JudikaturJustiz3Ob170/14t

3Ob170/14t – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) S***** A*****, und 2) S***** A*****, beide vertreten durch Schaffer Sternad Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. F***** R*****, vertreten durch Dr. Angela Lenzi, Rechtsanwältin in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 2. Juli 2014, GZ 39 R 70/14d 48, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 22. Jänner 2014, GZ 36 C 125/12g 44, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen gaben der wegen titelloser Benützung erhobenen Räumungsklage der klagenden Miteigentümer in Ansehung jener Wohnung, bezüglich derer ihr Wohnungseigentum angemerkt ist, gegen den weiteren Miteigentümer statt. Eine allfällig abweichende frühere Benützungsregelung sei durch das die Benützungsverhältnisse an der gemeinsamen Liegenschaft neu regelnde rechtskräftige Teilungsurteil, das eine bestimmte Zuordnung der Wohnungen im Haus sowie die entsprechende Begründung von Wohnungseigentum vorsieht, außer Kraft gesetzt worden.

Der Beklagte, der die Abweisung des Räumungsbegehrens weiter verfolgt, vermag keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Die „Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft“ durch Begründung von Wohnungseigentum beseitigt die Gemeinschaft des Eigentums an der Liegenschaft nicht, sondern befestigt sie in anderer Form (RIS Justiz RS0121971, RS0101771, vgl RS0013264). Es handelt sich dabei um eine Realteilung (vgl RIS Justiz RS0124807, RS0106351, RS0101774 [T13]), weshalb die Grundsätze der Rechtsprechung zur Auswirkung einer Zivilteilung auf vorhandene Benützungsregelungen (vgl RIS Justiz RS0113831, RS0013261, RS0011109, RS0013235) nicht übertragbar sind.

Durch die Zuweisung der gegenständlichen Wohnung an den Rechtsvorgänger der Kläger in sein Wohnungseigentum und die Anmerkung im Grundbuch ist entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht die hinkünftige Benützungsordnung neu festgelegt worden. Wohnungseigentum verschafft gemäß § 16 Abs 1 WEG 2002 (hier iVm § 37 Abs 5 WEG) dem Wohnungseigentümer ein ausschließliches Benützungsrecht am Wohnungseigentumsobjekt. Die Rechtskraft des die wohnungseigentumsrechtliche Realteilung der Liegenschaft anordnenden Teilungsurteils beseitigt daher die bisherige Benützungsregelung. Die Kläger haben ihren Räumungsanspruch in diesem Verfahren entgegen den Revisionsausführungen auch nicht bloß auf den Widerruf eines Prekariums, sondern auch auf das rechtskräftige Teilungsurteil gestützt.

Eine Verurteilung zur Leistung setzt nach der Rechtsprechung jedenfalls eine ernst zu nehmende, irgendwie ins Gewicht fallende Chance voraus, dass die Leistung (wenigstens) später erbracht werden kann. Steht hingegen nach der Beurteilung des Verkehrs praktisch mit Sicherheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) fest, dass die Leistung auch in Zukunft nicht mehr wird erbracht werden könne, so kann der Gläubiger nicht auf dem Erfüllungsanspruch beharren (RIS Justiz RS0016423). Diese naturgemäß nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmende Einschätzung ist vom Obersten Gerichtshof nur in Fällen unvertretbarer berufungsgerichtlicher Beurteilung überprüfbar. Die der Bestätigung des Räumungsurteils zugrunde liegende Auffassung, die Erfüllung des Räumungsanspruchs sei nicht deswegen unmöglich, weil der Beklagte derzeit keinen Zutritt (passenden Schlüssel) zum Objekt habe, ist jedenfalls vertretbar.

Ebenso vertretbar ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Einwand schikanöser und sittenwidriger Rechtsausübung sei unberechtigt. Das Interesse an der Abwehr eigenmächtiger Eingriffe in das (Mit-)Eigentum ist stets zuzubilligen (RIS Justiz RS0013203, RS0012138, RS0037903). Vorangegangene Besitzstörungshandlungen führen nicht zur Verwirkung des Eigentumsrechts oder rechtskräftig zuerkannter Benützungsansprüche.

Rechtssätze
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