JudikaturJustiz15Os85/07z

15Os85/07z – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. September 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Brigitte H***** wegen der Vergehen der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB, AZ 17 U 558/03d des Bezirksgerichts Linz, über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 4. Jänner 2006, AZ 20 Bl 116/05h, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Mag. Bauer, jedoch in Abwesenheit des Privatanklägers und der Beschuldigten zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren AZ 17 U 558/03d des Bezirksgerichtes Linz verletzt das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 4. Jänner 2006, AZ 20 Bl 116/05h (ON 46),

1) in der Erledigung zum Schuldspruch I./1./ § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO,

2) in seiner in den Gründen vertretenen Rechtsansicht § 114 Abs 1 StGB.

Text

Gründe:

Brigitte H***** wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 1. Februar 2005, GZ 17 U 558/03d-28, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält (II./1./ und 2./), des Vergehens (richtig: der Vergehen) der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat sie (I./) in Linz in einer für Dritte wahrnehmbaren Weise den Privatankläger Dr. Karl P***** eines unehrenhaften Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, indem sie l./ am 23. November 2001 im Verfahren 3 C 61/97s des Bezirksgerichtes Linz in Gegenwart des Richters Dr. Thomas B*****, des Rechtsanwaltes Dr. Ernst E***** sowie des Hans H***** behauptete, der Privatankläger sei mit diversen Sexartikeln in einem Lokal gesessen und habe am Kopf ein weibliches Geschlechtsteil aus Gummi gehabt;

2./ am 26. Jänner 2004 in einem Schriftsatz im zu 17 U 558/03d des Bezirksgerichts Linz geführten Strafverfahren behauptete, der Privatankläger

a./ unterliege der Spielsucht, insbesondere dem Pokern; b./ torkle seit Jahren nur betrunken - und das schon am Vormittag - aus dem „Kino-Büffet Neue Heimat".

Der Bezirksrichter stellte zu den Schuldspruchfakten I./l./ sowie I./2./a./ und b./ im Wesentlichen fest, sowohl die in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2001 im Verfahren zu AZ 3 C 61/97s des Bezirksgerichtes Linz getätigte Aussage der Beschuldigten als auch die in ihrem Schriftsatz vom 26. Jänner 2004 erhobenen Vorwürfe seien (hinsichtlich der inkriminierten Textpassagen) unwahr. Die Beschuldigte habe die zu I./1./ angeführte Äußerung im Bewusstsein getätigt, dadurch die Unwahrheit zu sagen und es im Zeitpunkt der Abgabe der zu I./2./a./ und b./ angeführten Behauptungen ernstlich für möglich gehalten, die Unwahrheit zu sagen, sich jedoch damit abgefunden. Es sei ihr in allen Fällen bewusst gewesen, den Privatankläger dadurch eines unehrenhaften Verhaltens zu beschuldigen, das geeignet sei, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen (US 3 f).

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. Jänner 2006, AZ 20 Bl 116/05h (ON 46), wurde das angefochtene Urteil in Stattgebung der Berufung der Beschuldigten (nach den Entscheidungsgründen [US 27] jedoch zu I./1./ in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes nach § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) im Schuldspruch aufgehoben, die Sache im Umfang des Faktums I./l./ zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen sowie zu I./2./a./ und b./ in der Sache selbst durch Freisprüche nach § 259 Z 3 StPO erkannt. Der gegen die Freisprüche zu II./l./ und 2./ erhobenen Berufung des Privatanklägers wegen Nichtigkeit und Schuld wurde nicht Folge gegeben.

Das Berufungsgericht begründete die Aufhebung der Schuldsprüche in erster Linie damit, dass Brigitte H***** die inkriminierten Äußerungen zum einen als beklagte Partei im Ehescheidungsverfahren zu 3 C 61/97s vor dem Bezirksgericht Linz und zum anderen als Beschuldigte im Strafverfahren, somit in beiden Fällen in Ausübung eines Rechts im Sinne des § 114 Abs 1 StGB getätigt habe. Derjenige, der in Erfüllung einer Rechtspflicht oder in Ausübung eines Rechts handelt, sei nicht verpflichtet, den Wahrheitsbeweis oder den Beweis des guten Glaubens zu erbringen (US 26). Prozessparteien dürften vor Gericht schonungslos sagen, was sie wissen. Im Hinblick auf § 111 StGB würden sie sich erst strafbar machen, wenn sie wissentlich die Unwahrheit bekunden (US 27).

