JudikaturJustiz1Ob310/01x

1Ob310/01x – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. DDr. Gerhard G*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17 19, und den Nebenintervenienten Dr. Erich P*****, vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 875.893 S (= 63.653,63 EUR) sA und Feststellung (Streitwert 124.107 S = 9.019,21 EUR) infolge Rekurses des Nebenintervenienten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2001, GZ 14 R 114/01i 46, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 6. April 2001, GZ 32 Cg 13/97k 42, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Alleinerbe nach der am 29. 10. 1995 verstorbenen Erblasserin und als solcher nunmehr Eigentümer einer Liegenschaft mit Haus im 13. Wiener Gemeindebezirk.

Am 9. 11. 1995 nahm der Neffe der Verstorbenen einen - in der Zeit vom 5. 11. bis 9. 11. 1995 verübten Einbruch in das Haus der Erblasserin wahr. Er erstattete Anzeige bei der Polizei und sprach danach beim Bezirksgericht Hietzing vor. Dort wurde ihm mitgeteilt, es sei beabsichtigt, den Nebenintervenienten als Gerichtskommissär im Nachlassverfahren zu bestellen. Daraufhin suchte er die Notariatskanzlei des Nebenintervenienten auf, gab "den Diebstahl zu Protokoll" und übergab dem Nebenintervenienten "sämtliche Schlüssel für die Liegenschaft". Ein "weiteres Paar Wohnungsschlüssel" hatte aber noch der Kläger. Damals wusste weder der Neffe der Erblasserin noch der Nebenintervenient, dass die Erblasserin den Kläger zum Erben eingesetzt hatte. Der Nebenintervenient hatte über den Todesfall noch keine polizeiliche oder gerichtliche Nachricht. Dennoch fuhr er am 10. 11. 1995 zur Liegenschaft der Erblasserin und versiegelte die "Villa". Erst mit Beschluss vom 30. 11. 1995 wurde er zum Gerichtskommissär bestellt. Anlässlich der Todfallsaufnahme in der Notariatskanzlei am 31. 1. 1996 übergab der Nebenintervenient dem Kläger jene Schlüssel, die er vom Neffen der Erblasserin erhalten hatte. Danach hatte der Nebenintervenient "nichts mehr mit der Verlassenschaft zu tun". Der Kläger, der damals noch Rechtsanwalt war, hatte die Erblasserin "rechtsfreundlich beraten". Ihm war bekannt, dass sie ihn zum Erben eingesetzt hatte. Mit Beschluss vom 5. 3. 1996 wurde dem Kläger gemäß § 145 AußStrG die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft übertragen. Am 16. 3. 1996 nahm der Kläger auf der Liegenschaft der Erblasserin einen Wasserschaden wahr. Es waren insgesamt 2.849 m3 Wasser "durch mindestens drei Rohrgebrechen in das Haus ausgetreten". Diese - durch Frost verursachten - Rohrbrüche sind mit Sicherheit nicht gleichzeitig aufgetreten.

