JudikaturJustiz1Ob233/71

1Ob233/71 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 1971

Kopf

SZ 44/139

Spruch

Ein Jurist, der während der Anhängigkeit eines Prozesses ohne Not freiwillig das Geschäft eines Abwesenheitskurators übernahm (hier: ein Notariatskandidat), haftet insbesondere auch für Unkenntnis der Gesetze sowie einhelliger Lehre und Rechtsprechung

OGH 16. 9. 1971, 1 Ob 233/71 (LG Eisenstadt R 24/70; BG Oberpullendorf C 184/69)

Text

Josef und Theresia St waren zu sechs Achteln, die beiden Kläger zu je einem Achtel Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1106 KG D. Zu C 63/68 des BG O brachten Josef und Theresia St am 15. 3. 1968 gegen die Kläger, ohne sich zuvor mit ihnen ins Einvernehmen gesetzt zu haben, eine Zivilteilungsklage ein und gaben für die Kläger Adressen in den Vereinigten Staaten bzw Argentinien an. Als sich Zustellungen als vergeblich erwiesen, beantragten Josef und Theresia St zu P 129 und 130/68 des BG O die Bestellung eines Abwesenheitskurators für die Kläger. Dr Herbert S, der nunmehrige Beklagte, wurde sodann mit Beschlüssen des BG O vom 13. 8. 1968 zum Abwesenheitskurator für die beiden Kläger bestellt; bezüglich der Verwaltung des Vermögens der Abwesenden durch den Kurator wurde in den Beschlüssen auf die Bestimmungen der §§ 222 bis 248 ABGB verwiesen. Die Beschlüsse wurden Dr Herbert S am 13. 8. 1968 zugestellt. Über Antrag des Josef und der Theresia St wurde hierauf im Rechtsstreit C 63/68 des BG O für den 17. 9. 1968 eine Tagsatzung ausgeschrieben; die Ladung wurde dem Beklagten am 10. 9. 1968 zugestellt. Da er am 17. 9. 1968 bei der Tagsatzung nicht erschien, erging gegen die Kläger Versäumungsurteil; sie wurden zur Kostenzahlung in der Höhe von S

996.48 verurteilt. Das Versäumungsurteil wurde dem Beklagten am 24. 9. 1968 zugestellt und blieb unangefochten.

Am 11. 10. 1968 beantragten Josef und Theresia St auf Grund des rechtskräftigen Versäumungsurteils vom 17. 9. 1968 zu E 2926/68 des BG O die gerichtliche Versteigerung der Liegenschaft EZ 1106. KG D, und zur Hereinbringung der Kosten des Zivilprozesses zwangsweise Pfandrechtsbegründung bei den Klägern gehörigen Anteilen der Liegenschaften EZ 149, 1107 und 1108, KG D. Der Antrag wurde bewilligt; die Kosten der beklagten Partei wurden mit S 385.18 bestimmt. Die Versteigerung der Liegenschaft EZ 1106, KG D, wurde am 19. 12. 1968 durchgeführt. Mit Beschlüssen vom 2. 12. 1968 waren die Kosten der betreibenden Parteien für die Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen am 26. 11. 1968 mit S 904.- und mit Beschluß vom 19. 12. 1968 die Kosten der betreibenden Parteien für die Versteigerungstagsatzung mit S 1020.60 bestimmt worden. Am 19. 12. 1968 wurde der Versteigerungserlös, der den Klägern zukam, in der Höhe von S 3125.- bei der Gemeindesparkasse in S, Zweigstelle O, erlegt.

