JudikaturJustiz5Ob94/13d

5Ob94/13d – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. August 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagten Parteien 1. F*****, 2. E*****, beide vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Rechnungslegung und Zahlung (Streitwert 35.000 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Februar 2013, GZ 2 R 182/12s 14, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 10. Juli 2012, GZ 26 Cg 169/11y 10, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Teilurteil verpflichtete das Berufungsgericht die beklagten Parteien, der klagenden Partei über die Verwendung des im Verfahren 8 Cg 121/08b des Landesgerichts Wels zugesprochenen Deckungskapitals für Sanierungskosten in Höhe von 162.319,49 EUR Rechnung zu legen.

Die ordentliche Revision erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil offenbar keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu vorliege, ob einem Schädiger, der an den Geschädigten einen Reparaturkostenvorschuss zu leisten habe, ein Rechnungslegungsanspruch betreffend die Verwendung des Vorschusses zustehe, um gegebenenfalls einen auf § 1435 ABGB gestützten Rückforderungsanspruch geltend machen zu können.

Die beklagten Parteien beantragen in ihrer gegen das Berufungsurteil erhobenen Revision erkennbar die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

In der Revision machen die Beklagten zusammengefasst geltend, dass es an einer materiell rechtlichen Grundlage für die Auskunftserteilung fehle. Der von der klagenden Partei behauptete mögliche Rückforderungsanspruch infolge des von ihr geleisteten Vorschusses für die Sanierungskosten sei weder als Vermögen noch als Schulden iSd Art XLII EGZPO zu qualifizieren. Im Übrigen hätten die Beklagten durch die im Verfahren vorgelegten 29 Rechnungen ohnedies über die Verwendung des Vorschusses Rechnung gelegt.

Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig (§ 508a Abs 1 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

1. Die hier klagende Partei wurde im Vorverfahren zur Zahlung eines zweckgebundenen und verrechenbaren Vorschusses in der Höhe der geschätzten Kosten für die Sanierung der von ihr aufgrund eines Werkvertrags hergestellten Dachkonstruktion verpflichtet (6 Ob 154/09d).

2. Nach der ersten Fallvariante des Art XLII Abs 1 EGZPO kann derjenige, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts dazu verpflichtet ist, ein Vermögen oder Schulden offenzulegen, mittels Urteils dazu verhalten werden, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses anzugeben, was ihm vom Vermögen oder den Schulden bekannt ist. Angesichts des eindeutigen Wortlauts entspricht es der völlig herrschenden Ansicht, dass der erste Anwendungsfall des Art XLII EGZPO keinen neuen materiell rechtlichen Anspruch schafft, sondern eine materiell rechtliche Verpflichtung voraussetzt (stRsp; RIS Justiz RS0034986; Konecny in Fasching/Konecny ² II/1 Art XLII EGZPO Rz 4).

3. Weitere Voraussetzung ist, dass der Auskunftsberechtigte ein bestimmtes Klagebegehren auf Leistung nur mit erheblichen Schwierigkeiten, die durch eine Abrechnung beseitigt werden können, zu erheben vermag, und dass dem Verpflichteten die Auskunftserteilung nach redlicher Verkehrsübung zumutbar ist (RIS Justiz RS0106851).

4. Das Zivilrecht enthält nun keine generelle bzw einheitliche Regelung, unter welchen Voraussetzungen, worüber und in welcher Weise jemand einem anderen eine Aufklärung schuldig ist. Ob die vom Kläger verlangte Aufklärung vom Beklagten überhaupt so wie in der begehrten Weise geschuldet wird, muss daher das Gericht im Einzelfall an Hand der für den jeweils geltend gemachten Auskunftsanspruch einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmung ermitteln (10 Ob 47/07w SZ 2007/72; Konecny aaO, Rz 24).

