JudikaturJustiz4Ob165/20y

4Ob165/20y – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Dezember 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon. Prof. Dr. Brenn, Hon. Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P* M*, vertreten durch Kletzer Messner Mosing Schnider Schultes Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei S* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung und Beseitigung (Streitwert 43.200 EUR), Auskunft und Rechnungslegung (Stufenklage; Streitwert je 10.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 10.000 EUR) sowie 42.400 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. Juli 2020, GZ 2 R 79/20f 98, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Salzburg vom 29. April 2020, GZ 57 Cg 28/17x 91, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.329,02 EUR (darin enthalten 388,17 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger ist Berufsfotograf und Hersteller der dem Verfahren zugrunde liegenden insgesamt 55 Lichtbilder, die in zwei Gruppen eingeteilt werden können, und zwar

[2] Nr 1 bis 44: „Auftragsbilder“ für die Veggie Produktlinie und

[3] Nr 45 bis 55: „Kochbuchbilder“.

[4] Die Beklagte gehört zu den größten Lebensmittelhändlern Österreichs und betreibt und beliefert viele Einzelhandelsfilialen und Einkaufsmärkte.

[5] Zur Herstellung der Auftragsbilder schlossen die Streitteile eine Rechtevereinbarung. Nach dieser räumt der Kläger (Fotograf) der Beklagten in jeder Hinsicht und in jeder Form unbeschränkt sämtliche Verwertungsrechte an den von ihm im Rahmen des Veggie Projekts hergestellten Lichtbildern ein. Zudem enthält diese Vereinbarung folgende Bestimmungen:

„Das vereinbarte Honorar deckt sämtliche Aufwendungen ab und sind auch keine weiteren Zahlungen zu leisten. Mit Bezahlung des für das einzelne Werk vereinbarten Honorars stehen sämtliche Rechte ausschließlich [der Beklagten] zu.

Dazu räumt der Fotograf [der Beklagten] in jeder Hinsicht unwiderruflich und inhaltlich und zeitlich unbeschränkt sämtliche Verwertungsrechte nach den §§ 14 bis 18a UrhG, auch alle Eigentums- und immaterialgüterlichen Rechte ein.

Die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung tritt mit beiderseitiger Unterschrift ein.“

[6] Im Zusammenhang mit der Rechtevereinbarung übermittelte der Kläger der Beklagten über deren Ersuchen das Angebot vom 4. Juli 2015 für das Veggie Projekt. Darin werden das Aufnahmehonorar pro Tag mit 2.200 EUR, der Vorbereitungstag mit 700 EUR, die exklusiven Werknutzungsrechte (zeitlich uneingeschränkt, Verwendungsregion Österreich) mit 9.200 EUR pro Bild, die digitale Bildbearbeitung und Aufbereitung mit 500 EUR pro Bild, das Set Styling mit 1.200 EUR pro Tag (exklusive Anfahrtsspesen, Übernachtung und Dekomaterial) angegeben. Das Angebot ließ offen, wie viele Bilder der Kläger tatsächlich macht und welche von der Beklagten verwendet werden; diese Entscheidung sollte vor Ort getroffen werden.

[7] In der Folge führte der Kläger für das Veggie Projekt zwei Shootings durch, das erste Ende Juli 2015 über zwei Tage und das zweite Ende September 2015 über einen Tag. Beim ersten Shooting übergab der Kläger der Beklagten 38 Bilder zur weiteren Verwendung, beim zweiten Shooting noch einmal 6 Bilder.

[8] Am 1. Oktober 2015 erstellte der Kläger seine Honorarnoten. Die Honorarnote 15.027 für das erste Shooting lautet auf 232.900 EUR netto; davon entfielen 193.200 EUR (21 mal 9.200 EUR für 20 Produktbilder und ein Porträtbild) auf das Honorar für die Werknutzungsrechte; die Honorarnote für das zweite Shooting lautete auf 63.200 EUR netto; davon entfielen 55.200 EUR (6 mal 9.200 EUR) auf das Honorar für die Werknutzungsrechte für sechs Produktbilder. Der Preis von 9.200 EUR für die Einräumung der Nutzungsrechte an den fraglichen Lichtbildern war bei Vertragsabschluss angemessen; die Nutzungsrechte wiesen zumindest diesen konkreten Verkaufswert auf.

