JudikaturJustiz8ObA55/15v

8ObA55/15v – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und den Hofrat Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** M*****, vertreten durch Dr. Malte Berlin, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Robert Galler und Dr. Rudolf Höpflinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 2.462,86 EUR brutto sA, über die außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2015, GZ 11 Ra 29/15m 28, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1 Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund und die behaupteten Verfahrensmängel liegen wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat nicht vor.

Eine Berufung wegen Nichtigkeit hat der Kläger nicht erhoben. Als Verfahrensmangel hat er in der Berufung nur die Heranziehung des § 273 ZPO hinsichtlich der geltend gemachten Überstunden gerügt. Aufgrund der Rechtsmittelausführungen war das Berufungsgericht daher nicht gehalten, sich mit der Sprachenfrage auseinanderzusetzen. Auch ein vom Amts wegen wahrzunehmender Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor. Im gegebenen Zusammenhang hat das Erstgericht festgehalten, dass der Kläger, der sich seit sieben Jahren in Österreich befindet, zumindest gesprochenes Deutsch gut versteht und er dem Inhalt der Verhandlungen gut folgen konnte und auch eine Verständigung mit ihm problemlos möglich war. Im Verhandlungsprotokoll (ON 17, 12) ist dazu festgehalten, dass große Teile der Vernehmung des Klägers auf Deutsch durchgeführt wurden. Die ausreichenden Sprachkenntnisse des Klägers werden auch durch den Akteninhalt bestätigt (vgl ON 17, 6). Schließlich hat der Kläger in der Verhandlung nicht etwa auf eine für ihn nicht verständliche Übersetzung durch den beigezogenen Dolmetscher hingewiesen (vgl ON 17, 14 f).

1.2 Ob § 273 ZPO anzuwenden ist, stellt eine verfahrensrechtliche Frage dar, die mit Mängelrüge zu bekämpfen ist. Hat das Berufungsgericht so wie hier die Heranziehung des § 273 ZPO durch das Erstgericht gebilligt, so ist eine Überprüfung dieser Frage im Revisionsverfahren nicht mehr möglich (RIS Justiz RS0040364).

Im Übrigen ist die Heranziehung der richterlichen Schätzung zur Ermittlung abzugeltender Überstunden in der Rechtsprechung anerkannt (8 ObA 46/13t). Beurteilen die Tatsacheninstanzen das zur Verfügung stehende Beweismaterial, konkret die Arbeitsaufzeichnungen des Klägers, als nicht verlässlich, so bestehen gegen die Heranziehung des § 273 ZPO keine Bedenken.

2. Soweit der Kläger in der außerordentlichen Revision die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bekämpft, ist er darauf hinzuweisen, dass dies in dritter Instanz nicht mehr zulässig ist (RIS Justiz RS0043371).

3. Zeugen- oder Parteienaussagen stellen kein Prozessvorbringen dar; sie können, so wie auch andere Beweisergebnisse, fehlendes Prozessvorbringen nicht ersetzen (RIS Justiz RS0043157; RS0037915).

Das Berufungsgericht hat die Ausführungen des Klägers, denenzufolge nachträglich eine Kündigung vereinbart und er dienstfrei gestellt worden sei, damit zutreffend als unzulässige Neuerungen qualifiziert.

4. Die Auslegung einer Willenserklärung richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (RIS Justiz RS0053866; RS0028612). Eine vorzeitige Auflösungserklärung muss eindeutig und bestimmt erfolgen (8 ObA 52/12y).

Im Anlassfall steht fest, dass die Initiative zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses vom Kläger ausgegangen ist und er nach Abgabe seiner Erklärung, er wolle überhaupt nicht mehr zur Arbeit kommen, auf keinen Fall mehr bei der Beklagten arbeiten wollte. Dementsprechend wurde nicht nur in dem vom Kläger unterfertigten Auflösungsschreiben der Endtermin des Arbeitsverhältnisses mit 29. 8. 2013 genannt, sondern auch im Anspruchsschreiben seiner Rechtsvertretung das Ende des Arbeitsverhältnisses ebenfalls mit diesem Datum angegeben.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass das Arbeitsverhältnis durch vorzeitigen Austritt beendet worden sei und ein Grund dafür nicht vorliege, erweist sich davon ausgehend als nicht korrekturbedürftig.

5. Zum Wegfall der Gutgläubigkeit beim Empfang und Verbrauch eines unrechtmäßigen Dienstbezugs ist das Berufungsgericht von den zutreffenden Grundsätzen ausgegangen. Die Frage, ob der Empfänger unredlich war und die irrtümliche Zahlung nicht gutgläubig verbrauchen konnte, betrifft typisch den Einzelfall und begründet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS Justiz RS0033826 [T5]).

Die dazu vom Berufungsgericht vorgenommene Beurteilung ist nachvollziehbar begründetet und noch innerhalb des dem Berufungsgericht eingeräumten Entscheidungsspielraums gelegen. Für ein korrigierendes Einschreiten des Obersten Gerichtshofs bietet sie daher keinen Anlass.

6. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Rechtssätze
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