Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Mag. Christoph Huber, Rechtsanwalt in 6330 Kufstein, wider die beklagte Partei B* C* , vertreten durch Mag. Michael Tinzl, Mag. Albert Frank, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, wegen EUR 14.771,76 s.A. und Feststellung (Streitwert: EUR 5.000,00), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse: EUR 19.771,76) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16.9.2024, **-17, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte betreibt ein Lebensmittelgeschäft, in dem die Klägerin am 31.7.2023 im Kassabereich zu Sturz kam und sich erhebliche Verletzungen zuzog.
Das Verfahren wurde in der Tagsatzung vom 4.7.2024 (= ON 12, Seite 2) auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt.
Die Klägerin legte dem Beklagten eine Verletzung der ihn treffenden Verkehrssicherungspflichten zur Last und begehrte dessen Verurteilung zur Zahlung von EUR 14.771,76 s.A. sowie die mit EUR 5.000,00 bewertete Feststellung, dass der Beklagte ihr für sämtliche künftige Schäden aus dem Sturzgeschehen hafte. Anspruchsbegründend brachte sie vor, sie habe im Kassabereich einen etwa 3-jährigen Buben wahrgenommen, der mit einer Getränkeflasche herumgespielt und dabei einige Flüssigkeit verschüttet habe. Dies habe dazu geführt, dass die Kassierin dem Kind die Flasche abgenommen habe. Um eine Reinigung des nassen bzw. klebrigen Fliesenbodens habe sich die Kassierin aber nicht gekümmert. Anschließend habe die Klägerin das Geschäft verlassen. Da sie bemerkt habe, dass sie noch eine Erledigung vergessen habe, sei sie wieder in das Geschäft gegangen. Dabei sei sie aufgrund der durch das vom Kind verschüttete Getränk hervorgerufenen Verunreinigungen ausgerutscht und zu Sturz gekommen.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Sturz sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin, die es offenbar eilig gehabt habe, eine nicht für den Kundenverkehr bestimmte Abkürzung benützen habe wollen und dabei über dort gelagerte Einkaufskörbe gestolpert sei. Der Bub habe erst nach dem Sturz der Klägerin ein Getränk erhalten, um vom Sturzgeschehen abgelenkt zu werden. Die Klagsbehauptungen, wonach die Klägerin auf dem verschütteten Getränk ausgerutscht sei, seien bereits physikalisch unmöglich, weil Limonade aufgrund des hohen Zuckergehalts klebe und zu einer Erhöhung des Reibwerts eines Fußbodenbelags führe.
Das Erstgerichtwies das Klagebegehren mit dem angefochtenen Urteil zur Gänze ab. Dieser Entscheidung legte es die auf US 4 und 5 getroffenen Feststellungen zugrunde, auf die gemäß § 500a ZPO verwiesen werden kann. Zum besseren Verständnis werden folgende Feststellungen hervorgehoben, die im Umfang der Beweisrüge der Klägerin in Fettdruck dargestellt sind:
„ (A) Die Klägerin kam jedenfalls nicht aufgrund Nässe bzw. Feuchtigkeit oder sonstigen rutschigen Verunreinigungen auf der von ihr benutzten Geschäftsfläche zu Sturz.
(B) Nicht festgestellt werden kann, ob im Vorfeld des gegenständlichen Geschehens - insbesondere als die Klägerin das erste Mal das gegenständliche Geschäftslokal verlassen hat - ein kleiner Bub mit einer blauen D* Flasche im Geschäftsinneren bzw. im Kassenbereich hantiert hat.
Nachdem die Kassiererin E* von einem Kunden darauf aufmerksam gemacht worden war, dass die Klägerin offenkundig vor der Kassa zum Liegen gekommen war, rief die im Kassenbereich befindliche Kassiererin E* ihre Kollegin F* herbei, damit sich diese um die am Boden sitzende, mit dem Rücken zum Mülleimer gelehnte Klägerin kümmern sollte. (C) F* begab sich sodann zur Klägerin, welche behauptete, dass „da alles nass wäre“. F* überprüfte dann die Bodenfläche und stellte dabei fest, dass keine Nässe vorhanden war. Die Bodenfläche, auf der die Klägerin zu Sturz kam, wies zum Zeitpunkt des Sturzgeschehens keinerlei Nässe oder Feuchtigkeit auf.