[9] Die Beklagte zahlte insgesamt 81.000 EUR zuzüglich USt; der Restbetrag blieb unberichtigt.

[10] Die Produkteinführung der neuen Veggie Produktlinie erfolgte noch im September 2015.

[11] Mit seiner – vor allem auf §§ 15, 18a iVm § 81 ff UrhG gestützten – Klage begehrte der Kläger ,

[12] 1. die Beklagte schuldig zu erkennen,

[13] a) es ab sofort zu unterlassen, ohne vorherige Gestattung seine Lichtbildwerke bzw Lichtbilder mit den Nr 1 bis 44 zu vervielfältigen, zu verbreiten, zwecks nachfolgender Verwertung zu bearbeiten und/oder einen Dritten derartige Verwertungshandlungen vornehmen zu lassen, insbesondere indem diese Lichtbilder auf oder im Zusammenhang mit Produkten der Veggie Linie und/oder bei deren Bewerbung und/oder in (Online-)Publikationen der beklagten Partei auf die erwähnten Arten verwertet werden;

[14] b) es ab sofort zu unterlassen, ohne vorherige Gestattung seine Lichtbildwerke bzw Lichtbilder mit den Nr 45 bis 55 zu vervielfältigen und/oder zur Verfügung zu stellen und/oder einen Dritten derartige Verwertungshandlungen vornehmen zu lassen, insbesondere indem solche Lichtbilder auf oder im Zusammenhang mit Produkten der Veggie-Linie und/oder bei deren Bewerbung und/oder in (Online )Publikationen der beklagten Partei auf die erwähnten Arten verwertet werden.

[15] Zudem stellte der Kläger ein Beseitigungsbegehren, ein Auskunfts- und Rechnungslegungsbegehren (Stufenklage), ein Zahlungsbegehren (über nicht mehr strittige Honorarpositionen) sowie ein Veröffentlichungsbegehren.

[16] Über das Unterlassungsbegehren zu lit b (Kochbuchfotos) sowie die sich darauf beziehenden Beseitigungs- und Rechnungslegungsbegehren wurde im ersten Rechtsgang rechtskräftig entschieden (siehe dazu 4 Ob 196/18d). Zudem wurde ausgesprochen, dass der Kläger in Bezug auf die Kochbuchfotos (dem Grunde nach) einen Anspruch auf Urteilsveröffentlichung hat. Das Verfahren im zweiten Rechtsgang bezieht sich – außer der Urteilsveröffentlichung – nur mehr auf die Auftragsbilder.

[17] Zu den Auftragsbildern brachte der Kläger im Wesentlichen vor, dass die Beklagte unter Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz diese Lichtbilder nutze. Nach der getroffenen Vereinbarung gingen die Nutzungsrechte erst mit vollständiger Zahlung des vereinbarten Honorars auf die Beklagte als Auftraggeberin über. Da die Beklagte die von ihm gelegten Honorarnoten nur zu einem geringfügigen Teil beglichen habe, stünden die gesetzlichen Ausschließungsrechte weiterhin nur ihm zu.

[18] Die Beklagte entgegnete, dass das Angebot des Klägers vom 4. Juli 2015 nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden sei. Bei der Beklagten habe das Angebot des Klägers niemand gelesen. Aus diesem Grund habe sie von einem marktüblichen und angemessenen Preis für die Lichtbilder ausgehen können. Das vom Kläger verrechnete Honorar falle zudem unter das Verbot der laesio enormis.

