JudikaturJustiz7Ob602/95

7Ob602/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. März 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Tittel, Dr.I.Huber und Dr.F.M.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Katharina R*****, 2. Ing.Matthias B***** und 3. Franz R*****, ***** ***** alle vertreten durch Dr.Rudolf Bruckenberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Walter S*****, und 2. Maria S*****, beide vertreten durch Dr.Lukas Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 24.Mai 1995, GZ 22 R 134/95-21, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 16.Dezember 1994, GZ 33 C 1642/93-16, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die hinsichtlich der zweitbeklagten Partei einschließlich der sie betreffenden Kostenentscheidung und hinsichtlich des Erstbeklagten im klagsstattgebenden Umfang als unangefochten unberührt bleiben, werden dahin abgeändert, daß das Urteil hinsichtlich des Erstbeklagten insgesamt lautet:

"Der Erstbeklagte ist schuldig, jede Art von Ablagerungen, insbesondere die Ablagerung von Bauschutt, auf dem Grundstück Nr 1145/3 Grundbuch ***** K***** zu unterlassen.

Der Erstbeklagte ist schuldig, den klagenden Parteien die in allen Instanzen mit insgesamt S 32.931,56 (darin enthalten S 4.275,26 Umsatzsteuer und S 7.280,- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 21.9.1962 wurde zwischen Maria E***** und Maria Z*****, den damaligen Eigentümern des Grundstückes 1145/3 der KG K*****, und den Ehegatten Franz und Maria S***** ein Abbauvertrag hinsichtlich dieses Grundstückes getroffen. Maria E***** und Maria Z***** erteilten den Ehegatten Franz und Maria S***** die Berechtigung zum Abbau eines Teiles dieses Grundstückes im Höchstausmaß von 10.000 m2 zur Schottergewinnung. Der Vertrag wurde auf die Dauer von sieben Jahren, und zwar vom 1.9.1962 bis 31.8.1969 für beide Seiten unkündbar, abgeschlossen.

Punkt 2. des Abbauvertrages lautet: "Wird er nicht ein Jahr vor Ablauf dieser sieben Jahre, also bis zum 31.8.1968, für den 31.8.1969 von einem Vertragsteil mittels Einschreibebrief, welcher bis zum 31.8.1968 bei dem anderen Vertragspartner einzulangen hat, aufgekündigt, so verlängert sich dieser Vertrag auf einen solchen auf unbestimmte Dauer. Diesfalls kann nach Ablauf der siebenjährigen Vertragsdauer jeder Vertragsteil zum Ende eines Jahres, welches jeweils am 1.9. des folgenden Jahres läuft, unter Einhaltung einer Jahreskündigungsfrist mittels Einschreibebrief aufgekündigt werden."

Punkt V. des Vertrages lautet: "Die Abnehmer verpflichten sich, während der siebenjährigen Vertragsdauer eine Mindestmenge von 70.000 m3 Schotter abzubauen, vorausgesetzt, daß dieses Quantum in der vorgesehenen Fläche enthalten ist. Die Kosten der Aufschließung sowie der Herstellung nach dessen Beendigung tragen die Abnehmer.

Die zum Abbau bestimmte Grundfläche trägt Baumbestand.

Dieser ist von den Abnehmern fachgemäß im Zuge des Abbaues einzuschlagen und zum Abtransport an die am Fuße der Entnahmestelle vorbeiführenden Straße zu stellen, jedoch ohne Aufarbeitung. Beides auf ihre Kosten und Gefahr. Der jeweilige Einschlag ist den Grundbesitzern zu melden.

Bei Vertragsablauf ist das vorhandene Abraummaterial einzuebnen, ausgenommen die Hangflächen, und eine Humusschicht anzubringen, so daß darauf wieder aufgeforstet werden kann. Die Abnehmer halten die Grundbesitzer für alle Schäden, die dritten Personen durch den Abbau entstehen könnten, schad- und klaglos."