5. Der auf der Entscheidung des verstärkten Senats 2 Ob 82/97s (SZ 70/220) beruhende Grundsatz, dass Kosten einer künftigen Heilbehandlung vom Geschädigten, der die Heilbehandlung ernstlich beabsichtigt, (nur) vorschussweise begehrt werden können, gilt auch bei Anwendung des § 933a ABGB (6 Ob 154/09d mwN).

6. Der Oberste Gerichtshof stellte in der Entscheidung 6 Ob 154/09d, die die Zuerkennung des Vorschusses für die Sanierung der von der hier klagenden Partei mangelhaft hergestellten Dachkonstruktion betraf, klar, dass der vom Schädiger zu leistende Vorschuss „zweckgebunden sowie verrechenbar ist und bei Übermaß zurückgefordert werden kann“. Den Geschädigten trifft eine Rechenschafts- bzw Rechnungslegungspflicht über die Verwendung des Vorschusses ( Reischauer in Rummel , ABGB³ § 1323 Rz 13; vgl auch die Entscheidungsanmerkung von Chr. Huber zu 2 Ob 158/07k in ZVR 2008/227).

Dass sowohl Bereicherungsgläubiger nach § 1435 ABGB (5 Ob 231/98a SZ 71/162) als auch Gläubiger eines Verwendungsanspruchs (1 Ob 82/05y SZ 2006/13) zur Auskunftserteilung verpflichtet sein können, wurde im Übrigen bereits judiziert. Die Behauptung in der Revision, ein Bereicherungsschuldner sei materiellrechtlich niemals zur Auskunftserteilung verpflichtet, trifft daher in dieser Allgemeinheit nicht zu.

7. Art XLII Abs 1 EGZPO umfasst uneinge-schränkt jeden zivilrechtlichen Auskunftsanspruch in Bezug auf Vermögen, bezieht sich entgegen der Auffassung der Revision also auch auf in der Praxis im Vordergrund stehende Geldforderungen (2 Ob 270/05b mwN).

8. Die auf den konkreten Umständen des Einzelfalls beruhende Beurteilung, dass die Klägerin der Rechnungslegung bedarf, weil sie sonst nicht in der Lage wäre, ihre Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach zu konkretisieren, entspricht den Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS Justiz RS0034907) und ist nicht zu beanstanden: Dem Argument in der Revision, der Klägerin als „Fachmann auf dem Gebiet der Dacharbeit“ sei es zumutbar, den Kostenaufwand zu schätzen, ist zu entgegnen, dass es hier gerade nicht um die Schätzung von Sanierungskosten geht diese Frage war Gegenstand des Vorverfahrens , sondern um die tatsächliche widmungsgemäße Verwendung des für die Sanierung auferlegten Vorschusses. Über diese Vorschussverwendung wissen aber im hier zu beurteilenden Fall nur die beklagten Parteien als Vorschussempfänger Bescheid.

9. Um den Zweck der Rechnungslegung zu erreichen, darf der Umfang der Rechnungslegungspflicht nicht allzu sehr eingeschränkt werden; es muss nach den Umständen des Falls auf das Verkehrsübliche abgestellt werden (RIS Justiz RS0019529). Darauf aufbauend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass weder das dem Kläger vor Klageeinbringung zugegangene Schreiben Beilage ./1 noch die im Zuge des Verfahrens vorgelegten Urkunden den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung entsprechen, weil diese „Fremdrechnungen“ ohne nähere Erläuterung in vielen Fällen nicht erkennen ließen, wofür die darin genannten Arbeitsleistungen und Materialien verrechnet wurden. Es könne daher nicht beurteilt werden, ob die dafür aufgewendeten Kosten überhaupt der Behebung der von der klagenden Partei zu vertretenden Dachmängel dienten. Diese zutreffende Beurteilung bestreitet die Revision nur global, ohne sich im Einzelnen mit den Argumenten des Berufungsgerichts auseinanderzusetzen.

10. Da somit die Revision der klagenden Partei keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, war sie zurückzuweisen.

Die Beklagten haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen. Sie haben daher die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen (RIS-Justiz RS0035962).

Rechtssätze
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