Da auf Grund der erwähnten Kostenbestimmungsbeschlüsse keine Zahlung erfolgte, beantragten Josef und Theresia St am 21. 1. 1969 zu E 380/69 des BG O zur Hereinbringung der Kostenforderung von S 904.- und am 27. 1. 1969 zu E 453/69 des BG O zur Hereinbringung der Kostenforderung von S 1020.60 zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf verbliebenen Liegenschaftsanteilen der Kläger, mit letzterem Antrag auch Pfändung und Überweisung der den Klägern auf Grund des Erlages bei der Gemeindesparkasse in S, Zweigstelle O, zustehenden Forderung. Die Anträge wurden mit Ausnahme der zweiten Pfandrechtsbegründung bewilligt; die Kosten der betreibenden Partei wurden mit S 183.06 und S 21 1.26 bestimmt. Zu E 6/69 des BG O beantragten Josef und Theresia St weiter zur Hereinbringung der Kostenforderung von S 996.48 zu C 63/68 und von S 385.18 zu E 2926/68 die Zwangsversteigerung von den Klägern gehörigen Anteilen der Liegenschaft EZ 1108, KG D. Der Antrag wurde bewilligt, die Kosten des Antrages wurden mit S 333.42 bestimmt. Alle Beschlüsse wurden dem Beklagten als Abwesenheitskurator der Kläger zugestellt und blieben unangefochten.

Mit Beschlüssen des BG O vom 27. 3. 1969, P 129, 130/68, wurde die Gemeindesparkasse in S, Zweiganstalt O, angewiesen, an Josef und Theresia St an Kosten zu C 63/68 des BG O den Betrag von S 996.48, an Kosten des Exekutionsbewilligungsantrages E 2926/68 des BG O den Betrag von S 385.18. an Kosten der Versteigerungstagsatzung zu E 2926/68 den Betrag von S 1020.60. an Kosten des Exekutionsbewilligungsantrages E 453/69 den Betrag von S 211.26 und an Kosten des Exekutionsbewilligungsantrages zu E 6/69 den Betrag von S 333.42 zu überweisen.