Unter Punkt VI., Rechte und Pflichten der Anrainer, Rechtsnachfolge, ist ausgeführt:

"Den Abnehmern ist gestattet, auf dem Grundstück alle notwendigen Baulichkeiten und Anlagen zu errichten. Diese sind bei Vertragsende wieder zu entfernen. Die Abnehmer sind nicht verpflichtet, nach Vertragsende den früheren Zustand in der Natur genau wieder herzustellen. Sie übernehmen die Haftung für einen fachgemäßen Abbau.

Der Vertrag geht beiderseits im Todesfall auf die Rechtsnachfolger über."

Die Kosten der Erwirkung der behördlichen Bescheide, die den Abbau betreffen, hatten vereinbarungsgemäß die Abnehmer zu tragen.

Nach dem Tod des Franz S***** trat der Erstbeklagte als dessen Gesamtrechtsnachfolger in den Abbauvertrag ein.

Mit Kaufvertrag vom 21. bzw. 28.4.1992 wurde das Grundstück, das damals zur Hälfte im Eigentum der Maria E***** und je zu einem Viertel im Eigentum der Maria Z***** und des Guido Z***** stand, an die Kläger verkauft. In Punkt IV. des Kaufvertrages heißt es:

"Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes erfolgt am Tag der allseitigen Unterfertigung dieses Vertrages. Mit dem Tag der Übergabe gehen Last und Gefahr, aber auch Nutzen und Vorteil am Kaufgegenstand auf die Käufer über.

Der Übergabstag gilt auch als Stichtag für die Verrechnung von Steuer, Kosten, Gebühren und Auslagen welcher Art auch immer für den Kaufgegenstand".

Punkt V. dieses Kaufvertrages lautet:

"Die Verkäufer leisten keinerlei Gewähr für einen bestimmten Zustand, ein bestimmtes Ausmaß, für eine bestimmte Flächenwidmung oder Nutzbarkeit oder eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufgegenstandes, wohl aber dafür, daß der Kaufgegenstand mit Ausnahme der Dienstbarkeit CLNR 4 a der Quellfassung, Erhaltung des Wasserbezuges und der Wasserleitung auf Grundstück 1145/3 in den bücherlichen Besitz und Genuß der Käufer gelangt.

Ausdrücklich festgehalten wird, daß aufgrund des Abbauvertrages vom 21.9.1962 den Ehegatten Franz und Maria S***** ob dem kaufgegenständlichen Grundstück die Berechtigung zum Abbau von Schotter eingeräumt wurde. Die Käufer treten hiemit in den genannten Abbauvertrag ein und verpflichten sich, aus dem Abbauvertrag die Verkäufer vollkommen schad- und klaglos zu halten."

Diesem Kaufvertrag wurde mit Bescheid der Grundverkehrskommission des Landes Salzburg vom 9.12.1992 die Zustimmung erteilt. Das Eigentumsrecht der Kläger wurde aufgrund ihres am 18.12.1992 beim Erstgericht eingelangten Grundbuchsgesuches mit Beschluß vom 7.1.1993 einverleibt.

Die Voreigentümer der Kläger hatten am 14.10.1985 den Antrag auf nachträgliche Erteilung einer Rodungsgenehmigung für ca 6.600 m2 des Grundstückes gestellt. Am 28.5.1991 und am 14.1.1992 wurde darüber vor der Forstbehörde verhandelt. Die Eigentümer wurden vorgeladen, es ist jedoch nur am 28.5.1991 einer der Eigentümer erschienen, der sich vorzeitig wieder entfernt hat. Da die vom Antrag betroffene Fläche schon gerodet und abgebaut war, kündigte der Erstbeklagte die Vorlage eines Rekultivierungsplanes an. Bis dahin wurde das Verfahren ausgesetzt. Den Eigentümern wurde die Verhandlungsschrift zugestellt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 20.2.1992 wurde dem Erstbeklagten aufgetragen, die im Bereich des Waldgrundstückes 1154/3 KG K***** unbefugt angelegte Schottergrube mit dem geeigneten Material aufzufüllen und mit standortgemäßen Forstgehölzen aufzuforsten. Die Aufforstung der Teilfläche 1 müsse spätestens bis 31.Mai 1997 abgeschlossen sein, die Bepflanzung der Teilflächen 2, 3 und 4 bis 31.Mai 1993. Im Bescheid wurde unter anderem vorgeschrieben, daß die Verfüllung des Abbaugeländes nur durch Aushub- und Abbaumaterial erfolgen dürfe, wobei zu beachten sei, daß das Material insgesamt sickerfähig sein müsse. Eine Verfüllung der Schottergrube mit Bauschutt, Abfall und sonstigen trinkwassergefährlichen Stoffen wurde verboten. An Quellen waren quantitative und qualitative Beweissicherungen durchzuführen und entsprechende Wasserproben zu ziehen.