Der Kläger begehrte den Zuspruch von 875.893 S (= 63.653,63 EUR) und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle "noch nicht festgestellten Schäden ... aus der unterlassenen Absperrung des Hauptwasserhahns im November 1995 sowie aus allen Folgeschäden aus dieser Unterlassung und dem dadurch herbeigeführten Zustand der Liegenschaft". Er brachte vor, der Nebenintervenient habe das Haus als Gerichtskommissär wohl versiegelt, "jedoch sorgfaltswidrig das Hauptwasserventil nicht abgeschlossen". Soweit die Bedingungen der Versicherung gegen Leitungswasserschäden die Absperrung der wasserführenden Anlagen und geeeignete Maßnahmen gegen Frost vorsähen, wenn eine Baulichkeit länger als 72 Stunden verlassen werde, handle es sich um "eine übliche Sorgfaltspflicht, welche auch, ohne gesatzt zu sein, jedenfalls für einen Amtsträger verbindlich" sei (ON 13 S. 4 f). Dem Gerichtskommissär sei "es nicht verwehrt gewesen, das Haus in einen so beheizten Zustand zu bringen, dass ein Einfrieren der Wasserleitungen vermieden hätte werden können" (ON 41 S. 2). Er - der Kläger - habe am 31. 1. 1996 in der Kanzlei des Nebenintervenienten eine unbedingte Erbserklärung abgegeben. Im Übrigen habe er die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft beantragt. Diesem Antrag sei stattgegeben worden. Eine Ausfertigung des Beschlusses sei ihm am 7. 3. 1996 zugestellt worden. Das Leistungsbegehren entfalle auf die Kosten der Behebung der durch den Wassereintritt verursachten Bauschäden und auf den Gesamtrückstand an Wasserentgelt. Angesichts der Weigerung der beklagten Partei, den Schaden zu ersetzen bzw eine Akontozahlung zu leisten, seien Folgeschäden nicht auszuschließen. Sollte sich die Abtragung des Gebäudes als notwendig erweisen, sei von einem Neubauwert von 2,7 Mio S (= 196.216,65 EUR) auszugehen.

Die beklagte Partei und der Nebenintervenient wendeten ein, der Kläger habe gewusst, dass ihn die Erblasserin zum Erben eingesetzt habe. Er hätte daher selbst Vorkehrungen zur Vermeidung eines Wasserschadens treffen müssen. Der Nebenintervenient habe dem Kläger am 31. 1. 1996 alle Hausschlüssel ausgehändigt. Der Wasserschaden sei erst später eingetreten. Der Gerichtskommissär sei nicht befugt, die Verlassenschaft zu vertreten. Er habe gemäß § 46 AußStrG die Aufsicht über die Verlassenschaftsmasse und die Besorgung des Hauswesens einstweilen dem Kläger anvertraut, habe dieser doch die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses beantragt und die Hausschlüssel erhalten. Der Kläger hätte im Weg über den Nebenintervenienten die Aufhebung der Versiegelung erreichen und die Wasserabsperrung veranlassen können. Der Nebenintervenient habe sich nicht rechtswidrig verhalten. Andernfalls sei ein Organverschulden zu verneinen. Der Kläger hätte auch die Vorverlegung des Termins zur Todfallsaufnahme und die baldige Erlassung des Beschlusses nach § 145 AußStrG urgieren können und müssen. Durch die Unterlassung von Urgenzen habe der Kläger seine Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG verletzt. Der Kläger habe ferner nicht dargelegt, weshalb mit künftigen Schäden zu rechnen sei. Er entbehre somit eines Feststellungsinteresses.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es traf - abgesehen vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - noch folgende, vom Nebenintervenienten im Berufungsverfahren bekämpfte Feststellungen:

Der genaue Zeitpunkt des "Schadenseintritts" sei nicht bestimmbar. Zwischen dem 22. 11. und dem 26. 11. 1995 habe die "Möglichkeit", zwischen dem 27. 12. 1995 und dem 7. 1. 1996 "die große Wahrscheinlichkeit des Einfrierens" bestanden. Mit "Sicherheit" sei es aber zum Einfrieren zwischen dem 15. 1. 1996 und dem 15. 2. 1996 gekommen.

Nach Ansicht des Erstgerichts hat der Gerichtskommissär das Nachlassvermögen gegen den Zugriff unbefugter Dritter zu sichern. Darüber hinausgehende Maßnahmen hätten gemäß § 28 AußStrG einer gerichtlichen Anordnung bedurft. Um das Haus der Erblasserin winterfest zu machen, hätte es der Nebenintervenient beheizen oder die Lage des Hauptwasserhahns an Hand der Baupläne feststellen müssen. Solche Rechtspflichten ließen sich weder aus § 1 GKoärG noch aus einer anderen gesetzlichen Bestimmung ableiten. Ein Amtshaftungsanspruch sei daher schon mangels eines rechtswidrigen Verhaltens des Nebenintervenienten zu verneinen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, der Gerichtskommissär habe keine "persönliche Verpflichtung", ein versiegeltes Haus auch winterfest zu machen. Er müsse dazu auch nicht einen Installateur oder einen anderen Werkunternehmer beauftragen. Er habe jedoch gemäß § 46 AußStrG die Aufsicht über die Verlassenschaftsmasse und die Besorgung des Hauswesens einstweilen und bis auf weitere gerichtliche Anordnung einem Hausgenossen des Erblassers oder einer anderen tauglichen Person anzuvertrauen. Er habe also die Möglichkeit, "für die Verhinderung einer Gefährdung der Integrität der Vermögensmasse trotz erforderlicher Versiegelung zu sorgen, ohne dass es notwendig wäre, einen Werkvertrag abzuschließen oder als Gerichtskommissär selbst 'handwerklich' tätig zu werden". Die Rechtspflichten des Gerichtskommissärs erschöpften sich nicht in der Sicherung der (beweglichen) Verlassenschaftsmasse gegen ihre Verbringung. Demnach sei der Gerichtskommissär der "Sicherung der körperlichen Integrität der Verlassenschaftsmasse" nicht "vollständig enthoben". Er hätte, selbst wenn nur die Beiziehung eines Werkunternehmers sachgerecht gewesen wäre, das Gericht davon verständigen müssen. Dieses hätte dann einen Verlassenschaftskurator bestellen können. Dass der Kläger das Haus hätte winterfest machen müssen, sei unzutreffend. Es stehe nicht fest, dass er bereits vor der Ladung zur Todfallsaufnahme Kenntnis vom Ableben der Erblasserin gehabt habe. Es sei auch "eine völlige Überspannung der Schadenminderungspflicht, den eingesetzten Erben zur Rückfrage zu verpflichten, ob der Gerichtskommissär die naheliegendsten Sicherheitsmaßnahmen ergriffen" habe. Nur Vorgänge nach Übertragung der Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft an den Kläger lägen "nicht mehr in der Ingerenz des Nebenintervenienten". Der als Klagegrund geltend gemachte Wasserschaden müsse nach einer schon feststehenden Tatsache vor Zustellung einer Ausfertigung des Beschlusses nach § 145 AußStrG an den Kläger eingetreten sein. Im fortgesetzten Verfahren seien die erforderlichen "Feststellungen zur Kausalität und vor allem zur Höhe des Schadens" zu treffen. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil "keine höchstgerichtliche Entscheidung zu einem derartigen Amtshaftungsanspruch ersichtlich" sei.

Der Rekurs des Nebenintervenienten ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Anfechtungsfrist

1. Der Nebenintervenient wendet sich gegen die Rechtsprechung, nach der die Rechtsmittelfrist für ihn bereits mit Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Hauptpartei in Gang gesetzt worden sei. Ihm selbst sei der angefochtene Beschluss erst am 4. 10. 2001, der Hauptpartei dagegen schon am 24. 9. 2001 zugestellt worden. Er sei in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden, weil ihm nicht vier Wochen zur Einbringung des Rekurses zur Verfügung gestanden seien. Das begründe einen Verfahrensmangel. Hätte er für den Rekurs vier Wochen Zeit gehabt, so "wäre weitere Judikatur und Literatur aufgefunden ... und ... das Ersturteil bestätigt worden". Angesichts der Erwägungen in der Entscheidung 6 Ob 12/01k könne der Lauf der Rechtsmittelfrist nur durch die Zustellung einer Entscheidungsausfertigung an ihn begonnen haben.

