JudikaturJustiz1Ob377/97s

1Ob377/97s – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Dezember 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Dr.Martin S*****, 2) Mag.Sabine S*****, beide vertreten durch Dr.Wilhelm Huber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Nazmi Ö*****, vertreten durch Dr.Harald Wolzt, Rechtsanwalt in Wien, wegen 93.116 S sA, infolge der Rekurse der klagenden und der beklagten Partei (Rekursinteresse je 80.000 S sA) gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichts vom 14. Juli 1997, GZ 36 R 518/96k-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 2.Mai 1996, GZ 15 C 1190/94s-21, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den

Beschluß

gefaßt:

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien je die Hälfte der insgesamt mit 6.695,04 S (darin 1.115,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen;

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs der klagenden Parteien wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil - unter Einschluß seiner bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile - als Endurteil insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien je 40.000 S samt 4 % Zinsen seit 17.Dezember 1992 und je die Hälfte der insgesamt mit 33.500,09 S (darin 5.309,41 S Umsatzsteuer und 1.643,60 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Dagegen wird das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den klagenden Parteien insgesamt weitere 13.146 S samt 9,75 % Zinsen seit 17. Dezember 1992 und weitere 5,75 % Zinsen aus 80.000 S seit 17. Dezember 1992 binnen 14 Tagen zu bezahlen, abgewiesen."

Text

Entscheidungsgründe:

Aufgrund des Kaufvertrags vom 14.November 1989 erwarb die Tochter des Beklagten eine Wiener Wohnung. Der Kaufpreis wurde aus dem Vermögen des Beklagten finanziert. In diesem Kaufvertrag ist die Wohnungsgröße mit 45 m**2 festgehalten. Integrierender Bestandteil dieses Vertrags ist ein Wohnungsplan, der die Flächen der einzelnen Räume und das Gesamtflächenausmaß mit 44,2 m**2 ausweist. Nach dem Erwerb der Wohnung hatte der Beklagte dort Malerarbeiten verrichtet. Weil dessen Tochter die Wohnung schließlich nicht beziehen und er die laufenden Wohnungskosten nicht mehr weiter tragen wollte, beauftragte er ein Unternehmen, deren Verkauf zu vermitteln. Daraufhin besichtigte eine Mitarbeiterin dieses Unternehmens die Wohnung im Sommer 1992. Dabei gab der Beklagte die Wohnungsfläche mit 55 m**2 an. Die Vermittlerin zweifelte nicht an einer solchen Größe. Der Beklagte einigte sich mit jener schließlich auf einen Anbotspreis von 1,1 Mio S. Bis zu einem unteren Preislimit von 1 Mio S könne der Verkauf jedoch ohne weitere Rücksprache mit ihm veranlaßt werden. Der Vermittlungsauftrag wurde nach den Angaben des Beklagten ausgefüllt. Letzterer ist darin als Auftraggeber und "Verkäufer bzw Eigentümer" genannt. Die Zweitklägerin und deren Mutter besichtigten in den Abendstunden des 22. November 1992 die nur provisorisch beleuchtete Wohnung in Begleitung der Vermittlerin. Diese erklärte bei dieser Gelegenheit, der Kaufpreis von 1 Mio S sei "im Hinblick auf die Wohnungsgröße von 55 m**2 sehr günstig". Danach entschlossen sich die Kläger, die Wohnung wegen dieses Ausmaßes um den angebotenen Preis zu erwerben. Ein Rechtsanwalt fungierte dabei als Bevollmächtigter der Tochter des Beklagten als Vertragserrichter. Der mit 16.Dezember 1992 datierte Kaufvertrag wurde am 17.Dezember 1992 in der Kanzlei des Rechtsanwalts unterfertigt. Anwesend war auch der Beklagte. Nicht feststellbar ist, ob noch vor der Vertragsunterfertigung über die Wohnungsgröße gesprochen wurde. Die Kläger hatten jedoch bei Vertragsabschluß keine Kenntnis der tatsächlichen Wohnungsgröße von etwa 44 m**2. Die "Abwicklung des Verkaufs" besorgte der Beklagte "ohne Rücksprache mit seiner Tochter über die Verkaufsmodalitäten". Der Kaufpreis floß "nicht der Tochter, sondern dem Beklagten als Financier zu". Der Kaufvertrag vom 16.Dezember 1992 enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"§ 1

Vertragsgegenstand

Der Verkäufer ist außerbücherlicher Eigentümer von 45/739 Miteigentumsanteilen an der Liegenschaft ... und verkauft und übergibt und die Käufer kaufen und übernehmen je 45/1478 Miteigentumsanteile zur Begründung von Wohnungseigentum an Wohnung

...