[19] Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang mit Teilurteil (auch) dem Klagebegehren in Bezug auf die Auftragsbilder Nr 1 bis 44 statt. Die Entscheidung über das Zahlungsbegehren nach Rechnungslegung behielt es der Endentscheidung vor. Dem Veröffentlichungsbegehren gab es in Bezug auf sämtliche Lichtbilder (Auftragsbilder und Kochbuchbilder) statt und ermächtigte den Kläger zur Urteilsveröffentlichung im redaktionellen Teil jeweils einer Samstagsausgabe der österreichweit erscheinenden Tageszeitung „Neue Kronen Zeitung“ und „Kurier“ im Ausmaß von je einer ganzen Seite in Lettern und Zeilenabständen, wie sie im redaktionellen Teil dieser Zeitungen üblich sind. Die von den Streitteilen abgeschlossene Rechtevereinbarung bestimme, dass die Werknutzungsrechte erst mit Zahlung des vereinbarten Honorars an die Beklagte übergingen. Als vereinbartes Honorar sei das Angebot vom 4. Juli 2015 anzusehen. Dass die Beklagte von diesem Angebot tatsächlich keine Kenntnis genommen habe, bleibe ohne Bedeutung. Da die Ausschließlichkeitsrechte an den Fotos beim Kläger verblieben seien, sei dieser berechtigt, die weitere Verwertung der Auftragsfotos zu untersagen. Der Anspruch des Klägers auf das Doppelte des angemessenen Entgelts sei berechtigt, weshalb auch dem Rechnungslegungsbegehren stattzugeben gewesen sei. Angesichts der Verbreitung der Auftragsbilder in Österreich und im Ausland sowie auf diversen Websites und mit Rücksicht auf den Umstand, dass es sich bei der Beklagten um einen bedeutenden Lebensmittelhändler handle, sei die Rechtsverletzung einem größeren Personenkreis bekannt geworden, weshalb auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Urteilsveröffentlichung bestehe.

[20] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung unter Hinweis auf die zutreffende Begründung des Erstgerichts. Die ordentliche Revision erklärte es mangels erheblicher Rechtsfrage für nicht zulässig.

[21] Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, die darauf abzielt, die Klage hinsichtlich der Auftragsfotos zur Gänze abzuweisen und dem Urteilsveröffentlichungsbegehren nur hinsichtlich der Kochbuchfotos und nur in einem angemessenen Umfang stattzugeben.

[22] Mit seiner – vom Obersten Gerichtshof freigestellten – Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, dieser den Erfolg zu versagen.

[23] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zur Verdeutlichung der Begründung und Klarstellung der Rechtslage zulässig. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[24] 1. Die geltend gemachten Verfahrensmängel und sekundären Feststellungsmängel liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.

[25] Das Berufungsgericht hat in seiner Begründung auf den im Sicherungsverfahren ergangenen Beschluss des Obersten Gerichtshofs zu 4 Ob 207/16v Bezug genommen und ausgeführt, dass es keine Veranlassung sehe, von der darin ausgedrückten Rechtsauffassung abzugehen. Damit ist das Berufungsgericht – entgegen den Ausführungen der Beklagten – nicht von einer Bindungswirkung (als materielle Rechtskraftwirkung) des erwähnten Beschlusses ausgegangen.

[26] Darauf, welche Beträge die Beklagte üblicherweise für Lichtbilder samt Nutzungsrechten an die Fotografen gezahlt hat, kommt es für die Beurteilung des konkret mit dem Kläger abgeschlossenen Vertragsverhältnisses nicht an.

[27] Der – sich auf das Veröffentlichungsbegehren beziehenden – Behauptung der Beklagten, dass die mit den Auftragsfotos versehenen Produktverpackungen bereits im Jahr 2016 umgestellt worden seien, stehen die unbeanstandeten tatsachenbasierenden Ausführungen der Vorinstanzen entgegen, wonach ab September 2015 eine breite Markteinführung der Veggi Linie erfolgt ist, die Beklagte die Auftragsbilder auf zigtausenden Produktverpackungen angebracht hat, diese Lichtbilder in Österreich und im Ausland sowie auf diversen Websites verbreitet und einem großen Personenkreis bekannt gemacht wurden und 2016 lediglich eine Reduktion der Verwendung dieser Lichtbilder erfolgt ist.