Mit Beschlüssen vom 14. 5. 1969 wurde der Beklagte als Kurator der Kläger enthoben und Dr Anton Sch zum Abwesenheitskurator der Kläger bestellt und angewiesen, gegen den Beklagten eine Schadenersatzklage wegen S 4033.40 zu erheben. Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger nunmehr den Ersatz von S 4034.-, zu dessen Bezahlung die Kläger nur aus Verschulden des Beklagten verhalten worden seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Zu C 63/68 des BG O hätte der Beklagte durch Berufung auf § 45 ZPO erreichen können, daß die Kläger nicht zum Kostenersatz verurteilt würden; er hätte aber auch die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges erheben müssen, weil gemäß § 841 ABGB der Richter über die Teilung nur zu entscheiden habe, wenn sich die Beteiligten nicht einigen konnten; eine Einigung sei durch Josef und Theresia St nie versucht worden. Auch die Kosten im Verfahren E 2926/68 wären nicht erwachsen, wenn die Teilungsklage abgewiesen worden wäre; vor allem hätte der Beklagte aber vor Josef und Theresia St die Exekution nach § 352 EO beantragen können und hätte dann gegen diese Anspruch auf Kostenersatz gehabt. Die weiteren Exekutionskosten aber wären schon vermieden worden, wenn der Beklagte beim Pflegschaftsgericht die notwendigen Schritte unternommen hätte, um den Erlag des Meistbotes aus E 2926/68 des BG O zur Bezahlung der zuvor anerlaufenen Kosten zu verwenden.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es den Beklagten zur Bezahlung von S 2438.93 verurteilte und das Mehrbegehren abwies. Es konnte allerdings eine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens nicht darin erblicken, daß das Erstgericht die Behauptung des Beklagten nicht beachtet habe, die Liegenschaft sei schon 1954 außerbücherlich verkauft worden; das habe der Beklagte bei Führung des Prozesses C 63/68 nicht gewußt; er könne sich durch Vernachlässigung derartiger Behauptungen durch das Erstgericht nicht beschwert erachten. Zum Ersatz der Kosten des Verfahrens C 63/68 sei der Beklagte, der allerdings nicht mit Erfolg Unzulässigkeit des Rechtsweges einwenden hätte können, zu verhalten, da er pflichtgemäß durch Rückfrage beim am gleichen Ort wohnhaft gewesenen Vertreter des Josef und der Theresia St zu erheben gehabt hätte, ob er vor Einbringung der Klage die Kläger zur Aufhebung der Gemeinschaft außergerichtlich zu bestimmen versucht habe; er hätte dann den Klagsanspruch bei der ersten Tagsatzung anerkennen und Zuspruch der Prozeßkosten nach § 45 ZPO verlangen können. Um die Exekution auf Grund des Teilungsurteiles hätte auch der Beklagte ansuchen können; Kostenersatz stehe nach der Rechtsprechung dem zu, der den "Wettlauf" der Parteien (um frühere Einbringung des Exekutionsantrages) gewinne. Josef und Theresia St hätten zwei Tage nach Rechtskraft des Versäumungsurteiles den Exekutionsantrag gestellt. Es könne dem Beklagten nicht vorgeworfen werden, daß er nicht zuerst den Exekutionsantrag eingebracht habe. Hingegen wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, die Kostenbestimmungen für die Tagsatzung zur Feststellung der Verteigerungsbedingungen und die Versteigerungstagsatzung zu bekämpfen, da nach herrschender Lehre und Rechtsprechung die eigentlichen Teilungskosten von den Parteien nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen seien; auf die Kläger wäre daher nur ein Viertel der Kosten, zusammen S 482.15, entfallen. Ihnen seien daher S 1442.45 zu unrecht auferlegt worden. Die Auferlegung dieser Kosten hätte der Beklagte bei nur durchschnittlicher Gesetzeskenntnis abwenden können, so daß er den Klägern zu den Kosten des Verfahrens C 63/68 noch die S 1442.45 ersetzen müsse. Zur Vertretung der Kläger in den übrigen Exekutionsverfahren sei der Beklagte hingegen nicht bestellt gewesen. Die Beschlüsse in diesen Exekutionsverfahren hätten daher nicht Rechtswirksamkeit erlangt. Infolge Nichtigkeit dieser Exekutionsverfahren entfalle auch die Verpflichtung der Kläger zum Kostenersatz.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen beider Parteien teilweise Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß es unter Einbeziehung des in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesenen Teilbetrages von S 867.33 zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien den Betrag von S 549.28 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 3484.72 wird abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Eine der wesentlichsten Prozeßvoraussetzungen ist die Parteifähigkeit der im Prozeß Auftretenden, also deren Fähigkeit, im Prozeß selbständiger Träger von Rechten und Pflichten im eigenen Namen zu sein; der Mangel der Parteiexistenz hat die Nichtigkeit des Verfahrens zur Folge und ist in jeder Lage des Verfahrens (im Rahmen der Schranken des § 42 Abs 3 JN) wahrzunehmen (JB 63 neu = SZ 28/265 uva; Fasching II 115). Alle physischen Personen sind parteifähig, nicht aber Tote. Ein Toter existiert nicht mehr, für ihn kann daher auch kein Abwesenheitskurator bestellt werden (3 Ob 256/51). Es wurde daher der Standpunkt vertreten, daß dann, wenn ein Pflegebefohlener bei Einleitung des Verfahrens, in dem ein Abwesenheitskurator für ihn eingeschritten ist, nicht mehr am Leben war, die vom Kurator vorgenommenen Handlungen von vornherein unwirksam sind, so daß es nicht einmal der Aufhebung der Kuratel bedarf (1 Ob 380/61), dennoch vorgenommene Vertretungshandlungen jedenfalls aber nichtig sind (3 Ob 165/55; vgl Wentzel - Piegler in Klang I/2[2] 525). Dies kann allerdings nur dann gelten, wenn bereits im Zeitpunkt der Bestellung oder des Einschreitens eines Abwesenheitskurators der Vertretene auf Grund einer Eintragung in das Sterberegister des Standesamtes amtlich als tot gilt (3 Ob 499/55) oder sonst der Beweis des Todes als erbracht anzusehen ist (1 Ob 380/61). Anders ist es hingegen, wenn es wegen Uneruierbarkeit des Aufenthaltes ungewiß ist, ob eine physische Person noch lebt, und aus diesem Gründe zur Wahrung ihrer Rechte ein Abwesenheitskurator bestellt wurde. In einem solchen Falle hat erst die Todeserklärung das Erlöschen der Kuratel zur Folge; Handlungen, die vom Abwesenheitskurator zuvor vorgenommen wurden, sind dann gültig und werden auch nicht unwirksam, wenn der Kurand unter Zugrundelegung eines vor der Kuratorbestellung liegenden vermutlichen Todestages für tot erklärt wurde (SZ 24/272; vgl SZ 27/241). Im vorliegenden Fall war und ist der Aufenthalt der beiden Kläger unbekannt. Es war also im Zeitpunkt der Bestellung des Abwesenheitskurators auch ungewiß, ob die Kläger lebten. Wenn nun zwar, wie dem Akt entnommen werden kann, Todeserklärungsverfahren anhängig sind, aber doch der Tod der Kläger (noch) nicht vermutet oder als bewiesen angesehen wird, konnte und mußte ein Abwesenheitskurator zur Wahrung ihrer Interessen einschreiten. Eine von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit des Verfahrens ist nicht gegeben.

