 sA an Schadenersatz (ua für Schmerzengeld, Heilungskosten, Pflege- und Haushaltshilfe, Kosten der Behandlung ihres Tieres) sowie die Feststellung, dass der Beklagte der Klägerin für alle künftigen Schäden aus der mangelhaften Verwahrung seines Hundes und der Bissverletzung der Klägerin am 24.4.2022 dem Grunde nach hafte.

Die Klägerin habe am 24.4.2022 Bissverletzungen an der rechten Hand erlitten, als der Jagdhund des Beklagten ihren angeleinten Hund angegriffen habe. Schon vor dem Vorfall am 24.4.2022 habe sich der Jagdhund des Beklagten

aggressiv gegenüber dem Hund der Klägerin gezeigt. Am Vorfallstag habe der Beklagte seinen Hund ungesichert ohne Anleinen aus seinem Fahrzeug aussteigen lassen, worauf der Hund des Beklagten quer über die Straße auf die Klägerin und ihren angeleinten Hund zugelaufen sei und diesen angegriffen habe. Der Beklagte habe versucht, die Hunde zu trennen. Die Klägerin habe ebenfalls versucht, die Hunde zu trennen, wobei sie gebissen worden sei. Es sei rechtlich unerheblich, von welchem der beiden Hunde der Biss stamme, weil der Beklagte durch die unsachgemäße Verwahrung seines Hundes die Verletzung der Klägerin verursacht habe. Die Klägerin gehe davon aus, dass der Hund des Beklagten sie gebissen habe.

Die Beklagte bestritt und beantragte die Klage abzuweisen. Den Beklagten treffe kein Verschulden. Die Klägerin sei von ihrem eigenen Hund gebissen worden. Sein Hund sei ein friedliches Tier. Der Beklagte habe am Vorfallstag seinen Hund gerade anleinen wollen, als sich dieser unvermittelt losgerissen habe und durch einen schmalen Spalt der geöffneten Fahrzeugtür das KFZ habe verlassen können. Dieses Verhalten sei vom Hund des Beklagten nicht zu erwarten gewesen, es sei nicht bekannt gewesen, dass der Hund dazu neige, sich loszureißen. Daher wäre das Entkommen des Hundes trotz Einhaltung der gehörigen Sorgfalt durch den Beklagten nicht zu verhindern gewesen und stelle kein sorgfaltswidriges Verhalten durch den Beklagten dar. Der Hund des Beklagten sei nur deshalb unangeleint aus dem Auto gesprungen, weil er den Hund der Klägerin gesehen habe. Der Beklagte habe auch umgehend versucht seinen Hund einzufangen. Der Hund des Beklagten neige beim Anleinen im Auto zur Strangulation. Aus diesem Grund sei das Anleinen im Fahrzeug unterblieben.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt und verpflichtete den Beklagte zum Kostenersatz. Es legte seiner Entscheidung den auf den Seiten 2 und 3 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Sachverhalt zugrunde, auf den verwiesen wird und aus dem die nachstehenden Feststellungen [bekämpfte Feststellungen durch Unterstreichung markiert] hervorgehoben werden:

A) Zu den Hunden der Streitteile:

Die Parteien kannten sich seit mehreren Jahren, da sie in unmittelbarer Nähe voneinander wohnten. Die Klägerin lebte in der ** und der Beklagte wohnte in der gleichen Straße, jedoch mit der Hausnummer **. […]

Beim Hund des Ehegatten der Klägerin handelt es sich um einen ** namens D*, beim Hund des Beklagten um einen Hannoverschen Schweißhund namens E*. […]

Der Hund des Beklagten war in der Vergangenheit bereits wiederholt aggressiv gegenüber anderen Personen und Tieren aufgetreten. Es gab in der Vergangenheit bereits Situationen, bei denen der Hund des Beklagten auffällig wurde. Insbesondere zeigte sich der Jagdhund des Beklagten besonders aggressiv gegenüber dem Hund der Klägerin.

So ereigneten sich vor dem 24.4.2022 mehrere Vorfälle, bei denen der Hund des Beklagten ein auffälliges Verhalten gezeigt hatte.

a) Als der Hund D* 3 Monate alt war und F* B* mit ihm spazieren ging, kam der Hund des Beklagten und drückte ihn nieder. Der Beklagte sagte zur Schwiegermutter der Klägerin damals, dass das nur so ist, weil E* einmal von einem kleineren Hund gebissen wurde, weiter fiel nichts vor . [ F1 ]

b) Im Juli 2020 hatte der Hund des Beklagten die Klägerin und den Hund D* vor ihrer eigenen Garage gestellt und angeknurrt, sodass sie die Garage mit dem Hund nicht verlassen konnte. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beklagte von diesem Vorfall wusste . [ F2 ]

c) Als Anfang 2021 die Klägerin, ihr Ehegatte und ihre Schwiegermutter vom Haus der Klägerin zum Haus der Schwiegereltern gehen wollten, mussten sie auf diesem Weg das Haus des Beklagten passieren. Der Beklagte hielt sich dabei nicht in seinem eigenen Garten, sondern im Garten einer Nachbarin auf. Kurz bevor sie das Haus der Schwiegereltern erreichten, hatten sie D* von der Leine abgeleint, damit er in den Garten laufen kann. In diesem Moment kam der Hund des Beklagten blitzschnell angelaufen und packte D* ‚am Krawattl‘. Der Beklagte eilte sehr rasch herbei und zerrte seinen Hund weg. Bei diesem Vorfall wurde D* nicht verletzt . [ F3 ]