[28] 2. In rechtlicher Hinsicht steht die Beklagte vor allem auf dem Standpunkt, dass das Angebot des Klägers vom 4. Juli 2015 nicht zum Inhalt des Vertrags zwischen den Streitteilen geworden sei. Es sei daher nur die Rechtevereinbarung wirksam zustande gekommen. Das dem Kläger dafür gebührende angemessene Entgelt nach § 354 UGB habe sie gezahlt. Die Verwertungsrechte an den Auftragsfotos stünden daher ihr zu, weshalb kein Eingriff in die Ausschließlichkeitsrechte des Klägers vorliege.

[29] Mit diesen Ausführungen wendet sich die Beklagte gegen die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der vereinbarte urheberrechtliche Eigentumsvorbehalt zum Tragen komme. Tatsächlich stehe dem Kläger kein urheberrechtlicher Grundanspruch zu.

[30] Damit ist die Beklagte nicht im Recht:

[31] 3.1 Zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung führt die Beklagte zunächst ins Treffen, dass es zum Angebot des Klägers vom 4. Juli 2015 keine Annahmeerklärung gäbe; Schweigen sei nicht als Zustimmung zu werten.

[32] In gegebenem Zusammenhang gesteht die Beklagte selbst zu, dass die – auch aus ihrer Sicht wirksame – Rechtevereinbarung eine gesonderte Honorarvereinbarung voraussetzt. Demnach ist auch die Beklagte davon ausgegangen, dass vor der Nutzung der Auftragsbilder eine Honorarvereinbarung mit dem Kläger geschlossen werden muss. Nach den Feststellungen hat sie dementsprechend den Kläger um ein Angebot ersucht, worauf dieser das hier strittige Angebot übermittelt hat.

[33] Für den Kläger war dieses Erklärungsverhalten der Beklagten nach dem objektiven Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers dahin zu verstehen, dass die Beklagte zur Übertragung der Verwertungsrechte mit ihm die erforderliche Honorarvereinbarung abschließen wollte und dazu sein Angebot erwartete. Er konnte daher berechtigt davon ausgehen, dass die Beklagte sein Angebot prüft und bei einem weiteren Verhandlungsbedarf eine Rückmeldung dazu abgibt. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sie nach der Erklärungslage eine „Redepflicht“ (vgl 8 Ob 130/17a; 7 Ob 73/19i: besser Äußerungsobliegenheit) getroffen. Dadurch, dass sie zum Angebot des Klägers keine Rückmeldung abgab, konnte der Kläger von der Zustimmung der Beklagten zu seinem Angebot ausgehen. Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt ihre Zustimmung nicht aus ihrem bloßen Schweigen, sondern aus ihrem Erklärungsverhalten und der dadurch abgegebenen konkludenten Willenserklärung. Aufgrund dieses Erklärungsverhaltens bestand für den Kläger kein Zweifel, dass er seine Leistungen auf der Grundlage seines Angebots zu erbringen hat.

[34] 3.2 Der weitere Einwand der Beklagten, dass ihre zuständige Mitarbeiterin das Angebot des Klägers nicht gelesen habe, ist ebenfalls nicht tragfähig.

[35] Im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs muss derjenige, der eine Urkunde ungelesen unterschreibt, deren Inhalt grundsätzlich als seine Erklärung gegen sich gelten lassen. Dies gilt insbesondere für einen Unternehmer, von dem zu erwarten ist, dass er schriftliche Mitteilungen liest (RIS Justiz RS0017267). Dieser Grundsatz gilt im Allgemeinen auch für eine eindeutige konkludente Willenserklärung einer Vertragspartei, die sich unmissverständlich auf eine ungelesene Urkunde des anderen Vertragspartners bezieht.

[36] Diese Voraussetzungen sind im Anlassfall erfüllt. Von einem ungewöhnlichen Inhalt des Angebots des Klägers, mit dem die Beklagte konkret nicht rechnen musste, kann keine Rede sein. Die bloß subjektive, gegenüber dem Kläger aber nicht zum Ausdruck gebrachte Erwartung der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten über die Höhe von Lichtbildhonoraren hatte für das konkrete Vertragsverhältnis mit dem Kläger keine Bedeutung.

[37] 3.3 Auch der Einwand der Beklagten, dass für die Honorarvereinbarung die Schriftform vorgesehen gewesen sei, ist nicht überzeugend.