Während sich F* um die Klägerin kümmerte, befand sich im Kassenbereich auch ein Bub, der zu einer Mitarbeiterin des Geschäftes gehörte. Nachdem die Klägerin die Hose hochgekrempelt und ihre Verletzung gezeigt hatte, gab E* dem Jungen eine D* Plastikflasche, um diesen zu beruhigen, zumal er offenkundig durch das Blut am Bein der Klägerin irritiert war. Der Bub stellte die Plastikflasche in der Folge an der Kante des Kassenplatzes von E* ab, wobei diese Flasche in der Folge zu Boden stürzte. E* hob diese Flasche letztlich wieder auf.
(D) Dort, wo die Klägerin gestürzt war, musste in der Folge vom Personal keine Reinigung durchgeführt werden und waren insbesondere auch keine Trocknungsarbeiten erforderlich.
Die Klägerin stürzte definitiv nicht über im Eingangs/Ausgangsbereich in unmittelbarer Nähe zum gegenständlichen Blechmülleimer befindliche, in der auf dem oben ersichtlichen Lichtbild auf einem Metallständer aufgestapelte Einkaufskörbe.“
Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Klägerin sei der Nachweis nicht geglückt, dass eine dem Beklagten zuzurechnende Sorgfaltswidrigkeit ursächlich für das Sturzgeschehen gewesen sei, sodass dem Klagebegehren keine Berechtigung zukomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin . Sie strebt gestützt auf die Rechtsmittelgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung eine Abänderung der Entscheidung im Sinne einer vollständigen Klagsstattgebung an; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte beantragt, dem gegnerischen Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nicht öffentlicher Sitzung entschieden werden kann, ist nicht berechtigt.
1. Zur Verfahrensrüge
1.1 Die Berufung kritisiert die unterbliebene Einvernahme der von der Klägerin in der Tagsatzung vom 4.7.2024 beantragten Zeugin G*, deren Name sie erst im Zuge der Befragung der Zeugin H* C* in Erfahrung gebracht habe. Die Mutter müsse Bescheid wissen, wenn ihr 3-jähriges Kind ein Getränk konsumiere. Es sei damit sehr wahrscheinlich, dass sie auch Auskunft darüber geben könne, ob es möglich sei, dass ihr Kind vor dem gegenständlichen Vorfall ein Getränk gehabt habe.
1.1.1Mit diesen Ausführungen macht die Klägerin einen Stoffsammlungsmangel im Sinn des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO geltend. Nach der Definition des OGH sind Stoffsammlungsmängel sogenannte „materielle“ Mängel, die eine vollständige Erledigung der Sachanträge, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache hindern (RS0037055). Stoffsammlungsmängel sind somit jene inhaltlichen Gerichtsfehler während des Verfahrens, welche sich auf die Feststellungen oder die Beweiswürdigung auswirken, ohne dass dadurch gegen eine ausdrückliche prozessuale Vorschrift verstoßen wird. Zu den Stoffsammlungsmängeln zählt insbesondere die unrichtige Nichtzulassung von Beweisen. Bei abstrakter Eignung eines Beweismittels, eine Prozessbehauptung unter Beweis zu stellen, darf ein Beweisantrag nicht übergangen werden (vgl RS0043049).