§ 2

Kaufpreis

Der Kaufpreis beträgt S 900.000,00 (Schilling neunhundertausend) und ist bei Vertragsabschluß beim Treuhänder laut § 7 erlegt worden, was Verkäufer und Käufer durch ihre Unterschrift bestätigen.

§ 3

Übergabe

Der Kaufgegenstand ... wird übergeben und übernommen wie er liegt und steht. Der Verkäufer haftet nicht für einen bestimmten Zustand, einen bestimmten Ertrag oder ein bestimmtes Ausmaß des Kaufgegenstandes,

...

§ 4

Gefahrenübergang

Mit dem Tag der Vertragsunterfertigung gehen Gefahr und Zufall, Nutzen und Lasten vom Verkäufer auf den Käufer über.

...

§ 8

Kosten und Gebühren, Gerichtsstand

...

Neben diesem Vertrag bestehen keine Nebenabreden, sie treten jedenfalls mit diesem Vertrag außer Kraft. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.

... ."

Ende Jänner/Anfang Februar 1993 erhielten die Kläger vom Vertragserrichter eine Ausfertigung des Kaufvertrags samt einem Wohnungsplan. Daraus entnahmen sie die tatsächliche Wohnungsgröße von bloß 44,2 m**2. Sie wandten sich daraufhin an das Vermittlungsunternehmen und erhielten die Auskunft, der Beklagte habe die Wohnungsgröße mit 55 m**2 angegeben. Danach erklärten sie dem Vertragserrichter, dem die tatsächliche Wonungsgröße auch nicht bekannt war, sie würden "einen entsprechenden Teil des Kaufpreises" zurückverlangen. Letzterer versuchte in der Folge vergeblich, eine außergerichtliche Einigung mit dem Beklagten herbeizuführen. Der Ersatzanspruch von 80.000 S liegt "weit unter jenem Betrag ..., der (sich) bei der anteiligen Neuberechnung des Kaufpreises an Hand der tatsächlichen Fläche von 44 m**2" ergäbe. In der unbeheizten Wohnung war im Winter 1992 mangels Entwässerung der Heizungsleitungen ein Frostschaden eingetreten. Für die Schadensbehebung wendeten die Kläger 13.146 S auf.

Die Kläger begehrten den Zuspruch von 93.146 S sA und brachten vor, der Beklagte habe die Wohnung "im Namen und auf Rechnung seiner Tochter" verkauft. Er habe deren Fläche wider besseres Wissen mit 55 m**2 angegeben, obgleich die tatsächliche Wohnungsgröße lediglich 44 m**2 betrage. Aufgrund dieser Flächendifferenz habe die Wohnung einen "Minderwert" von 80.000 S, den der Beklagte zu ersetzen habe. Dieser habe jedoch auch die für die Behebung des Frostschadens an der Heizung aufgewendeten Kosten von 13.146 S zu tragen, weil er vergessen habe, die Heizungsleitungen zu entwässern.

