JudikaturJustiz14Os44/96

14Os44/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. November 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 1996 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Ebner, Dr. E.Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pösinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Haci B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Haci B*****, Mehmet D*****, Mehmet Serif B*****, Idris A***** und Ramazan Y***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 22. September 1995, GZ 7 Vr 1.120/94-363, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Vertreters des Zollamtes Salzburg als Finanzstrafbehörde I.Instanz, Dr. Angermüller, der Angeklagten Mehmet D***** und Mehmet Serif B*****, der Verteidiger Dr. Köhler, Dr. Koller, Dr. Soyer, Dr. Wohlfahrt und Dr. Waldeck, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Haci B*****, Idris A***** und Ramazan Y***** zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

In Stattgebung der darin enthaltenen Beschwerden (§ 498 Abs 3 StPO) wird die den Angeklagten nach § 26 Abs 2 FinStrG erteilte Weisung, den Abgabenverkürzungsbetrag von 8,125.100 Schilling anteilsmäßig (je 1,625.020 Schilling) zu bezahlen, aufgehoben.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Haci B*****, Mehmet D*****, Mehmet Serif B*****, Idris A***** und Ramazan Y***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG (B/1) und des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit b FinStrG (B/2), Mehmet Serif B***** darüberhinaus der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (A/1) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (A/2) schuldig erkannt.

Darnach haben

(zu B) Haci B*****, Mehmet D*****, Mehmet Serif B*****, Idris A***** und Ramazan Y***** am 24.November 1994 in Nickelsdorf als Mitglieder einer Bande

1. den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich 31 kg Heroin eingeführt, wobei sie die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begingen, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der Menge ausmachte, deren Weitergabe geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen (§ 12 Abs 1 SGG);

2. anläßlich der zu Punkt 1 geschilderten Tat vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich Heroin in der obgenannten Menge, unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen;

(zu A) Mehmet Serif B***** überdies

1. am 14.November 1994 in Schwechat und am 25.November 1994 in Wien eine verfälschte ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz (§ 1 Abs 3 FrG) inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, und zwar einen durch Lichbildaustausch verfälschten türkischen Reisepaß lautend auf Kazim T*****, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, indem er diesen Reisepaß vorwies;

2. von einem nicht mehr exakt feststellbaren Zeitpunkt, jedenfalls ab dem 14.November 1994, bis 25.November 1994 in Wien und an anderen Orten eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, und zwar den zu A/1 bezeichneten Reisepaß mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß er im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde.

Rechtliche Beurteilung

Hazi B*****, Mehmet D*****, Mehmet Serif B*****, Idris A***** und Ramazan Y***** bekämpfen die Schuldsprüche wegen des Suchtgiftverbrechens (B/1) und des Finanzvergehens (B/2) je mit Nichtigkeitsbeschwerde, die vom Angeklagten Hazi B***** auf Z 4 und 9 lit a, vom Angeklagten Mehmet D***** auf Z 4, 5 und 5 a, vom Angeklagten Mehmet Serif B***** auf Z 3, 4, 5 und 9 lit a, vom Angeklagten Idris A***** auf Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 sowie vom Angeklagten Ramazan Y***** auf Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützt wird.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Haci B*****:

Der Verfahrensrüge (Z 4) gegen die Abweisung des Beweisantrages des Angeklagten Mehmet Serif B***** (dem der Beschwerdeführer beigetreten war) auf Herstellung von Tonbändern aus den digitalen Aufzeichnungen über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs und deren Abhörung durch einen Gerichtsdolmetscher zum Beweis dafür, daß keinerlei Äußerungen über ein Suchtgiftgeschäft enthalten und keine Codewörter hiefür verwendet worden seien (S 351 f/V), kommt keine Berechtigung zu. Da nicht die Übertragung der aufgezeichneten Gespräche, sondern deren Sinn von den Angeklagten in Frage gestellt wurde, hätte es nämlich eines Vorbringens dahin bedurft, aus welchen Gründen die Abhörung der Tonbänder durch einen Gerichtsdolmetscher eine Interpretation der Gespräche im Sinne der Verantwortung des Beschwerdeführers ermöglicht hätte. Somit wurden dessen Verteidigungsrechte durch die Abweisung des Beweisantrages nicht verletzt.

Auch seine Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit der der Nichtigkeitswerber geltend macht, daß seine Tathandlung bloß eine straflose "versuchte Beihilfe" zur Einfuhr des Suchtgiftes dargestellt habe, weil die Suchtgifteinfuhr erst Monate nach der Leistung seines Tatbeitrages erfolgt sei, versagt. Dem Beschwerdeführer ist bloß zuzubilligen, daß er nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht als unmittelbarer Täter, sondern als Beitragstäter zum Verbrechen nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG sowie zum Finanzvergehen des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit b FinStrG anzusehen ist. Unmittelbare Täterschaft im Sinne des ersten Falles des § 12 StGB bzw des § 11 FinStrG erfordert eine dem Tatbild jeweils entsprechende Ausführungshandlung, wogegen die vom Erstgericht festgestellten Tathandlungen des Angeklagten Haci B***** (US 10 ff) bloß einen sonstigen Tatbeitrag im Sinne des dritten Falles des § 12 StGB bzw des § 11 FinStrG darstellen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt es auf die zeitliche Nähe des Tatbeitrages zur Ausführung der geförderten Tat nicht an, vielmehr ist ein strafbarer Tatbeitrag selbst im Stadium der Tatvorbereitung möglich. Diesfalls wird der Beitragstäter allerdings erst dann strafbar, wenn der geförderte unmittelbare Täter - unabhängig von der Frage seiner individuellen Strafbarkeit - in das Versuchsstadium eintritt. Der Beitragstäter befindet sich somit immer im selben Deliktsstadium wie der geförderte unmittelbare Täter (Fabrizy in WK § 12 Rz 84-87 und 101 mwN; 12 Os 71/94). Da im vorliegenden Fall das Suchtgift auch tatsächlich nach Österreich eingeführt wurde, hat der Beschwerdeführer Beitragstäterschaft zum vollendeten Verbrechen nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG sowie zum vollendeten Finanzvergehen des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 36 Abs 1 lit b FinStrG zu verantworten. Die rechtsirrige Annahme unmittelbarer Täterschaft anstelle der Beitragstäterschaft gereicht dem Beschwerdeführer jedoch wegen ihrer rechtlichen Gleichwertigkeit nicht zum Nachteil, sodaß sie nicht mittels Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden kann.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mehmet D*****:

Dem in der Erörterung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Haci B***** erwähnten Beweisantrag des Angeklagten Mehmet Serif B***** ist auch Mehmet D***** beigetreten. Soweit er gleichfalls die Abweisung dieses Antrages mittels Verfahrensrüge (Z 4) bekämpft, ist er auf die vorigen Ausführungen zu verweisen.

Die Mängelrüge (Z 5) gegen die Urteilsfeststellung, daß sich die Angeklagten Idris A***** und Ramazan Y***** der beiden Taschen mit dem Heroin auf eine nicht näher bekannte Weise derart entledigten, daß das Heroin für Mittelsmänner wieder auffindbar war (US 21 f), betrifft keine entscheidenden Tatsachen, weil als solche nur jene zu betrachten sind, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß üben. In diesem Sinne stellte die Verfügung der genannten Angeklagten über das Suchtgift nach vollendeter Einfuhr nach Österreich keinen für die rechtliche Beurteilung der Tat bedeutsamen Umstand dar. Im übrigen steht die vom Beschwerdeführer betonte Tatsache, daß der Polizei eine Sicherstellung des Suchtgiftes nicht gelang, mit der bekämpften Feststellung nicht im Widerspruch, sodaß es keiner gesonderten Auseinandersetzung mit den Beweisergebnissen über die Suche nach den beiden Taschen bedurfte. Soweit der Beschwerdeführer aber aus der mangelnden Zustandebringung des Schmuggelgutes die Urteilsfeststellungen über die Suchtgifteinfuhr zu erschüttern trachtet, stellt sich sein Vorbringen als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar.

Der Beschwerdeführer vermag auch keine erheblichen, sich aus den Akten ergebenden Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit dieser Urteilsfeststellungen zu erwecken. So legt der Umstand, daß der Autobus von der Polizei observiert wurde, noch nicht den Schluß nahe, daß sich die Angeklagten Idris A***** und Ramazan Y***** nicht des Suchtgiftes auf die vom Schöffengericht festgestellte Weise entledigten, weil nach der Aktenlage die Wetterverhältnisse die Beobachtung sehr beeinträchtigten (S 189/I, S 305 ff/V). Überdies bezeichnete der Erstgenannte gegenüber der Polizei und dem Untersuchungsrichter sogar genau den Ort, an dem er die Taschen aus dem Autobus geworfen hatte (S 215 ff, 285 und 393/I, 229/II). Der Umstand, daß die Polizei das Schmuggelgut nicht fand, wurde vom Erstgericht logisch und empirisch einwandfrei damit erklärt, daß die Angeklagten Idris A***** und Ramazan Y***** den Ort der Hinterlegung einem unbekannt gebliebenen Anrufempfänger vom Rastplatz Ybbs aus telefonisch mitgeteilt hatten (US 22). Die Gründe, warum das Schöffengericht das vor der Polizei abgelegte und vor dem Untersuchungsrichter bestätigte Geständnis des Beschwerdeführers für richtig hielt und dessen in der Hauptverhandlung gewählte Verantwortung verwarf, hat es ausführlich und auf überzeugende Weise dargelegt (US 32 ff). Soweit der Nichtigkeitswerber auf seine in der Hauptverhandlung vorgebrachte Version des Tatgeschehens verweist, vermag er schon deshalb gegen die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes keinerlei Bedenken zu erwecken, weil es dieser Verantwortung, derzufolge er ein Olivengeschäft durchführen und die als Suchtgiftkäufer auftretenden italienischen Beamten betrügen wollte, nach der berechtigten Auffassung der Tatrichter an der inneren Wahrscheinlichkeit mangelte.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mehmet Serif B*****:

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer die Verletzung bzw Vernachlässigung einer Reihe von Vorschriften geltend, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt. Seine Einwände versagen jedoch.

So konnte durch die Vernehmung der - als Zeugen N.N. VE 1, VE 2 und VE 3 bezeichneten - italienischen Polizeibeamten die Vorschrift des § 151 Z 2 StPO gar nicht verletzt werden, weil sich das darin statuierte Vernehmungsverbot, das übrigens bei Anzeigepflicht gemäß § 84 StPO gar nicht besteht (SSt 56/101), nur auf österreichische Beamte bezieht (vgl SSt 12/38; Foregger/Kodek StPO6 § 151 Erl VI; Bertel Grundriß4 RZ 385; Lohsing/Serini, Österreichisches Strafprozeßrecht4, 283 f; Roeder, Lehrbuch des österreichischen Strafverfahrensrechtes2, 152 f). Für die Zulässigkeit der Vernehmung der italienischen Beamten als Zeugen war daher schon deshalb die Frage ihrer Verschwiegenheitspflicht nach italienischem Recht nicht zu prüfen, ganz abgesehen davon, daß auch die italienische Strafprozeßordnung von der Verpflichtung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses jene Fälle ausnimmt, in denen Beamte der Gerichtsbehörde Bericht erstatten müssen (Art 201 CPP), die Zeugen sich überdies auf ein Amtsgeheimnis nicht berufen haben (Art 200 Abs 2 iVm Art 201 Abs 2 CPP), vielmehr trotz Fehlens eines Ladezwanges (vgl Art 8 des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens, § 48 Abs 1 ARHV) vor Gericht freiwillig erschienen sind. Der in der Äußerung (§ 35 Abs 2 StPO) erhobene Einwand, eine derartige Argumentation laufe dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union zuwider, geht fehl. Aus Art 5 des EU-Vertrages, welcher ausschließlich die Umsetzung des Vertragsinhaltes in den Mitgliedstaaten betrifft, ist derartiges nicht abzuleiten und zudem läßt sich die Auffassung des Beschwerdeführers nicht mit dem Gemeinschaftsziel der Forcierung der supranationalen Verbrechensbekämpfung vereinbaren. Für die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art 177 Abs 3 EU-Vertrag bestand daher kein Anlaß.

