JudikaturJustiz3Ob76/15w

3Ob76/15w – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Mai 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin T*****, vertreten durch K*****, wegen Ablehnung der Vorsteherin des Bezirksgerichts Freistadt Dr. A*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 4. Februar 2015, GZ 2 R 16/15h 15, womit der Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 28. Oktober 2014, GZ 14 Nc 7/14b 5, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Beim Bezirksgericht Freistadt ist ua eine Räumungsexekution gegen die Verpflichtete anhängig. In diesem Verfahren lehnte sie, vertreten durch ihren mit Prozessvollmacht ausgestatteten Ehemann, die zuständige Gerichtsvorsteherin ab. Das im Ablehnungsverfahren in erster Instanz zuständige Landesgericht Linz wies den Ablehnungsantrag als nicht berechtigt zurück. Die Verpflichtete erhob dagegen einen selbst verfassten Rekurs, der ihr mit Verbesserungsauftrag vom 28. November 2014 zur Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt binnen sieben Tagen (zu Handen ihres Ehemanns) zurückgestellt wurde. Sie reagierte darauf mit dem Antrag vom 5. Dezember 2014, den Rekurs (ohne Anwaltsfertigung) dem Oberlandesgericht Linz vorzulegen und einer Entscheidung zuzuführen. Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel mit Beschluss vom 4. Februar 2015 als nicht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung geeignet zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.

Dagegen erhob die Verpflichtete rechtzeitig, aber erneut ohne Anwaltsfertigung eine „außerordentliche Revision“ vom 17. Februar 2015. Vom Landesgericht Linz wurde ihr sodann die Verbesserung des Rechtsmittels durch Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt binnen sieben Tagen mit Beschluss vom 24. Februar 2015, aufgetragen, der ihrem Ehemann am 18. März 2015 zugestellt wurde.

Am 27. März 2015 langte beim Bezirksgericht Freistadt eine laut dem angeschlossenen Briefkuvert an dieses Bezirksgericht adressierte Ausfertigung des Rechtsmittels vom 17. Februar 2015 ein, die mit der Unterschrift des Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in Wien, versehen ist. Nach Weiterleitung (vorerst an das Oberlandesgericht Linz, wo es am 8. April 2015 einging) langte das verbesserte Rechtsmittel am 9. April 2015 in der Einlaufstelle des Landesgerichts Linz ein.

Da das Rekursgericht den Rekurs der Verpflichteten ohne meritorische Prüfung zurückwies, steht der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof offen, wenn eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO vorliegt (RIS Justiz RS0044509), sodass keine absolute Unzulässigkeit des Rechtsmittels vorliegt. Der (richtig) außerordentliche Revisionsrekurs der Verpflichteten ist aber zurückzuweisen, weil die aufgetragene Verbesserung durch Anwaltsfertigung verspätet vorgenommen wurde.

Rechtliche Beurteilung

1. Die dem Ehemann der Verpflichteten erteilte Prozessvollmacht umfasst immer auch eine Zustellungsbevollmächtigung, und zwar auch dann, wenn der Bevollmächtigte kein Rechtsanwalt ist ( Gitschthaler in Rechberger 4 § 93 ZPO Rz 1; RIS Justiz RS0006023 [T2]). Im Ablehnungsverfahren hatten deshalb Zustellungen an die Verpflichteten an ihren Ehemann zu erfolgen, sodass die an diesen vorgenommenen Zustellungen wirksam und daher auch fristauslösend waren.

2. Es entspricht der Judikatur des Obersten Gerichtshofs, dass sich das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen soweit die §§ 19 25 JN keine Sonderregelungen enthalten nach den Vorschriften desjenigen Verfahrens richtet, in dem die Ablehnung erfolgt (RIS Justiz RS0006000), im konkreten Fall also nach denen des Exekutionsverfahrens. Im Exekutionsverfahren bedürfen schriftliche Rekurse der Unterschrift eines Rechtsanwalts (3 Ob 11/11f; RIS Justiz RS0002328; vgl auch RS0113115), daher auch der von der Verpflichteten erhobene Revisionsrekurs (vgl 7 Ob 119/09i; RIS Justiz RS0125561).

Auch die Bestimmungen über das Verbesserungsverfahren nach den §§ 84 f ZPO sind im Exekutionsverfahren anzuwenden (RIS Justiz RS0036197; RS0116288).

Somit trug das Erstgericht der Verpflichteten zutreffend die fristgebundene Verbesserung ihres Rechtsmittels durch Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt auf.

3. Die Verpflichtete ist diesem Auftrag zwar nachgekommen, allerdings verspätet, weil sie den verbesserten Schriftsatz nicht beim Erstgericht im Ablehnungsverfahren (also beim Landesgericht Linz) einbrachte, sondern beim Bezirksgericht Freistadt, das ihn weiterleitete, sodass er erst am 9. April beim Landesgericht einlangte. Zu diesem Zeitpunkt war aber die durch Zustellung des Verbesserungsauftrags am 18. März 2015 zu laufen beginnende Verbesserungsfrist längst abgelaufen (Fristende mit Ablauf des 25. März 2015).

4. Die Einbringung der Prozesshandlung beim unzuständigen Gericht hat aber zur Folge, dass die Zeit der Übersendung in die (hier: Verbesserungs-)Frist einzurechnen ist, und die Prozesshandlung daher nur dann als rechtzeitig angesehen werden kann, wenn sie noch innerhalb offener Frist beim zuständigen Gericht einlangt (vgl RIS Justiz RS0041584 [T13]). Da dies hier nicht der Fall war, ist die Verpflichtete so zu behandeln, als hätte sie den Verbesserungsauftrag gar nicht erfüllt. Deshalb ist ihr mangelhaft gebliebener Revisionsrekurs zurückzuweisen (vgl Kodek in Fasching/Konecny ² §§ 84, 85 ZPO Rz 223; RIS Justiz RS0002328; RS0036197 [T3]), ohne dass auf seinen Inhalt eingegangen werden könnte.

Rechtssätze
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