1.1.2Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist nur dann gegeben, wenn der im Rechtsmittel behauptete Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (RS0043049). Auch die Geltendmachung eines Stoffsammlungsmangels erfordert daher, dass der Rechtsmittelwerber nachvollziehbar ausführt, welche für ihn günstigen Verfahrensergebnisse zu erwarten gewesen wären, wenn der Verfahrensfehler nicht unterlaufen wäre. Greift die Mängelrüge die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts an, muss sie nachvollziehbar darlegen, in welcher Hinsicht sich bei Unterbleiben des behaupteten Verfahrensfehlers eine abweichende Sachverhaltsgrundlage ergeben hätte (RS0043039 [insb T4, T5]; Lovrek in Fasching/Konecny 3§ 503 ZPO Rz 45).
1.1.3 Diesen Anforderungen genügt das Berufungsvorbringen nicht. Die Rechtsmittelausführungen, die Mutter hätte wahrscheinlichAuskunft geben können, ob es möglich sei, dass ihr Sohn bereits vor dem Vorfall ein Getränk konsumierte, lassen offen, welche konkrete Sachverhaltsgrundlage angestrebt wird. Der Berufung gelingt es mangels Anführung hinreichend bestimmter Tatsachenfeststellungen, die das Erstgericht ohne den behaupteten Verfahrensmangel zu treffen gehabt hätte, nicht aufzuzeigen, inwieweit der gerügte Verfahrensfehler abstrakt erheblich und geeignet war, das für sie belastende Ergebnis verursacht zu haben (RS0043027 [T1, T6, T10]).
1.1.4Ungeachtet dieser formellen Erwägungen, die einer erfolgreichen Verfahrensrüge entgegenstehen, war das Erstgericht zur Einvernahme der angebotenen Zeugin nicht verpflichtet. Wie erwähnt, erfuhr die Klägerin nach dem Berufungsvorbringen erst im Zuge der Einvernahme der Zeugin H* C*, dass die Mutter des 3-jährigen Kindes im Lebensmittelgeschäft des Beklagten gearbeitet habe. Tatsächlich gab die Zeugin H* C* zu Protokoll (Protokoll vom 4.7.2024 = ON 12, Seite 11), „vom Hörensagen her zu wissen, dass ein Bub vor Ort gewesen sei, der mit seiner Großmutter beim Einkaufen gewesen wäre. Es habe sich dabei um den Sohn der Mitarbeiterin G* gehandelt. Soweit sie (die Zeugin H* C*) wisse, habe G* im hinteren Bereich bei der Feinkosttheke gearbeitet, weswegen ihr Sohn von der Großmutter begleitet worden wäre. Im Anschluss an diese Einvernahme beantragte die Klägerin sodann die Vernehmung der Zeugin G* zum Beweis dafür, dass ihr Sohn bereits vor dem Vorfall (gemeint offensichtlich Sturz der Klägerin) mit einer blauen Getränkeflaschen hantiert und dabei den Inhalt verschüttet habe. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Beweisthema ausreichend bestimmt war, führte die Klägerin nicht aus, aus welchen Erwägungen davon auszugehen ist, dass die von ihr angebotene Zeugin ungeachtet der Aussage der Zeugin H* C* konkrete Wahrnehmungen über das Verhalten ihres Sohnes und vor allem dazu gehabt haben sollte, ob auch im späteren Sturzbereich Flüssigkeit vorhanden war. Damit ist der Berufungsbeantwortung beizupflichten, dass das Beweisanbot im Ergebnis auf einen bloßen Erkundungsbeweis hinauslief. Ein solcher ist nach der Judikatur anzunehmen, wenn der Beweisantrag auf die Aufklärung eines rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Sachverhaltes gerichtet ist, dessen Tatbestandselemente der Partei selbst nicht klar waren und die von ihr weder vorgetragen noch konkretisiert wurden (RS0039973; RS0039880). Auch die Berufung vermag nicht zu erläutern, inwieweit die Zeugin G* zweckdienliche Angaben zum Sachverhalt machen könnte. Die Verfahrensrüge würde ebenfalls aus diesen Erwägungen scheitern.