d) Einmal, etwa im Juni/Juli 2021, ging die Mutter der Klägerin, F* B*, mit dem Hund der Klägerin spazieren. Zirka 20m von dem Haus der Schwiegereltern der Klägerin entfernt sah F* B*, dass sich der Beklagte in seinem Garten aufhielt. Sie wollte noch umkehren, doch es war zu spät und der Hund des Beklagten war schon auf die Straße zu ihr und D* gelaufen und fiel über D* her. Die Hunde ließen sich zunächst nicht trennen, bis der Beklagte angelaufen kam und mit seinem Fuß auf seinen Hund hintrat. Der Hund des Beklagten erschrak und D* kam aus seinem Biss los und konnte davonlaufen . [ F4 ]

e) Als die Klägerin und ihr Ehegatte auf Reisen waren, kümmerte sich F* B* um den Hund. Von dort holte G* B*, die Schwägerin der Klägerin, mit ihrer Tochter den Hund am 31.7.2021 ab und ging mit ihm spazieren. Sie gingen extra wegen der Vorfälle in der Vergangenheit einen Weg, der nicht direkt beim Haus des Beklagten vorbeiführte. Dennoch schoss der Hund des Beklagten über die Wiese aus der Garage heraus und attackierte D*. Die Hunde hingen aneinander fest. Der Beklagte kam nach und zog an seinem Hund, konnte ihn aber auch nicht lösen, irgendwann schaffte er es aber doch. D* blutete nach dem Vorfall und hinkte. Der Beklagte äußerte bloß, dass er es auch nicht gesehen hatte, dass sein Hund so schnell davon gelaufen ist. Seit diesem Vorfall hat die Tochter von G* B* panische Angst vor Hunden . [ F5 ]

Der Hund des Beklagten ist ein guter Jagdhund und hat eine gute Spürnase. Es ist nicht so, dass der Hund des Beklagten sich schwer einfangen lässt, dass man ihn schwer aus dem Auto rausgeben kann oder anleinen könnte.

Der Hund des Beklagten verträgt sich auch mit anderen Jagdhunden, wenn zum Beispiel 14 oder 15 Hunde zusammenkommen.

Dem Beklagten war auf Grund der Vorfälle in der Vergangenheit bekannt, dass sich sein Hund sowie der Hund der Klägerin nicht vertragen. Der Grund dafür war, dass der Hund des Beklagten von Anfang an stets auf I* losgegangen war, nicht umgekehrt.

B) Zum Hundebiss:

Die Klägerin wollte am 24.4.2022 gegen 11:00 Uhr laufen gehen. Sie führte ihren angeleinten Hund dabei an einer speziellen Laufleine an einem Bauchgurt mit und war gerade gestartet.

Zu diesem Zeitpunkt kam der Beklagte mit seinem Pkw ** nach Hause. Auf dem Rücksitz befand sich sein Hund. Der Rücksitz ist vom Fahrersitz und dem Beifahrersitz mit einem Gitter abgetrennt. Der Pkw hat im hinteren Bereich eine Ladefläche, sodass eine Hundebox nicht montiert werden kann. Es wäre dem Beklagten aber grundsätzlich möglich, seinen Hund mit einem Brustgeschirr und einer Leine im Pkw zu sichern.

Der Beklagte achtete nicht darauf, dass sein Hund, der schon in der Vergangenheit öfters unangeleint auf die Straße gelaufen war und den Hund der Klägerin attackiert hatte, davonlaufen könnte und hatte ihn weder beim Transport mit dem Auto, noch beim Öffnen der Autotüre angeleint.

Es war nicht so, dass es in der Vergangenheit Probleme damit gegeben hatte, den Hund des Beklagten einzufangen oder ihn anzuleinen. Es war auch nicht so, dass sich der Hund des Beklagten mit Brustgeschirr und Leine beinahe stranguliert hätte.

Der Beklagte schenkte dem Umstand der Gefährlichkeit seines Hundes für den Hund der Klägerin keine Aufmerksamkeit, er achtete auch nicht genauer auf die Umgebung . [ F6 ]

Er öffnete die linke hintere Türe, um seinen Hund aus dem Auto zu lassen. Er wollte ihn noch an die Leine nehmen, jedoch sprang der Hund plötzlich und mit voller Wucht aus dem Auto, überquerte die Landesstraße und lief zielstrebig in Richtung der Klägerin und ihres Hundes.

Der Beklagte wurde dadurch, dass er seinen Hund im Auto nicht angeleint hatte und dieser plötzlich entkommen konnte, völlig überrascht.

Der Beklagte schrie seinem Hund laut nach, dennoch setzte der Hund des Beklagten seinen Weg in Richtung der Klägerin und ihres Hundes fort. Der Hund folgte den Kommandos des Beklagten nicht.

Unmittelbar darauf ging der Hund des Beklagten auf den Hund der Klägerin los. Der Beklagte lief seinem Hund nach und versuchte, ihn am Halsband zu ziehen und vom Hund der Klägerin wegzuziehen, während die Klägerin zugleich versuchte, ihren Hund an der Leine wegzuziehen. Dies gelang jedoch nicht. Die Hunde rauften miteinander, wobei sich die Klägerin auch dazwischen befand. Danach schlug der Beklagte mit einer Leine in seiner Hand auf die Schnauze des Hundes der Klägerin, es gab ein „Kuddelmuddel“. In weiterer Folge trennten sich die Hunde.

Erst als die Hunde getrennt waren, bemerkte die Klägerin eine blutende Wunde an ihrem Finger, ihr rechter Mittelfinger war teilamputiert worden.

Es kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin durch ihren Hund D* oder durch den Hund E* gebissen wurde. […]

Hätte der Beklagte seinen Hund im Fahrzeug durch andere Sicherungsmaßnahmen wie ein Brustgeschirr oder eine Leine im Fahrzeug gesichert, so hätte er beim Öffnen der Autotüre den Beklagten nicht derart überraschen und entkommen können .