Der Beklagte wendete ein, lediglich als Bote seiner Tochter aufgetreten zu sein. Er habe niemand "über irgendwelche Tatsachen oder Umstände, die Wohnung betreffend, in die Irre geführt bzw getäuscht". Die Angaben über die Wohnungsfläche habe die Vermittlerin gemacht. Die Verkäuferin hafte nicht für eine bestimmte Wohnungsgröße. Auch den für die Heizungsreparatur bezahlten Betrag habe er nicht zu ersetzen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - abgesehen von einem Teil des Zinsenbegehrens - statt. Die Kläger hätten den Beklagten "berechtigterweise als Vertragspartner angesehen". Dieser habe "unter fremdem Namen" gehandelt, durch unrichtige Angabe der Wohnungsgröße eine Aufklärungspflicht aufgrund des vorvertraglichen Schuldverhältnisses verletzt und dabei einen Irrtum der Kläger über den Kaufgegenstand veranlaßt. Ohne einen solchen Irrtum hätten die Kläger "nur einen entsprechend geringeren Kaufpreis bezahlt". Es sei allgemein bekannt, daß "sich der Kaufpreis einer Wohnung sehr wesentlich an der tatsächlichen Wohnungsgröße" orientiere. Der Ersatzanspruch von 80.000 S liege weit unter jenem Betrag, der sich "bei der anteiligen Neuberechnung des Kaufpreises an Hand der tatsächlichen Fläche von 44 m**2" ergäbe. Der Beklagte habe auch die Reparaturkosten für die Heizung zu ersetzen. Er habe durch die Unterlassung der Entwässerung ihrer Leitungen eine Rechtspflicht als Verkäufer gemäß § 1061 ABGB verletzt.

Das Berufungsgericht wies einen Teilbetrag des Klagebegehrens von 13.146 S sA ab. Im übrigen hob es das Ersturteil - offenbar abgesehen von der unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Teils des Zinsenbegehrens - auf, trug dem Erstgericht in diesem Umfang die Ergänzung des Verfahrens und eine neuerliche Entscheidung auf und sprach aus, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, der Kostenaufwand für die Behebung des Schadens an der Heizungsanlage sei schon wegen des zulässigen vertraglichen Gewährleistungsausschlusses nicht ersatzfähig. Es bestehe kein Anlaß, den Vertreter in diesem Punkt schlechter als den Vertretenen zu stellen. Es sei außerdem gar nicht sicher, ob "der Schaden bei Übergabe der Wohnung bereits eingetreten" gewesen sei. Der darauf bezogene Teil des Klagebegehrens bestehe daher nicht zu Recht.

Der Beklagte habe jedoch beim Wohnungsverkauf nicht "unter fremdem Namen", sondern als Bevollmächtiger seiner Tochter gehandelt. Das Verhalten eines Vertreters sei an sich dem Vertretenen zuzurechnen, der für dessen Verschulden gemäß § 1313a ABGB einzustehen habe. Das gelte auch für die Verletzung vorvertraglicher Pflichten. Für einen im Vermögen des Dritten durch vorsätzliche Irreführung verursachten Schaden hafte der Vertreter selbst. Dessen Ersatzpflicht werde jedoch unter anderem auch im Falle eines erheblichen und unmittelbaren eigenwirtschaftlichen Interesses am Zustandekommen des Vertrags bejaht. Diese Voraussetzung treffe hier zu. Der Beklagte habe die Wohnung finanziert und "ein massives Eigeninteresse" an einem "möglichst hohen Kaufpreis" gehabt, sei ihm doch "der Gewinn zugekommen". Er hafte daher für die "Irreführung" der Kläger über die Wohnungsgröße. Deren Fehlvorstellung über diese für die Preisbestimmung wesentliche Tatsache sei als Geschäftsirrtum zu qualifizieren. Soweit die Verkäuferin nach dem Vertrag nicht für ein bestimmtes Wohnungsausmaß hafte, schließe das eine Haftung des Beklagten - gleichviel, ob sich diese Regelung überhaupt auf ihn beziehe, - nicht aus. Die Gültigkeit eines "Vorwegverzichts auf eine Irrtumsanfechtung auch bei grober Fahrlässigkeit" werde zwar teilweise anerkannt, wenn der Irrende in der Lage gewesen sei, eine ausreichende Nachprüfung der "irrtumsrelevanten Umstände vorzunehmen". Ein solcher Verzicht dürfe jedoch nicht wider Treu und Glauben geltend gemacht werden. Der Beklagte habe den Irrtum der Kläger über die Wohnungsgröße zumindest grob fahrlässig veranlaßt. Dessen Berufung auf den vertraglichen Anfechtungsverzicht wegen Irrtums widerspreche daher dem Grundsatz von Treu und Glauben. Nach den näheren Umständen der Wohnungsbesichtigung hätten die Kläger die irrtumsrelevanten Tatsachen zunächst auch gar nicht wahrnehmen können. Werde durch ein Verschulden bei Vertragsabschluß das bloße Vermögen eines Beteiligten geschädigt, beschränke sich dessen Ersatzanspruch auf den Vertrauensschaden. Das Klagebegehren beziehe sich auf eine "Vertragsanpassung wegen unwesentlichen Irrtums im Sinne des § 872 ABGB". Die Kläger seien so zu stellen, wie sie stünden, wenn sie nicht auf die Richtigkeit der "irreführenden Äußerung" vertraut hätten. Ohne Irrtum hätten sie "vielleicht einen geringeren Kaufpreis bezahlt". Nun stehe zwar fest, daß die Kläger ohne Irrtum einen um 80.000 S geringeren Kaufpreis geboten hätten, es fehle jedoch an einer Feststellung, ob deren Vertragspartnerin die Wohnung um 820.000 S überhaupt verkauft hätte. Das sei nach dem hypothetischen Parteiwillen zu klären. Lasse sich ein solcher nicht feststellen, sei aufgrund der Verkehrsanschauung zu prüfen, wie "normale Parteien redlicherweise gehandelt hätten". Im fortgesetzten Verfahren seien daher Feststellungen darüber zu treffen, ob die Wohnung um 820.000 S verkauft worden wäre, wenn die Kläger die tatsächliche Wohnungsgröße gekannt hätten. Lasse sich das nicht bereits aufgrund einer Vernehmung der Kläger und des Beklagten als Parteien und seiner Tochter als Zeugin aufklären, sei der "verkehrsübliche Preis der Wohnung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses" durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln, wären doch redliche Parteien unter Zugrundelegung eines solchen Preises "vertragswillig gewesen". Es läge dann am Beklagten, Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, daß "er auch bei Aufklärung des Irrtums der Kläger über die Größe der Wohnfläche zu keinem geringeren als dem vereinbarten Entgelt" kontrahiert hätte.