1.2Darüberhinaus moniert die Berufung, das Erstgericht habe in der angefochtenen Entscheidung nicht begründet, weshalb es den angebotenen Beweis nicht aufgenommen habe. Zwar ist richtig, dass von den Parteien angebotene, dem Gericht jedoch unerheblich erscheinende Beweise gemäß § 275 Abs 1 ZPO ausdrücklich zurückzuweisen sind. Die unterbliebene Begründung, weshalb die Beweisaufnahme als entbehrlich erachtet wurde, stellt nach ständiger Judikatur aber keinen Begründungsmangel dar. Vielmehr ist es Sache des Berufungswerbers, einen Verfahrensfehler und dessen Relevanz aufzuzeigen ( Kodek in Rechberger/Klicka 5, § 471 ZPO Rz 11). Dies gelingt der Berufung aber nicht, wie unter Punkt 1.1 gezeigt wurde.
1.3 Schließlich releviert die Berufungswerberin einen Erörterungsmangel. Die Klägerin habe nämlich stets ausgeführt, sie sei ausgerutscht. Dass sie gestolpert sei, habe sie nie erwähnt. Wenn die Klägerin nach der in der angefochtenen Entscheidung ins Treffen geführten Möglichkeit nicht auf einer nassen Stelle ausgerutscht und auch nicht gestolpert sei, verbliebe als Ursache für den Sturz lediglich die Tatsache, dass der Fußboden, auch wenn er trocken gewesen wäre, zu rutschig gewesen sei und den von der Beklagten behaupteten ausreichenden Reibewert nicht mehr aufgewiesen habe. Das Gericht hätte daher zumindest erörtern müssen, ob auch die Beschaffenheit des Bodens ein Prozessthema sei. Dies habe es aber unterlassen, obwohl die Beklagte einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt habe, dass der Fußbodenbelag den notwendigen Reibewert aufgewiesen habe. Hätte das Gericht erörtert, dass es nicht beabsichtige, das angebotene Sachverständigengutachten einzuholen, so hätte die Klägerin entsprechendes Vorbringen erstattet und ebenso ein derartiges Sachverständigengutachten beantragt.
1.3.1Welches „entsprechende Vorbringen“ konkret von der Klägerin erstattet worden wäre, lässt sich der Berufung abermals nicht, jedenfalls nicht mit der hinreichenden Klarheit entnehmen. Behauptet ein Rechtsmittelwerber eine Verletzung der §§ 182, 182a ZPO, muss er aber darlegen, was er im Falle einer ordnungsgemäßen Erörterung zusätzlich oder anders vorgebracht hätte, weil nur auf dieser Grundlage die Wesentlichkeit des Mangels beurteilt werden kann (RS0037325 [T5], RS0120056 [T2, T7, T12], RS0037095 [T4, T5]). In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass nach den Ausführungen in der Beweisrüge als Sturzursache nur verschüttete Limonade in Betracht kommen soll. Geht man von diesem Standpunkt aus, bleibt auch nach den Berufungsausführungen unklar, wodurch ein Erörterungsmangel verwirklicht worden sein könnte.
1.3.2 Der Berufungsbeantwortung ist auch beizupflichten, dass das Erstgericht im Zuge der Erörterung bekannt gab, die Beschlussfassung hinsichtlich des von der Beklagten beantragten Gutachtens vorzubehalten. Nachdem die Parteien mitteilten, über die bereits gestellten Anträge keine weiteren Beweisanträge zu stellen (ON 12, Seite 17), verkündete das Erstgericht den Beschluss, dass keine weiteren Beweise zum Anspruchsgrund aufgenommen werden. Nach dem Inhalt des Protokolls erstatteten die Parteien darauf auch kein ergänzendes Vorbringen mehr. Inwieweit die Klägerin durch die Nicht-Aufnahme des beantragten Sachverständigengutachtens in unzulässiger Weise überrascht worden sein konnte, zeigt die Berufung nicht nachvollziehbar auf.