Hätte der Beklagte seinen Hund an der Handleine fixiert aus dem Auto gegeben, so wäre die Klägerin nicht verletzt worden. Auch ihr Hund D* wäre nicht verletzt worden . “[ F7 ]

Disloziert in der Beweiswürdigung stellte das Erstgericht noch fest, dass der Beklagte wusste, dass sein Hund stets aus dem Auto drängte, wenn er die Tür öffnete.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass der Beklagte für das Verhalten seines Hundes einzustehen habe. Hätte der Beklagte seinen Hund ordnungsgemäß verwahrt und entsprechend der ihm bekannten Eigenschaften seines Hundes gehandelt, wäre die Klägerin nicht verletzt worden. Der Beklagte habe weder dafür gesorgt, dass sein Hund im Auto gesichert gewesen sei, noch habe er ihn beim Aussteigen angeleint. Angesichts der Tatsache, dass sein Hund in der Vergangenheit aggressives Verhalten gegenüber dem Hund der Klägerin gezeigt habe, hätte der Beklagte eine besondere Verwahrungs- und Sorgfaltspflicht einhalten müssen.

Entgegen des Einwands des Beklagten liege kein Mitverschulden der Klägerin am Zustandekommen ihrer Verletzung vor. Der Beklagte habe eingewendet, dass die Klägerin durch ihre instinktive Reaktion, die Hunde zu trennen, ein Mitverschulden an den Verletzungen trage. Nach der ständigen Rechtsprechung mindere jedoch ein reflexartiges Handeln in einer akuten Gefährdungssituation den Schadenersatzanspruch nicht, sofern das Verhalten nicht objektiv grob fahrlässig sei. Das Verhalten der Klägerin, die lediglich versucht habe, ihren Hund an der Leine wegzuziehen, sei als instinktive Reaktion in einer Bedrohungslage zu werten, die kein Mitverschulden begründe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben und das Urteil dahingehend abzuändern, dass die Klage abgewiesen werde. In eventu stellt der Beklagte einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Zu den Tatsachenrügen:

1.1.1.Um eine Tatsachenrüge gesetzmäßig auszuführen, ist es erforderlich anzugeben, a) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, b) aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung diese getroffen wurde, c) welche (ersatzweise) Feststellung begehrt wird und d) aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese zu treffen gewesen wäre (RS0041835 [T5]; 10 ObS 129/02x; 10 ObS 15/12x; 1 Ob 202/13g; 3 Ob 118/18a; Pimmer in Fasching/Konecny³ § 467 ZPO Rz 40; A. Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 Rz 15 mwN).

Für eine wirksame Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts und der von diesem getroffenen Tatsachenfeststellungen genügt es nicht, bloß auf einzelne für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers günstige Beweismittel zu verweisen und darzulegen, dass auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse auch andere Rückschlüsse als jene, die das Erstgericht gezogen hat, möglich gewesen wären. Vielmehr muss aufgezeigt werden, dass die getroffenen Feststellungen unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen und das Erstgericht diesen und nicht anderen Beweismitteln Glauben hätte schenken müssen. Erforderlich ist dabei eine kritische Auseinandersetzung mit der gesamten Beweislage.

Das Regelbeweismaß der ZPO ist die hohe Wahrscheinlichkeit (RS0110701), wobei es aber letztlich immer auf die subjektiven Komponenten der richterlichen Überzeugung ankommt. Hohe Wahrscheinlichkeit stellt keine objektive Größe dar. Jedem Beweismaß wohnt eine gewisse Bandbreite inne, sodass es sowohl von den objektiven Umständen des Anlassfalls, aber auch von der subjektiven Einschätzung des Entscheidungsorgans abhängt, wann dieses die erforderliche Wahrscheinlichkeit als gegeben ansieht.

Im Rahmen einer Beweisrüge hat der Rechtsmittelwerber insbesondere aufzuzeigen, durch welche Überschreitung des dem Gericht gemäß § 272 Abs 1 ZPO eingeräumten Beurteilungs und Ermessensspielraums die genannte Verfahrensbestimmung verletzt worden sein soll. Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht gezogenen Schlussfolgerungen ermöglicht hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen führen.

1.1.2.Um die Tatsachenrüge gesetzmäßig auszuführen, muss die angestrebte Ersatzfeststellung im Widerspruch zur bekämpften Feststellung stehen (RS0043150 [T9]).

1.2. Die Beklagte begehrt statt den bekämpften Feststellungen F1 bis F5 die nachstehenden Ersatzfeststellungen:

Angesichts dieser divergierenden Zeugenaussagen erscheint es gerechtfertigt, die Aussagen der Klägerin und ihrer Angehörigen mit Vorsicht zu betrachten. Im Gegensatz dazu spricht die objektive Wahrnehmung unbeteiligter Zeugen dafür, dass der Hund des Beklagten ruhigen Charakters ist und niemals zu aggressivem Verhalten geneigt hat, was die Behauptung der Gefährlichkeit des Tieres seitens des Erstgerichts in Frage stellt. Die Feststellung, dass der Hund des Beklagten keine Gefährlichkeit aufweist, stützt sich auf die objektiven Zeugenaussagen der Jagdkollegen des Beklagten.

Die Ersatzfeststellungen weisen hier Elemente der Beweiswürdigung auf, sodass die Tatsachenrüge insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, weil damit nicht im Widerspruch zu den bekämpften Feststellungen stehende, andere Tatsachenfeststellungen angestrebt werden.

