JudikaturJustiz1Ob56/05z

1Ob56/05z – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian J*****, vertreten durch Dr. Otto Schubert und Mag. Holger Hensel, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Brigitte J*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner und Mag. Christian Schweinzer, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 12.421 EUR sA, infolge Rekurses der klagenden Partei (Rekursinteresse 10.625 EUR sA) gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 16. November 2004, GZ 23 R 296/04h 27, womit das Urteil des Bezirksgerichts Lilienfeld vom 13. August 2004, GZ 1 C 568/03k 21, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 9. 6. 2000 aus dem Alleinverschulden des Klägers geschieden. Dieser wurde mit Urteil vom 27. 1 1. 2001 schuldig erkannt, der Beklagten u. a. von Jänner 2001 bis Dezember 2003 ATS 8.500 (= 617,72 EUR) sowie ab Jänner 2004 ATS 7.100 (= 515,98 EUR), jeweils monatlich, an Unterhalt zu zahlen. Der Kläger hat weitere Sorgepflichten für drei Kinder und seine nunmehrige Ehegattin.

Der Kläger begehrte (zuletzt) den Ersatz von 12.421 EUR sA an Unterhaltszahlungen für den Zeitraum 1. 1. 2002 bis einschließlich Jänner 2004. Er brachte vor, er habe erst durch den in einem Unterhaltsverfahren eines seiner Kinder ergangenen Beschluss vom 2. 12. 2002 erfahren, dass die Beklagte seit 1. 1. 2002 nicht mehr bloß einer Halbtagsbeschäftigung nachgehe, sondern voll erwerbstätig sei. Daraus ergebe sich für das Jahr 2002 eine Überzahlung an Unterhalt von 4.400 EUR. Ferner lebe die Beklagte zumindest seit 1. 1. 2003 in einer Lebensgemeinschaft, sodass deren Unterhaltsanspruch ab diesem Zeitpunkt ruhe. In Summe errechne sich ein Ersatzanspruch in Höhe des Klagebetrags.

Die Beklagte wendete ein, marginale Änderungen unterhaltsrelevanter Umstände seien nicht relevant. Der Kläger habe von ihrer Vollerwerbstätigkeit bereits seit der Antragstellung in dem ein gemeinsames Kind betreffenden Unterhaltsverfahren gewusst, aber den titulierten Unterhaltsanspruch weiterhin erfüllt. Eine allfällige Überzahlung habe sie gutgläubig verbraucht, sodass eine Rückforderung ausgeschlossen sei. Zufolge bereits eingetretener Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes sei eine der Sorgepflichten des Klägers weggefallen. Sie unterhalte auch keine Lebensgemeinschaft. Insofern sei „der Wunsch" des Klägers „Vater des Gedankens".

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger 11.207 EUR sA zu zahlen und wies das Kapitalmehrbegehren von 1.214 EUR sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. Es traf Feststellungen über das Einkommen der Streitteile und die für die Sorgepflichten des Klägers maßgebenden Tatsachen. Es stellte ferner fest, dass die Beklagte seit Anfang 2003 eine Beziehung mit einem anderen Mann habe. Dieser nächtige in ihrem Schlafzimmer und habe mit ihr regelmäßig Geschlechtsverkehr. Er verbringe seine Freizeit vorwiegend im Haus der Beklagten, mache dort kleinere Reparaturen, betreue den Garten und gehe mit dem Hund spazieren. Wenn er sich bei der Beklagten aufhalte, verpflege sie ihn, besorge ihm die Wäsche und betreue ihn. Er zahle für die Bestreitung des gemeinsamen Wohn- und Lebensaufwands einen „finanziellen Beitrag" an die Beklagte. Im September 2003 habe er mit ihr einen gemeinsamen Urlaub in der Türkei verbracht.