1.3.3 Abgesehen davon legt die Klägerin dem von der Beklagten gestellten Beweisantrag ein unzutreffendes Beweisthema zugrunde. Der Beweisantrag war nämlich gar nicht darauf gerichtet, dass der Reibwert des Fußbodens den vorgeschriebenen Normen entsprach. Vielmehr lag dem Beweisantrag das Vorbringen zu Grunde, dass sich der Reibwert eines Fußbodens, auf den eine stark zuckerhaltige Limonade aufgebracht worden sei, erhöhe, sodass die Prozessbehauptung der Klägerin physikalisch unmöglich wäre, sie wäre in dem Bereich gestürzt, in dem ein Kind Saft verspritzt habe. Die Rutschfestigkeit des Bodens an sich wurde von den Parteien im erstinstanzlichen Verfahren zu keinem Zeitpunkt thematisiert. Bereits deswegen bestand für das Erstgericht keine Veranlassung, einen für die Beurteilung des gegenständlichen Rechtsstreits aus rechtlicher Sicht nicht relevanten Beweisantrag aufzunehmen oder dazu eine gesonderte rechtliche Erörterung mit den Parteien vorzunehmen.
1.4 Zusammengefasst vermag die Berufung damit keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufzuzeigen, sodass die Verfahrensrüge versagt.
2. Zur Beweisrüge
2.1 Die Beweisrüge richtet sich gegen die Feststellungen (A), (B), (C) und (D), die sie wie folgt ersetzt wissen will:
„Die Klägerin rutschte auf einer Nassstelle aus. Diese war zuvor durch den Buben (Sohn der Angestellten G*) verursacht worden. Obwohl für das anwesende Personal das Verschütten des Limo ersichtlich war, kümmerte sich niemand der Angestellten um die verschüttete Limonade.“
2.2 Begründend führt die Klägerin zusammengefasst aus, die Beweiswürdigung des Erstgerichts, die sich im wesentlichen auf die Angaben der im Verfahren vernommenen Zeuginnen stützte, sei nicht überzeugend. Aus den Aussagen der Klägerin ergebe sich vielmehr, dass sie ausgerutscht, nicht aber gestolpert sei. Aufgrund der Tatsache, dass das Kind vorher an diesem Platz mit Limonade herumgespritzt und die Klägerin gesehen habe, dass dort Flüssigkeit verschüttet worden sei, ergebe sich zwangsläufig nur die Möglichkeit, dass die Klägerin auf einer nassen Stelle ausgerutscht sei, an welcher der Bub zuvor mit der Limonade herumgespritzt habe. Aus diesem Grund habe die Klägerin auch geschildert, dass sie definitiv ausgerutscht sei und als Grund nur die Flüssigkeit, welche der Bub verschüttet habe, infrage komme.
2.3Diese Ausführungen sind nicht geeignet, Bedenken an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung und den darauf basierenden Feststellungen (A), (B), (C) und (D) zu erwecken. Anlässlich der Behandlung einer Beweisrüge ist zu überprüfen, ob das Erstgericht die ihm vorliegenden Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig und nachvollziehbar würdigte. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass in den Akten einzelne Beweisergebnisse existieren, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht im Allgemeinen noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung mit dem Ergebnis aufzuzeigen, dass die erstinstanzlichen Feststellungen abgeändert werden müssen. Die Beweisrüge muss also überzeugend darlegen, dass wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (RI0100099).
2.4 Die Beweisrüge stützt die begehrte Ersatzfeststellung im Wesentlichen auf die Aussage der Klägerin. Ungeachtet des Umstands, dass mehrere gegenteilige und vom Erstgericht umfassend behandelte Verfahrensergebnisse vorliegen, stellt selbst die Aussage der Klägerin für sich allein betrachtet keine tragfähige Grundlage für den angestrebten Wunschsachverhalt dar.