1. 1. Der Oberste Gerichtshof referierte in der Entscheidung 6 Ob 12/01k die ständige Rechtsprechung, nach der die Rechtsmittelfrist für den Nebenintervenienten, dem nicht die Stellung eines Streitgenossen zukomme, mit Zustellung der anfechtbaren Entscheidung an die Partei, auf deren Seite interveniert werde, beginne. Einem solchen Nebenintervenienten sei eine Entscheidungsausfertigung nicht zuzustellen. Selbst nach einer versehentlichen gesonderten Zustellung werde keine eigene Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt. Anderes gelte im Verhältnis zum streitgenössischen Nebenintervenienten. Dem einfachen Streithelfer verschaffe weder eine etwa drohende Regressklage noch dessen allfällige Solidarhaftung die Stellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten. Es sei fraglich, ob diese Ansicht in dieser Allgemeinheit seit der Entscheidung eines verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 2123/96d (= SZ 70/60) noch aufrechterhalten werden könne. Dort sei eine weitgehende Bindungswirkung des Urteils auch für den einfachen Nebenintervenienten ausgesprochen worden. Das lege es - wegen des drohenden Regresses durch die Hauptpartei - nahe, dem einfachen Nebenintervenienten schon im Vorprozess die Rechte eines streitgenössischen Nebenintervenienten zuzubilligen. Danach würde die Rechtsmittelfrist gegen ein die Hauptpartei belastendes klagestattgebendes Urteil erst mit dessen Zustellung an den Nebenintervenienten in Gang gesetzt.

1. 2. Der Nebenintervenient ist - im Widerspruch zur bisherigen ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - offenkundig der Ansicht, ihm sei für die Einbringung des Rekurses an sich längere Zeit zur Verfügung gestanden, weil die Rekursfrist in Wahrheit erst durch die Zustellung einer Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses an ihn begonnen habe. Der Oberste Gerichtshof vermag allerdings nicht zu erkennen, dass ein Streithelfer, der ein Rechtsmittel freiwillig noch vor dem nach seiner Überzeugung letzten Tag der ihm zu Gebote gestandenen Frist einbringt, in irgendeinem prozessualen Recht verletzt sein könnte. Er hätte zu der im Rekurs aufgeworfenen Frage nach dem für den Nebenintervenienten fristauslösenden Ereignis nur dann Stellung zu nehmen, wenn der Rechtsmittelwerber den Rekurs entweder erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist für die Hauptpartei eingebracht oder den in der für die Hauptpartei offenen Frist erhobenen Rekurs noch innerhalb von vier Wochen ab Zustellung einer Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses an ihn ergänzt hätte, weil er erst nach Ablauf der durch den Zustellakt gegenüber der Hauptpartei ausgelösten Frist weitere Argumente in Erfahrung gebracht habe, die sich gleichfalls für eine Wiederherstellung des Ersturteils ins Treffen führen ließen. Letzterenfalls wäre zu klären gewesen, ob die vom Rekurswerber geltend gemachten Gründe eine Ausnahme von dem das Rechtsmittelrecht sonst beherrschenden Einmaligkeitsgrundsatz (s etwa nur Gitschthaler in Rechberger , ZPO2 §§ 84, 85 Rz 21 mN aus der Rsp) hätten rechtfertigen können. Hier wurde jedoch keine der Varianten verwirklicht, die den Obersten Gerichtshof zur Erörterung der Frage zwängen, ob die ständige Rechtsprechung über das für den einfachen Nebenintervenienten fristauslösende Ereignis (Zustellung an die Hauptpartei) nach der Entscheidung des erkennenden als verstärkten Senats zu 1 Ob 2123/96d (= SZ 70/60) fortgeschrieben werden kann. Es ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, auf dem Boden rein theoretischer Erwägungen zu ergründen, ob der Rechtsmittelwerber den erhobenen Rekurs rechtzeitig an sich auch noch später hätte einbringen können.