Der Beklagte begehrt statt der fünf bekämpften Feststellungen als Ersatzfeststellung im Kern nur die Feststellung, dass sein Hund ruhigen Charakters sei und niemals zu aggressivem Verhalten geneigt habe. Damit begehrt der Beklagte inhaltlich (auch) den Entfall von Teilen der bekämpften Feststellungen, sodass insoweit ebenfalls keine gesetzmäßige Ausführung der Tatsachenrüge vorliegt (vgl allgemein RS0041835; vgl zum „ersatzlosen Entfall” von Feststellungen: RS0041835 [T3]; zuletzt 6 Ob 119/15s und 3 Ob 26/17w).

Soweit der geltend gemachte Rechtsmittelgrund erkennbar bleibt, ist auf die Argumente des Beklagten trotzdem einzugehen. Verbleibende Unklarheiten gehen dabei zu seinen Lasten (RS0041768, RS0041761).

Das Erstgericht hat sich in seiner Beweiswürdigung eingehend mit allen Beweisergebnissen auseinandergesetzt und seine Feststellungen nachvollziehbar und schlüssig begründet. Hervorzuheben ist, dass der Erstrichter sich aus eigener Wahrnehmung ein genaues Bild von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit der von ihm vernommenen Personen machen und dieses bei seiner Beweiswürdigung angemessen berücksichtigen konnte. Gerade dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters kommt bei einer Tatsachenfeststellung, die in erster Linie aufgrund der Aussagen der beteiligten Personen zu treffen ist, eminente Bedeutung zu.

Diese Überzeugungsbildung hat die Ergebnisse der gesamten Verhandlung miteinzubeziehen (ist daher auch „Verhandlungswürdigung“), das heißt, dass alles Vorbringen der Prozessbeteiligten, ihr Verhalten während der Verhandlung und der persönliche Eindruck von den Prozessbeteiligten in die Würdigung einfließen sollen. Dementsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung nur daraufhin zu untersuchen, ob die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten wurden ( A. Kodek in Rechberger / Klicka 5, § 482 ZPO Rz 6). Die Berufung zeigt nicht auf, warum das hier nicht der Fall sein sollte.

Der Kläger führt zusammengefasst in der Tatsachenrüge ins Treffen, dass die bekämpften Feststellungen auf den Aussagen von Familienmitgliedern der Klägerin und der Klägerin nahestehende Personen gegründet seien, welche naturgemäß ein großes Interesse an der Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes des Beklagten gehabt hätten und deren Objektivität somit zu wünschen übriglasse. Dagegen hätten die objektiven Zeugen, welche weder dem Beklagten, noch der Familie der Klägerin zuzuordnen seien, ausgesagt, dass der Hund des Beklagten stets ein problemloses Verhalten an den Tag gelegt habe. Diese objektiven Aussagen, die das Verhalten des Hundes als unproblematisch und unauffällig darstellten, würden ein anderes Licht auf die Situation werfen und sprächen dafür, dass der Hund des Beklagten keineswegs als gefährlich eingestuft werden könne.

Die Berufung setzt sich inhaltlich in keiner Weise mit der nachvollziehbaren und äußerst detaillierten Beweiswürdigung des Erstgerichts (UA 12 bis 14) auseinander, in der das Erstgericht nachvollziehbar begründet hat, warum es den Darstellungen der Klägerin und der „ihr zuzuordnenden“ Zeugen Glauben schenken konnte. Es reicht nicht aus, bloß auf einzelne für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers günstige Beweismittel zu verweisen; vielmehr muss dargelegt werden, warum das Erstgericht diesen und nicht anderen Beweismitteln hätte Glauben schenken sollen. Erforderlich ist dabei eine kritische Auseinandersetzung mit der gesamten Beweislage. Diesen Anforderungen wird die vorliegende Tatsachenrüge aber nicht gerecht.

Ob einzelne vernommene Zeugen bei ihrer Aussage (auch) ein Interesse der Klägerin verfolgt haben, ist im Rahmen der dem Erstgericht obliegenden freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Das Gericht ist dabei an keine festen Beweisregeln gebunden ( Rechberger in Fasching / Konecny³ § 272 ZPO Rz 4). Anhaltspunkte für die dem Erstgericht vorgeworfene einseitige Würdigung der „klägerischen Zeugen“ vermag das Berufungsgericht nicht zu erkennen und werden in der Berufung inhaltlich auch nicht aufgezeigt. Soweit der Beklagte auf „objektive“ Zeugen verweist, bietet die Berufung keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Zeugen bei den festgestellten Vorfällen überhaupt dabei gewesen wären. Aus der Beweiswürdigung des Erstgerichts ergibt sich zudem, dass die Zeugen H* und I* keine Angaben zu Vorfällen zwischen den beiden Hunden vor dem Vorfallstag machen konnten.

Darüber hinaus hat das Erstgericht ohnehin unbekämpft festgestellt, dass der Hund des Beklagten sich mit anderen Jagdhunden (wenn zB 14 oder 15 Hunde zusammenkommen) verträgt. Das Erstgericht stellte aber auch - vom Beklagten unbekämpft - fest, dass dem Beklagten auf Grund der Vorfälle in der Vergangenheit bekannt gewesen war, dass sich die beiden Hunde der Streitteile nicht vertragen, wobei der Hund des Beklagten von Anfang an stets auf D* [den Hund der Klägerin] losging. Diese Feststellungen sind auch nicht widersprüchlich, kann sich der Hund des Beklagten doch bei der Jagd anders verhalten, als bei einem Zusammentreffen mit dem Hund der Klägerin.

