JudikaturJustiz1Ob28/91

1Ob28/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. November 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei A***** Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 320.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 20. Juni 1991, GZ 2 R 79/91-16, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 4. März 1991, GZ 39 Cg 424/89-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß sie insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

1. Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei wird der beklagten Partei für die Zeit bis zur rechtskräftigen Erledigung des von der klagenden Partei zur Geltendmachung des behaupteten Unterlassungsanspruches abhängig gemachten Rechtsstreites verboten, ohne Genehmigung der klagenden Partei Werke der Tonkunst und damit verbundene Sprachwerke zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen, auf denen Werke festgehalten sind, die durch die Zugehörigkeit des Komponisten, des Textdichters oder des Musikverlegers zur klagenden Partei oder zu einer mit ihr im Vertragsverhältnis stehenden ausländischen Verwertungsgesellschaft zum Werkbestand der klagenden Partei gehören; dieses Verbot erstreckt sich insbesondere auf Musikkassetten, die für Schulungszwecke im Bereich des österr. Bundesheeres, insbesondere für "Tonbildschauen" verwendet werden.

2. Das Mehrbegehren des Inhalts, zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei werde der beklagten Partei weiters verboten, ohne Genehmigung der klagenden Partei Werke der Tonkunst und damit verbundene Sprachwerke zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, auf denen Werke festgehalten sind, die durch die Zugehörigkeit des Komponisten, des Textdichters oder des Musikverlegers zur klagenden Partei oder zu einer mit ihr im Vertragsverhältnis stehenden ausländischen Verwertungsgesellschaft zum Werkbestand der klagenden Partei gehören; diese Unterlassungsverpflichtung erstrecke sich insbesondere auf Musikkassetten, die für Schulungszwecke im Bereich des österr. Bundesheeres, insbesondere für "Tonbildschauen" verwendet würden, wird abgewiesen.

3. Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, soweit es die Stattgebung des Sicherungsbegehrens betrifft, vorläufig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 22.097,25 S anteilig bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Begründung:

Am 28. und 29. April 1988 erteilte das Bundesministerium für Landesverteidigung (im folgenden BMLV) der C***** Trickfilm Gesellschaft mbH auf Grund deren Anbots den Zuschlag zur Lieferung der beiden "Tonbildschauen" TBS-08 "ABC-Selbstschutz" und TBS-09 "ABC-Beobachtung", jeweils bestehend aus 71 Dias und einer einseitig bespielten Compact-Musikkassette in einer Auflage von je 170 Stück, an das Heeres-Feldzeuglager Wien. Die dem jeweiligen Zuschlag beigelgte Leistungsbeschreibung statuiert u. a.: "Die Rechte für die in dieser Tonbildschau verwendete Musik sind ordnungsgemäß zu Lasten des Auftragnehmers zu erwerben." Mit der Herstellung der Musikkassetten für die "Tonbildschauen" beauftragte die Auftragnehmerin ein Tonstudio, welches seinerseits ein weiteres Tonstudio einschaltete. Die bei der Herstellung dieser Musikkassetten verwendeten Musiktitel, überwiegend Ausschnitte von Soundtracks bekannter Spielfilme, sind durchwegs Bestandteil des Repertoires der klagenden musikalischen Verwertungsgesellschaft, an die niemand wegen des Erwerbes von Vervielfältigungs- oder Verbreitungsrechten herantrat. Die "Tonbildschauen" TBS-08 und TBS-09 wurden ausschließlich Soldaten des Bundesheeres im Zuge deren Ausbildung zur Verbesserung derselben vorgeführt.

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Republik Österreich unter anderem - die Unterlassung, ohne Genehmigung der klagenden Partei Werke der Tonkunst und damit verbundene Sprachwerke zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten bzw. vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen, auf denen Werke festgehalten sind, die durch die Zugehörigkeit des Komponisten, des Textdichters oder des Musikverlegers zur klagenden Partei oder zu einer mit ihr im Vertragsverhältnis stehenden ausländischen Verwertungsgesellschaft zum Werkbestand der klagenden Partei gehören; diese Unterlassungsverpflichtung erstrecke sich insbesondere auf Musikkassetten, die für Schulungszwecke im Bereich des Bundesheeres, insbesondere für "Tonbildschauen" verwendet werden. Dazu stellt die klagende Partei einen gleichlautenden Sicherungsantrag. Die klagende Partei trägt dazu im wesentlichen vor, durch die Vervielfältigung von Werken ihres Repertoires habe die beklagte Partei in ihre mechanisch-musikalische Vervielfältigungsrechte eingegriffen und durch die Weitergabe der Musikkassetten an Ausbildungseinrichtungen des Bundesheeres auch das Verbreitungsrecht der klagenden Partei verletzt.