II. Zur Sachentscheidung

1. Der Kläger machte als Klagegrund geltend, der Nebenintervenient als Organ des Bundes habe "sorgfaltswidrig das Hauptwasserventil nicht abgeschlossen", also die Absperrung der wasserführenden Anlagen und geeignete Maßnahmen gegen Frost nicht selbst veranlasst, obgleich die Baulichkeit länger als 72 Stunden verlassen gewesen sei, und das Haus nicht "in einen so beheizten Zustand" versetzt worden sei, um das "Einfrieren der Wasserleitungen" zu verhindern. In der Berufung gegen das klageabweisende Ersturteil listete der Kläger dann zahlreiche gesetzliche Befugnisse und Pflichten des Gerichtskommissärs im Verlassenschaftsverfahren auf. Darunter nahm er auch die Bestimmung des § 46 AußStrG, nach der der Gerichtsabgeordnete die Aufsicht über die Verlassenschaftsmasse und die Besorgung des Hauswesens einstweilen und bis auf weitere Anordnung durch das Gericht einem Hausgenossen des Erblassers oder einer anderen tauglichen Person anzuvertrauen hat, für seinen Prozessstandpunkt in Anspruch. Allerdings behauptete er auch noch in der Berufung nicht, dass eine solche taugliche Person zur Verfügung gestanden wäre und rechtzeitig vor dem späteren Schadensereignis mit der Besorgung des Hauswesens hätte betraut werden können und müssen. Nach der allgemeinen Erörterung gesetzlicher Befugnisse und Pflichten des Gerichtskommissärs zog der Kläger schließlich den im Sachverhalt nicht konkretisierten Schluss, es "sei der Schutznormenkomplex des Außerstreitgesetzes in mehrfacher Weise verletzt" und die "erforderliche Obsorge nicht geübt" worden. Eine solche Obsorge hätte darin bestehen müssen, den eingetretenen Schaden "auf eine taugliche Weise ... zu verhindern". Diese Ausführungen veranlassten das Berufungsgericht zu ergründen, worin konkrete Versäumnisse des Nebenintervenienten als Gerichtskommissär bestanden haben könnten, obgleich er das betreffende Haus nicht selbst gegen Frostschäden habe sichern müssen.

1. 1. Die Verletzung des Neuerungsverbots kann nach ständiger Rechtsprechung im Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss geltend gemacht werden (MietSlg 50.119; Kodek in Rechberger , ZPO2 § 482 Rz 6 je mwN). Auch wenn der Geschädigte den geltend gemachten Ersatzanspruch auf die Unterlassung pflichtgemäßen Handelns stützt, muss er den als Klagegrund behaupteten Sachverhalt zur Abgrenzung des Streitgegenstands konkretisieren. So wäre im erörterten Zusammenhang etwa die bloße Behauptung, die Organe des Rechtsträgers hätten handeln müssen, um den Eintritt eines Schadens "auf eine taugliche Weise ... zu verhindern", ungenügend. Im Lichte dieser Rechtslage rügt der Nebenintervenient zutreffend, das Berufungsgericht habe den Aufhebungsbeschluss, soweit die unterbliebene Vorsorge für die Bestellung eines Verlassenschaftskurators betroffen sei, auf Erwägungen gestützt, denen kein erstinstanzliches Tatsachenvorbringen des Klägers zugrunde liege. Diesen Ausführungen tritt auch der Kläger nicht entgegen. Ob dieses Argument auch auf das Erfordernis der Übertragung der einstweiligen Besorgung des Hauswesens an eine taugliche Person zuträfe, bedarf keiner Erörterung, weil der Nebenintervenient insoweit keine Verletzung des Neuerungsverbots geltend macht.

1. 2. Die Streitsache ist jedoch auch unter Ausklammerung der im Rekurs gerügten unzulässigen Neuerung noch nicht spruchreif. Rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten in Vollziehung der Gesetze, das den Rechtsträger gemäß § 1 AHG zum Schadenersatz verpflichtet, kann auch in einer Unterlassung bestehen, wenn eine Pflicht des Organs zum Tätigwerden bestand und pflichtgemäßes Handeln den Schadenseintritt verhindert hätte (SZ 70/46 [zu bestimmten Handlungspflichten eines Notars als Gerichtskommissär]; SZ 69/148 je mwN). Die Haftung für eine vorwerfbare Unterlassung entfällt daher, wenn der Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun eingetreten wäre. Die Beweislast dafür, dass bei gebotenem Verhalten der Schaden nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten (SZ 70/95 mwN).

1. 3. Der Oberste Gerichtshof tritt der Ansicht der Vorinstanzen und den Rekursausführungen des Nebenintervenienten bei, dass den Gerichtskommissär im Nachlassverfahren - entgegen den Klagebehauptungen - keine Pflicht, zur Herstellung der Frostsicherheit eines zum Verlassenschaftsvermögen gehörigen Gebäudes persönlich zu handeln, treffe. Das bedarf keiner weitwendigen Begründung, sondern versteht sich gleichsam von selbst, ist doch der Gerichtskommissär nicht Vertreter bzw Verwalter des ruhenden Nachlasses. Auch der Kläger behauptet in der Rekursbeantwortung nichts Gegenteiliges.

1. 4. Der Nebenintervenient bestreitet im Grundsätzlichen nicht, dass er nach § 46 AußStrG an sich verpflichtet gewesen wäre, eine taugliche Person mit der einstweiligen Besorgung des Hauswesens zu betrauen. Er behauptet jedoch einerseits - ohne Grundlage in den getroffenen Feststellungen -, der Neffe der Erblasserin sei für die Besorgung des Hauswesens nicht geeignet gewesen, andererseits betont er im Widerspruch dazu, er habe unterstellen dürfen, der Neffe der Erblasserin werde "sich um die zur Verlassenschaft gehörigen Gegenstände" kümmern und "die notwendigen Veranlassungen" treffen.

Die gemäß § 46 AußStrG erforderliche Betrauung einer tauglichen Person zur einstweiligen Besorgung des Hauswesens durch den Gerichtskommissär bezweckt - nach den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts - auch die Sicherung der Unversehrtheit eines zur Verlassenschaftsmasse gehörenden Hauses. Eine solche Person hat in Besorgung des Hauswesens auch die nach der Lebenserfahrung naheliegenden, unaufschiebbaren und notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um das Haus vor Schaden zu bewahren. Ihr sind nach § 46 AußStrG die für dringende Auslagen und die Bestreitung des Hauswesens erforderlichen Beträge aus Verlassenschaftsgeldern vorzustrecken. Demnach vertritt derjenige, dem der Gerichtskommissär die einstweilige Besorgung des Hauswesens anvertraute, insoweit den ruhenden Nachlass. Dass die Wasserzufuhr zu einem während des Winters unbeheizten Haus abzusperren ist und die Wasserleitungen zu entleeren sind, um den Eintritt von Frostschäden zu vermeiden, lehrt die allgemeine Lebenserfahrung. Nach Bestellung zum Gerichtskommissär (mit Beschluss vom 30. 11. 1995) hätte daher der Nebenintervenient entweder eine taugliche Person mit der Besorgung des Hauswesens betrauen oder das Verlassenschaftsgericht davon verständigen müssen, dass eine solche Person nicht zur Verfügung stehe, damit nun dieses gemäß § 28 Abs 1 AußStrG die für die Unversehrtheit der Verlassenschaftsmasse erforderlichen unaufschiebbaren Vorkehrungen treffe.

1. 5. Organe der Rechtsträger sind ausnahmslos verpflichtet, sich rechtmäßig zu verhalten, sodass die Behauptungs- und Beweislast für das mangelnde Verschulden an der Nichterfüllung dieser Rechtspflicht stets den Rechtsträger trifft. Im Geltungsbereich des Amtshaftungsgesetzes ist nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu haften, weshalb die Haftungsverpflichtung des Rechtsträgers grundsätzlich nicht nur grobes, sondern auch leichtes, am Maßstab des § 1299 ABGB zu messendes Verschulden des Organs umfasst (1 Ob 98/00v mwN). Die Unterlassung der unter 1. 4. erörterten gesetzlich gebotenen Handlungen würde daher auch ein dem beklagten Rechtsträger zuzurechnendes Organverschulden begründen, soweit er den Entlastungsbeweis nicht antritt oder antreten kann.