1.3. Der Beklagte begehrt statt der Feststellung F6 die nachstehende Ersatzfeststellung:

Durch die glaubwürdigen Aussagen der Jagdkollegen des Beklagten wird festgestellt, dass es offenbar niemals zuvor Probleme oder ähnliche Vorfälle mit dem Hund des Beklagten gab, der Hund stets folgsam dem Beklagten gegenüber war und mit anderen Hunden immer problemlos umgehen konnte. Dabei wurde seitens des Zeugen H* sogar bezeugt, dass der Hund des Beklagten sogar im Beisein einer großen Gruppe von bis zu 15 Hunden sich immer unauffällig und unproblematisch verhalten hat. Der Zeuge J* bestätigte wiederum spezifisch und glaubwürdig, dass es niemals Probleme mit dem Hund des Beklagten in den Momenten des Anleinens bzw Herausgebens des Hundes aus dem Auto gab.“

Abgesehen davon, dass auch hier wieder beweiswürdigende Elemente mit der Tatsachenebene vermengt werden, stehen die Ersatzfeststellungen hier allenfalls zu den Feststellungen in F1 bis F5 im Widerspruch, aber nicht mit den hier bekämpften Feststellungen, die einerseits eine Aussage darüber treffen, dass der Beklagte der Gefährlichkeit seines Hundes für den Hund der Klägerin keine Aufmerksamkeit schenkte und andererseits, dass der Beklagte [beim Öffnen der Autotüre am Vorfallstag um seinen Hund aus dem Fahrzeug zu lassen] nicht genauer auf die Umgebung achtete. Die Tatsachenrüge ist damit auch hier nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Zudem stellte das Erstgericht ohnehin fest, dass es in der Vergangenheit keine Probleme gegeben hätte, den Hund des Beklagten einzufangen oder ihn anzuleinen. Auch steht fest, dass sich der Hund mit anderen Jagdhunden (14 – 15 Stück) verträgt. Sekundäre – der Rechtsrüge - zuzuordnende Feststellungsmängel liegen damit auch nicht vor.

1.4. Der Beklagte begehrt anstelle der Feststellung F7 die nachstehenden Ersatzfeststellungen:

Das Ergreifen anderer „Sicherungsmaßnahmen“ beim Herausholen des Hundes des Beklagten aus dem Auto hätte letztlich an dem Risiko des Entkommens des Hundes aus der

Obhut des Beklagten nichts geändert, da es nicht möglich ist, den Hund so zu sichern, dass er auch nur für einen kurzen Moment nicht angeleint ist. In jedem Fall, auch bei Ergreifen besonderer Sicherungsmaßnahmen und besonders unter Berücksichtigung der kräftigen Natur des Hundes des Beklagten ist es unvermeidlich, dass der Hund zumindest beim Wechsel der Leine entkommt. Unter Berücksichtigung der genannten Umstände und der gewöhnlichen Verhaltensweise des Hundes des Beklagten ergibt sich, dass der Beklagte die gewöhnliche, für diesen Moment und für diese Umstände notwendige Sorgfalt hat walten lassen und dem Beklagten darum keine Verletzung der Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden kann.

Auch hier stehen die bekämpften Feststellungen nicht im Widerspruch zu den Ersatzfeststellungen. Die bekämpften Feststellungen treffen eine Aussage darüber was geschehen wäre, wäre der Hund im Auto durch eine Leine oder ein Brustgeschirr gesichert gewesen, sowie darüber was geschehen wäre, wäre der Hund beim Aussteigen angeleint gewesen. Die begehrten Ersatzfeststellungen treffen eine Aussage darüber, dass es den Beklagten nicht möglich gewesen sei, den Hund im Zuge des Aussteigens so zu sichern (anzuleinen), dass es diesem nicht möglich gewesen wäre zu entkommen. Die Ersatzfeststellungen könnten daher neben der bekämpften Feststellung bestehen. Fehlen Feststellungen sind diese Feststellungsmängel der Rechtsrüge zuzuordnen. Es wird daher im Rahmen der Rechtsrüge darauf eingegangen.

1.5. Der Beklagte bekämpft die nachstehenden Ausführungen in der Beweiswürdigung:

Letztlich ging das Gericht davon aus, dass es dem Beklagten sehr wohl möglich gewesen wäre, seinen Hund im Fahrzeug besser zu sichern, durch eine Leine oder ein Brustgeschirr. Sein Argument, dass sich sein Hund beinahe einmal stranguliert hätte, wirkt hier etwas floskelhaft und eher als Ausrede. Immerhin gestand der Beklagte im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren auch eine gewisse Verantwortung für den gegenständlichen Vorfall zu, was er nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht gemacht hätte, wenn er sich zur Gänze für den Vorfall nicht verantwortlich fühlen würde.

und begehrt stattdessen die Ersatzfeststellungen:

Letztlich ging das Gericht davon aus, dass der Beklagte seinen Hund im Fahrzeug nicht hätte zusätzlich besser, z.B durch eine Leine oder ein Brustgeschirr, sichern müssen. Bei den dem Tierhalter auferlegten notwendigen Maßnahmen bei der Verwahrung seines Hundes ist immer auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und hat sich der Tierhalter anhand der ihm bekannten und erkennbaren Eigenschaften des Tieres zu verhalten. Da es im Vorfeld des Zwischenfalls mit dem Hund des Beklagten beim Ein- und Aussteigen aus dem Fahrzeug, selbst bei großen Jagden, keine Probleme gab, musste der Beklagte nicht damit rechnen, dass sich sein Hund an ihm vorbei aus dem Fahrzeug drückt. Sein Argument, dass sich sein Hund beinahe einmal stranguliert hätte, zeigt zudem, dass eine zusätzliche Sicherung auch im Wohle des Tieres nicht möglich war. Durch die Zustimmung des Beklagten zu einer diversionellen Erledigung im Strafverfahren gestand der Beklagte keine Verantwortung für den gegenständlichen Vorfall ein.