Mit Recht haben die Untergerichte auch die Zulässigkeit des Rechtsweges bejaht, da, wie das Berufungsgericht bereits richtig darlegte, die Haftung des Abwesenheitskurators nicht nach § 1 AHG, sondern nach den Bestimmungen der §§ 282, 228, 264 ABGB zu beurteilen ist (SZ 38/11).

Stellung zu nehmen ist auch zur Frage, ob und inwieweit die Revisionen zulässig sind. Soweit das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes abänderte bzw nur teilweise bestätigte und der Wert der Einzelforderung S 400.- übersteigt, besteht darüber kein Zweifel (JB 56 neu = SZ 24/335; Fasching IV 276). Fraglich könnte es sein, ob hinsichtlich des Betrages von S

996.48 an Kosten des Verfahrens C 63/68 des BG O eine bestätigende Entscheidung vorliegt (§ 502 Abs 3 ZPO), weil dieser Anspruch den Klägern in zwei Instanzen übereinstimmend zuerkannt wurde. Nach dem Judikat 56 neu sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nun aber auch mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche, die rechtlich oder tatsächlich zusammenhängen, zusammenzurechnen. Ein rechtlicher Zusammenhang ist überall dort anzunehmen, wo Ansprüche aus einer Gesetzesvorschrift abgeleitet werden, die dazu noch in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (Fasching I 344). Ein solcher besteht auch zwischen Ansprüchen, die aus der Abwesenheitskuratel im Zusammenhang mit einem einzigen Ereignis, nämlich mit der von Josef und Theresia St begehrten Versteigerung der Liegenschaft EZ 1106, KG D, geltend gemacht werden. Auch die unter S 400.- liegenden Teilansprüche fallen, da sie aus demselben Grund begehrt werden, nicht unter die Berufungs- und Revisionsbeschränkungen der §§ 501, 502 Abs 2 ZPO (Fasching IV 237).

Beide Revisionen sind teilweise berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt die Revision des Beklagten, das Berufungsgericht habe nicht die Aussage des Zeugen Dr. Ernst S verwertet, die Kläger hätten bereits im Jahre 1953 oder 1954 ihre Anteile an der Liegenschaft EZ 1106, KG D, an Josef W verkauft, der Kaufpreis für sie über diese Anteile sei erlegt worden. Eine Klärung dieser Frage war aber schon deswegen nicht notwendig, weil grundsätzlich der Beklagte im Teilungsprozeß durch sein grundbücherliches Eigentum legitimiert ist; nur gegen ihn (und allenfalls auch noch gegen einen außerbücherlichen Eigentümer) ist die Teilungsklage einzubringen (EvBl 1966/398; vgl Klang in seinem Komm[2] III 1104). Die Kläger als grundbücherliche Eigentümer waren daher im Zeitpunkt der Erhebung der Teilungsklage jedenfalls passiv legitimiert; daß jemand anderer damals bereits außerbücherlicher Eigentümer der Liegenschaftsanteile gewesen wäre, kann die Revision nicht behaupten; der bloße Abschluß eines nur obligatorischen Kaufvertrages und der Erlag des Kaufpreises verschafften nämlich unter keinen Umständen bereits Eigentum. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist damit nicht gegeben.