Grundlage dieses nach § 172 Abs 6 Forstgesetz 1975 erlassenen Bescheides war ein von den Beklagten vorgelegter Rekultivierungsplan, der Rekultivierungsarbeiten bis 31.12.1996 vorsieht. Der Bescheid wurde dem Erstbeklagten, Maria E*****, Guido Z***** und Maria Z***** sowie anderen Personen zugestellt.

Bei amtlichen Überprüfungen am 25.8.1993 und am 4.10.1993 wurde festgestellt, daß in den Ablagerungen auf dem Grundstück auch geringfügige Beimengungen von Bauschutt enthalten sind.

Beim Abschluß des Abbauvertrages im Jahr 1962 gingen die Parteien davon aus, daß die Abbauberechtigten die Grube mit dem Abraummaterial, das heißt mit jenem Material, welches ober der Schotterschicht lag, wieder eben zur Straße hin aufzufüllen haben, während die Eigentümer die Kosten der für die Aufforstung erforderlichen Gehölze zu tragen haben. Die ursprünglich vorhandenen Hangflächen hätten nicht mehr wiederhergestellt werden müssen. Tatsächlich erfolgte vor etwa sechs Jahren eine teilweise Aufforstung, für die Guido Z***** die Gehölze anschaffte, während die übrigen Arbeiten vom Erstbeklagten verrichtet wurden.

Die Voreigentümer der Kläger kümmerten sich weder um die Art des Abbaues noch um verwaltungsbehördliche Vorschriften. Sie überließen die Verhandlungen mit der Verwaltungsbehörde den Beklagten.

Beim Abschluß des Abbauvertrages hatte niemand daran gedacht, daß die Möglichkeit, eine Schottergrube mit Aushubmaterial aufzufüllen, wirtschaftliche Vorteile bringen könnte. Damals stellte das Wiederverfüllen einer Schottergrube eine finanzielle Belastung dar. Seit einigen Jahren kann daraus Gewinn erzielt werden. Gerade in der Umgebung der Stadt Salzburg besteht ein Bedarf an Ablagerungsmöglichkeiten für Aushubmaterial. Dies war auch der Grund, warum die Kläger das Grundstück erwarben.

Derzeit findet ein Schotterabbau auf dem Grundstück nicht mehr statt. Die Wiederverfüllung gemäß den behördlichen Auflagen ist nahezu abgeschlossen. Teilweise wurde bereits eine Wiederaufforstung durchgeführt. Im August 1992 wie auch im Oktober 1993 wurde noch Aushubmaterial in die Schottergrube geführt. Diese Ablagerungen erfolgten mit dem Einverständnis der Beklagten.

Nach Unterfertigung des Kaufvertrages wandten sich die Kläger mit Schreiben vom 5.5.1992 an den Erstbeklagten und teilten ihm mit, die Liegenschaft gekauft zu haben. Weiters führten sie aus, den Abbauvertrag gemäß Punkt 2. des Vertrages zum nächstmöglichen Termin aufzukündigen. Der Abbau der Liegenschaft sei beendet. Gemäß Punkt IV. des Abbauvertrages sei der Erstbeklagte verpflichtet, die Hangfläche zu rekultivieren. Es wurde ihm ausdrücklich untersagt, weiter Material auf dem Grundstück abzulagern. Der Erstbeklagte beantwortete dieses Schreiben dahin, daß die Wiederauffüllung der Grube durch den Abbauvertrag gedeckt sei und weiter betrieben werde. Darüber hinaus liege ein rechtskräftiger Rekultivierungsplan vor.