Bei den bekämpften Ausführungen des Erstgericht handelt es sich nicht um Tatsachenfeststellungen, sondern um die Beweiswürdigung. Damit scheitert die Tatsachenrüge schon daran, dass die Tatsachenrüge die Beweiswürdigung und nicht die damit korrespondierenden Feststellungen bekämpft. Der Beklagte begehrt im Ergebnis eine andere Beweiswürdigung ohne die bekämpften Feststellungen konkret zu bezeichnen.

Darüber hinaus werden vom Beklagten auch noch der Rechtsrüge zuzuordnende Ausführungen als Ersatzfeststellungen begehrt. Wie sich der Tierhalter im Einzelfall im Zusammenhang mit der Verwahrung des Tieres zu verhalten hat, ist nämlich eine Rechtsfrage.

Soweit erkennbar am Rande der Tatsachenebene zuzuordnen, wird aber trotzdem auf die Rüge eingegangen. Das Erstgericht stellte fest, dass es dem Beklagten grundsätzlich möglich gewesen wäre, seinen Hund mit einem Brustgeschirr oder einer Leine im Fahrzeug zu sichern. Hier scheitert die Tatsachenrüge schon am Umstand, dass diese Feststellung nicht im Widerspruch zur begehrten Feststellung, wonach der Beklagte seinen Hund im Fahrzeug nicht hätte zusätzlich besser, z.B durch eine Leine oder ein Brustgeschirr, sichern müssen. Die Feststellung steht nicht im Widerspruch zur bekämpften Feststellung. Im übrigen ist die Feststellung auch nicht zu beanstanden, schildert der Beklagte doch bei seiner Einvernahme, dass er den Hund in der Vergangenheit sehr wohl im Fahrzeug anleinte.

Das Erstgericht stellte fest, dass es nicht so war, dass sich der Hund des Beklagten mit einem Brustgeschirr oder einer Leine stranguliert hätte. In der Ersatzfeststellung begehrt er erkennbar, die Feststellung des Gegenteils.

Wie oben schon dargelegt, konnte sich der Erstrichter aus eigener Wahrnehmung ein genaues Bild von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen machen und dieses bei seiner Beweiswürdigung angemessen berücksichtigen. Gerade dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters kommt – wie bereits ausgeführt - bei einer Tatsachenfeststellung, die in erster Linie aufgrund der Aussagen der beteiligten Personen zu treffen ist, besondere Bedeutung zu. Wenn das Erstgericht in der diversionellen Erledigung des Strafverfahrens eine gewisse Verantwortung des Beklagten für den Vorfall erblickt, trifft es zwar zu, dass damit kein Schuldeingeständnis einhergehen muss, aber ist dieses Argument nur als Hilfsargument zu werten, liegen doch unmittelbare Beweisergebnisse vor, auf die sich das Erstgericht in erster Linie stützt.

Die Berufung gibt hier die beweiswürdigenden Überlegungen des Erstgerichts nicht vollständig wieder. Im vorstehenden Absatz (UA 12) erwog der Erstrichter, dass er den Angaben des Beklagten keinen Glauben schenke, wonach es irgendwelche Probleme mit dem Anleinen gegeben habe und der Transport mit dem Fahrzeug schwierig gewesen sein soll. Das Erstgericht erwog aber auch, dass keiner der Jagdkollegen des Beklagten oder der Schwiegersohn des Beklagten von derartigen Problemen mit dem Hund berichten konnte, obwohl sie immer mit ihm zu tun gehabt haben. Auf dieses Argument geht die Berufung nicht ein. Der Beklagte führt nur Argumente dahingehend ins Treffen, dass er ausgehend vom Verhalten des Hundes beim Ein- und Aussteigen zulässigerweise auf ein Anleinen beim Transport verzichtet habe. Damit zeigt die Berufung insgesamt nicht auf, dass die insoweit getroffene beweiswürdigende Entscheidung des Erstgerichts unrichtig wäre oder wesentlich überzeugendere Argumente für die angestrebte Ersatzfeststellung sprechen.

1.6. Der Beklagte bekämpft in Punkt 1.4. der Berufung die Beweiswürdigung hinsichtlich der Klägerin (UA Seite 12) und der Zeugen J* und I*. Er begehrt auch hier als Ersatzfeststellung eine andere Beweiswürdigung. Der Beklagte führt wiederum nicht aus, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung diese getroffen wurde, welche (ersatzweise) Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese zu treffen gewesen wäre. Die Tatsachenrüge ist damit auch hier nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Darüber hinaus hat das Erstgericht – wie bereits dargelegt - ohnehin festgestellt, dass der Hund des Beklagten sich mit anderen Jagdhunden (wenn zB 14 oder 15 Hunde zusammenkommen) verträgt und es nicht unmöglich oder schwierig ist, ihn beim Verlassen des Fahrzeugs anzuleinen.

Die Berufung zeigt damit insgesamt nicht auf, dass die getroffenen beweiswürdigenden Urteilspassagen unrichtig wären oder wesentlich überzeugendere Argumente für die angestrebten Ersatzfeststellungen sprechen. Das Berufungsgericht sieht damit keinen Grund, von den vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen abzugehen (§ 498 Abs 1 ZPO).

2. Zur Rechtsrüge :

2.1.Die gesetzmäßige Ausführung des Berufungsgrunds der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfordert – wie für das Revisions- (§ 506 Abs 2 ZPO) und Rekursverfahren (§ 520 Abs 2 ZPO) ausdrücklich angeordnet – die Darlegung, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint, wobei von den getroffenen Feststellungen auszugehen ist.

Das Berufungsgericht hat bei gesetzmäßig ausgeführter Rechtsrüge die rechtliche Beurteilung allseitig zu überprüfen, es ist jedoch bei Vorliegen mehrerer selbständig zu beurteilender Rechtsfragen an eine Beschränkung der Berufungsgründe gebunden (RS0043352 [T26]; RS0043338).