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung rügt der Beklagte, das Berufungsgericht habe übersehen, daß durch seine Handlungsweise den Klägern kein Schaden erwachsen sei. Die entstandenen Prozeß- und Exekutionskosten seien zur Gänze aus dem Versteigerungserlös der Eheleute St und nicht etwa aus dem seinerzeit für die Kläger erlegten Kaufpreis materiell bestritten worden. Dieses Vorbringen ist aktenwidrig, wurde doch nicht bestritten, daß die Kläger urteils- und beschlußmäßig zur Bezahlung der Kosten, die sie nunmehr aus dem Titel des Schadenersatzes rückersetzt verlangen, verhalten wurden. Aus den Akten P 129 und 130/68 des BG O ergibt sich zudem, daß der zugunsten der Kläger bei der Gemeindesparkasse in S, Zweigstelle O, erlegte Erlös aus der Versteigerung E 2926/68 des BG O fast ausschließlich zur Deckung der den Klägern auferlegten Kosten verwendet wurde. Prozeßkosten können aber zum Gegenstand eines Schadenersatzanspruches gemacht werden, da auch ein Kostenaufwand eine Verminderung des Vermögens des Aufwendenden und damit einen Schaden im Rechtssinn darstellt. Voraussetzung für den Anspruch ist es nur, daß zwischen den Prozeßparteien über den Kostenersatzanspruch nicht nach den öffentlich-rechtlichen Verfahrensvorschriften zu erkennen war; das ist aber nicht der Fall, wenn einer Partei Verfahrenskosten durch Verschulden eines Dritten verursacht wurden (SZ 34/34 und die dort zitierte weitere Judikatur und Literatur). Ein solcher Dritter ist auch der für eine Partei bestellte Abwesenheitskurator. Ein Schaden entsteht zudem allein dadurch, daß eine Verpflichtung zum Kostenersatz auferlegt wurde, weil damit eine Verbindlichkeit und mit dieser ein Vermögenspassivum entstand.

Die Revision des Beklagten ist damit im Rahmen ihrer Ausführungen nicht berechtigt. Nach ständiger Rechtsprechung ist jedoch bei Geltendmachung des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, falls die Rechtsrüge gesetzmäßig ausgeführt ist, die Rechtslage nach allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu überprüfen (EvBl 1970/129; RZ 1969, 52 uva; Fasching IV 323; Neumann[4] 1255, 1333). Diese rechtliche Prüfung ergibt, daß den Klägern die vom Berufungsgericht zuerkannten Ansprüche aus nachstehenden Gründen nicht gebühren:

Der Beklagte war für die Kläger gemäß § 276 ABGB zum Abwesenheitskurator bestellt worden. Er war daher verpflichtet, für die Verwaltung des Vermögens der Kläger zu sorgen, und in seiner Verantwortung der eines Vormundes gleichgestellt (§ 282 ABGB). Er hatte daher das Vermögen der Kläger mit aller Aufmerksamkeit eines redlichen und fleißigen Hausvaters zu verwalten und für sein Verschulden zu haften (§ 228 ABGB). Er haftet daher auch für Schädigung der Pflegebefohlenen durch Verschulden bei der Geltendmachung oder Verteidigung ihrer Rechte vor Gericht (Wentzel - Piegler in Klang[2] I/2, 389). Der Beklagte haftet auch nach der strengeren Vorschrift des § 1299 ABGB, obwohl er noch nicht ernannter öffentlicher Notar war, da er während der Anhängigkeit eines Prozesses ohne Not freiwillig das Geschäft des Abwesenheitskurators übernahm und dadurch zu erkennen gab, daß er sich die für die Ausübung dieser Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse zutraue. Als Jurist haftet er insbesondere auch für Unkenntnis der Gesetze sowie einhelliger Lehre und Rechtsprechung; ein Abgehen von einer einhelligen Meinung von Lehre und Rechtsprechung macht ihn daher, wenn sie auch nach dem Gesetzestext vertretbar ist, haftbar, wenn es auf Unkenntnis der herrschenden Rechtsauffassung zurückzuführen ist (Fenzl in ÖJZ 1951, 400). Es war dem Beklagten auch zuzumuten, allenfalls Rechtsmittel gegen unrichtige Entscheidungen einzubringen (RZ 1956, 171).