1. 6. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen bestand zwischen dem 22. 11. und dem 26. 11. 1995 die Möglichkeit, zwischen dem 27. 12. 1995 und dem 7. 1. 1996 dagegen die große Wahrscheinlichkeit des Einfrierens der Wasserleitungen. Mit Sicherheit sei es aber zum Einfrieren zwischen dem 15. 1. 1996 und dem 15. 2. 1996 gekommen. Der Nebenintervenient bekämpfte diese Feststellungen in der Berufungsbeantwortung und behauptete auch Mängel des Verfahrens erster Instanz. Das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass "Wasser in den Leitungen erst nach dem 31. 1. 1996 eingefroren" und "frühestens erst ab dem 15. 2. 1996" jenes Wasser "ausgetreten" sei, das die in der Klage behaupteten Schäden verursacht habe. Die Frage nach der Berechtigung dieser Rügen kann die Sachentscheidung deshalb beeinflussen, weil der Nebenintervenient dem Kläger nach insoweit unbekämpfter Feststellung aus Anlass der Todfallsaufnahme in der Notariatskanzlei am 31. 1. 1996 jene Hausschlüssel aushändigte, die er vom Neffen der Erblasserin erhalten hatte. Darin kann - je nach den Begleitumständen - eine Betrauung des Klägers mit der einstweiligen Besorgung des Hauswesens im Sinne des § 46 AußStrG liegen, sodass es ab diesem Zeitpunkt keiner weiteren Maßnahmen des Nebenintervenienten oder anderer Organe des Bundes mehr bedurft hätte, um die zur Sicherung der Unversehrtheit des Hauses der Verlassenschaftsmasse erforderliche Grundvoraussetzung zu schaffen. Wäre daher der behauptete Schaden durch eigene Nachlässigkeit des Klägers im Zuge der einstweiligen Besorgung des Hauswesens verursacht worden, so wäre dem geltend gemachten Amtshaftungsanspruch der Boden entzogen.

Wäre der rechtlichen Beurteilung dagegen der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen, so wäre schuldhaft rechtswidriges Organverhalten zu bejahen, wenn der Nebenintervenient den Kläger entgegen seiner Ansicht - nicht mit der einstweiligen Besorgung des Hauswesens im Sinne des § 46 AußStrG betraut hätte. Dieses bestünde entweder darin, dass der Nebenintervenient nach seiner Bestellung zum Gerichtskommissär mit Beschluss vom 30. 11. 1995 bis zum 31. 1. 1996 - also auch gerade während eines Teils des für das Auftreten von Frostschäden besonders prädestinierten Zeitraums - nichts unternahm, um seiner bereits erläuterten gesetzlichen Handlungspflicht nach § 46 AußStrG zu entsprechen, oder - sollte entsprechend den Rekursbehauptungen keine taugliche Person vorhanden gewesen sein, die mit der einstweiligen Besorgung des Hauswesens hätte betraut werden können - darin, dass es der Nebenintervenient unterließ, das Verlassenschaftsgericht von der fehlenden Verfügbarkeit einer zur einstweiligen Besorgung des Hauswesens tauglichen Person zu unterrichten, damit dieses gemäß § 28 Abs 1 AußStrG die zur Erhaltung der Unversehrtheit des Hauses der Verlassenschaftsmasse naheliegenden unaufschiebbaren Vorkehrungen treffe, oder falls der Nebenintervenient das Verlassenschaftsgericht entsprechend informiert haben sollte - schließlich darin, dass das Verlassenschaftsgericht untätig blieb, also keine Anordnungen traf, um den Eintritt eines durch Frost verursachten Wasserschadens im Haus der Verlassenschaftsmasse zu vermeiden.