Die beklagte Partei wendete in ihrer Äußerung zum Sicherungsantrag unter anderem die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein. Das Bundesheer sei ein Vollzugsbereich, in dem nur Hoheitsakte gesetzt werden könnten. Die allfällige Verletzung von Urheberrechten durch den Ankauf (Vervielfältigung) und das Abspielen der Musikkassetten im Zuge der Ausbildung von Soldaten sei ausschließlich nach dem AHG, das nur Schadenersatz, nicht auch Unterlassungsansprüche kenne, zu beurteilen. Im übrigen habe sie nicht in Urheberrechte selbst eingegriffen. Eine öffentliche Aufführung liege nicht vor.

Im ersten Rechtsgang, in dem die Vorinstanzen die Klage und den Sicherungsantrag wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen hatten, stellte der erkennende Senat in seiner Entscheidung 1 Ob 11/90 (ÖBl. 1991, 127 = MR 1991, 66 mit Anm von Walter) klar, daß bei sachlicher Berechtigung des Einwandes hoheitlichen Handelns durch die beklagte Partei bei einem nicht auf das AHG gegründeten Klage- und Sicherungsbegehren - wie hier - die Klage nicht zurückgewiesen werden dürfe, sondern abgewiesen werden müsse. Infolge der Wahl einer unrichtigen Entscheidungsform durch die Vorinstanzen war dem Obersten Gerichtshof ein Eingehen auf die meritorische Berechtigung des Einwands hoheitlichen Handelns durch die beklagte Partei versagt.

Im zweiten Rechtsgang erließ das Erstgericht die beantragte einstweilige Verfügung. Die beklagte Partei habe das von der klagenden Partei wahrgenommene Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht der Urheber nach §§ 15 Abs 1, 16 Abs 1 UrhG verletzt. Das BMLV habe den (entgeltlichen) Auftrag gegeben, die 340 Musikkassetten herzustellen. Durch die Ausführung dieses Auftrages sei die klagende Partei in einem absolut wirkenden Ausschließlichkeitsrecht dadurch verletzt worden, daß diese Musikkassetten an verschiedene Ausbildungseinrichtungen des BMLV weitergegeben und dort den Soldaten vorgeführt worden seien. Die beklagte Partei könne sich zur Rechtfertigung ihres Eingriffes weder auf § 42 UrhG noch auf § 76 Abs 4 UrhG berufen und sei nicht hoheitlich tätig geworden.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß iS einer Abweisung des Sicherungsantrages ab; es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit mehr als 50.000 S und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Rechtlich vertrat es im wesentlichen die Auffassung, daß hoheitliches Handeln der beklagten Partei vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist teilweise gerechtfertigt.

Nach dem als bescheinigt angenommenen unbestrittenen Sachverhalt hat der Bund (BMLV) die "Tonbildschauen" TBS-08 und TBS-09 - bei deren Musikkassetten Musikstücke aus dem Werkbestand der klagenden Partei ohne Einräumung entsprechender Nutzungsbewilligungen Verwendung fanden - in einer Auflage von je 170 Stück durch Dritte herstellen lassen, hat sie somit rechtswidrig iS des § 15 Abs 1 UrhG vervielfältigen lassen, und gab diese Musikkassetten als Teil der beiden "Tonbildschauen" an Ausbildungseinrichtungen des Bundesheeres weiter, verbreitete sie somit iS des § 16 Abs 1 UrhG. Sodann wurden die Musikstücke bei Aufführung der beiden "Tonbildschauen" (nach deren Titel betreffen sie den Selbstschutz des Soldaten beim Einsatz atomarer, bakteriologischer oder chemischer Kampfmittel sowie um die entsprechende Beobachtung) zu Ausbildungszwecken ausschließlich vor Soldaten aufgeführt, doch wurde diese (allfällige öffentliche) Aufführung nach § 18 UrhG von der klagenden Partei nicht inkriminiert. Entgegen der Auffassung der zweiten Instanz geht es somit hier keineswegs nur um die "Verwendung" der Musikkassetten.