Vom Beklagten war, auch wenn er nicht Rechtsanwalt oder öffentlicher Notar ist, auch die Kenntnis der wichtigsten Prozeßvorschriften zu erwarten; war dies nicht der Fall, wäre es seine Pflicht gewesen, sich vor Fassung von Entschlüssen entsprechend belehren zu lassen. Dem Beklagten mußte daher auch die Vorschrift des § 45 ZPO bekannt sein, wonach dann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung einer Klage nicht Veranlassung gegeben hat und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei der ersten Tagsatzung anerkennt, dem Kläger die Prozeßkosten zur Last fallen. Er hätte sich auch, wie dem Berufungsgericht noch beigepflichtet werden kann, davon überzeugen können, daß nach Lehre (Fasching II 339) und Rechtsprechung (GlUNF 2726) der Kläger, um nicht nach § 45 ZPO kostenersatzpflichtig zu werden, behaupten muß, versucht zu haben, den anderen Teilhaber zur Aufhebung der Gemeinschaft außergerichtlich zu bestimmen bzw aufzufordern. Zu dieser Behauptung waren die Kläger im Verfahren C 63/68 des BG O aber nicht unbedingt bereits in der Klage verpflichtet, sondern konnten diese auch noch aufstellen, wenn der Beklagte einen Antrag nach § 45 ZPO gestellt hatte. Inwieweit die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle gegeben waren, konnte der Beklagte nun aber im Gegensatz zu einem Rechtsanwalt, der eine anwesende Partei vertritt und sie daher befragen kann, vor der ersten Tagsatzung nicht ohne weiteres feststellen. Es war ihm im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes auch nicht zumutbar, sich mit dem am gleichen Ort wohnhaften Vertreter der Gegenseite ins Einvernehmen zu setzen und ihn sozusagen auszuhorchen, ob er einen Kunstfehler begangen habe, zumal jener keineswegs verpflichtet war, ihm Auskünfte über seinen Prozeßstandpunkt und dessen Voraussetzungen zu erteilen. Der Beklagte konnte sich auch überlegen, daß es keineswegs selbstverständlich sein mußte, die Bestimmung des § 45 ZPO auch dann anzuwenden, wenn die Kläger im Verfahren C 63/68 des BG O wegen unbekannten Aufenthaltes der seinerzeitigen Beklagten keine Gelegenheit hatten, sich mit diesen überhaupt wegen einer Eigentumsteilung ins Einvernehmen zu setzen. Er mußte dazu noch bedenken, daß ein etwa von ihm anzuregender Vergleich auch eine Einigung über die Versteigerungsbedingungen vorausgesetzt hätte (SZ 37/77) und vom Pflegschaftsgericht zu genehmigen gewesen wäre (§ 233 ABGB); durch Beratung mit dem damaligen Klagevertreter konnten so nur allenfalls überflüssige Kosten auf beiden Seiten entstehen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann es dem Beklagten dann aber unter den besonderen Umständen des Falles nicht als Verschulden zur Last gelegt werden, daß er die höheren Kosten, die bei Anerkennung und vergeblicher Erhebung eines Kostenersatzanspruches nach § 45 ZPO entstanden wären, nicht riskierte, sondern sich entschloß, ein Versäumungsurteil gegen sich ergehen und damit relativ geringe Kosten anerlaufen zu lassen. Die Rechtsansicht, die zu diesem Entschluß führte, kann jedenfalls als vertretbar angesehen werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes steht den Klägern damit aber für die ihnen auferlegten Kosten des Verfahrens C 63/68 des BG O in der Höhe von S

996.48 kein Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten zu.

