JudikaturJustiz3Ob199/97d

3Ob199/97d – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Juli 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** GmbH Co KG, ***** vertreten durch Dr.Ewald Weiß, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei V***** GmbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 27. Dezember 1996, GZ 46 R 1337/96z-1341/96p-87, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin ist das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen. Anders als nach der älteren, von ihr zitierten Rechtsprechung ist nunmehr bei der Exekution zur Unterlassung von Ankündigungen beim Verkauf und Vertrieb periodischer Druckschriften die Angabe einer bestimmten Verkaufsstelle im Exekutionsantrag dann nicht erforderlich, wenn ein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot für den Tag des Erscheinens oder den ihm folgenden Tag behauptet wird und der Sachlage nach davon auszugehen ist, daß diese Druckschrift an zahlreichen Stellen vertrieben wird (3 Ob 49- 51/94, EvBl 1995/20 = JUS Z 1618 und 1632). Schon in 3 Ob 134/93 wurde zu Recht ausgesprochen, daß es eine Erfahrungstatsache sei, daß Zeitschriften [und ebenso Tageszeitungen] nicht für die Aufbewahrung im eigenen Bereich hergestellt werden, sondern zur Verbreitung bestimmt sind. Entgegen der Ansicht der verpflichteten Partei hat die betreibende Partei im Exekutionsantrag ON 1 und in den Strafanträgen ON 2 bis 5 auch ausdrücklich des Zuwiderhandelns am jeweiligen Erscheinungstag der betreffenden Ausgaben ihrer Tageszeitung behauptet.

Nicht ersichtlich ist, weshalb die betreibende Partei die - nach dem Vorbringen im Revisionsrekurs - unrichtige Tatsachenbehauptung hätte aufstellen sollen, daß in den entsprechenden Ausgaben der Zeitung "t*****" Näheres über das angekündigte Gewinnspiel im Blattinneren zu erfahren gewesen wäre. Unverständlich erscheint auch die Ansicht, es sei nicht konkret vorgebracht worden, auf welche Weise die angeblichen Zugaben angekündigt worden wären, nahm doch die betreibende Partei jeweils Kopien der entsprechenden Ankündigung in ihre Anträge auf.

Wie im Revisionsrekurs selbst eingeräumt wird, wurden der Exekutionsantrag und die Strafanträge jeweils an dem auf den Erscheinungstag folgenden Tag zur Post gegeben. Damit kann aber keine Rede davon sein, daß die Betreibende nicht, wie von der Rechtsprechung (JBl 1995/20 (Oberhammer) = JUS Z 1416 = RPflSlg E 1994/3; 3 Ob 89-116/93; RPflSlg E 1995/54; zuletzt 3 Ob 14/96) verlangt, alle Zuwiderhandlungen geltend gemacht hätte, zu denen es bis zu dem der Einbringung des Strafantrages vorangehenden Tages gekommen ist. Eingebracht ist ja der mit der Post an das Exekutionsgericht gesandte Strafantrag mit dem Tag der Postaufgabe.

Richtig ist, daß der betreibende Gläubiger im Strafantrag das Zuwiderhandeln gegen den Titel konkret und schlüssig behaupten muß (3 Ob 2169/96h). Dieser Behauptungspflicht ist der betreibende Gläubiger aber nachgekommen. Soweit geltend gemacht wird, daß die Betreibende nicht einmal behauptet habe, der Erwerb der Tageszeitung der Verpflichteten als Hauptware sei notwendig oder doch zumindest förderlich zur Erlangung der Zugabe gewesen, übersieht sie, daß auch im Zugabenrecht der Werbende die für ihn ungünstigste Auslegung seiner Äußerung gelten lassen muß (Schönherr/Wiltschek UWG6 § 9a/42; zuletzt 4 Ob 22/94). Einer weiteren Behauptung, daß zur Teilnahme an dem angekündigten Gewinnspiel der Kauf von "t*****" notwendig oder wenigstens förderlich gewesen wäre, bedurfte es schon deshalb nicht, weil für die Akzessorität der Eindruck der Abhängigkeit der Zugabe vom Erwerb der Hauptleistung für die beteiligten Verkehrskreise ausreicht (aaO E 43). Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern. Dieser Vorteil muß mit der Hauptware in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen, also Werbe- oder Lockmittel sein (ÖBl 1993, 111; ÖBl 1993, 24; 3 Ob 146/93, 4 Ob 24, 25/94; 4 Ob 22/94). Die Eignung einer Zuwendung, zum Erwerb der Hauptware anzulocken, ist aufgrund der Lebenserfahrung als Rechtsfrage zu lösen (4 Ob 51/95 = ÖBl 1996, 38). Das ist hier der Fall, wird doch durch die Ankündigung des "Countdown", wobei in mehreren Fällen darauf hingewiesen wurde, daß es sich um ein "t***** Spiel" handle, in den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck erweckt, die Zugabe werde vom Kauf der Tageszeitung abhängig sein. Daß diese Annahme nicht zutraf, weil im Blattinneren keine weiteren Ausführungen zum Gewinnspiel zu finden waren, ändert am schon eingetretenen verbotenen Werbeeffekt nichts.

