JudikaturJustiz5Ob191/03d

5Ob191/03d – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Dr. Gerhard K*****, verstorben am 12. März 2000, zuletzt *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des erbserklärten Erben RegRat Walter K*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, unter Beteiligung der weiteren erbserklärten Erbin Eva Maria Franziska K*****, vertreten durch Dr. Alfred Pühringer, öffentlicher Notar in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 23. April 2003, GZ 22 R 133/03w 27, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 25. Februar 2003, GZ 8 A 139/00x 21, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:

"Die Anträge des erbserklärten Erben Walter K*****, die zur Verlassenschaft gehörige Eigentumswohnung EZ ***** GB ***** im Wege einer freiwilligen Feilbietung zu veräußern und der erbserklärten Erbin Eva Maria Franziska K***** die Bezahlung eines Benützungsentgeltes für die Benützung der Ehewohnung aufzuerlegen, werden zurückgewiesen ."

Text

Begründung:

In Ermangelung eines Testamentes sind nach dem Erblasser Dr. Gerhard K***** seine erbl Witwe Eva Maria Franziska K***** zu 2/3 und der erbl Bruder Walter K***** zu 1/3 zu Erben des Nachlasses auf Grund des Gesetzes berufen. Sie gaben jeweils die bedingte Erbserklärung im Ausmaß ihres gesetzlichen Erbteiles ab.

Unter anderem gehört zum Nachlass die Eigentumswohnung ***** in *****, welche die Ehewohnung (letzter Wohnsitz des Erblassers und der erbl Witwe) darstellt.

Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 7. 8. 2000 wurden die bedingten Erbserklärungen der gesetzlichen Erben zu Gericht angenommen und das Erbrecht auf Grund der unbedenklichen Angaben in der Todfallsaufnahme als ausgewiesen angesehen. In der Folge wurde die Erstellung des Inventars und Schätzung des Nachlassvermögens veranlasst.

Mit Schreiben vom 2. 9. 2002 brachte der erbl Bruder vor, dass die zur Verlassenschaft gehörige Wohnung EZ ***** GB ***** (Adresse *****) samt Inventar vom Sachverständigen mit einem Verkehrswert von EUR 119.910,18 geschätzt worden sei. Er beantragte die Errichtung eines Inventars sowie die freiwillige Feilbietung der Anteile an dieser Liegenschaft, da deren Veräußerung bisher nicht möglich gewesen sei. Weiters brachte er vor, die erbl Wohnung werde seit dem Todestag von der erbl Witwe ohne Entrichtung eines Benützungsentgeltes an die Verlassenschaft bewohnt. Weil es sich um ein Luxusappartement handle, sei eine monatliche Miete von mindestens EUR 700, - angemessen, was für die Zeit vom 12. 3. 2000 (Todestag des Erblassers) bis einschließlich 30. 9. 2002 einen Betrag von EUR 21.420, - ergäbe. Die Witwe Eva Maria K***** sei daher zur Bezahlung eines entsprechenden Benützungsentgeltes zu verpflichten. Weiters möge ein Verlassenschaftskurator bestellt werden.

Die Witwe Eva Maria K***** sprach sich gegen die gestellten Anträge mit der Begründung aus, ihr stehe an der ehelichen Wohnung gemäß § 758 ABGB ein gesetzliches Vorausvermächtnis zu. Eine freiwillige Feilbietung der Wohnung könne nur von sämtlichen Miteigentümern gemeinsam beantragt werden.

Das Erstgericht wies beide Anträge des Walter K***** ab. Es gebe keinerlei rechtliche Grundlage, die Witwe zur Zahlung eines Benützungsentgelts zu verpflichten, auch bestehe keine Notwendigkeit für die Bestellung eines Verlassenschaftskurators. Eine freiwillige Feilbietung der Eigentumswohnung über Antrag eines 1/3 Erben sei in diesem Stadium nicht vorstellbar.

Einem dagegen von Walter K***** erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Eva Maria K***** habe als überlebende Ehegattin gemäß § 758 ABGB aus dem gesetzlichen Vorausvermächtnis das Recht, die Ehewohnung weiter zu bewohnen und die zum Haushalt gehörigen beweglichen Sachen zu benützen. Der Umfang ihres Wohnungsanspruches bleibe inhaltlich gleich wie im Todeszeitpunkt. Daraus folge, dass das Wohnrecht unentgeltlich sei. Dieses Recht der Ehegattin bestehe jedenfalls bis zur Einantwortung oder bis zur Leistung des Vermächtnisgegenstandes, in dem sich die Ehewohnung befinde. Eine Verpflichtung der überlebenden Ehegattin zur Zahlung eines Benützungsentgeltes entbehre daher einer gesetzlichen Grundlage. Für die Geltendmachung des Vorausvermächtnisses sei nicht erforderlich, dass dieses erst im streitigen Verfahren geltend gemacht werde.