2.2.1. Der Beklagte führt aus, dass das Erstgericht zu Unrecht eine Haftung des Beklagten angenommen habe, wenn das Erstgericht nicht feststellen könne, welcher Hund überhaupt ursächlich für die Verletzungen der Klägerin gewesen war.

2.2.2.Die Haftung für einen Schaden setzt voraus, dass der eingetretene Schaden im Schutzzweck der Norm gelegen und somit vom Rechtswidrigkeitszusammenhang erfasst ist. Aus § 1294 ABGB ergibt sich, dass der Schaden rechtswidrig zugefügt worden sein muss, weshalb Nachteile, die in einer Sphäre liegen, die nicht durch das Verbot des Angriffs geschützt ist, außer Betracht bleiben müssen (RS0022416). Die Übertretung einer Schutznorm macht nur insofern für den durch die Übertretung verursachten Schaden haftbar, als durch die Schutznorm gerade dieser Schaden verhindert werden sollte (RS0027553; RS0022933). Bei der Frage, welche Schadensfolgen dem Haftenden noch zuzurechnen sind, kommt es darauf an, aus welchen Gründen die die Haftpflicht anordnende Norm aufgestellt wurde und welche Schäden nach dem Zweck des Gesetzes von der Ersatzpflicht noch erfasst werden sollen (RS0022872).

Auch die Haftung nach § 1320 ABGB ist nach der Rechtsprechung nur für solche Schäden gegeben, die im Rechtswidrigkeitszusammenhang stehen, wobei sich das Verschulden des Haftenden nicht auf den Schaden selbst beziehen muss. Es genügt, wenn die Veranlassung des schädigenden Verhaltens des Tieres verschuldet ist (RS0030233). Dabei muss der eingetretene Schaden auf die „besondere Tiergefahr“ zurückzuführen sein, der durch die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung des Tieres begegnet werden soll (RS0030520). Eine Haftung des Tierhalters gemäß § 1320 ABGB kommt demnach nur in Betracht, wenn der Schaden auf die „spezifische Gefährlichkeit des Tieres“ zurückzuführen ist (1 Ob 638/82; 3 Ob 507/96; RS0030081).

2.2.3.Eine Haftung nach § 1320 ABGB wurde etwa auch dann bejaht, wenn der Schaden nur mittelbar auf das nicht ordnungsgemäß verwahrte Tier zurückzuführen war. In diesem Sinn wurde eine Haftung nach § 1320 ABGB für den Fall anerkannt, dass eine Minderjährige aus Angst vor einem Hund davongelaufen und gestürzt war, weil sich auch dabei die besondere Tiergefahr verwirklicht hatte (5 Ob 559/85).

In der Entscheidung 4 Ob 206/16x hatte der Oberste Gerichtshof den Schadenersatzanspruch einer Klägerin zu prüfen, die mit dem angeleinten Hund einer Freundin einen Spaziergang auf einer Straße im Ortsgebiet machte. Als sie sich in der Nähe des Hauses der (dortigen) Beklagten befand, lief deren Hund plötzlich aus der Einfahrt der Liegenschaft, bellte und sprang mit einem Satz auf den von der Klägerin geführten Hund. Dieser sprang darauf mit einem Ruck auf den Hund der Beklagten zu, wodurch die Klägerin zu Sturz kam und sich dabei verletzte. Der Oberste Gerichtshof bejahte die Haftung der dortigen Beklagten und begründete dies damit, dass ungeachtet des Umstands, dass die dortige Klägerin durch die schreckhafte Reaktion des von ihr geführten Hundes verletzt wurde, der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu bejahen sei. Die ruckartige Reaktion des geführten Hundes war unmittelbare Reaktion auf den „Angriff“ des Hundes der Beklagten. Damit hat sich gerade eine typische Gefahr eines unbeaufsichtigten Tieres verwirklicht, die darin liegt, dass durch das Verhalten des Hundes andere Tiere aufgeschreckt werden und dadurch einen Schaden verursachen.

Demgegenüber liegt eine Haftung etwa dann nicht vor, wenn der Geschädigte mit dem frei umherlaufenden Hund längere Zeit gespielt hat und dabei gebissen wurde. Der Schutzzweck von § 1320 ABGB liegt nicht darin, erwachsene Menschen zu schützen, auf deren eigenem Willensentschluss es beruht, mit einem an sich gutmütigen Hund an einem öffentlichen Ort zu spielen (8 Ob 125/03w; vgl RS0023006). Mit einer ähnlichen Begründung wurde eine Haftung auch für den Fall verneint, dass zwei Hundehalter ihre an sich gutmütigen Hunde im gegenseitigen Einverständnis frei laufen ließen, um ihnen einerseits den Auslauf und andererseits das Umhertollen miteinander zu ermöglichen, woraufhin sich einer der Hundehalter bei einem Zusammenstoß mit den spielenden Hunden verletzte (1 Ob 57/02t).

2.2.4. Im Unterschied zu jenen Fällen, in denen der Oberste Gerichtshof eine Haftung ablehnte, hat sich hier die Klägerin der vom Hund des Beklagten ausgehenden Gefahr nicht bewusst ausgesetzt, sondern lief der Hund des Beklagten von dessen Liegenschaft in Richtung der Klägerin und ihres Hundes und ging auf diesen los. Auf die Kommandos des nacheilenden Beklagten hörte der Hund des Beklagten dabei nicht mehr. Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte versuchten erfolglos, die Rauferei der beiden Hunde zu beenden und sie voneinander wegzuziehen. Die Verletzung entstand in einem „Kuddelmuddel“ dh in einer unüberschaubaren bzw unbeherrschbaren Situation, die von einem Schlag des Beklagten mit einer Leine auf die Schnauze des Hundes der Klägerin ausgelöst worden war, wobei sich die Klägerin in diesem Moment zwischen den raufenden Hunden befand und der Hund der Klägerin an ihrem Bauchgurt befestigt war.