[38] Ausgehend von der Sachverhaltsgrundlage bezog sich die vereinbarte Schriftlichkeitsklausel nur auf die Rechtevereinbarung.

[39] Davon abgesehen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass von der gewillkürten Schriftform durch (auch konkludente) Vereinbarung nachträglich abgegangen (RS0014378; RS0038673) oder die Vermutung des § 884 ABGB durch den Nachweis eines trotz Formvereinbarung mündlich erklärten Bindungswillens widerlegt werden kann (RS0017283; 4 Ob 143/18k).

[40] Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil der Kläger dem Verlangen der Beklagten, ihr ein Honorarangebot zu übermitteln, entsprochen hat und die Beklagte auf Basis des beiderseitigen objektiven Vertragsverständnisses in der Folge die vom Angebot des Klägers erfassten Leistungen abgerufen und damit in Anspruch genommen hat. Nach objektivem Verständnis des Klägers kann auch an einem von der Beklagten durch den Leistungsabruf zum Ausdruck gebrachten Bindungswillen nicht gezweifelt werden.

[41] 3.4 Das Argument der Beklagten, das Angebot des Klägers vom 4. Juli 2015 beziehe sich nur auf sechs Produktbilder, weshalb es für die übrigen Fotos kein Angebot gäbe, lässt die Feststellung außer Acht, dass das in Rede stehende Angebot offen ließ, wie viele Bilder der Kläger tatsächlich macht und welche davon von der Beklagten verwendet werden. Wenn der Kläger das Honorar für die Werknutzungsrechte für sechs Bilder mit 55.200 EUR nannte, handelte es sich dabei um eine beispielhafte Berechnung für den Fall, dass sechs Bilder angefertigt werden, aber um keine zahlenmäßige Beschränkung seines Angebots.

[42] 3.5 Es ergibt sich somit, dass sowohl die Rechtevereinbarung als auch die in der Rechtevereinbarung vorgesehene gesonderte Honorarvereinbarung auf Basis des Angebots vom 4. Juli 2015 wirksam zustande gekommen sind. Nach der Rechtevereinbarung sollten die Nutzungsrechte an den Auftragsbildern erst mit der vollständigen Zahlung des vereinbarten Honorars auf die Beklagte als Auftraggeberin übergehen. Damit wurde zwischen den Streitteilen ein urheberrechtlicher Eigentumsvorbehalt zugunsten des Klägers vereinbart (vgl 4 Ob 117/08x). Da die Beklagte das vereinbarte Honorar für die ihr übergebenen Auftragsbilder nicht gezahlt hat, sind die Nutzungsrechte an diesen nicht auf die Beklagte übergegangen, weshalb sie diese auch nicht hätte verwerten dürfen. Es liegt damit ein Eingriff der Beklagten in die urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechte des Klägers vor. Das Argument der Beklagten, dem Kläger fehle es an einem urheberrechtlichen Grundanspruch, ist damit nicht berechtigt.

[43] 3.6 Damit scheitert auch der laesio enormis Einwand der Beklagten. Dem Kläger steht das angemessene Entgelt nach § 86 UrhG zu. Dazu hat das Erstgericht festgestellt, dass der Preis von 9.200 EUR pro Bild für die Einräumung der Nutzungsrechte an den Auftragsfotos angemessen ist. Soweit die Beklagte im gegebenem Zusammenhang auf das von ihr eingeholte Privatgutachten und auf Vergleichsrechnungen Bezug nimmt, versucht sie, die Sachverhaltsgrundlage zu bekämpfen, was in dritter Instanz jedoch ausgeschlossen ist.

[44] 3.7 Die Berufung der Beklagten auf einen Erklärungsirrtum in Bezug auf das Honorar für die Verwertungsrechte an den Auftragsfotos ist – abgesehen vom unzureichenden erstinstanzlichen Vorbringen – schon deshalb nicht berechtigt, weil ein solcher Irrtum nicht vom Kläger veranlasst wurde und ihm nicht auffallen musste. Der Kläger hat dem Verlangen der Beklagten, ihr im Zusammenhang mit der Rechtevereinbarung ein Honorarangebot zu übermitteln, entsprochen. Wenn die Beklagte in der konkreten Situation dieses Angebot nicht zur Kenntnis nimmt, ist sie für einen daraus resultierenden Irrtum selbst verantwortlich.