Nichts anderes gilt aber auch für die Kosten des folgenden Versteigerungsverfahrens nach § 352 EO, soweit es sich - und nur um diese geht es - um die Kosten der betreibenden Partei handelt. Hiezu hat, von den Klägern unangefochten, das Berufungsgericht bereits erkannt, daß es dem Beklagten nicht als Verschulden zur Last zu legen ist, daß es nicht ihm, sondern Josef und Theresia St gelang, in diesem Verfahren die Stellung der betreibenden Partei zu erlangen; der Beklagte ist daher auch nicht verpflichtet worden, den Klägern die ihnen für den Exekutionsantrag auferlegten Kosten zu ersetzen. Das Berufungsgericht war hingegen der Meinung, das Exekutionsgericht hätte den Klägern nicht die Kosten der betreibenden Partei für die Intervention bei der Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen und der Versteigerungstagsatzung in der Höhe von S 904.- und S 1020.60 auferlegen dürfen, so daß dem Beklagten ein Verschulden zur Last falle, weil er nicht Rekurs erhoben hat. Zu diesen Kosten der betreibenden Partei hat nun aber der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung SZ 25/313 dargelegt, daß unter Berücksichtigung des exekutionsrechtlichen Charakters des Verfahrens nach § 352 EO dem betreibenden Gläubiger nicht nur die Kosten des Exekutionsantrages, sondern auch die weiteren Vertretungskosten einschließlich allfälliger Rechtsmittelkosten zustehen; nur die Kosten des eigentlichen Versteigerungsverfahrens, die zur Durchführung der Versteigerung selbst notwendig sind, sind von allen Miteigentümern im Verhältnis ihrer Anteile zu tragen. Diese Auffassung wird auch von Feil in JBl 1971, 248, als die herrschende und richtige bezeichnet und von ihm durch zahlreiche in diesem Sinne ergangene Entscheidungen verschiedener Gerichte belegt; er versucht nur (S 249), durch strenge Anwendung des § 74 EO die Unbilligkeit des Ergebnisses für die Partei, die durch Zufall in die Stellung des Verpflichteten gedrängt wurde, zu mildern. Man mag nun mit Grund die Auffassung vertreten, daß die derzeit herrschende Judikatur über die Kostenersatzpflicht bei Verfahren nach § 352 EO unbillig ist und geändert werden sollte, auf keinen Fall kann aber gesagt werden, daß es dem Beklagten als Verschulden zur Last zu legen sei, sich daran gehalten und die Anfechtung der Kostenbestimmungsbeschlüsse des BG O wegen Rechtswidrigkeit unterlassen zu haben. Er mußte vielmehr nach der herrschenden Rechtsprechung mit einer Bestätigung der Beschlüsse des BG O rechnen und tat daher gut daran, weitere Kosten zu vermeiden. Jedenfalls war aber seine rechtliche Beurteilung vertretbar und seine Untätigkeit daher nicht schuldhaft.

Das führt aber dazu, daß den Klägern auch der vom Berufungsgericht weiter zuerkannte Schadenersatzbetrag von S 1442.45 nicht gebührt, so daß richtigerweise die Ansprüche, die vom Berufungsgericht anerkannt wurden, abzuweisen gewesen wären.

Mit Recht beschweren sich hingegen die Kläger dagegen, daß ihnen ein Schadenersatzanspruch für in den Exekutionsverfahren E 380, 453 und 6/69 des BG O anerlaufenen Kosten nicht zuerkannt wurde. Das Berufungsgericht vertrat hiezu die Auffassung, der Beklagte wäre zur Vertretung der Kläger in diesen Exekutionsverfahren nicht legitimiert gewesen, weil die Bestellung des Beklagten zur Vertretung der Kläger in Exekutionsverfahren von den betreibenden Gläubigern Josef und Theresia St nicht beantragt worden sei. Das Berufungsgericht übersah hiebei jedoch, daß nur der (nach § 276 ABGB oder § 116 ZPO) ausschließlich für einen Prozeß bestellte Abwesenheitskurator zur Vertretung des Kuranden im Exekutionsverfahren nicht berechtigt ist (SZ 23/391; EvBl 1947/513; JBl 1946, 420; SZ 2/21). Wie weit die Rechte des Kurators gehen, ist dem Wortlaut des Bestellungsbeschlusses zu entnehmen (SZ 23/391). Aus den Beschlüssen des BG O vom 13. 8. 1968, P 129, 130/68-3, ergibt sich nun aber eindeutig, daß der Beklagte ohne jede Beschränkung zum Abwesenheitskurator der Kläger bestellt worden war; vom Prozeß C 63/68 des BG O ist in diesem Beschluß keine Rede. Er war daher nur Anlaß der Bestellung des Abwesenheitskurators, der jedoch, wie sich insbesondere aus dem weiteren Inhalt der Beschlüsse ergibt, ganz allgemein zur Verwaltung des Vermögens der Abwesenden bestellt wurde. Der Beklagte war daher selbstverständlich auch berechtigt und verpflichtet, die Kläger in den verschiedenen gegen sie eingeleiteten und damit ihr Vermögen betreffenden Exekutionsverfahren zu vertreten und ihre Rechte zu wahren. Es ist dann nicht mehr, wie die Revision der Kläger meint, nötig, die Exekutionsbewilligungsbeschlüsse neu einem zu bestellenden Abwesenheitskurator zuzustellen.

Die Kosten der drei genannten Exekutionsverfahren hat der Beklagte aber auch überwiegend schuldhaft veranlaßt. Er wußte nämlich, daß Josef und Theresia St Kostenersatzansprüche von S 996.48, S 385.18, S 904.- und S 1020.60 zustanden. Als am 19. 12. 1968 nun als Erlös der Versteigerung der Liegenschaft EZ 1106, KG D, der den Klägern zukommende Betrag von S 3125.- bei der Gemeindesparkasse in S, Zweigstelle O, erlegt wurde, hätte der Beklagte in Wahrung der Interessen seiner Kuranden die Pflicht gehabt, ehestens die Freigabe des Betrages durch das Pflegschaftsgericht zur Abdeckung der Verpflichtungen seiner Kuranden zu beantragen und Josef und Theresia St damit, von einem Betrag von S 181.26 abgesehen, zu befriedigen. Das BG O, das auch späterhin ähnliche Anordnungen traf, hätte einem solchen Antrag des Beklagten zweifellos zugestimmt. Es wäre dann höchstens ein Betrag von S 181.26 in Exekution gezogen worden. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß Josef und Theresia St zu E 6/69 des BG O die Zwangsversteigerung der Anteile der Kläger an der Liegenschaft EZ 1108, KG D, nur hinsichtlich dieses Betrages beantragt hätten. An Kosten wären ihnen zugesprochen worden: Antrag Tp 2 S 30.-; 60% Einheitssatz S 18.-; 15% Streitgenossenzuschlag S 7.20; Beischaffung des Grundbuchsauszuges Tp 7 S 4.-; 5.5% Umsatzsteuer S 3.26; Gerichtskostenmarken für Grundbuchsauszug S 40.-; Eingaben- und Ausfertigungsgebühr S 76.-, zusammen S 178.46. Statt Exekutionskosten von S 727.74 wären den Klägern damit nur solche von S 178.46 entstanden, so daß ihnen der Beklagte schuldhaft einen Schaden von S 549.28 zufügte. Diesen Betrag muß er den Klägern ersetzen.

Das angefochtene Urteil ist somit dahin abzuändern, daß den Klägern nur ein Betrag von S 549.28 zuzusprechen, das restliche Begehren aber abzuweisen ist. In diesem Sinne ist den Revisionen beider Streitteile teilweise Folge zu geben.

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