Nach Ansicht des Erstgerichts zahlte der Kläger im Jahre 2002 3.186 EUR zu viel an Unterhalt. Seit Anfang 2003 ruhe der Unterhaltsanspruch der Beklagten wegen deren Lebensgemeinschaft. Sie müsse daher dem Kläger auch den für 1. 1. 2003 bis 31. 1. 2004 gezahlten Unterhalt von 8.021 EUR rückerstatten.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in seinem klageabweisenden Teil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei: Unterhaltsentscheidungen seien zwar der „clausula rebus sic stantibus" unterworfen, bei einer Neubemessung könnten jedoch „nur solche Umstände berücksichtigt werden", die „sich gegenüber der vorangegangenen Bemessung tatsächlich geändert" hätten. An einer solchen Änderung „gegenüber der rechtskräftigen Vorentscheidung" mangle es betreffend den abgewiesenen Teil des Klagebegehrens. In Ansehung eines Teils des Klagebegehrens von 10.625 EUR sA hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf, verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Nach dessen rechtlichen Erwägungen finde das Klagebegehren nur in § 1431 ABGB eine Stütze, weil es für einen Schadenersatzanspruch an einem Prozessvorbringen mangle. Habe aber der Unterhaltsschuldner - wie hier der Kläger - auf Grund eines Exekutionstitels geleistet, so habe er eine Judikatsschuld befriedigt. Daher stehe einem Klagebegehren auf Rückzahlung die aus der Rechtskraft des Unterhaltsurteils folgende Tatbestandswirkung entgegen. Deshalb müsse der Kläger zuerst das Urteil über seine Leistungspflicht „bekämpfen". Somit wäre das Klagebegehren „primär auf Feststellung des (teilweisen) Erlöschens der Unterhaltsverpflichtung zu richten" und „erst in zweiter Linie auf Rückersatz". Ein bloßes Ersatzbegehren, das die bei Schluss der Verhandlung erster Instanz gezahlten fälligen Unterhaltsbeträge betreffe, ändere nichts „am Weiterbestand der Judikatsschuld des Klägers für die Zukunft". Der Kläger müsste immer wieder leisten, um erst danach die Erstattung des Gezahlten begehren zu können. Der Oberste Gerichtshof differenziere nicht explizit „zwischen rückwirkender Beseitigung des Leistungstitels und Rückersatz". Allerdings sei bereits in mehreren Entscheidungen ausgesprochen worden, dass „die Rückforderung von Geldbeträgen, die aufgrund eines Urteils bis zu dessen Aufhebung" gezahlt worden seien, begehrt werden könne. Die Verpflichtung zur Rückzahlung geleisteter Unterhaltsbeträge sei indes nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht bereits in einem Verfahren auf Unterhaltsherabsetzung für vergangene Zeiträume zu klären. Es sei jedoch „nicht immer scharf unterschieden" worden, weil Leistungsbegehren auf Rückersatz für abgeschlossene Zeiträume Folge gegeben worden sei, ohne „auf die Frage des Bestehens der Judikatsschuld ausdrücklich einzugehen". Erforderlich sei dagegen eine klare „Trennung zwischen (vorheriger) Beseitigung des Titels einerseits und (daraus resultierend) dem Rückersatz andererseits". Bis zur Beseitigung des den erbrachten Leistungen zugrunde liegenden Exekutionstitels bestehe kein Kondiktionsanspruch wegen irrtümlicher Zahlung einer Nichtschuld. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger sein Begehren von vornherein anders fassen müssen. Da es lediglich die Rückzahlung geleisteten Unterhalts betreffe, eine allfällige Beseitigung des Titels jedoch auch in die Zukunft wirke, dürfe es nicht einfach umgedeutet werden. Es sei aber auch nicht sogleich abzuweisen, weil die - für die Parteien überraschende - Rechtsansicht des Berufungsgerichts in erster Instanz nicht erörtert worden sei. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, ob der Kläger „tatsächlich nur Rückersatz" oder auch „die Feststellung des (teilweisen) Erlöschens der Unterhaltsverpflichtung" begehre. Das Erstgericht habe sich überdies mit dem Einwand der Beklagten, der Kläger habe eine allfällige Nichtschuld wissentlich gezahlt, nicht auseinandergesetzt. Relevant sei daher auch, ab welchem Zeitpunkt der Kläger über „eine ausreichend sichere Kenntnis der Änderung der Einkommensverhältnisse der Beklagten" verfügt habe. Die Frage nach dem Bestehen einer Lebensgemeinschaft der Beklagten könne gleichfalls nur auf dem Boden ergänzender Feststellungen abschließend gelöst werden. Soweit habe das Erstgericht den Parteien die Ergänzung ihres Vorbringens zu ermöglichen. Zu dem von der Beklagten behaupteten gutgläubigen Verbrauch der den Klagegrund bildenden Leistungen sei festzuhalten, dass der gute Glaube des Leistungsempfängers jedenfalls dann verloren gehe, wenn eine Überzahlung betreffende „Ansprüche geltend gemacht oder Einwendungen erhoben worden" seien. Im Fall der Kenntnis ins Gewicht fallender Änderungen der für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Tatsachen, die an der Rechtmäßigkeit gezahlter Unterhaltsbeträge zumindest zweifeln ließen, sei der Unterhaltsberechtigte „schon nicht mehr gutgläubig". Das treffe insbesondere auf die dem Unterhaltsberechtigten bekannte Höhe seines Arbeitseinkommens zu. Auch dazu bedürfe es im fortgesetzten Verfahren ergänzender Feststellungen. Es mangle an einer ausdrücklichen Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zur Frage, „ob bei Rückersatz aufgrund eines aufrechten Titels geleisteter Unterhaltsbeiträge zunächst eine formelle Aufhebung des Titels zu erfolgen" habe, oder „die unmittelbare Erhebung eines Leistungsbegehrens" ausreiche. Nach der Entscheidung SZ 43/60 setzte eine Kondiktion nach einer „unter dem Druck einer Vollstreckung" erbrachten Leistung die vorherige Außerkraftsetzung des Exekutionstitels nicht voraus. Die Rückerstattung von Beträgen, die als Unterhalt gezahlt worden seien, werde seit der zu 6 Ob 544/87 ergangenen Entscheidung eines verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs häufig begehrt, sodass der Lösung der aufgeworfenen Frage eine über den Anlassfall hinausreichende Bedeutung zukomme.