Mit Schreiben vom 28.7.1992 bekräftigte der Klagevertreter die Ansicht der Kläger in einem an beide Beklagten gerichteten Schreiben, worin die ausgesprochene Kündigung wiederholt wurde. Mit Schreiben des Klagevertreters vom 31.7.1992 wurde der Abbauvertrag den Beklagten unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist zum 31.8.1993 (nochmals) aufgekündigt. Die Kläger ließen auch nach ihrer grundbücherlichen Eintragung keinen Zweifel daran, daß sie den Abbauvertrag mit den Beklagten kündigen wollten.

Der Erstbeklagte fragte bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung mit Schreiben vom 11.5.1992 an, inwieweit er den Rekultivierungsplan erfüllen müsse. Es wurde ihm mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 10.9.1992 mitgeteilt, daß er allen im Bescheid enthaltenen Vorschreibungen fristgerecht nachzukommen habe. Eine eventuelle Änderung der Eigentumsverhältnisse habe keinen Einfluß auf die Rechtswirksamkeit des Bescheides. Sollten die im Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen nicht fristgerecht durchgeführt werden, müßten die noch ausständigen Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme auf Kosten des Ertsbeklagten fertiggestellt werden.

Mit ihrer am 9.12.1993 eingebrachten Klage begehrten die Kläger, die Beklagten schuldig zu erkennen, jede Art von Ablagerungen, insbesondere die Ablagerung von Bauschutt, auf dem gegenständlichen Grundstück zu unterlassen. Da sämtliche Schottervorräte seit mindestens sechs Jahren aufgebraucht seien, sei das Vertragsverhältnis seit dieser Zeit infolge Erfüllung des Vertragszweckes beendet. Spätestens sei es infolge Aufkündigung zum 1.9.1993 aufgelöst. Die Beklagten ließen aber nach wie vor Aufschüttungen vornehmen, wobei sich unter dem aufgebrachten Material auch Bauschutt befinde. Die Beklagten hätten den Eigentümerwechsel zur Kenntnis genommen. Die Bestimmungen des Vertrages seien auf die Kläger übergegangen. Der Inhalt des Bescheides vom 20.2.1992 sei aber nicht Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Beklagten und den Voreigentümern der Kläger gewesen.

Die Beklagten bestritten diese Behauptungen und wendeten ein, aufgrund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Salzburg zur Aufforstung verpflichtet zu sein. Die Voreigentümer der Kläger hätten diese Verpflichtung zustimmend zur Kenntnis genommen. Die Kläger seien zur Aufkündigung vor der Einverleibung ihres Eigentums im Grundbuch nicht legitimiert gewesen. Nach der Einverleibung habe aber keine Aufkündigung stattgefunden. Eine Vertragsübernahme sei nicht erfolgt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es sei unrichtig, daß der zitierte Bescheid die Beklagten unverzichtbar an den Abbauvertrag binde. Es sei sehr wohl eine Überbindung der bescheidmäßigen Auflagen auf den Rechtsnachfolger im Eigentum der Schottergrube möglich, zumal es sich hier um einen Bescheid mit dinglicher Wirkung handle. Die Behörde habe den Bescheid bei Änderung der Eigentums- bzw Besitzverhältnisse am Grundstück von Amts wegen auf den dann Berechtigten zu überbinden. Der Abbauvertrag sei als ein im Gesetz nicht ausdrücklich geregeltes Dauerschuldverhältnis eigener Art zu qualifizieren, das durch Kündigung aufgelöst werden könne. Da aber ein Bestandverhältnis nicht vorliege, finde § 1120 ABGB keine Anwendung. Ein Einzelrechtsnachfolger trete daher in das obligatorische Schuldverhältnis nur im Wege der Vertragsübernahme ein. Eine solche Vertragsübernahme sei zwar im Punkt V. des Kaufvertrages festgehalten, es fehle aber die erforderliche Zustimmung der Beklagten. Zur Aufkündigung des Abbauvertrages seien daher nur die ursprünglichen Vertragspartner der Beklagten legitimiert.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das Urteil dahin ab, daß es 1. den Erstbeklagten schuldig erkannte, die Ablagerung von Bauschutt auf dem Grundstück zu unterlassen, 2. die Zweitbeklagte schuldig erkannte, jede Art von Ablagerungen, insbesondere die Ablagerung von Bauschutt auf dem Grundstück zu unterlassen, und 3. das Mehrbegehren, der Erstbeklagte sei schuldig, jede von Bauschutt verschiedene Art von Ablagerungen zu unterlassen, abwies. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz führte aus, daß dahingestellt bleiben könne, ob die Kläger die Möglichkeit hätten, das Vertragsverhältnis aufzukündigen, weil sich die Beklagten gar nicht auf die Verpflichtung der Kläger zur Duldung der Ablagerungen aufgrund ihres Vertragsverhältnisses stützten. Die Kläger seien schon infolge ihres Eigentums berechtigt, Eingriffe zu untersagen. Es sei dem Erstgericht aber insoweit beizupflichten, daß der im § 1120 ABGB vorgesehene Eintritt eines Liegenschaftserstehers nur Bestandverträge betreffe, denen der vorliegende Abbauvertrag nicht gleichzusetzen sei. Beim Bescheid vom 20.2.1992 handle es sich um einen sogenannten dinglichen Bescheid, der gegenüber jedem wirke, der entsprechende Rechte an der betroffenen Sache habe. Am Verwaltungsverfahren seien auch die Grundeigentümer beteiligt gewesen. Es gehe darum, die Verletzung forstrechtlicher Vorschriften zu beheben, die auch die Grundeigentümer zu vertreten hätten, weil ein Waldgrundstück ohne erforderliche behördliche Bewilligung gerodet worden sei. Es sei nach § 364 ABGB unzulässig, daß die Eigentümer in Form eines Unterlassungsbegehrens Maßnahmen setzen, womit die Erfüllung des forstbehördlichen Auftrages unterbunden werde. Der Erstbeklagte sei daher dem Unterlassungsbegehren zu Recht mit dem Hinweis auf den gegen ihn gerichteten Bescheid entgegengetreten. Die Zweitbeklagte könne sich nicht auf den Bescheid berufen, weil dieser nicht ihr gegenüber erlassen worden sei, so daß ihr gegenüber das Klagebegehren insgesamt berechtigt sei. Desgleichen sei das Unterlassungsbegehren gegenüber dem Erstbeklagten hinsichtlich des Bauschuttes berechtigt, weil der Bescheid nicht zur Ablagerung von Bauschutt ermächtige.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage der Auswirkungen eines Verwaltungsbescheides auf zivilrechtliche Befugnisse von erheblicher Bedeutung sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den abweisenden Teil dieses Urteiles gerichtete Revision der Kläger ist zulässig und berechtigt.

Der Bescheid vom 20.2.1992 enthält keinen Auftrag an die damaligen Grundstückseigentümer, Eingriffe seitens des Erstbeklagten in ihr Grundstückseigentum zu dulden. Er entfaltet keine Bindungswirkung dahin, daß den Grundeigentümern die Aufkündigung des Abbauvertrages oder die Veräußerung des Grundstückes untersagt wäre. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die damaligen Grundeigentümer am Verwaltungsverfahren beteiligt wurden und daß ihnen der betreffende Bescheid zugestellt wurde. Keinesfalls kann dem Bescheid entnommen werden, daß auch jeder Einzelrechtsnachfolger - von dem ja damals nichts bekannt war und der daher am Verfahren in keiner Weise beteiligt war - , zur Duldung von Eingriffshandlungen verpflichtet wäre. Die privatrechtlichen Befugnisse der nunmehrigen Grundeigentümer werden durch den Bescheid in keiner Weise berührt. Der Bescheid kann daher nicht als Begründung dafür herangezogen werden, daß sie verpflichtet seien, die festgestellten Eingriffe der Beklagten in ihr Eigentum - und zwar auch insoweit, als der Erstbeklagte hiezu im Bescheid verpflichtet wurde - zu gestatten.