Zum Antrag auf freiwillige Feilbietung meinte das Rekursgericht, dass ein Verkauf der Liegenschaft gemäß § 269 Abs 2 AußStrG auf Grund des unbeschränkten Wohnrechtes der überlebenden Ehegattin nicht in Frage komme. Überdies würde eine freiwillige Feilbietung einer Liegenschaft, die im Miteigentum mehrerer Personen stehe, voraussetzen, dass sich die Miteigentümer über die Feilbietung an sich und in der Folge auch über deren Bedingungen einig seien.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000, - übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil in der Frage des Umfanges des Wohnungsrechtes nach § 758 ABGB nicht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen worden sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Walter K***** mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Stattgebung der Anträge auf Bestellung eines Verlassenschaftskurators zur Geltendmachung eines Benützungsentgeltes gegenüber der erbl Witwe und Durchführung der freiwilligen Feilbietung der erbl Wohnungseigentumsanteile.

Die erbserklärte Erbin Eva Maria Franziska K***** hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit, sich zum Revisionsrekurs zu äußern, Gebrauch gemacht und beantragt, diesen zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Walter K***** ist zulässig, weil eine Abweisung seiner Anträge durch die Vorinstanzen verfehlt war. Das hat jedoch nicht zur Stattgebung der Anträge, sondern zu deren Zurückweisung zu führen.

Der Revisionsrekurswerber beharrt darauf, dass die Vorinstanzen der Witwe des Erblassers die Zahlung eines Benützungsentgeltes für die von ihr benützte Eigentumswohnung auferlegen hätten müssen. Sie benütze nämlich die Wohnung titellos und habe dafür Benützungsentgelt zu zahlen. Eine bindende gerichtliche Entscheidung über ein von ihr beanspruchtes Wohnrecht gemäß § 758 ABGB liege nicht vor. Dieses Recht stehe keinesfalls fest. Bei Anspruchsbestreitung müsste der Rechtsweg beschritten werden.

Zu Unrecht sei auch der Antrag, eine freiwillige Feilbietung der Wohnungseigentumsanteile vorzunehmen, abgewiesen worden. Eine Einantwortung der Eigentumswohnung zu 2/3 an die erbl Witwe, zu 1/3 an den Revisionsrekurswerber sei nicht möglich. Dass über die Feilbietungsbedingungen keine Einigkeit bestehe, hindere die Notwendigkeit der beantragten freiwilligen Feilbietung nicht.

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Über das Wesen des gesetzlichen Vorausvermächtnisses des § 758 ABGB idF des EheRÄG (BGBl 1978, 280) und ErbRÄG (BGBl 1989/656) besteht ausreichend Judikatur. Im Zusammenhang mit den Gesetzesmaterialien (insb 1158 BlgNR 17. GP 4) sind die vom außerordentlichen Revisionsrekurs aufgeworfenen Fragen hinlänglich geklärt: Die überlebende Ehegattin hat an der Ehewohnung ein Benützungsrecht, das inhaltlich gleich wie das bisher in aufrechter Ehe ausgeübte ist. Nur setzt sich ihr Anspruch gegen den Vermächtnisschuldner fort. Das ist vor der Einantwortung die Verlassenschaft (RIS Justiz RS0012824; 3 Ob 200/00z u.a.). Es besteht in Lehre und Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass zwischen dem überlebenden Ehegatten als Gläubiger und den Erben (bzw der Verlassenschaft) auf Grund des § 758 ABGB ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht (JBl 2000, 377; SZ 70/47 u.a.). Die Fälligkeit tritt, wie bei Vermächtnissen allgemein, sofort ein (§ 684 f ABGB; Welser in Rummel3 Rz 2 zu § 758 ABGB). Ob für den Rechtserwerb ein Übertragungsakt für notwendig erachtet wird oder eo ipso ein Recht des Überlebenden entsteht und es keines solchen Übertragungsaktes bedarf, ist im gegenständlichen Fall nicht relevant. Jedenfalls gelten für Erwerb, Geltendmachung und Ausschließung des in Frage stehenden Vorausvermächtnisses die Vermächtnisregeln, bei Anspruchsbestreitung ist der Rechtsweg zu beschreiten (SZ 25/326; SZ 28/185; 4 Ob 607/74 u.a.). Gegenstand des Verfahrens ist aber nicht, dass die überlebende Ehegattin ein bestrittenes Vermächtnis durchzusetzen sucht, sondern vielmehr, dass ein Miterbe vom Verlassenschaftsgericht verlangt, der Witwe ein Benützungsentgelt für die Weiterbenützung der ehelichen Wohnung aufzuerlegen. Ungeachtet der materiell rechtlich richtigen Lösung der Frage durch die Vorinstanzen, dass das Wohnrecht der Witwe unentgeltlich ist und daher die Auferlegung eines Benützungsentgeltes an sie nicht in Betracht kommt, könnte allenfalls die Verlassenschaft ein solches Begehren im streitigen Verfahren gegen einen titellosen Benützer durchzusetzen versuchen. Eine Antragstellung durch einen erbserklärten Erben im Verlassenschaftsverfahren ist daher verfehlt. Das hatte zur Zurückweisung des entsprechenden Antrages zu führen.