Der Rekurs ist zulässig, jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof sprach zuletzt in der Entscheidung 2 Ob 228/04z - gestützt auf die herrschende Ansicht - aus, dass „überall dort, wo wegen der Anwendbarkeit der clausula rebus sic stantibus eine nachträgliche Sachverhaltsänderung eine Neubemessung" rechtfertige, „eine derartige Sachverhaltsänderung einen zulässigen Anlass für eine neue diesbezügliche Klage" bilde; das gelte nicht nur für Unterhaltsansprüche, sondern auch für die Geltendmachung der Änderung oder des Erlöschens urteilsmäßig zugesprochener Renten. Deshalb stehe die Rechtskraft des Zuspruchs einer Verdienstentgangsrente einer Klage auf Feststellung deren Erlöschens wegen geänderter Verhältnisse nicht entgegen. Diese Leitlinien beherrschen insbesondere auch das Unterhaltsrecht (RIS Justiz RS0007161). Dabei wird eine Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Einkommensgrößen von etwa 10 % jedenfalls als wesentlich angesehen (zuletzt so 3 Ob 113/04w; siehe ferner 7 Ob 175/02i). Diese Rechtslage, auf die das Berufungsgericht die Erledigung der Berufung des Klägers stützte, verdeutlicht, dass die materielle Rechtskraft einer Entscheidung, mit der ein Unterhaltsanspruch bemessen wurde, einer ins Gewicht fallenden nachträglichen Änderung des Sachverhalts nicht standhält ( Fasching/Klicka in Fasching/Konecny ² III § 411 ZPO Rz 98).

Das Berufungsgericht stützte seine Ansicht über das Erfordernis einer „Feststellung des (teilweisen) Erlöschens" eines titulierten Unterhaltsanspruchs nach einer wesentlichen Änderung der Bemessungsumstände, ehe ein Begehren auf Rückzahlung des auf Grund der Judikatsschuld Geleisteten erfolgreich sein könne, auf die „Tatbestandswirkung" der rechtskräftigen Vorentscheidung und führte dafür die Entscheidung 1 Ob 35, 36/71 (= SZ 44/14) ins Treffen. Deren Erörterungsgegenstand war jedoch in Wahrheit nicht eine Tatbestandswirkung (Näheres dazu bei Fasching/Klicka aaO § 411 ZPO Rz 169 f), sondern die Bindungswirkung als eine der Wirkungen der materiellen Rechtskraft einer Sachentscheidung, wenngleich diese Wirkung dort (untechnisch) auch als „Tatbestandswirkung" bezeichnet wurde. Es ging dort ferner nicht um die Lösung der Frage, ob die materielle Rechtskraft einer Sachentscheidung einer nachträglichen Änderung der sie tragenden Tatsachen standhält, sondern es war zu beurteilen, ob der Streitgegenstand des Vorprozesses trotz der die Streitteile bindenden rechtskräftigen Entscheidung auf Grund einer Klagebehauptung, die seinerzeitige „Klage- und Exekutionsführung des Beklagten" habe „gegen die guten Sitten" verstoßen und dessen „ungerechtfertigte Bereicherung ... herbeigeführt", neuerlich aufgerollt werden dürfe. Das wurde unter Erörterung der Bindungswirkung der materiell rechtskräftigen Vorentscheidung verneint.

Hält aber die materielle Rechtskraft der über einen Unterhaltsanspruch ergangenen Vorentscheidung einer nachträglichen Änderung wesentlicher Bemessungsumstände nicht stand, so kann der auf eine solche Änderung der Umstände gestützten Leistungsklage auf Erstattung einer Überzahlung die Rechtskraft der Vorentscheidung nicht entgegenstehen. Offenkundig deshalb war die Zulässigkeit reiner Zahlungsbegehren, ohne dass etwa auch ein Ausspruch über die Beseitigung oder Herabsetzung der jeweils titulierten vollstreckbaren Leistungspflicht angestrebt worden wäre, nicht zweifelhaft, obgleich die den Rückforderungsanspruch begründenden Zahlungen zahlenmäßig in den Rahmen titulierter Leistungspflichten fielen (3 Ob 219/98x [Aufrechnung mit einer Forderung auf Rückzahlung von Unterhaltsleistungen auf Grund einer einstweiligen Verfügung]; 1 Ob 2267/96f [Vergleich]; 3 Ob 2065/96i = JBl 1996, 727 [einstweilige Verfügung]; 1 Ob 5/62 = SZ 35/5 [Vergleich]; vgl ferner zum Verhältnis zwischen Oppositions- und Leistungsklage 3 Ob 72/98d = RZ 2000/18). Es bedarf daher - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - keiner „klaren Trennung zwischen (vorheriger) Beseitigung des Titels einerseits und (daraus resultierend) dem Rückersatz andererseits", kann doch das Vorliegen einer der Schaffung des Exekutionstitels nachfolgenden wesentlichen Änderung der für die Unterhaltsbemessung relevanten Tatsachen auch auf Grund einer Klage auf Rückzahlung geleisteter Beträge geprüft werden.

Soweit indes der Kläger ausführt, das Erstgericht habe „durch die Feststellungswirkung des Leistungsurteils (im Verfahren über die Rückforderung des Unterhaltes) ... implizit auch das teilweise Erlöschen" der titulierten Unterhaltspflicht „festgestellt", ist dieser Ansicht in dieser Allgemeinheit nicht beizutreten. Mangelt es an einer klagestattgebenden Entscheidung über ein Begehren, mit dem der Ausspruch des Erlöschens oder der Herabsetzung einer titulierten Unterhaltspflicht wegen einer nachträglichen wesentlichen Änderung der für die Bemessung relevanten Tatsachen angestrebt wurde, so folgt aus einem vom Kläger erwirkten Urteil über die Pflicht der Beklagten zur Rückzahlung eines bestimmten Betrags lediglich, dass die den Klagegrund bildenden Zahlungen nicht in Erfüllung einer im betroffenen Zeitraum aufrechten Unterhaltspflicht geleistet wurden. Sollte daher das Exekutionsgericht der Beklagten auf Grund des (unverändert) vollstreckbaren Unterhaltsurteils die Exekution für einen anderen Leistungszeitraum bewilligen, so müsste sich der Kläger nunmehr mit einer Oppositionsklage zur Wehr setzen und im Oppositionsprozess behaupten und beweisen, dass der betriebene vollstreckbare Anspruch wegen einer wesentlichen Änderung der für die Unterhaltsbemessung relevanten Tatsachen nach Schluss der Verhandlung im Titelprozess (teilweise) erloschen sei. Wenn daher die Beklagte im zweiten Rechtsgang nur zur Rückzahlung der den Klagegrund bildenden Leistungen verurteilt werden sollte, so wäre damit noch nicht die titulierte Unterhaltspflicht des Klägers für weitere Zeiträume beseitigt oder herabgesetzt. Die bisherigen Erwägungen sind daher wie folgt zusammenzufassen:

Eine Klage auf Rückzahlung bestimmter Leistungen auf Grund eines rechtskräftigen Unterhaltstitels wegen einer nach Schluss der Verhandlung im Titelprozess eingetretenen wesentlichen Änderung der für die Unterhaltsbemessung relevanten Tatsachen muss als Erfolgsvoraussetzung nicht mit einem Begehren verknüpft sein, nach dem das (teilweise) Erlöschen der im Vorprozess titulierten Unterhaltspflicht ausgesprochen werden soll.

2. Der erkennende Senat erläuterte in der Entscheidung 1 Ob 144/97a (= SZ 70/199) unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass sich die materielle Prozessleitungspflicht des Gerichts nach § 182 Abs 1 ZPO im Rahmen des behaupteten Anspruchs zu bewegen habe. Nur in diesen Grenzen sei auf die Vervollständigung des Sachvorbringens oder auch darauf zu dringen, dass das Begehren schlüssig gestellt werde. Die Anleitungspflicht im Anwaltsprozess gehe jedoch keinesfalls so weit, dass einer Partei etwa die Möglichkeit eröffnet werden müsse, ein nach den getroffenen Feststellungen abzuweisendes Klagebegehren dahin zu ändern, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine (teilweise) Klagestattgebung gegeben sein könnten. Den Parteien sei zwar Gelegenheit zu geben, unschlüssiges, unbestimmtes oder widerspruchsvolles Begehren (jedoch ohne Änderung dessen Inhalts) zu verdeutlichen und zu präzisieren, doch könne daraus nicht die Verpflichtung des Gerichts zur Anregung einer Klageänderung abgeleitet werden. Nur innerhalb solcher Grenzen der Anleitungspflicht dürfe das Gericht die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet hätten und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht habe. An diesen Leitlinien hielt der Oberste Gerichtshof auch in der Folge fest (RIS Justiz RS0108818).

Nach den Erwägungen unter 1. hob das Berufungsgericht das angefochtene Ersturteil auch deshalb auf, um dem Kläger eine Klageänderung durch die Häufung des bisherigen Rückzahlungs- mit einem Begehren auf „Feststellung des (teilweisen) Erlöschens der Unterhaltsverpflichtung" zu ermöglichen. Das überschreitet nach den soeben referierten Grundsätzen den Rahmen der materiellen Prozessleitungspflicht des Gerichts. Deshalb ist ein Anleitung des Klägers zur Vornahme einer Klageänderung im Einklang mit dem berufungsgerichtlichen Auftrag im fortgesetzten Verfahren entbehrlich. Da das Berufungsgericht das Ersturteil aber auch aus anderen - im Rekurs nicht angefochtenen Gründen - aufhob, muss es bei der Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht verbleiben. Soweit die Beklagte in der Rekursbeantwortung ausführt, die Rechtssache wäre jedenfalls in Ansehung bestimmter Teilbeträge im Sinne einer Klageabweisung spruchreif, ist sie bloß daran zu erinnern, dass sie den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts nicht bekämpfte.

3. Obgleich der Rekurs im Ergebnis erfolglos blieb, drang der Kläger mit seinen Einwänden gegen den im Rechtsmittel erörterten Aufhebungsgrund im Kernpunkt durch. Deshalb ist gemäß § 52 Abs 1 ZPO auszusprechen, dass die Kosten des Rekursverfahrens weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz sind.

Rechtssätze
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