Grundsätzlich bezieht sich ein Bescheid nur auf die Parteien des Verfahrens (in diesem Fall also auf den Erstbeklagten). Ungeachtet dessen nimmt die Rechtsprechung in bestimmt gelagerten Fällen, auch wenn eine gesetzliche Anordnung - so wie hier - fehlt, das Vorliegen eines "dinglichen" Bescheides an. Wie die Vorinstanzen insoweit bereits zutreffend ausgeführt haben, handelt es sich hiebei um solche Bescheide, die zwar an eine Person oder an mehrere bestimmte Personen ergehen, die sich jedoch auf eine bestimmte Sache derart beziehen, daß es auf die Eigenschaften der Sache und nicht auf solche der Person ankommt. Solche Bescheide wirken nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung gegenüber jedem Rechtsnachfolger, der entsprechende Rechte an der "betroffenen" Sache erwirbt (Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Rz 485, 489; Pauger, Der dingliche Bescheid, ZfV 1984, 93 ff und 250 ff; vgl auch Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 5 zu § 22 WRG; Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 296). Dieser Rechtsprechung kann aber nicht der vom Gericht zweiter Instanz beigelegte Sinn entnommen werden, daß ein sogenannter dinglicher Bescheid unabhängig vom Bescheidadressaten zwangsläufig auch gegen den jeweiligen Eigentümer der Sache im Sinne einer Duldungsverpflichtung wirken müßte (vgl § 6 MRK).

Materiellrechtliche Grundlage des Bescheides vom 20.2.1992 war § 17 Abs 1 Forstgesetz, der die unbefugte Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verbietet. Wie Rodungsbewilligungen und deren Versagung dingliche Wirkungen haben (VwSlg 11.610; Pauger aaO, S 94, 96),muß auch hinsichtlich des Bescheides, mit dem die Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes aufgetragen wird (§ 172 Abs 6 Forstgesetz), infolge des zu wahrenden öffentlichen Interesses (vgl § 17 Abs 2 und 3 Forstgesetz) von der "dinglichen" Gebundenheit der darin enthaltenen Anordnungen ausgegangen werden. Es kann allerdings dahingestellt bleiben, ob sich die sogenannte dingliche Wirkung eines Bescheides, der nicht dem Grundeigentümer Verhaltenspflichten auferlegt, sondern demjenigen, der persönlich gegen die betreffende forstrechtliche Vorschrift im Rahmen eines vom Grundeigentümer eingeräumten Rechtes verstoßen hat, auch dahin äußert, daß die im Bescheid enthaltene Anordnung bei Erlöschen des obligatorischen Rechtes anstatt den Bescheidadressaten nunmehr den Grundeigentümer als dessen Rechtsnachfolger im (Abbau)Recht trifft (wie allenfalls aus dem Verwaltungsgerichtshoferkenntnis 1791/78, ZfVB 1980/1/19 abgeleitet werden könnte). Ob die Verwaltungsbehörde der Ansicht ist, daß der Bescheid dingliche Wirkung im dargestellten Sinne äußere, daß also die Kläger als Rechtsnachfolger des Erstbeklagten in dessen Position als Abbauberechtigten eintreten und nun den Bescheid erfüllen müssen, oder ob sie die nach Bescheiderlassung eingetretene Änderung des Sachverhaltes, nämlich den Wechsel der Grundstückseigentümer und die Beendigung des Abbauvertrages und damit auch der Berechtigung des Erstbeklagten zur Vornahme der ihm aufgetragenen Handlungen, zum Anlaß nimmt, auf Antrag die (weitere) Wiederherstellungsverpflichtung nunmehr den Klägern aufzuerlegen (vgl Walter/Mayer aaO Rz 480 ff), kannn allerdings für den vorliegenden Rechtsstreit nicht von entscheidender Bedeutung sein.

Es ist daher unabhängig vom Bescheid vom 20.2.1992 ausschließlich nach privatrechtlichen Grundsätzen zu prüfen, ob das Unterlassungsbegehren der Kläger berechtigt ist. Allein der Hinweis auf § 354 ABGB (vom Gericht zweiter Instanz offenbar irrtümlich mit § 364 ABGB zitiert) rechtfertigt das Begehren noch nicht, weil der Beklagte eingewendet hat, aufgrund des noch aufrechten Abbauvertrages zur Auffüllung der Grube berechtigt und verpflichtet zu sein. Es stellt sich daher die Frage, ob der Abbauvertrag wirksam beendet wurde.

