JudikaturJustiz8Ob87/22k

8Ob87/22k – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. August 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn und die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A* W*, Rechtsanwalt, *, gegen die beklagte Partei B* L*, vertreten durch Mag. Dr. Peter Sommerer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 9 C 898/20y des Bezirksgerichts Baden (Streitwert 25.200 EUR sA), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 15. Juli 2022, GZ 19 R 28/22m 17, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 24. Mai 2022, GZ 9 C 157/22f 9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Das Erstgericht gab im Verfahren AZ 9 C 898/20y der von der dort klagenden (hier beklagten) Partei (in der Folge: Beklagter) gegen die dort beklagte, hier klagende Partei (in der Folge: Kläger) erhobenen und letztlich auf Zahlung von 25.200 EUR sA gerichteten Klage mit Urteil vom 27. 12. 2021 statt.

[2] Der Kläger klagt auf die Wiederaufnahme jenes Verfahrens.

[3] Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage im Vorverfahren gemäß § 538 Abs 1 ZPO zurück.

[4] Das Rekursgericht bestätigte die vom Kläger angefochtene Zurückweisung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[5] Gegen diese Entscheidung richtet sich das als „außerordentliche Revision“ (gemeint: außerordentlicher Revisionsrekurs) bezeichnete Rechtsmittel des Klägers, welches das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorlegte.

[6] Der Oberste Gerichtshof ist derzeit zur Entscheidung über das Rechtsmittel nicht zuständig.

Rechtliche Beurteilung

[7] Da der Rechtsmittelzug bei Wiederaufnahmsklagen grundsätzlich nicht anders gestaltet sein kann als im wiederaufzunehmenden Verfahren (1 Ob 178/19m [Pkt 1.1.]; RIS Justiz RS0044087 [T1]), ist ein die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage aus formellen Gründen bestätigender Beschluss nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht absolut unanfechtbar (RS0116279; RS0023346 [T13]; RS0125126 [T2]). Ein derartiger Beschluss der zweiten Instanz kann daher unter den Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO angefochten werden (2 Ob 23/06f).

[8] Der Streitwert der Wiederaufnahmsklage entspricht – unabhängig von einer hier ohnehin nicht abweichend vorgenommenen Bewertung – in der Regel dem des Hauptprozesses (vgl RIS Justiz RS0042445; RS0042409). Er liegt demnach hier innerhalb des Streitwertbereichs des § 528 Abs 2 Z 1a ZPO, zumal gemäß § 54 Abs 2 JN – entgegen der Ansicht des Klägers im Rechtsmittel – Kosten unberücksichtigt zu bleiben haben.

[9] In einem solchen Fall ist gegen eine rekursgerichtliche Entscheidung, die den Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärte, kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern allein ein – mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbindender – Abänderungsantrag nach § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO (1 Ob 13/03y; 2 Ob 23/06f; 1 Ob 31/07a ua). Ein solcher Antrag ist grundsätzlich vom Erstgericht der zweiten Instanz zur Entscheidung vorzulegen (§ 507b Abs 2 ZPO analog).

[10] Die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels hindert nicht dessen Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise (RS0036258). Ob der vorliegende Rechtsmittelschriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 (iVm § 528 Abs 2a) ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (stRsp, RS0109620 [T2]).

[11] Das Rechtsmittel wäre dem Obersten Gerichtshof nur dann wieder vorzulegen, wenn das Rekursgericht gemäß § 508 Abs 3 ZPO entscheidet, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei (vgl RS0109620 [T11]; RS0109501 [T4]).

Rechtssätze
9
  • RS0109501OGH Rechtssatz

    27. Juni 2023·3 Entscheidungen

    Hat der Rechtsmittelwerber das Rechtsmittel gegen das vom Berufungsgericht nach dem 31. Dezember 1997 gefasste Urteil rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum er entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachte, fehlt der Revision jedoch die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht gestellt werde, ist der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen; denn im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet seien, dann hat es einen, mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags.