JudikaturJustiz1Ob166/19x

1Ob166/19x – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** P*****, vertreten durch die Harb Postl Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei J***** B*****, vertreten durch Mag. Peter Handler, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 16. Mai 2019, GZ 3 R 10/19s 69, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom 26. November 2018, GZ 101 C 88/18a 65, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts unter Einschluss der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.480,33 EUR (darin enthalten 341,56 EUR USt und 1.431 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist seit 2009 Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG *****, die unter anderem aus dem Grundstück 28/4 besteht. Über dieses Grundstück verläuft ein (Wiesen )Weg, den der Beklagte bzw seine Rechtsvorgänger im Eigentum der Liegenschaft EZ ***** KG ***** nutzten, um den nördlichen bzw nordöstlichen Teil des Grundstücks 22/9 dieser Liegenschaft zu bewirtschaften. Zumindest seit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde zur Bewirtschaftung dieses Grundstücks ein Traktor verwendet, mit dem der Beklagte bzw seine Rechtsvorgänger den Weg über das Grundstück der Klägerin ca 5 bis 10 Mal im Jahr befuhren.

Nachdem es in der Vergangenheit zwischen den Streitteilen bereits wiederholt zu Auseinandersetzungen gekommen war, weil der Beklagte mit seinem Traktor über den (Wiesen )Weg fuhr, versperrte die Klägerin am 12. 10. 2014 den Weg, indem sie einen Anhänger quer über diesen stellte. Seitdem ist dem Beklagten ein Befahren des Wegs mit einem Traktor nicht mehr möglich.

Mit ihrer am 6. 5. 2015 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, das Befahren des Weggrundstücks zu unterlassen. Der Beklagte habe sich das Recht zur Nutzung des Wegs angemaßt und sei mehrfachen Aufforderungen, das Befahren des Wegs zu unterlassen, bis ins Jahr 2014 nicht nachgekommen. Eine ersessene Wegeservitut liege nicht vor. In der Tagsatzung vom 17. 9. 2018 brachte die Klägerin ergänzend vor, selbst wenn man vom Bestehen einer Servitut ausgehen wollte, sei es zu einer Freiheitsersitzung gemäß § 1488 ABGB gekommen, weil sie dem Beklagten das Befahren des Wegs durch das Abstellen eines Anhängers seit Oktober 2014 unmöglich gemacht habe.

Der Beklagte wendete unter anderem ein, er sei zur Nutzung des Wegs berechtigt, weil durch dessen fortdauernde gutgläubige Benützung als Geh und Fahrweg über mehr als 75 Jahre eine Servitut ersessen worden sei. Dem Einwand der Freiheitsersitzung hielt er entgegen, dass das Verfahren bereits seit 2015 anhängig und die Klage kurz nach Aufstellen des Anhängers bei Gericht eingebracht worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Da feststehe, dass der Beklagte und seine Rechtsvorgänger den Weg über das Grundstück 28/4 jedenfalls über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren – zumindest seit 1957 – regelmäßig dazu benutzt hätten, um Teile des Grundstücks 22/9 mit einem Traktor zu bewirtschaften und dabei gutgläubig gewesen seien, sei es zur Ersitzung eines Geh- und Fahrrechts (Befahren mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen und zu landwirtschaftlichen Zwecken) über das Grundstück der Klägerin gekommen. Dem Beklagten sei jedoch das Befahren des Wegs seit 12. 10. 2014 durch das Abstellen eines Anhängers dauerhaft unmöglich, sodass sich die Klägerin – bezogen auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz – mehr als drei Jahre hindurch der Inanspruchnahme des Wegs zu Fahrzwecken widersetzt habe. Dieser Widersetzungshandlung sei der Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten, indem er sich im Verfahren bloß auf den Bestand eines Wegerechts berufen habe. Da er sich vor Ablauf der Frist des § 1488 ABGB gegen die Widersetzungshandlung nicht mit Klage zur Wehr gesetzt habe, sei es zur (Freiheits )Ersitzung durch die Klägerin gekommen. Deren Unterlassungsbegehren sei daher stattzugeben.

Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Dem Beklagten könne in Anbetracht der vorliegenden Klage nicht angelastet werden, dass er dem Aufstellen eines Anhängers am 14. 12. 2014 nicht mit einer Klage begegnet sei. Das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit sei auch dann gegeben, wenn bei identischem Sachverhalt das Begehren der späteren Klage das begriffliche Gegenteil der früheren Klage sei. Daher stünden die actio negatoria und die actio confessoria zueinander nicht nur dann im Verhältnis der Streitanhängigkeit, wenn sich ein Begehren auf Feststellung einer bestimmten Servitut und ein Begehren auf Feststellung des Nichtbestehens eben dieser Servitut gegenüberstünden. Da die rechtskräftige Abweisung des Unterlassungsbegehrens im vorliegenden Rechtsstreit den (impliziten) Feststellungsanspruch in sich greife, dass eine Unterlassungspflicht nicht bestehe, woraus umgekehrt eine Pflicht der Klägerin zur Duldung der Wegenutzung durch den Beklagten abgeleitet werden könne, komme dieser Grundsatz auch in der besonderen Fallkonstellation, wie sie hier zu beurteilen sei, zum Tragen. Eine auf Duldung der Wegenutzung gerichtete Servitutsklage des Beklagten wäre vor diesem Hintergrund als das begriffliche Gegenteil der Unterlassungsklage der Klägerin zu qualifizieren, sodass dem Beklagten eine Geltendmachung seines Wegerechts durch Erhebung einer Klage versperrt gewesen sei. Das führe zu einer Ablaufshemmung der Frist des § 1488 ABGB, weil der Beklagte als Rechtsinhaber aus prozessualen Gründen gehindert gewesen sei, sein Recht durch aktives Belangen gerichtlich geltend zu machen. Dem Beklagten, der sich von Beginn an auf das Bestehen einer Servitut am Weg gestützt habe, sei daher kein Säumnisvorwurf zu machen, der einen Verjährungseintritt rechtfertigen könnte. Schließlich sei darauf Bedacht zu nehmen, dass dem vom Beklagten bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingenommenen Standpunkt, wonach die Klägerin den Prozess verschleppe, implizit der Einwand der Arglist innewohne, der dem Verjährungseinwand auch zu Recht entgegengehalten worden sei.

Die Revision ließ das Berufungsgericht zur Frage zu, ob eine auf Unterlassung gerichtete actio negatoria der Klägerin und eine allfällige auf Duldung gerichtete actio confessoria des Beklagten, jeweils betreffend dasselbe Weggrundstück, zueinander im Verhältnis der Streitanhängigkeit stünden, und unter welchen Voraussetzungen der bloße Einwand des Bestands eines Servitutsrechts gegen die Klage der sich widersetzenden Liegenschaftseigentümerin als zur Abwehr der Freiheitsersitzung ausreichende Geltendmachung des Servitutsrechts im Sinn des § 1488 ABGB zu qualifizieren sei.

Die vom Beklagten beantwortete Revision der Klägerin ist zulässig, weil die Rechtsansicht des Berufungsgerichts einer Korrektur bedarf; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin hat den über ihr Grundstück verlaufenden Weg durch das Abstellen eines Anhängers versperrt. Seit diesem Zeitpunkt ist dem Beklagten ein Befahren des Wegs, um Teile seines Grundstücks zu bewirtschaften, nicht mehr möglich. Gestützt auf diesen Umstand hat die Klägerin im Verfahren erster Instanz die Verjährung eines allenfalls vom Beklagten bzw dessen Rechtsvorgängern ersessenen Fahrrechts eingewendet. In ihrer Revision stellt sie die von den Vorinstanzen angenommene Ersitzung eines solchen Rechts nicht mehr infrage, sodass Gegenstand des Revisionsverfahrens ausschließlich die von ihr behauptete Freiheitsersitzung ist.

2.1 Nach § 1488 ABGB verjährt das Recht der Dienstbarkeit durch den Nichtgebrauch, wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung der Servitut widersetzt und der Berechtigte durch drei aufeinander folgende Jahre sein Recht nicht geltend macht (Freiheitsersitzung; usucapio libertatis). Dabei handelt es sich um einen Sonderfall der Verjährung ( M. Bydlinski in Rummel ABGB 3 § 1488 Rz 1), die, je nach dem Umfang der Nichtausübung, auch bloß eine Einschränkung der Servitut bewirken kann (RIS-Justiz RS0034281; Klang in Klang 2 , 632; Dehn in KBB 5 § 1488 Rz 1; Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 § 1488 Rz 18).

2.2 Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs genügt es für den Beginn des Laufs der Frist nach § 1488 ABGB, dass der Verpflichtete ein Hindernis errichtet, das die Ausübung des Rechts für den Berechtigten wahrnehmbar unmöglich macht oder beeinträchtigt ( RS0034271 [T11]; 2 Ob 97/13y ua). Auch eine auf Sorglosigkeit beruhende Unkenntnis des Berechtigten von der Errichtung eines der Ausübung der Servitut entgegenstehenden Hindernisses hindert den Fristenlauf nicht (vgl 1 Ob 25/13b mwN).

3.1 Hier steht fest, dass dem Beklagten ein Befahren des Wegs mit einem Traktor aufgrund der Maßnahme der Klägerin seit 12. 10 2014 unmöglich ist. Dass der Beklagte davon jedenfalls zeitnah Kenntnis erlangte bzw das Hindernis bei gewöhnlicher Sorgfalt jedenfalls zeitnah wahrnehmen hätte können, ist unstrittig. Ist das Recht des Berechtigten auf ein Dulden gerichtet, wie beim Wegerecht, geht es durch den Widerstand des Verpflichteten erst dann verloren, wenn der Berechtigte es bei der Widersetzlichkeit bewenden lässt und die Erhaltung seines Rechts nicht fristgerecht einklagt. Einer darauf gerichteten Klage bedarf es nur dann nicht, wenn das Recht ungeachtet der Abwehrmaßnahme in der Art ausgeübt wird, dass das Verbot bedeutungslos ist (RS0034309; Vollmaier § 1488 Rz 14 mwN). Für die Geltendmachung der Dienstbarkeit ist daher, sofern nicht ausnahmsweise die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens vorgesehen ist, grundsätzlich die Klageführung erforderlich ( Dehn aaO; Mader/Janisch aaO Rz 7; Vollmaier aaO Rz 14; Madl in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.06 § 1488 Rz 9).

3.2 Demgegenüber hindert die außergerichtliche Geltendmachung des Servitutsrechts durch den Berechtigten die Freiheitsersitzung ebenso wenig wie die bloße Einwendung des aufrechten Bestands einer Servitut in einem Passivprozess (RS0034377 = 1 Ob 336/56; Madl aaO Rz 9; Vollmaier aaO Rz 14 Perner in Schwimann , Taschenkommentar ABGB 2 § 1488 Rz 3 je mwN). Der Klage könnte eine Einrede in ihren Auswirkungen auf den Verlauf der Verjährungszeit des § 1488 ABGB nur dann gleich gehalten werden, wenn das damit geltend gemachte Recht Gegenstand einer der Rechtskraft fähigen Feststellung ist, wie das bei einem Zwischenantrag auf Feststellung gemäß § 236 Abs 1 ZPO, mit dem in Urteilsform über den Bestand eines für die Entscheidung über ein Gegenrecht präjudiziellen, in seiner Bedeutung über den konkreten Rechtsstreit hinausgehenden Rechts oder Rechtsverhältnisses abgesprochen wird (dazu RS0039621 [T2]), der Fall ist (so schon 1 Ob 336/56; siehe auch Klang in Klang , Komm VI² § 1497 ABGB, 655; Vollmaier aaO § 1497 ABGB Rz 61 mwN). Einen solchen Antrag hat der Beklagte nicht gestellt, sodass es entgegen der vom Berufungsgericht seiner Zulassungsbegründung erkennbar zugrunde gelegten Ansicht für die Frage der Freiheitsersitzung ohne Bedeutung ist, dass der Beklagte dem Unterlassungsbegehren der Klägerin den Bestand einer Servitut entgegengehalten hat.

4. Die objektive Ungewissheit über den Bestand oder Umfang eines Rechts kann durch die Rechtskraftwirkung eines – allenfalls über Antrag gemäß § 236 Abs 1 ZPO ergangenen – Feststellungsurteils beseitigt werden (RS0038964). Einer Klage des Beklagten zur Feststellung des Bestehens der von ihm eingewendeten Dienstbarkeit wäre auch das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit nicht entgegengestanden:

4.1 Die Streitanhängigkeit ist die Vorläuferin der Einmaligkeitswirkung (ne bis in idem) der materiellen Rechtskraft und deckt sich in ihren Auswirkungen mit dieser vollständig (RS0109015). Das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit liegt – ebenso wie jenes der Rechtskraft – nach herrschender Lehre und Rechtsprechung nur dann vor, wenn nicht nur die Identität der Parteien, sondern auch die Identität der Ansprüche besteht

( RS0041340; RS0044453 ) . Ob das der Fall ist, ist nach den Streitgegenständen der beiden Verfahren zu beurteilen (RS0044453 [T2]), die durch das jeweilige Entscheidungsbegehren und den zu ihrer Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen definiert werden (RS0039347; RS0041281 [T2]; Klicka in Fasching / Konecny ³ III/2 § 411 ZPO Rz 41).

4.2 Das Begehren auf Feststellung einer bestimmten Servitut ist das begriffliche Gegenteil des Begehrens auf Feststellung des Nichtbestehens einer solchen Servitut, sodass insoweit die frühere Klage für die spätere das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit begründet (RS0109015). Insoweit schafft eine erfolgreiche actio confessoria daher Rechtskraft für eine actio negatoria unter denselben Parteien, und umgekehrt (RS0013459).

4.3 Ein solcher Fall wäre aber – anders als vom Berufungsgericht für eine auf Duldung gerichtete Klage angenommen – bei einer Klageführung des Beklagten auf Feststellung der von ihm behaupteten Servitut nicht zu beurteilen gewesen: Das Begehren der Klägerin ist darauf gerichtet, dem Beklagten das Befahren des Wegs zu untersagen. Für die Entscheidung über diesen Anspruch ist die Frage, ob dem Beklagten ein (ersessenes) Recht zukommt, ebenso nur Vorfrage, wie in einem auf Duldung der Ausübung dieses Rechts geführten Verfahren. Die Rechtskraft der Entscheidung umfasst in keiner dieser Konstellationen die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer vom Beklagten behaupteten Servitut. Ein von ihm erhobenes Feststellungsbegehren wäre weder ident noch das begriffliche Gegenteil des hier zu beurteilenden Streitgegenstands gewesen, sodass einer auf Feststellung des Bestands der Wegeservitut (auch zum Zweck des Fahrens) gerichteten Klage des Beklagten auch kein prozessrechtliches Hindernis entgegengestanden wäre. Eine solche Klage zur Geltendmachung der Dienstbarkeit, jedenfalls aber einen auf die Feststellung des Bestehens eines solchen Rechts gerichteten Antrag gemäß § 236 Abs 1 ZPO – für den kein zusätzliches Verfahren eingeleitet werden muss –, hätte er auch erheben müssen, um die Unterbrechung der dreijährigen Frist des § 1488 ABGB zu erreichen.

5.1 Die Replik der Arglist kann der Verjährungseinrede entgegengehalten werden, wenn die Fristversäumnis auf ein verpöntes Verhalten des Gegners zurückgeht (vgl RS0014382; M. Bydlinski aaO § 1501 ABGB Rz 2), etwa wenn zunächst auf die Verjährungseinrede verzichtet wurde, die dann im Prozess doch erhoben wird (RS0014828). Der Einwand der Arglist muss nicht ausdrücklich erhoben werden, es genügt, wenn die sie begründenden Tatsachen im Prozess vorgebracht wurden (RS0014828 [T6]).

5.2 Dem in der Tagsatzung vom 17. 9. 2018 erhobenen Einwand, dass es nach § 1488 ABGB zur Freiheitsersitzung gekommen sei, hielt der Beklagte inhaltlich lediglich entgegen, dass das Verfahren seit 2015 anhängig und die Klage kurz nach Aufstellen des Anhängers im Bereich des Wegs im Jahr 2014 eingebracht worden sei. Losgelöst von der Frage, ob einzelne Verfahrensschritte oder die Prozessdauer insgesamt angesichts der Tatsache, dass dem Beklagten jederzeit eine selbständige Klageführung möglich gewesen wäre, im gegebenen Kontext überhaupt den Einwand der Arglist zu rechtfertigen vermögen, fehlt dem Vorbringen des Beklagten jeder Hinweis auf ein Verhalten der Klägerin, das einen Verstoß gegen Treu und Glauben und damit Arglist begründen könnte, sodass die entsprechende Beurteilung des Berufungsgerichts schon vom Vorbringen des Beklagten nicht gedeckt ist. Sein ohne näheres Substrat erstmals in der Berufung erhobener und in der Revision wiederholter Vorwurf der (arglistigen) Prozessverschleppung verstößt gegen das Neuerungsverbot (§ 482 Abs 1, § 504 Abs 2 ZPO).

6. Der Revision der Klägerin ist damit Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts einschließlich dessen Kostenentscheidung wiederherzustellen.

7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Für die Berufungsbeantwortung steht der Klägerin gemäß § 23 Abs 9 RATG lediglich der dreifache Einheitssatz zu. Der ERV Zuschlag für die Revision beträgt gemäß § 23a RATG 2,10 EUR.

Rechtssätze
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