Ausgehend von dieser Rechtsansicht wies der Berufungssenat darauf hin (US 31 f), dass die Beschuldigte auch beim Faktum I./l. - das aufgrund von Bedenken gegen die Urteilsannahme, die Rechtsmittelwerberin sei sich der Unwahrheit der inkriminierten Äußerung bewusst gewesen, aufgehoben und zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht verwiesen wurde - im zweiten Rechtsgang keinen Wahrheitsbeweis erbringen müsse, weil der Nachweis, dass sie wissentlich die Unwahrheit gesagt habe, Sache des Privatanklägers sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Generalprokurator führte in seiner dagegen erhobenen - im Gerichtstag auch auf eine Verletzung des § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO durch die Aufhebung des Schuldspruchs I./1./ ausgedehnten - Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aus:

„Die im Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 4. Jänner 2006, AZ 20 Bl 116/05h (ON 46), vertretene Rechtsansicht verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 114 Abs 1 StGB. Gemäß § 114 Abs 1 StGB ist gerechtfertigt, wer durch eine im § 111 oder im § 113 StGB genannte Handlung eine Rechtspflicht erfüllt oder ein Recht ausübt. In Ausübung eines solchen Rechtes handelt, wer vom Gesetz dazu befugt ist, Behauptungen aufzustellen oder Werturteile abzugeben, die den Tatbestand der §§ 111 oder 113 StGB erfüllen (Kienapfel/Schroll BT I5 § 114 RN 6).

In Erfüllung einer Rechtspflicht handeln vor allem Zeugen und Prozessparteien, die vom Gericht (oder von einer Verwaltungsbehörde) vernommen werden. Sie können dabei auch ehrenrührige Äußerungen über andere abgeben, soweit dies nicht wider besseren Wissens erfolgt (Leukauf/Steininger StGB3 § 114 RN 3). Ein Recht im Sinne des § 114 Abs 1 StGB ist auch jenes des Beschuldigten auf Verteidigung in einem Strafverfahren, wobei dieser - anders als der Zeuge oder der Anzeiger einer Straftat - nicht der Wahrheitspflicht unterliegt (Foregger in WK2 § 114 Rz 5).

Wer in Ausübung eines Rechts handelt, ist - wie das Landesgericht Linz zutreffend bemerkt - nicht verpflichtet, den Wahrheitsbeweis oder den Beweis des guten Glaubens zu erbringen; es obliegt vielmehr dem Privatankläger, dem Beschuldigten nachzuweisen, dass er sich der Unrichtigkeit der ehrenrührigen Behauptung gewiss gewesen sei (RIS-Justiz RS0093288).

Der Rechtfertigungsgrund des § 114 Abs 1 StGB kommt aber nur dem zustatten, der sich in dem durch die Rechtspflicht gezogenen Rahmen bzw an die Grenzen seiner rechtlichen Befugnis hält (Foregger aaO § 114 Rz 3 und 5) und der die Schranken des Notwendigen (der notwendigen Verteidigung) nicht überschreitet (SSt 39/49; EvBl 1981/56 S 190 - RZ 1980/67 S 273). Daher ist auch der Beschuldigte (der Angeklagte) nur soweit aus § 114 Abs 1 StGB gerechtfertigt, als er im Zuge seiner Verantwortung den gegen ihn erhobenen Vorwurf bloß bestreitet, ihn also als unwahr, erlogen oder erdichtet bezeichnet (§ 202 StPO), nicht aber wenn er darüber hinaus konkrete Anschuldigungen gegen einen Zeugen (oder eine andere Prozesspartei) erhebt (Leukauf/Steininger aaO § 114 RN 5). Der Beschuldigte darf die ihm zur Last gelegten ehrverletzenden Behauptungen in der Hauptverhandlung zwar aufrecht erhalten und wiederholen, nicht aber zusätzliche und neue ehrabschneidende Gegenvorwürfe erheben (Kienapfel/Schroll aaO § 114 RN 14). Solche über die bloße Abwehr bisher angelasteter Ehrenbeleidigungen hinausgehende ehrenrührige Äußerungen des Beschuldigten verlieren den Charakter einer bloß in der Verneinung der Richtigkeit des gegen ihn selbst gerichteten Deliktsvorwurfes bestehenden Verantwortung (SSt 52/62), weshalb sie ihrerseits rechtswidrig und als neue strafbare Handlungen zu werten sind.

Ungeachtet der vom Berufungsgericht (aktenkonform) getroffenen Feststellung, dem Privatankläger sei mit Schriftsatz vom 26. Jänner 2004 (ON 8) nicht „Spielsucht", sondern (bloß) „Spielleidenschaft" vorgeworfen worden (US 29), handelt es sich bei den in der Klagsausdehnung vom 27. April 2004 (ON 15) unter Punkt b.) und c.) angelasteten Äußerungen (Urteilsfakten I./2./a. und /b.) um neue, zusätzliche Ehrbeleidigungen, die über die ursprünglichen, mit Privatanklage vom 21. Februar 2002 (ON 1) und mit Klagsausdehnung vom 29. Dezember 2003 (ON 6) zur Last gelegten Verbalinjurien hinausgehen und die - wie bereits das Erstgericht erkannte (US 10) - die Schranken sachdienlicher bzw notwendiger Verteidigung bei weitem überschreiten und somit nicht mehr gerechtfertigt im Sinne des § 114 Abs 1 StGB sind.

Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkt sich zum Vorteil der Beschuldigten aus, sodass es mit deren Feststellung sein Bewenden haben kann (§ 292 sechster Satz StPO). Damit kann auch die (mangels Urteilskonstatierungen nicht geklärte) Frage, ob den Fakten I./2./a. und /b. (die laut Schriftsatz ON 8 auf bloß wiedergegebenen Berichten Dritter beruhen) eine jeweils identifizierende - nur unter dieser Voraussetzung strafbare - Wiedergabe einer üblen Nachrede zu Grunde lag (Foregger aaO Vorbem zu § 111 bis 117 Rz 36 und 39; Leukauf/Steininger aaO § 111 RN 21; RIS-Justiz RS0105502), dahingestellt bleiben.

Hinsichtlich des einem weiteren Rechtsgang vorbehaltenen Faktums I./1. werden vom Erstgericht die erforderlichen Feststellungen darüber zu treffen sein, ob die inkriminierte Behauptung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Scheidungsverfahren AZ 3 C 61/97s (verbunden mit 3 C 110/97x) des Bezirksgerichtes Linz notwendig oder hingegen überflüssig war bzw ob sie wider besseren Wissens erfolgte (RIS-Justiz RS0089487), wobei die Beweislast für dolus principalis nur im Falle der Verneinung einer aus § 114 Abs 1 StGB gerechtfertigten Rechtsausübung auf Seiten des Privatanklägers liegt."

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Das angefochtene Berufungsurteil verletzt zunächst in seiner Aufhebung auch des Schuldspruchfaktums I./1./ § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO.

Denn ein (gegebenenfalls auch amtswegig wahrzunehmender, § 290 Abs 1, § 477 Abs 1 StPO) materieller Nichtigkeitsgrund nach § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO liegt nur dann vor, wenn durch den Ausspruch über die dort bezeichneten Fragen ein Gesetz verletzt oder unrichtig angewendet wurde. Unter Ausspruch in diesem Sinn wird jener nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO verstanden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 582), nicht aber die in den Entscheidungsgründen der Urteilsausfertigung enthaltene Begründung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; hier: zur Beweislastverteilung). Den tatsächlichen Bezugspunkt wiederum bilden die in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen (WK-StPO § 281 Rz 584; vgl 15 Os 138/06t).

Indem das Bezirksgericht festgestellt hat, die Beschuldigte habe zu I./1./ „im Wissen" gehandelt, dass ihre als Beklagte im Zivilverfahren gegen den nunmehrigen Privatankläger erhobenen ehrenrührigen Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprachen (S 175), hat es - infolge somit anzunehmenden Nichtvorliegens des Rechtfertigungsgrunds nach § 114 Abs 1 StGB (Fabrizy, StGB9 § 114 Rz 1) - materiell zu Recht einen Schuldspruch nach § 111 Abs 1 StGB gefällt, woran die verfehlten erstinstanzlichen Urteilsausführungen zur Beweislastverteilung (die weder in der Berufung releviert wurden, noch von Amts wegen aufgreifbar sind) nichts zu ändern vermögen. Des weiteren verletzt die vom Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, Prozessparteien würden in dieser Funktion bei ihren Vorbringen vor Gericht - abgesehen von bewusst wahrheitswidrigem Vorbringen - unter allen Umständen in Ausübung eines Rechts handeln (US 26 f), § 114 Abs 1 StGB, wenngleich aus anderen als den vom Generalprokurator angeführten Gründen.

Der im Zivilverfahren Beklagte wie auch der im Strafverfahren Angeklagte handelt zwar - sofern er nicht bewusst wahrheitswidrig vorgeht - grundsätzlich, aber nicht unter allen Umständen in Ausübung eines Rechts iSd § 114 StGB, wenn er zur Abwehr gegen ihn erhobener zivilrechtlicher Forderungen oder strafrechtlich relevanter Vorwürfe im entsprechenden Verfahren schriftlich oder mündlich zur Sache Stellung bezieht. Entgegen der Wahrungsbeschwerde und der von ihr zitierten älteren Lehre und Rechtsprechung ist jedoch diese Rechtsausübung nicht auf die „Schranken des Notwendigen" reduziert. Ein Beklagter oder Angeklagter muss nämlich vollständige Gelegenheit haben, die wider ihn erhobenen Vorwürfe zu beseitigen und sich zu rechtfertigen; es steht im frei, den Sachverhalt seiner Verteidigungslinie entsprechend umfassend zu schildern (vgl Kirchbacher, WK-StPO § 245 Rz 42). Das ergibt sich bereits aus dem aus Art 6 Abs 1 MRK ableitbaren Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs, welches beinhaltet, dass jeder Partei ausreichend Gelegenheit eingeräumt werden muss, ihren Fall vorzutragen (Grabenwarter, EMRK2, § 24 Rz 64; vgl auch § 6 Abs 2 letzter Satz Strafprozessreformgesetz, BGBl I 2004/15).

Darunter fällt bei grundrechtsbewusstem Verständnis nicht nur ein zur entsprechenden Rechtsverfolgung „notwendiges", sondern jedes Vorbringen, das - ohne Anlegen eines strengen Maßstabes - aus der Sicht eines verständigen Beobachters in der Rolle der Prozesspartei der Aufklärung der Sache (vgl § 232 Abs 2 StPO) dienlich und zur Durchsetzung des eigenen Rechtsstandpunktes zweckmäßig sein kann, sofern es nicht bewusst wahrheitswidrig erstattet wird. In diesem Rahmen ist es auch legitim, über ein Bestreiten der gegen den Äußernden im Zivil- oder Strafverfahren erhobenen Vorwürfe hinausgehende ehrenrührige Anschuldigungen gegen den Prozessgegner oder einen Zeugen zu erheben, die dessen Glaubwürdigkeit erschüttern sollen.

Ein Vorbringen hingegen, das diesen Kriterien nicht entspricht, ist von der Ausübung eines Rechts iSd § 114 Abs 1 StGB nicht erfasst. Die aufgezeigten Gesetzesverletzungen wirkten sich zum Vorteil der Beschuldigten aus, sodass es mit ihrer Feststellung das Bewenden hat (§ 292 letzter Satz StPO).

Im weiteren Rechtsgang wird zu I./1./ im Sinn der obigen Ausführungen zu prüfen sein, ob das inkriminierte Vorbringen im Scheidungsverfahren AZ 3 C 61/97s des Bezirksgerichtes Linz aus der Sicht eines verständigen Beobachters in der Rolle der dort Beklagten der Sachaufklärung dienlich und zur Verfolgung ihres Rechtsstandpunkts zweckmäßig sein konnte, sowie ob es wider besseres Wissen erfolgte.

Rechtssätze
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  • RS0116269OGH Rechtssatz

    06. September 2007·3 Entscheidungen

    Aus der Kompetenz des Strafgerichtes, bei seiner Entscheidung über die Zulässigkeit einer Auslieferung über notwendige Bedingungen für deren Bewilligung zu befinden, folgt nicht, dass jedes nach österreichischem Recht einer Auslieferung entgegenstehende Auslieferungshindernis in dessen Zuständigkeitsbereich fällt. Die Abgrenzung von gerichtlicher und verwaltungsberhördlicher Zuständigkeit ist, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist (§ 1 ARHG), nach Maßgabe der für die Zulässigkeit der Auslieferung im ARHG geltenden Kriterien vorzunehmen (§§ 10 bis 23 und 25 Abs 1, 2 und 4 ARHG). Da der Erste Abschnitt des II. Hauptstücks des ARHG die Frage nach dem Erfordernis einer Garantie des in Österreich im Verfassungsrang stehenden Grundrechtes nach Art 2 Abs 1 des 7.ZPMRK nicht der vom Strafgericht zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung (§ 33 Abs 1 ARHG) zuweist, eine planwidrige Kompetenzlücke aber mit Blick auf die ausdrückliche Nennung nur einzelner Grundrechte der MRK und ihrer Zusatzprotokolle im Umkehrschluss verneint werden muss, hatte das Oberlandesgericht die Beantwortung dieser Frage dem Bundesminister für Justiz als Organ der Verwaltung zu überlassen (Art 94 B-VG). Ein nach § 33 ARHG gefasster Beschluss des Gerichtshofes II. Instanz erklärt die Auslieferung nur insoweit für unzulässig, als dies in Hinsicht auf konkret zu bezeichnende (vgl § 260 Abs 1 Z 1 StPO), dem Ersuchen zugrundeliegende Handlungen des Auszuliefernden aus (jeweils) einem oder mehreren, gleichermaßen bestimmt zu nennenden Gründen geschieht, vergleichbar einem Schuldspruch, bei dem jene als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte schuldig befunden worden ist, einzelnen als strafbare Handlungen bezeichneten rechtlichen Kategorien zugeordnet werden, ohne welchen Ausspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) kein Schuldspruch ergeht. Soweit daher der Gerichtshof II. Instanz Handlungen oder Auslieferungshindernisse in seinem nach § 33 Abs 1 ARHG gefassten Beschluss nicht bedenkt, hat er die Auslieferung folgerichtig nicht für unzulässig erklärt.