Wenn auch der Abbauvertrag nicht als Pachtvertrag zu qualifizieren ist, sondern als gemischtes Dauerschuldverhältnis, das sowohl Elemente des Kaufvertrages als auch des Pachtvertrages enthält und von der Rechtsprechung zum Teil als unbenanntes Dauerschuldverhältnis qualifiziert wird (Aicher in Rummel2 Rz 20 zu § 1053 ABGB mit Judikaturhinweisen), sind doch die Grundsätze der zu § 1120 ABGB entwickelten Rechtsprechung zur Frage, ob der Erwerber einer verbücherten Liegenschaft bereits vor Einverleibung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch zur Kündigung legitimiert ist, heranzuziehen. § 1120 ABGB ist zwar eine speziell für den Bestandvertrag geltende Vorschrift. Die Ausübung des Abbaurechtes hängt aber wie die Ausübung des Gebrauches untrennbar mit der Verpflichtung des jeweiligen Sacheigentümers, die Ausübung des Rechtes zu dulden, zusammen. Gerade bei der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Erwerber einer Sache zur Aufkündigung legitimiert ist, besteht daher derselbe Regelungsbedarf wie für den Bestandvertrag.

Gemäß § 1120 ABGB tritt bei verbücherten Liegenschaften der "Erwerber" der Bestandsache mit deren "Übergabe" in das an ihr bestehende, durch Rechtsbesitz geschützte Bestandverhältnis ex lege ein. Mit der Frage, ob der Erwerber einer verbücherten Liegenschaft bereits vor Einverleibung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch zur Kündigung legitimiert ist, hat der Oberste Gerichtshof jüngst in seiner Entscheidung vom 22.2.1995, 3 Ob 507/95 erwogen:

"Es ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum anerkannt, daß auch Gestaltungsrechte, sofern sie nicht höchstpersönliche Rechte sind, Gegenstand einer Zession sein können (vgl SZ 61/238 = JBl 1991, 241; EvBl 1980/140; P.Bydlinski, Übertragung von Gestaltungsrechten [1986] 25; Ertl in Rummel2 Rz 5 zu § 1393; Koziol/Welser I9 291). Ob eine Einschränkung zu machen ist, wenn das Gestaltungsrecht selbständig, also unabhängig von dem Recht, auf das es Bezug hat, abgetreten werden soll (vgl SZ 61/238 = JBl 1989, 24, P.Bydlinski aaO 32 ff; Ertl aaO), ist hier nicht zu entscheiden, weil dieser Fall nicht vorliegt. Vom (redlichen) Besitzer ist mangels einer gegenteiligen Vereinbarung anzunehmen, daß er Anspruch auf die Früchte der Sache hat (vgl § 330 ABGB). Wird im Zusammenhang mit der Veräußerung einer verbücherten Liegenschaft, die in Bestand gegeben wurde oder auf der sich in Bestand gegebene Objekte befinden, dem Erwerber der Besitz an der Liegenschaft schon vor der Eintragung im Grundbuch übertragen, so ist daher mangels gegenteiliger Anhaltspunkte aufgrund der zwischen den Vertragsparteien geschlossenen Vereinbarung davon auszugehen, daß der Veräußerer dem Erwerber seine Forderung auf Bezahlung des Bestandzinses abgetreten hat (vgl auch ecolex 1994, 226 und JUS Z 1994/615). Da in dem dargestellten Verhalten des Veräußerers aber auch zum Ausdruck kommt, daß er an der Geltendmachung von Rechten, die ihm aufgrund seiner Stellung als Vermieter zutehen, und damit auch an der Geltendmachung von Gestaltungsrechten kein Interesse mehr hat, kann es bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise nur dahin verstanden werden, daß er schlüssig seine gesamten Rechte als Vermieter an den Erwerber abgetreten hat. Dies bedeutet noch keine Vertragsübernahme, für die nach der zutreffenden herrschenden Ansicht (JBl 1984, 439 uva; Apathy in Schwimann, ABGB Rz 5 zu § 859; P.Bydlinski aaO 181; Koziol/Welser I9 304; Rummel, Würth und Ertl in Rummel2 Rz 34 zu § 859, Rz 14 zu § 1098 und Rz 2 zu § 1406) die Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners notwendig wäre. Sie läge nämlich nur und erst vor, wenn der Erwerber vollständig in die Rechtsstellung des Veräußerers und damit auch in die diesen treffenden Pflichten eintreten sollte. Nur hiefür kann daher die Zustimmung des Bestandnehmers gefordert werden. Da für die Abtretung von Rechten hingegen die Zustimmung des Schuldners nicht notwendig ist (ÖBA 1990, 55; RZ 1965, 126; Ertl aaO Rz 1 zu § 1395; Honsell in Schwimann Rz 1 zu § 1395; Koziol/Welser aaO 293), gilt dies nicht, wenn der Vermieter die ihm aus dem Bestandverhältnis zustehenden Rechte ausdrücklich oder schlüssig dem Erwerber der Liegenschaft abtritt. Diese Abtretung ist unabhängig davon wirksam, ob der Bestandnehmer ihr zugestimmt hat. Zu diesem Ergebnis ist der Oberste Gerichtshof schon in Entscheidungen Miet 38.218 und 5 Ob 82/92 gekommen. Soweit nach den Entscheidungen Miet 37.194, 35.238, 30.237, 24.180 die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erwerbers oder sonst die Zustimmung des Bestandnehmers verlangt wird, kann ihnen für den Fall nicht gefolgt werden, daß aufgrund der zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber getroffenen Vereinbarung eine Abtretung der dem Vermieter aus dem Bestandvertrag zustehenden Rechte anzunehmen ist."