Wenn auch nach der jüngsten Rechtsprechung des erkennenden Senats der Verpflichtete, der vor einem Strafbeschluß nicht gehört wurde, Neuerungen, die für die Strafhöhe von Bedeutung sind, im Rekurs vorbringen darf (SZ 68/151 = ecolex 1995, 907 [Graf]; 3 Ob 2433/96g, 3 Ob 135/97t), ist für die Revisionsrekurswerberin daraus deshalb nichts zu gewinnen, weil das Vorbringen, das Gewinnspiel sei vom Bezug der Zeitschrift "t*****" völlig unabhängig gewesen, nicht für die Strafbemessung, sondern ausschließlich für die Frage, ob überhaupt ein Verstoß gegen die Unterlassungspflicht vorliegt, von Bedeutung wäre. Nichts anderes gilt aber für die - noch dazu völlig unsubstantiierte - Behauptung eines [zur Gänze] mangelnden Verschuldens (SZ 54/115 = ÖBl 1981, 164, SZ 68/151; 3 Ob 110/97s und 3 Ob 135/97t). Demnach hat das Rekursgericht zu Recht die Aufnahme der im Rekurs beantragten Beweise unterlassen.

Daß der mangelnde wirtschaftliche Erfolg einer gegen ein Unterlassungsgebot verstoßenden Werbeaktion dieser nicht den Charakter eines schuldhaften Zuwiderhandelns nimmt, wurde ebenfalls bereits vom erkennenden Senat klar gestellt (3 Ob 110/97s; ebenso zu § 9 a UWG in ecolex 1992, 569 = ÖBl 1992, 174). Daher kommt es auf das angeblich außerordentlich geringe Publikumsinteresse an Karten für ein Konzert der Kelly-Familie nicht an. Daß das Anbieten einer Verlosung von Konzertkarten keineswegs von vornherein keinen Anreiz zum Kauf der Zeitung auszuüben geeignet war, ergibt sich schon aus der eigenen Ankündigung der Verpflichteten in der Ausgabe vom 19.6.1996, in der auf den Verkauf von bereits 42.000 Karten für die betreffende Veranstaltung hingewiesen wird.

Die Strafbemessung im Einzelfall wirft keine Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO auf, eine Überschreitung des pflichtgemäßen Ermessens des Rekursgerichtes ist nicht ersichtlich. Auch die Steigerung der einzelnen Strafen für die in verschiedenen Ausgaben in der Zeitung "t*****" begangenen Verstöße entspricht der ständigen Rechtsprechung (etwa SZ 64/73 mwN; vgl auch 3 Ob 105/95, wo keine Steigerung erfolgte, soweit es um die Weiterverbreitung ein und derselben Nummer eines Druckwerks ging).

Soweit behauptet wird, der Unterlassungstitel auf dem die bekämpften Beschlüsse auf Exekutionsbewilligung und Bestrafung beruhen, verbiete lediglich Zugaben in Form einer Teilnahmemöglichkeit an Gewinnspielen mit einer S 300.000,-- nicht übersteigenden Gewinnsumme, liegt eine unzulässige Neuerung vor. Solches ergibt sich, wie offenbar im Rechtsmittel ohnehin eingeräumt wird, aus dem Spruch des Exekutionstitels (eines Urteils des OLG Wien) keineswegs. Soweit sich im übrigen die Verpflichtete für ihre Ansicht auf die E 427 zu § 14 in Schönherr/Wiltschek UWG6 beruft, verschweigt sie, daß die Gründe nach den dort zitierten Entscheidungen bei der Auslegung eines Urteils nur dann herangezogen werden dürfen, wenn der Sinn des Spruches zweifelhaft ist, wovon hier keine Rede sein kann. Es ist auch einhellige Rechtsprechung (aaO E 428; JUS Z 1587), daß die nähere Beschreibung eines Unterlassungsgebotes durch eine mit "insbesondere" eingeleitete Wendung keine Einschränkung des Unterlassungsgebots bedeutet, sodaß daraus, daß die im Exekutionstitel genannten Gewinnspiele eine Preisgewinnsumme von weniger als S 300.000,-- hatten, für die Verpflichtete nichts zu gewinnen ist.

Rechtssätze
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