[45] 4.1 Wie bereits ausgeführt, steht dem Kläger ein angemessenes Entgelt nach § 86 UrhG zu. Dass dem Kläger – bei Bejahung eines urheberrechtlichen Grundanspruchs – als Ersatz für den erlittenen Schaden das Duplum nach § 87 UrhG zusteht, bestreitet die Beklagte nicht.

[46] Immaterialgüterrechtliche Ansprüche auf das angemessene Entgelt bzw auf das Duplum haben nach ständiger Rechtsprechung eine bereicherungsrechtliche Grundlage (RS0108478; RS0021397). Die Höhe der Vergütung richtet sich im Anlassfall nach dem Wert der Nutzung der Auftragsfotos, also nach dem angemessenen Entgelt für eine Werknutzungsbewilligung aus der Sicht redlicher Parteien (RS0120089; RS0108478; 4 Ob 118/15d). Bemessungsgrundlage dafür sind die durch die tatsächliche Nutzung der Auftragsfotos erzielten Bruttoerlöse, wovon dem Kläger ein angemessener prozentueller Anteil gebührt, der nach § 273 ZPO eingeschätzt werden kann (vgl 4 Ob 99/20t mwN).

[47] 4.2 Aufgrund dieser Erwägungen ist auch das Rechnungslegungsbegehren berechtigt:

[48] Zweck der Rechnungslegung ist es, den Kläger in die Lage zu versetzen, die Grundlage für seine Ansprüche auf angemessenes Entgelt, auf Schadenersatz oder das Duplum oder auf angemessene Entschädigung gegen den Beklagten zu ermitteln, zumal diese Ansprüche in der Regel davon abhängen, wie viel der Verletzer unter Benutzung des fremden Immaterialgüterrechts abgesetzt hat (4 Ob 217/18t; vgl auch 4 Ob 104/11i). Der Kläger kann ohne Ermittlung der Bemessungsgrundlage für das angemessene Entgelt seine darauf gerichteten Zahlungsansprüche nicht beziffern; dafür bedarf es der Rechnungslegung.

[49] 4.3 Dem Argument der Beklagten, der Kläger benötige gar keine Informationen mehr, weil er in seiner E Mail vom 29. Juli 2020 (nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang zu den Kochbüchern) seine Ansprüche bereits berechnet habe, ist Folgendes entgegenzuhalten:

[50] Der Kläger macht im folgenden Verfahren nicht etwa die Ansprüche aus der Rechtevereinbarung samt Honorarvereinbarung geltend, sondern jene aus der unzulässigen Verwertung der von ihm übergebenen Auftragsfotos durch die Beklagte. Aufgrund des vereinbarten urheberrechtlichen Eigentumsvorbehalts stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nach dem UrhG zu. Dabei steht es dem Kläger frei, der Beklagten vor der von ihr geschuldeten Rechnungslegung ein Vergleichsangebot zu unterbreiten, was nach den Behauptungen der Beklagten mit E Mail des Klagsvertreters vom 29. Juli 2020 erfolgt ist. Da die Beklagte dieses Vergleichsangebot nicht angenommen hatte, ist das Rechnungslegungsinteresse weiterhin gegeben. Dazu wird angemerkt, dass das angemessene Entgelt aufgrund der Beschränkungen der tatsächlichen Nutzung der Auftragsfotos in Bezug auf Dauer und Art im Vergleich zur umfassenden Einräumung der Verwertungsrechte nach der Rechtevereinbarung geringer ausfallen wird als das vom Kläger mit den Honorarnoten verrechnete Verwertungshonorar.

[51] 5.1 Zum Veröffentlichungsbegehren (in Bezug auf die Auftragsfotos und die Kochbuchfotos) steht die Beklagte auf dem Standpunkt, dass eine Urteilsveröffentlichung in einer Wochenausgabe (Montag bis Freitag) nur in der Tageszeitung „Kurier“ im Ausmaß einer Achtelseite im Inseratenteil ausreichend erscheine. Nach knapp fünf Jahren habe das Interesse an der Aufklärung des Publikums nur mehr untergeordnete Bedeutung.