Es ist daher streitentscheidend, ob der Kläger durch die Übergabe der Hausschlüssel mit der einstweiligen Besorgung des Hauswesens betraut wurde. Die Betrauung setzt zwar keinen vorangehenden Gerichtsbeschluss voraus, bedarf es doch oft unaufschiebbarer und dringender Maßnahmen, doch muss sie sich aus den näheren Umständen des Übertragungsakts unmissverständlich ergeben, soll doch der Betraute nicht Mutmaßungen über die Tatsache seiner Betrauung anstellen müssen. In der bloßen Übergabe der Hausschlüssel anlässlich der Todfallsaufnahme ist daher - entgegen der Ansicht des Nebenintervenienten - noch nicht die Betrauung des Klägers mit der einstweiligen Besorgung des Hauswesens zu erblicken. Das folgt hier schon aus der Tatsache, dass das Haus zu diesem Zeitpunkt nach wie vor amtlich versiegelt war und der Kläger deshalb - trotz der in seiner Gewahrsame befindlichen Hausschlüssel - keinen Zutritt zur Liegenschaft hatte. Es kommt daher auf die Begleitumstände der Schlüsselübergabe und dabei insbesondere auf allfällige Erklärungen des Nebenintervenienten an. Feststellungen darüber werden im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein. Je nach dem Inhalt solcher Feststellungen kann die Klärung der weiteren Frage, wann sich der Schadensfall ereignete, Bedeutung erlangen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die Fragen des Nebenintervenienten an den Sachverständigen (ON 31) noch nicht beantwortet wurden.

2. Der Nebenintervenient hält an seiner Ansicht fest, ein Amtshaftungsanspruch könne schon deshalb nicht entstanden sein, weil der Kläger die Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG durch die Unterlassung verschiedener Urgenzen verletzt habe.

Der Kläger kann jedoch durch die Unterlassung von Urgenzen nicht gegen die Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG verstoßen haben, weil unter Rechtsmitteln nur prozessuale Rechtsbehelfe - wenn auch im weiteren Sinn - zu verstehen sind, die dazu dienen, fehlerhafte Entscheidungen, sei es im Instanzenweg, sei es auf andere Weise, zu beseitigen (EvBl 2001/19 = ÖBl 2001, 129 [Abgehen von JBl 1980, 42]). Im Übrigen ist den Rekursausführungen zu entgegnen, dass die von behördlichem Verhalten betroffenen Personen mit einer rechtmäßigen Vorgangsweise der Behörden rechnen dürfen, es sei denn, es lägen Anhaltspunkte für das Gegenteil vor. Danach besteht keine Verpflichtung, das eine oder andere Verhalten behördlicher Organe vorsorglich zu urgieren, weil sich diese - ohne solche Erinnerungen - allenfalls rechtswidrig verhalten könnten. Hier sind den bereits feststehenden Tatsachen keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, aus denen der Kläger hätte schließen müssen, gerichtliche Organe würden die zur Gefahrenabwehr naheliegenden und notwendigen Maßnahmen nicht ergreifen bzw noch nicht ergriffen haben. Der Kläger war daher in der Rolle eines mutmaßlichen Erben weder zur Erkundigung über die von der Gerichtsbarkeit im Interesse einer Gefahrenabwehr ergriffenen oder noch nicht ergriffenen Maßnahmen verpflichtet, noch vor Anvertrauung der einstweiligen Besorgung des Hauswesens veranlasst, die Aufhebung der Versiegelung des Hauses zu beantragen, einen früheren Termin für die Todfallsaufnahme zu erwirken, eine frühere Anvertrauung der einstweiligen Besorgung des Hauswesens oder eine frühere Überlassung der Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft zu urgieren. In diesem Kontext ist es auch nicht von Bedeutung, ob der Kläger schon vor der Ladung zur Todfallsaufnahme Kenntnis vom Ableben der Erblasserin hatte. Diese Erwägungen sind somit dahin zusammenzufassen, dass dem Kläger - auf dem Boden der feststehenden Tatsachen - weder eine Verletzung der Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG noch ein Mitverschulden am Eintritt des der Klage zugrunde liegenden Schadens nach § 1304 ABGB zur Last fällt.

3. Das Erstgericht wird daher das Verfahren - auf dem Boden der erläuterten Rechtslage - zu ergänzen und neuerlich zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
13