A) zum Verbreiten und/oder Verbreitenlassen von Werken der Tonkunst und damit verbundener Sprachwerke: Die Erfüllung der dem Bundesheer übertragenen gesetzlichen Aufgaben geschieht grundsätzlich in Vollziehung der Gesetze (SZ 60/264, SZ 59/112; EvBl. 1979/53 ua; Schragel, AHG2 Rz 84, 302). Die Tätigkeit der Dienststellen des Bundesheeres, die darin besteht, es einsatzfähig zu gestalten und zu erhalten, damit es die ihm übertragenen Aufgaben besorgen kann, ist ebenso Vollziehung der Gesetze wie die Erfüllung der Aufgaben selbst (VfSlg. 3928). Demgemäß erfolgt auch die Ausbildung von Soldaten hoheitlich (Soergel-Glaser, BGB11, Rz 100 zu § 839 BGB), was die klagende Partei auch zugesteht. Die Aufführung der beiden "Tonbildschauen" TBS-08 und TBS-09 vor Soldaten im Rahmen und zum Zwecke ihrer Ausbildung und das dabei durchgeführte Abspielen der zur jeweiligen "Tonbildschau" gehörigen Musikkassetten erfolgte und erfolgt als Teil der Ausbildung hoheitlich. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß dann, wenn eine Aufgabe ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur ist, alle damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt angesehen werden, wenn sie nur in einem hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe haben, so wenn sie vorbereitender oder abschließender Natur sind (SZ 63/25 = ecolex 1990, 607 mit Anm von Kletecka; SZ 60/156, SZ 59/112; 1 Ob 11/91 ua; Schragel aaO, Rz 61). Amtshaftungsrecht ist auch dort anzuwenden, wo die Verwaltungstätigkeit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient, in einen Tätigkeitsbereich fällt, der an sich mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet ist (SZ 60/156, SZ 57/195, SZ 55/173 ua). Die Zuweisung von Ausbildungsmitteln an Ausbildungseinrichtungen des Bundesheeres durch eine Dienststelle des BMLV - regelmäßig wohl eine Ausbildungsabteilung - erfolgt nun nicht nur in Vorbereitung einer hoheitlichen Tätigkeit, nämlich der Ausbildung von Soldaten, sondern auch durch Erlaß oder Weisung, somit selbst in einem Bereich, der mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet ist. In Ansehung der Verbreitung von Werken der Tonkunst und damit verbundener Sprachwerke aus dem Werkbestand der klagenden Partei durch Zuweisung und Abgabe an Ausbildungseinrichtungen des Bundesheeres handelte das BMLV bzw. diesem unterstellte Organe somit in Vollziehung der Gesetze. Der urheberrechtliche Eingriff durch Verbreitung geschützter Werke der Tonkunst und damit verbundener Sprachwerke ist deshalb jedenfalls auf hoheitliches Handeln des beklagten Rechtsträgers zurückzuführen, sodaß daraus abgeleitete Ansprüche vor Gericht - wenn überhaupt - nur im Amtshaftungsverfahren geltend gemacht werden können (1 Ob 11/91). Andere Ansprüche als solche auf Schadenersatz in Geld (Art 23 Abs 1 B-VG, § 1 Abs 1 AHG) können auf das AHG nicht gestützt werden (1 Ob 11/91); die Bestimmung des § 1 Abs 1 AHG schließt es aus, daß Gerichte dem Rechtsträger ein Unterlassen auftragen (SZ 61/88 = JBl 1988, 594; SZ 60/156, jeweils mwN; Schragel aaO, Rz 10; zustimmend auch Kletecka aaO). Demgemäß erweist sich das von der klagenden Partei gestellte, urheberrechtliche Unterlassungsbegehren in Ansehung des Verbreitens und/oder Verbreitenlassens von Werken der Tonkunst und damit verbundener Sprachwerke als nicht gerechtfertigt.