Rechtliche Beurteilung

Nur der Rekurs der Kläger ist berechtigt.

Nach der Rechtsprechung (3 Ob 2043/96d mwN [unter ausführlicher Erörterung des Wesens des Kalkulationsirrtums und seiner Einschätzung durch die Rsp]; JBl 1994, 179; WBl 1987, 62 = RZ 1987/21) ist der für den Vertragsabschluß adäquat kausale Irrtum einer Vertragspartei über die wesentlichen Elemente der Preisbildung als Geschäftsirrtum - bei Vorliegen der Anfechtungs- voraussetzungen des § 871 ABGB - dann beachtlich, wenn deren Grundlagen offengelegt wurden und das Einvernehmen darüber bestand, daß das Geschäft gerade unter Zugrundelegung dieser Kalkulation zustandekommen soll. Dabei wird der Irrtum des Erwerbers einer Wohnung über deren Größe bereits nach den Kriterien der Lebenserfahrung als Geschäftsirrtum qualifiziert, weil der Preis im allgemeinen "nicht unmaßgeblich" durch die Wohnfläche bestimmt wird (SZ 53/108). Diesem Grundsatz wird in 4 Ob 549/88 (= MietSlg 40.773 [im hier bedeutsamen Abschnitt unveröffentlicht]) nicht widersprochen. Das Klagebegehren scheiterte dort nur deshalb, weil die Kläger auf Gewährleistung verzichtet und nicht behauptet hatten, daß die "im Inserat angegebene Wohnungsgröße überhaupt als preisbestimmender Faktor angesehen und der Kaufvertrag bei Kenntnis der wahren Größe - nicht nur von ihnen, sondern auch vom Beklagten - zu einem geringeren Kaufpreis abgeschlossen worden wäre". Diese Entscheidung kann für die mangelnde Berechtigung des Klageanspruchs hier jedenfalls nicht ins Treffen geführt werden, weil die Kläger ohnehin darlegten, der Beklagte habe die Größe der Wohnung wider besseres Wissen mit 55 m**2 angegeben, obgleich diese nur eine Fläche von 44 m**2 habe und daher ein "Minderwert" von 80.000 S gegeben sei. Dieser Vorwurf arglistigen Vorgehens schließt die Behauptung ein, der Beklagte habe den Irrtum der Kläger über einen für die Preisbildung wesentlichen Umstand und deshalb auch den geltend gemachten Vermögensschaden zumindest (grob oder leicht) fahrlässig verursacht (vgl SZ 60/288).

Nach den Feststellungen hatte der Beklagte als Bevollmächtigter seiner Tochter zum einen eine Wohnung von 55 m**2 zum Verkauf angeboten, zum anderen wollten die Kläger gerade eine solche Wohnung erwerben. Daher bezog sich die schließlich erzielte rechtsgeschäftliche Willenseinigung auf jene Wohnungsgröße als Geschäftsinhalt, die Inhalt der Vertragsverhandlungen war und die Festlegung des Kaufpreises von 900.000 S entscheidend mitbestimmte. Deshalb stellt die unrichtige Vorstellung der Kläger über die Wohnungsgröße nach den bereits erörterten rechtlichen Voraussetzungen einen Geschäftsirrtum dar. Dem vermag der Beklagte in der Rekursbeantwortung nur die teilweise polemisch vorgetragene, jedoch unbewiesene Behauptung entgegenzusetzen, die Wohnungsgröße sei für die Preisbildung unmaßgeblich gewesen.

Soweit der Beklagte eine Feststellung darüber vermißt, daß der Kaufvertrag "von 1989" in den Händen des Vertragsverfassers gewesen sei, weil "ein Wort der Beklagten" für eine Verlesung der Wohnungsfläche als Orientierungsgröße genügt hätte, werden offenbar die Parteirollen verwechselt. Dieser Lapsus trifft allerdings das Richtige, weil der Vertragsverfasser als Beauftragter der Verkäuferin tätig war und deshalb gerade vom Beklagten als deren Vertreter zu erwarten gewesen wäre, jenen aufzufordern, den Klägern die tatsächliche Wohnungsfläche aus dem Kaufvertrag vom 14.November 1989 vorzulesen und ihnen weiters den Wohnungsplan als Grundlage für die rechtsgeschäftliche Willensbildung vorzulegen.

Daß der Erstkläger "Doktor" und die Zweitklägerin "Magistra" ist, ergibt sich ohnehin aus den Urteilen beider Vorinstanzen. Der erkennende Senat vermag jedoch nicht zu erkennen, weshalb ein "Doktor" und eine "Magistra" eine bestimmte Wohnungsfläche dieser Ausbildung wegen genauer schätzen und die "irrtumsrelevanten Umstände" deshalb besser nachprüfen könnten.

Durch Bekämpfung der Feststellung, der Beklagte habe den Kaufgegenstand renoviert, wird bloß eine im Verfahren dritter Instanz unbeachtliche Beweisrüge zur Darstellung gebracht.

Das vorvertragliche Schuldverhältnis besteht unabhängig davon, ob später ein Vertragsabschluß erfolgt (SZ 53/13; SZ 52/135; SZ 52/90; SZ 51/111; SZ 49/94; SZ 48/102). Verletzt jemand - wenn auch nur fahrlässig - vorvertragliche Pflichten, hat er für den dadurch verursachten reinen Vermögensschaden des anderen einzustehen (SZ 56/135; SZ 55/113; SZ 55/84; SZ 51/79). Zu ersetzen ist das negative Vertragsinteresse. Dabei ist der Geschädigte so zu stellen, wie er ohne Pflichtverletzung stünde (3 Ob 509/95; SZ 52/90; SZ 48/102). Hat ein Vertreter - wie hier der Beklagte - ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse am Zustandekommen des Vertrags im Verhältnis zum Gegenkontrahenten, haftet er diesem für jedes Verschulden, das für den Vertragsschluß und einen Schaden in dessen Vermögen ursächlich war (1 Ob 182/97i; 4 Ob 154/97v; 1 Ob 2389/96x; JBl 1997, 37; SZ 57/37; SZ 56/135; SZ 51/79).

Der Beklagte bekämpft seine Passivlegitimation als Vertreter der Verkäuferin aufgrund dieser vom Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannten Rechtslage nicht mehr. Er ist lediglich der Ansicht, die Kläger hätten ihre Unkenntnis über die wahre Wohnungsgröße selbst verschuldet und sich "der Aufrollung ihrer Unwissenheit" überdies durch den auf das Ausmaß des Kaufgegenstands bezogenen vertraglichen Haftungsausschluß begeben.

