JudikaturJustiz4Ob112/14w

4Ob112/14w – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Juli 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** S*****, vertreten durch Stolz Schartner Rechtsanwälte GmbH in Radstadt, gegen die beklagte Partei A***** K*****, vertreten durch Hochsteger, Perz, Wallner Warga Rechtsanwälte in Hallein, wegen Vertragsunterfertigung (Streitwert 65.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. April 2014, GZ 1 R 187/13w 16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft wirkt auch als Vorkaufsfall aufschiebend bedingt, weshalb bei einem aufschiebend bedingten Kaufvertrag der Vorkaufsfall erst mit dem Bedingungseintritt vorliegt (5 Ob 215/05m). Die Pflicht des Verpflichteten zum Einlösungsangebot und die Einlösungsbefugnis des Berechtigten wird demnach erst mit Bedingungseintritt begründet. Ein vor dem Eintritt des Vorkaufsfalls gemachtes Einlösungsangebot setzt den Lauf der Einlösungsfrist nach § 1075 ABGB nicht in Gang (7 Ob 586/90 mwN).

1.2. Bei Ausfall der Bedingung tritt die frühere Lage wieder ein, sodass der Vorkaufsfall als nicht eingetreten gilt und der Berechtigte sein Vorkaufsrecht behält ( Bydlinski in Klang , ABGB², § 1072, 779, vgl auch RIS Justiz RS0017494, RS0020327). Das Nichteintreten einer vereinbarten Bedingung führt zum Nichteintritt des Vorkaufsfalls (RIS Justiz RS0020169; Aicher in Rummel , ABGB³, § 1072 Rz 20).

1.3. Der Vorkaufsberechtigte muss den tatsächlichen Inhalt des abgeschlossenen Vertrags gegen sich gelten lassen; die Verkäufer sind nur bei bewusst unrichtiger Mitteilung über den Inhalt des Vorkaufsfalls analog § 916 Abs 2 ABGB nach Wahl des Berechtigten an ihre Erklärung gebunden (RIS Justiz RS0018155). Dies betrifft etwa die Mitteilung eines höheren Kaufpreises zwecks Täuschung eines Vorkaufsberechtigten (RIS Justiz RS0016866 [T1]).

2.1. Unstrittig ist, dass der Klägerin mit Schreiben vom 19. 12. 2011 unter Vorlage eines beglaubigt unterfertigten Kaufvertrags die Ausübung des Vorkaufsrechts angeboten wurde und dass dieser Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Abgabe von Freilassungs- oder Löschungserklärungen von Dienstbarkeitsberechtigten zur Herbeiführung der Lastenfreistellung stand.

2.2. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, zwar sei der vorkaufsberechtigten Klägerin unrichtigerweise die Einlösung vorschnell (nämlich noch vor Eintritt der im Kaufvertrag vereinbarten aufschiebenden Bedingung) angeboten worden, doch liege kein Fall einer bewusst unrichtigen Mitteilung vom Vorkaufsfall vor, der den Vorkaufsverpflichteten wegen des von ihm geschaffenen Rechtsscheins an seine falsche Erklärung binde und den Vorkaufsberechtigten in seinem Vertrauen auf die Erklärung schütze. Habe aber der Verpflichtete den Berechtigten nicht bewusst über die Existenz eines in Wahrheit nicht vorhandenen Rechtsgeschäfts getäuscht, sondern habe sich nur das Rechtsgeschäft, das vermeintlich den Vorkaufsfall bildet, als nicht zustande gekommen herausgestellt, sei das Klagebegehren auf Unterfertigung eines Kaufvertrags über die Einlösung des Vorkaufsrechts nicht berechtigt. Damit ist das Berufungsgericht von der zuvor unter Punkt 1.3. referierten Rechtsprechung nicht abgewichen.

2.3. Entgegen der Argumentation in der Zulassungsbeschwerde bindet nicht jedes vorschnelle Einlösungsangebot den Verpflichteten (vgl etwa auch 7 Ob 198/10h, wo ein verfrühtes Einlösungsangebot deshalb vorlag, weil es an der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung als Suspensivbedingung mangelte). Ob ein vorschnelles Einlösungsangebot eine „bewusst unrichtige Mitteilung über den Inhalt des Vorkaufsfalls“ ist, der in analoger Anwendung des § 916 Abs 2 ABGB die dort vorgesehenen Rechtsfolgen auslöst, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet keine erhebliche Rechtsfrage.

2.4. Das Berufungsgericht hat aus Beilage ./K die Schlussfolgerung gezogen, die Verweigerung der Zustimmung des Beklagten zu diesem Entwurf einer Dienstbarkeitsvereinbarung sei deshalb verständlich gewesen, da der Entwurf eine Ausweitung der Dienstbarkeit vorsehe, ist dies eine Wertung, die nicht als Aktenwidrigkeit geltend gemacht werden kann (RIS Justiz RS0043277). Zum Inhalt von Beilage ./K durfte das Berufungsgericht auch ohne Beweiswiederholung ergänzende Feststellungen ohne Beweiswiederholung treffen (vgl RIS Justiz RS0118509). Eine Aktenwidrigkeit liegt nur bei einem Widerspruch zwischen Prozessakten und tatsächlichen Urteilsvoraussetzungen vor, wobei aber dieser Widerspruch einerseits wesentlich, andererseits unmittelbar aus den Akten ersichtlich und behebbar sein muss. In der Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen liegt keine Aktenwidrigkeit (RIS Justiz RS0043421, RS0043347, RS0043324).

Rechtssätze
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