B) Zum Vervielfältigen und/oder Vervielfältigenlassen von Werken

der Tonkunst und damit verbundener Sprachwerke: Das Vervielfältigenlassen von Werken der Tonkunst und damit verbundener Sprachwerke aus dem Werkbestand der klagenden Partei durch Dritte erfolgte dagegen nicht hoheitlich. Die Durchführung der materiellen Ergänzung des Bundesheeres ist, soweit nicht das MilitärleistungsG zur Anwendung kommt - wovon hier keine Rede sein kann - Angelegenheit der Privatwirtschaftsverwaltung (Walter-Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2 627; vgl. auch Schragel aaO, Rz 113). Die Beschaffung der Ausrüstung, die dem Bundesheer die Erfüllung der ihm

obliegenden - hoheitlichen - Aufgaben ermöglichen soll, und sei es auch ein Ausbildungsmittel wie eine "Tonbildschau" mit zugehöriger Musikkassette einschließlich der erforderlichen Werknutzungsbewilligungen durch das BMLV erfolgt generell und erfolgte auch hier - mit Ausnahme der Werknutzungsbewilligungen - durch Rechtsgeschäft (Werkvertrag) somit mit den gleichen Mitteln, die die Rechtsordnung jedermann, also auch Privaten, zur Verfügung stellt (SZ 60/156, SZ 57/195, SZ 55/173 ua), und nicht durch Hoheitsakt. Das BMLV hat ja auch im Mai 1977 urheberrechtliche Nutzungsrechte privatrechtlich durch Abschluß eines (zwischenzeitig gekündigten) Vertrages mit einer anderen musikalischen Verwertungsgesellschaft erworben. Der Eingriff in das von der klagenden Partei wahrzunehmende Urheberrecht der Vervielfältigung ist Folge des unterlassenen privatrechtlichen Erwerbs dieses Rechts und damit ebenfalls ein Verhalten im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung. Das schlichte Unterlassen des Abschlusses eines privatrechtlichen Rechtsgeschäftes gestaltet das Verhalten des Rechtsträgers nicht zum hoheitlichen. Wenn die beklagte Partei darauf verweist, daß die Zuordnung der Anschaffung der für die Tonbildschauen benötigten Musikkassetten zum Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung die beklagte Partei (Bundesministerium für Landesverteidigung) verhielte, an die klagende Partei zum Erwerb der hier in Rede stehenden Rechte heranzutreten und es dann in der Ingerenz der klagenden Partei stsünde, der beklagten Partei diese Rechte einzuräumen oder nicht, was zur Folge hätte, daß das österreichische Bundesheer durch einen Dritten an der Durchführung von hoheitlichen Akten gehindert würde, ist einerseits auf die Bestimmung des § 26 VerwGesG zu verweisen, die nach den UrhG-Novellen 1980 und 1986 auch für die klagende Partei gilt, andererseits wäre aber eine solche Rechtsfolge nicht ungewöhnlich. Sie trifft in allen Fällen zu, in denen sich das österreichische Bundesheer die Mittel zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben mittels privatrechtlichen Rechtsgeschäfts verschaffen muß, zB Anschaffung von Kraftfahrzeugen, Munition, Bekleidung etc. Deshalb allein sind die auf den Erwerb solcher Gegenstände gerichteten Rechtsgeschäfte nicht dem Bereich der Hoheitsverwaltung zuzuordnen.