Ein Eigenverschulden der Kläger ist in rechtlicher Beurteilung der maßgeblichen Tatsachen nicht zu erkennen. Selbst wenn § 3 des Kaufvertrags vom 16.Dezember 1992 auch als Verzicht der Käufer auf die Irrtumsanfechtung auszulegen wäre, wäre für den Beklagten damit nichts gewonnen. Dieser haftet für den im Ersturteil zuerkannten Betrag von 80.000 S nicht nach Irrtumsanfechtungsrecht, sondern als Vertreter, der für einen reinen Vermögensnachteil der Kläger wegen eines grob fahrlässigen und durch Bewirkung eines Geschäftsirrtums schadensursächlichen Verhaltens in Verletzung vorvertraglicher Pflichten - also aufgrund eines besonderen Klagegrunds aus dem Titel des Schadenersatzes - persönlich einzustehen hat. Dabei wäre selbst ein im voraus vereinbarter Haftungsausschluß für grob fahrlässig verursachte Schäden unwirksam. Es stellt sich daher hier gar nicht die Frage, ob auch auf die gerichtliche Geltendmachung eines grob fahrlässig veranlaßten Irrtums vorweg verzichtet werden kann (vgl dazu etwa SZ 64/190).

Der Beklagte behauptete im Verfahren erster Instanz nicht, der Abschluß eines Kaufvertrags wäre unterblieben, wenn nur ein Preis von 820.000 S dem Marktwert des Kaufobjekts entsprochen hätte. Er brachte aber auch nicht vor, daß der von den Klägern begehrte Ersatzbetrag den wegen Überzahlung des Kaufobjekts entstandenen Vermögensschaden übersteige. Im übrigen bekämpfte er im Berufungsverfahren nicht die erstgerichtliche Tatsachenfeststellung, daß der Klageanspruch von 80.000 S "weit unter jenem Betrag liegt", der sich "bei der anteiligen Neuberechnung des Kaufpreises an Hand der tatsächlichen Fläche" ergäbe. Weil der Beklagte das Klagebegehren aufgrund dieses Prozeßvorbringens (ON 3 und ON 7 Seite 3) nur dem Grunde nach bestritt, bedarf es schon deshalb nicht mehr der Aufklärung jener Tatsachen, die das Berufungsgericht zur Aufhebung des Ersturteils im hier maßgeblichen Umfang bewogen. Soweit der Beklagte den Vermögensschaden der Kläger daher erst im Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß nach der relativen Berechnungsmethode ausgemittelt wissen will, ist das in diesem Verfahrensstadium nicht mehr von Belang.

Dem Rechtsmittel der Kläger ist somit gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO durch Wiederherstellung des Ersturteils in seinem durch das Rekursverfahren betroffenen Teil Folge zu geben. Da die Kläger je zu gleichen Teilen Miteigentümer des Kaufgegenstands sind, war jedoch im Urteilsspruch zu verdeutlichen, daß jedem von ihnen ein Ersatzbetrag von 40.000 S gebührt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO. Die Kläger obsiegten im Verfahren erster und zweiter Instanz mit rund 86 % des Klagebegehrens und haben daher in dieser Höhe Anspruch auf Ersatz der Pauschalgebühr für die Klage. Die sonstigen Kosten sind ihnen dagegen zu 72 % zu ersetzen. Im Verfahren dritter Instanz obsiegten die Kläger zur Gänze. Nicht zuzusprechen ist allerdings die Pauschalgebühr für den Rekurs, weil sie erst in der Rekursbeantwortung zum Rechtsmittel des Beklagten verzeichnet wurde. Das Versäumnis der Verzeichnung dieser Kosten bereits im Rekurs führte gemäß § 54 Abs 1 ZPO zum Verlust des Ersatzanspruchs. Der Beklagte, der mit rund 14 % obsiegte, hat in dieser Höhe Anspruch auf Ersatz der im Berufungsverfahren bezahlten Pauschalgebühr. Dieser Teilbetrag ist gegen den Kostenersatzanspruch der Kläger aufzurechnen. Im einzelnen ergibt die Berechnung des Kostenersatzanspruchs der Kläger den im Spruch ausgeworfenen Betrag. Dabei stehen jedem der Kläger 50 % der Gesamtvertretungskosten zu.

Rechtssätze
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