Für den vorliegenden Fall bedeutet diese Rechtsansicht, der sich der erkennende Senat anschließt, daß die Kläger schon nach Kaufvertragsabschluß und nicht erst mit Verbücherung ihres Eigentums zur Aufkündigung legitimiert waren. Aus dem Inhalt des Kaufvertrages geht eindeutig hervor, daß ihnen der Besitz an der Liegenschaft und auch die Nutznießung sowie insbesondere auch die Rechte aus dem Abbauvertrag schon mit Vertragsabschluß übertragen wurden. Daß der Kündigungstermin verfehlt wäre (vgl § 560 ZPO), wurde von den Beklagten weder der außergerichtlichen Aufkündigung vom 31.7.1992 entgegengehalten noch in diesem Verfahren eingewendet. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Grundsätze des § 1120 ABGB auch insoweit auf Abbauverträge anzuwenden sind, daß die gesetzlichen Kündigungstermine und Kündigungsfristen nunmehr den vertraglichen vorgehen (vgl Würth in Rummel2 I Rz 5 zu § 1120 ABGB und Rz 23 zu § 1116 ABGB).

Da somit der Abbauvertrag zum 31.8.1993 wirksam beendet wurde, kann sich der Erstbeklagte nicht mehr auf ein ihm aufgrund dieses Abbauvertrages zustehendes, dem Grundsatz der Freiheit des Eigentums der Kläger entgegenstehendes Eingriffsrecht an der Liegenschaft berufen. Mangels eines solchen Rechtes des Erstbeklagten ist die Unterlassungsklage der Kläger im Sinn des § 354 ABGB zur Gänze berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf §§ 41 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf die §§ 41 und 50 ZPO. Da die Zweitbeklagte bereits zum Ersatz der Hälfte der Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz rechtskräftig verpflichtet wurde, waren dem Erstbeklagten ebenfalls die Hälfte der diesbezüglichen Verfahrenskosten aufzuerlegen (1.Instanz: S 16.016,06; 2.Instanz: S 8.734,84). Im Revisionsverfahren war zu berücksichtigen, daß nur mehr ein Teil strittig war, weil der Erstbeklagte bereits rechtskräftig zur Unterlassung der Ablagerung von Bauschutt verpflichtet worden war. Dementsprechend waren den klagenden Parteien die Kosten für ihre Revision nicht auf der Basis des ursprünglichen Gesamtstreitwertes von S 80.000,-, sondern auf der Basis des für einen Streitwert von S 50.000,- bis S 75.000,- vorgesehenen Ansatzes des RAT zuzuerkennen (d.s. S 8.180,66 inkl. S 811,78 Umsatzsteuer und S 3.310,- Barauslagen).

Rechtssätze
9