[52] 5.2 Wie bereits ausgeführt, hat der Oberste Gerichtshof bereits im ersten Rechtsgang in seiner Entscheidung zu 4 Ob 196/18d ausgesprochen, dass der Kläger in Bezug auf die Kochbuchbilder (dem Grunde nach) einen Anspruch auf Urteilsveröffentlichung hat. Dies gilt auch in Bezug auf die Auftragsfotos, weil das Gegenargument der Beklagten, dem Kläger fehle es am urheberrechtlichen Grundanspruch, unberechtigt ist.

[53] 5.3 Zum Umfang der Urteilsveröffentlichung argumentiert die Beklagte mit dem Talionsprinzip.

[54] Dieses Prinzip besagt, dass bei den in Druckschriften bzw anderen Medien begangenen Lauterkeitsverstößen die Urteilsveröffentlichung regelmäßig an der gleichen Stelle und in der gleichen Schrift vorzunehmen ist wie der Verstoß (RS0079607; 4 Ob 40/19i). Sonst, also auch – so wie hier – bei einem Eingriff in Urheberrechte durch eine Lichtbildveröffentlichung, hängt die Berechtigung und der Umfang der Urteilsveröffentlichung vom schutzwürdigen Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums ab (RS0079737). Die Urteilsveröffentlichung muss dabei geeignet sein, falsche Eindrücke und Nachteile zu beseitigen, die durch die Veröffentlichung entstanden sind (4 Ob 61/16y mwN; 4 Ob 107/18s).

[55] Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Veröffentlichungsinteresse auch noch nach einer Verfahrensdauer von mehr als vier Jahren gegeben, insbesondere dann, wenn vom Verstoß ein unbestimmter Personenkreis Kenntnis erlangt hat (RS0079737 [T14 und T15]). Maßgebend ist, ob noch künftige nachteilige Auswirkungen für den Kläger zu besorgen sind und wie groß der aufzuklärende Personenkreis ist (RS0079737 [T20]). Die Beschränkung auf die Veröffentlichung in einer Regionalzeitung (bzw Regionalausgabe) ist nur bei regional beschränkten Verstößen gerechtfertigt. Dass durch die Veröffentlichung auch Kreise angesprochen werden, die vom Lauterkeitsverstoß bislang keine Kenntnis hatten, kann nicht ausgeschlossen werden und hindert den Zuspruch nicht. Die Veröffentlichung in einer Samstags- oder Wochenendausgabe ist bei besonders hoher Publizität des Verstoßes gerechtfertigt, kann sich aber auch sonst aus dem Aufklärungsbedürfnis ergeben (vgl 4 Ob 40/19i mwN).

[56] Letztlich ist die Frage, ob und in welchem Umfang ein Aufklärungsinteresse besteht, regelmäßig von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig (vgl 4 Ob 145/02f).

[57] 5.4 Die Vorinstanzen haben den zugesprochenen Umfang der Urteilsveröffentlichung damit begründet, dass die Beklagte die Auftragsbilder auf zigtausenden Produktverpackungen sowie auf diversen Websites im In- und Ausland verwendet hat, weshalb die Rechtsverletzung einem großen Personenkreis bekannt geworden ist. Davon ausgehend hält sich der Zuspruch durchaus im Rahmen des den Vorinstanzen eingeräumten Ermessensspielraums. Wie bereits ausgeführt, geht die Revision von den hier nicht anwendbaren Grundsätzen für einen Lauterkeitsverstoß in einem Medium aus und trägt – wie schon im erstinstanzlichen Verfahren – keine näheren Gründe vor, aus denen sich die Überschreitung des gerichtlichen Ermessensspielraums nachvollziehbar ableiten ließe.

[58] 6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanzen dem noch offenen Klagebegehren zu Recht stattgegeben haben. Der Revision der Beklagten war daher der Erfolg zu versagen.

[59] Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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