Aus dem vom Erstgericht verlesenen Ermittlungsakt folgt, dass die Klägerin bereits einen Tag nach dem Unfall eine Sachverhaltsmeldung bei der Polizei erstattete. Dabei brachte sie, jedenfalls nach dem Inhalt des Polizeiberichts ON 2 des Ermittlungsakts, drei unterschiedliche Sturzursachen ins Spiel. Einerseits sei möglich, dass sich Tropfen des verschütteten Getränks bereits an ihren Schuhen befunden hätte, als sie das zweite Mal in das Geschäft gegangen und dann unverzüglich ausgerutscht sei. Möglicherweise sei sie aber auf ein paar Tropfen ausgerutscht, die im Vorraum verspritzt worden seien. Schließlich sei sie sich nicht sicher, ob die Fliesen rutschfest gewesen seien.
Im Zuge ihrer gerichtlichen Befragung schilderte die Klägerin (Protokoll vom 4.7.2024 = ON 12, Seite 15f), sie könne nicht sagen, worauf sie ausgerutscht sei. Der Boden sei aber rutschig gewesen. Ob das Kind tatsächlich auch dort Flüssigkeit verspritzt habe, wo sie später gestürzt sei, wisse sie nicht. Darauf habe sie nicht geachtet. Sie denke, der Untergrund müsse schuld gewesen sein, dass sie zu Sturz gekommen sei. Sie habe nur gesagt, dass es vielleicht möglich sei, dass das Kind, das mit der Flasche im Kassabereich herum gelaufen sei, etwas ausgeschüttet habe. Kontrolliert, ob der Boden tatsächlich feucht gewesen wäre, habe sie aber nicht. Ihre Kleidung sei nach dem Sturz zwar blutig gewesen. Ob die Hose auch Nässe vom verschütteten Getränk aufgenommen habe, könne sie ebenfalls nicht sagen.
Damit lässt sich aus den Aussagen der Klägerin mit der im Zivilprozess erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit (RS0110701) weder ableiten, dass die Klägerin auf einer Nassstelle ausrutschte, noch, dass diese Nassstelle zuvor durch das Kind verursacht worden wäre. Wie die Klägerin letztlich selbst einräumte, basieren ihre Vorstellungen von der Sturzursache auf Schlussfolgerungen. Zwar ist verständlich, dass die Klägerin sich nach dem Sturz auf ihre Verletzung und die bei lebensnaher Betrachtung zu vermutenden Schmerzen, und nicht darauf konzentrierte, ob im Bereich der Sturzstelle irgendeine Flüssigkeit vorhanden war. Ihre eigene Aussage reicht für die von ihr nunmehr angestrebten Ersatzfeststellungen aber nicht aus. Sonstige Verfahrensergebnisse, die den Wunschsachverhalt stützen würden, vermag die Berufung nicht aufzuzeigen.
2.5 Aus diesen Erwägungen erweist sich auch die Beweisrüge als nicht berechtigt.
3.Eine Rechtsrüge führt die Berufung nicht aus, sodass das Berufungsgericht keine Prüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts vorzunehmen hat (RS0043352). Da weder die Beweis- noch die Verfahrensrüge erfolgreich waren, erweist sich das Rechtsmittel damit insgesamt als nicht berechtigt.
4.Wegen der Erfolglosigkeit der Berufung hat die Klägerin dem Beklagten die tarifmäßig verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen (§§ 50, 41 Abs 1 ZPO).
5.Bei der Bewertung des Feststellungsbegehrens bestand keine Veranlassung, von der von der Klägerin gewählten und vom Beklagten nicht beanstandeten Bewertung abzugehen. Die Streitwerte des Leistungs- und des Feststellungsbegehren sind gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen (RS0042923). Der Entscheidungsgegenstand des Berufungsverfahrens übersteigt damit EUR 5.000,00, aber nicht EUR 30.000,00.
6.Vom Berufungsgericht waren einzig Fragen auf Tatsachenebene zu klären, die nicht revisibel sind. Auch die vom Berufungsgericht verneinten Verfahrensmängel sind nicht im Wege der Revision überprüfbar (RS0042963). Die Revision war daher mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO für nicht zulässig zu erklären (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO).
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