Selbst wenn die Klägerin von ihrem eigenen Hund im Zuge der vom Hund des Beklagten ausgehenden Attacke auf den Hund der Klägerin und des erfolglosen Versuchs des Beklagten, seinen Hund zu beherrschen, gebissen worden wäre, ist hier der Rechtswidrigkeitszusammenhang und damit die Haftung des Beklagten zu bejahen. Es hat sich nämlich gerade eine typische Gefahr eines unbeaufsichtigten Tieres verwirklicht, die darin lag, dass es durch die Attacke des Hundes des Beklagten auf den Hund der Klägerin zu einer nicht mehr beherrschbaren Rauferei gekommen war und dadurch ein Schaden verursacht wurde. Dass hier nicht festgestellt werden konnte, ob die Verletzung vom Hund des Beklagten stammt oder die Schädigung nur mittelbar durch dessen Tier verursacht worden sein könnte, ändert nichts an der Haftung des Beklagten (vgl 4 Ob 206/16x).

2.3. Der Beklagte wendet sich gegen die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach die Klägerin kein Mitverschulden treffe. Das Erstgericht habe außer Acht gelassen, dass eine konkrete Gefährdungssituation für die Klägerin nicht bestanden habe. Der Angriff des Hundes des Beklagten habe nicht die Klägerin selbst betroffen, sondern deren Hund. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich der Hund des Beklagten zielstrebig auf die Klägerin und ihren Hund zubewegte und er unmittelbar auf den Hund der Klägerin losging. Während der Attacke befand sich die Klägerin zwischen den raufenden Hunden, sie ist daher sehr wohl in den Angriff des Hundes des Beklagten involviert gewesen.

Soweit der Beklagte meint, die Klägerin hätte nicht mit der Hand in den Kampf der Hunde hineingreifen dürfen, geht die Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sie ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt. Das Erstgericht stellte fest, dass die Verletzung der Klägerin beim Versuch, ihren Hund an der Leine vom Hund des Beklagten wegzuziehen, um so die beiden raufenden Hunde zu trennen entstand. Dass die Klägerin bewusst bzw gezielt versuchte hätte, die beiden Hunde durch das Hineingreifen mit der Hand zu trennen, hat das Erstgericht nicht festgestellt.

2.4.1.Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317). Werden aber zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen, so ist es ein Akt der Beweiswürdigung, wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden (RS0053317 [T 3]).

2.4.2 Der Beklagte begehrt die Feststellungen, dass das Ergreifen anderer „Sicherungsmaßnahmen“ beim Herausholen des Hundes aus dem Auto letztlich an dem Risiko des Entkommens des Hundes aus dessen Obhut nichts geändert hätten, weil es nicht möglich sei, den Hund so zu sichern, dass er nicht auch nur für einen kurzen Moment nicht angeleint sei. In jedem Fall sei es, auch beim Ergreifen besonderer Sicherungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der kräftigen Natur des Hundes des Beklagten, unvermeidlich, dass der Hund zumindest beim Wechsel der Leine entkomme. Rechtlich folgert der Beklagte daraus, dass unter Berücksichtigung der genannten Umstände und der gewöhnlichen Verhaltensweise des Hundes des Beklagten sich ergebe, dass der Beklagte die gewöhnliche, für diesen Moment und für diese Umstände notwendige Sorgfalt habe walten lassen und dem Beklagten darum keine Verletzung der Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden könne.

Das Erstgericht stellte fest, dass, wenn der Beklagte seinen Hund im Fahrzeug durch ein Brustgeschirr oder eine Leine im Fahrzeug gesichert hätte, dieser beim Öffnen der Autotüre den Beklagten nicht derart überraschen und entkommen hätte können. Ein unvorhersehbares Verlassen des Fahrzeugs wäre damit unterblieben.

Dass es unvermeidlich sei, dass der Hund zumindest beim Wechsel der Leine entkommen könne, hat der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet. Die Berufung verstößt damit gegen das im Berufungsverfahren herrschende Neuerungsverbot.

Nur ergänzend wird ausgeführt, dass selbst wenn dieser (neu behauptete) Umstand erwiesen hätte werden können, die Haftung des Beklagten dennoch nicht entfallen wäre. Das Erstgericht stellte fest, dass sich der Hund des Beklagten im Jahr 2021 wiederholt aggressiv gegen den Hund der Klägerin verhalten hat und diesen mehrfach biss, was dem Beklagten auch bekannt war, musste er doch seinen Hund wiederholt mit Gewalt vom Hund der Klägerin trennen. Der Beklagte wusste, dass sein Hund stets aus dem Auto drängte, wenn er die Tür öffnete. Fest steht auch, dass der Hund die Liegenschaft des Beklagten ungehindert verlassen konnte und, dass die Klägerin in unmittelbarer Nachbarschaft wohnt. Wenn also der Beklagte in der gegebenen Situation ein Entkommen des Hundes beim Aussteigen aus dem Fahrzeug nicht verhindern kann, dann muss von ihm verlangt werden, dass er zumindest seine Umgebung dahingehend beobachtet, ob sich der Hund der Klägerin in der Nähe aufhält. Nach den Feststellungen, achtete der Beklagte aber beim Öffnen der Autotür nicht auf die Umgebung und er schenkte der Gefahr die von seinen Hund auf den Hund der Klägerin ausging keine Aufmerksamkeit. Von einer ordnungsgemäßen Verwahrung des Hundes ist damit nicht auszugehen, wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat.

Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.

3.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

4.Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen. Eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität war nicht zu lösen.