Von der beklagten Partei wurde damit in Ausübung der Privatwirtschaftsverwaltung in die Rechte des Urhebers auf ausschließliche Vervielfältigung (§ 15 Abs 1 UrhG) eingegriffen. Die klagende Partei als musikalische Verwertungsgesellschaft, der die alleinigen und ausschließlichen Werknutzungsrechte iS des § 24 Abs 1 zweiter Satz UrhG eingeräumt wurden, ist berechtigt, Rechtsverletzungen im eigenen Namen zivilrechtlich geltend zu machen, ist somit aktiv legitimiert, was von der beklagten Partei auch gar nicht bestritten wurde. § 81 Abs 1 UrhG ist die Grundlage für den, als Folge der absoluten Wirkung des Urheberrechts verschuldensunabhängigen (MR 1991, 106 mit weiteren Nachweisen und Anm von Walter; ÖBl 1981, 137; SZ 43/140 ua) Unterlassungsanspruch. Eine Gefährdungsbescheinigung ist nach § 81 Abs 2 UrhG ebensowenig erforderlich wie nach § 24 UWG (ÖBl 1988, 78 = MR 1988, 91 ua). Die nach den gleichen Grundsätzen wie im Verfahren nach dem UWG zu beurteilende (MR 1991, 106; MR 1991, 70; ÖBl 1981, 137 ua) Wiederholungsgefahr, die schon bei einem einzigen Verstoß anzunehmen ist und bei deren Annahme nicht engherzig vorgegangen werden darf, wurde von der diesbezüglich beweispflichtigen beklagten Partei nicht in Frage gestellt. Die beklagte Partei hat im übrigen durch ihr Verhalten nach dem Gesetzesverstoß und nach der Beanstandung keine ernstliche Willensänderung erkennen lassen (MR 1991, 106; MR 1991, 70 ua), sondern auf der Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens beharrt. Wie im Wettbewerbsrecht kann auch im Urheberrecht der Unterlassungsanspruch nicht nur gegen den (unmittelbaren) Störer, also gegen den, von dem die Beeinträchtigung ausgeht und auf dessen maßgeblichen Willen sie beruht, sondern auch gegen den, der an der Störung teilnimmt, gerichtet werden, sofern zwischen seinem Verhalten und der Rechtsverletzung ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Täter ist nicht nur der persönlich Handelnde, der die Tat als eigene will, sondern auch, wenn eine Handlung als eigene veranlaßt oder einen sonstigen Grund für eine adäquate Verursachung setzt (MR 1988, 91; 4 Ob 19/91; Nordemann, Urheberrecht, Rz 16 zu § 97 dUrhG; v. Gamm, Urheberrecht, Rz 20 und 25 zu § 97 dUrhG). In diesem Sinn ist auch die beklagte Partei, die die Vervielfältigung von Musikstücken aus dem Werkbestand der klagenden Partei durch Dritte durchführen ließ und deren Verhalten eine nicht wegzudenkende Bedingung des Verletzungserfolges war, für den Unterlassungsanspruch passiv legitimiert. Die dem Dritten in der Leistungsbeschreibung des Auftrages auferlegte Verpflichtung, "Die Rechte für die in dieser Tonbildschau verwendete Musik sind ordnungsgemäß zu Lasten des Auftragnehmers zu erwerben." kann die beklagte Partei gegenüber der Verwertungsgesellschaft nicht exkulpieren, wenn ein solcher Erwerb tatsächlich nicht erfolgt ist.

Eine gesetzliche Beschränkung des Ausschließlichkeitsrechtes des Urhebers enthält der unter die "freien Werknutzungen" (§§ 41 ff UrhG) eingereihte § 42 UrhG für den Fall der sogenannten "Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch", das heißt Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke, wobei die Obergrenze für den Begriff "einzeln" weit unterhalb der hier gegebenen Auflage von je 170 Stück liegt (Dittrich, Zum Umfang der freien Werknutzung für den eigenen Gebrauch, in MR 1984/4 Archiv 21 ff; Walter, Die freie Werknutzung der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch in MR 1989, 69 ff mwN, im besonderen BGH GRUR 1978, 474, worin die Obergrenze mit sieben Stück angenommen wird). Die Frage, ob bei juristischen Personen überhaupt eine Vervielfältigung "zum eigenen Gebrauch" denkbar ist (vgl. dazu Walter aaO mwN), stellt sich dann ebensowenig wie die, ob die Vorführung von "Tonbildschauen" vor Soldaten im Rahmen ihrer Ausbildung in einem Lehrsaal als Zusammenkunft der Privatsphäre als "private" Veranstaltung, ähnlich wie eine Darbietung im eigenen Haushalt, das Spielen im Kreis der Familie oder im Kreis von Freunden und demgemäß als nicht öffentlich (§ 42 Abs 2 UrhG) beurteilt werden könnte.

Dem Revisionsrekurs ist demnach teilweise Folge zu geben und in Ansehung des Vervielfältigens bzw. Vervielfältigenlassens von Werken der Tonkunst und damit verbundener Sprachwerke die Entscheidung des Erstrichters wieder herzustellen. Nach § 393 Abs 1 EO hat die klagende Partei die auf das Provisorialverfahren entfallenden anteiligen Kosten ihrer Rechtsmittelschriften vorläufig selbst zu tragen. Für die Kosten der beklagten Partei gilt, daß die klagende Partei mit ihrem Sicherungsbegehren nur in Ansehung der Vervielfältigung, somit nur zur Hälfte durchgedrungen ist und daher der beklagten Partei nach §§ 78, 402 EO iVm §§ 43 Abs 1, 50 ZPO die Hälfte der Kosten ihrer Äußerung und ihrer Rechtsmittelschriften auf der Basis von 320.000 S zu ersetzen hat.

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