Wenn der Revisionsrekurswerber nunmehr im Rahmen seines Revisionsrekursantrages seinen Antrag dahin umformulierte, ein Verlassenschaftskurator solle namens der Verlassenschaft mit der Klagsführung beauftragt werden, wird damit vom ursprünglichen Antrag abgewichen. Eine Entscheidung darüber kann daher ungeachtet der oben geklärten materiell rechtlichen Frage unterbleiben.

§ 12 Abs 2 WEG 2002 regelt als Nachfolgebestimmung des § 8 Abs 2 WEG 1975 folgende Vorgangsweise:

Wenn nach dem Tod eines Wohnungseigentümers nach den Ergebnissen des Verlassenschaftsverfahrens der mit dem Wohnungseigentum verbundene Miteigentumsanteil zwei natürlichen Personen zu unterschiedlichen Anteilen zufallen würde und es auch nicht zur Bildung einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft kommt, die den Mindestanteil erwirbt, so hat das Verlassenschaftsgericht eine öffentliche Feilbietung der Mindestanteile und des damit verbundenen Wohnungseigentumes durch Versteigerung vorzunehmen (vgl zur Vorgangsweise: Call "Zur Begründung und zum Erwerb von Wohnungseigentum" in WoBl 2002, 110 [115]; S. Gantner in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 27 f zu § 12 WEG; Markl in Schwimann2 Rz 24 zu § 8 WEG 1975).

Wenn die freiwillige Feilbietung auch nur ultima ratio sein soll und vor einer öffentlichen Feilbietung das Verlassenschaftsgericht (oder der Gerichtskommissär) die Erben auf die Möglichkeit der Gründung einer Erwerbsgesellschaft hinzuweisen und ihnen allenfalls hiezu eine angemessene Frist zu setzen haben wird (so der JAB zu § 12 Abs 2 WEG 2002; Call aaO; Würth/Zinger, Wohnrecht 2000 Anm 2 zu § 12 WEG 2002), so hätte das aber nicht zur Abweisung des Begehrens führen dürfen. Zugrundezulegen ist, dass hier ein amtswegiges Vorgehen des Verlassenschaftsgerichtes gefordert ist, was einen entsprechenden Antrag eines erbserklärten Erben überflüssig macht. Ihm käme allenfalls ein Anregungsrecht zu. Das hat zur Zurückweisung seines Antrags zu führen.

Zur Wirkung der freiwilligen Feilbietung auf das Wohnrecht der Witwe sei nur angemerkt, dass eine Aufnahme in die Versteigerungsbedingungen ihr obligatorisches Wohnrecht sichert. Jedenfalls müssen bei Veräußerung der Wohnung durch die Erben diese ihre Pflichten aus dem gesetzlichen Vermächtnis dem Rechtsnachfolger überbinden (vgl 1158 BlgNR 17. GP 4 zum ErbRÄG BGBl 1989/656; SZ 64/50 = WoBl 1991, 213; RIS Justiz RS0002893; RS0013795; aA S. Gantner aaO Rz 32 zu § 12 WEG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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