Soweit der Beschwerdeführer die Unterlassung der in § 152 Abs 5 erster Satz StPO vorgesehenen Belehrung der gemäß § 152 Abs 1 Z 1 erster Fall StPO entschlagungsberechtigten Zeugen über ihr Zeugnisverweigerungsrecht rügt, macht er der Sache nach die Vernehmung entschlagungsberechtigter Zeugen ohne den in § 152 Abs 5 zweiter Satz StPO vorgesehenen Verzicht auf ihr Entschlagungsrecht als Voraussetzung für die Gültigkeit ihrer Zeugenaussage geltend, ist doch mit Nichtigkeit nur die Vernehmung des entschlagungsberechtigten Zeugen ohne ausdrücklichen Verzicht auf sein Entschlagungsrecht, nicht aber die Unterlassung der Belehrung des Zeugen bedroht.

Indes stand den als Zeugen N.N. VE 1, VE 2 und VE 3 bezeichneten Beamten des italienischen Innenministeriums ein Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 1 erster Fall StPO nicht zu, weil für sie keine Gefahr bestand, sich durch ihre Aussage strafgerichtlicher Verfolgung auszusetzen. Die italienischen Beamten waren nämlich mit Zustimmung des Bundesministeriums für Inneres in Zusammenarbeit mit den österreichischen Sicherheitsbehörden in Österreich als verdeckte Ermittler tätig (S 119 ff/I, S 282 ff/V, US 29). Damit stellte sich ihr Einschreiten als "verdeckte Fahndung" dar, worunter vor allem verstanden wird, daß sich ein Organ der Sicherheitsbehörden oder ein sogenannter Vertrauensmann der Polizei an einen mutmaßlichen Suchtgifthändler wendet, sich als Kaufinteressent ausgibt und womöglich die Überlassung von Suchtgift sowie die Überführung des Täters erwirkt. Ein solches Vorgehen wurde vom Nationalratsausschuß für Gesundheit und Umweltschutz sowie von den Bundesministerien für Justiz, für Inneres sowie für Gesundheit und Umweltschutz als mit der österreichischen Rechtsordnung durchaus vereinbar angesehen (420 BlgNR XV.GP, 5 f). Dafür, daß die italienischen Beamten Handlungen gesetzt hätten, die über die verdeckte Fahndung hinausgegangen wären, bot das Beweisverfahren keinen Anhaltspunkt. Damit war das Erstgericht nicht verpflichtet, den italienischen Beamten, welche gleich österreichischen die zu widerlegende Vermutung für sich haben, nur im Rahmen der Gesetze tätig zu werden, § 152 Abs 1 Z 1 StPO vorzuhalten.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen lag auch kein Anhaltspunkt dafür vor, daß die unter einer Legende agierenden italienischen Beamten eine strafbare Handlung gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweiszeichen nach dem zwölften Abschnitt des Strafgesetzbuches, insbesondere auch nicht das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB begangen hätten. Allenfalls von einer in- oder ausländischen Behörde zum Zwecke verdeckter Ermittlung ausgestellte Urkunden, die über die Identität eines Menschen täuschen, fallen nämlich nicht unter den Begriff der falschen Urkunde, weil dieser eine Täuschung über die Identität des Ausstellers, nicht aber über die Richtigkeit der urkundlichen Erklärung voraussetzt (Leukauf/Steininger Komm3 § 223 RN 24 mwN). Für das Erstgericht war auch kein Hinweis dafür gegeben, daß sich die italienischen Beamten durch ihre Aussage der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung in ihrem Heimatland wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses aussetzen würden (Art 201 CPP). Der Äußerung des Drittangeklagten, wonach diese Argumentation nicht erkennen ließe, "welches Tatsachensubstrat angenommen wird", genügt es zu entgegnen, daß auch er einen den Verdacht einer Straftat rechtfertigenden Sachverhalt nicht zu behaupten vermag. Im übrigen entsteht das hier geltend gemachte Entschlagungsrecht (§ 152 Abs 1 Z 1 StPO) erst dann, wenn der Zeugnisbefreiungsgrund der Selbstbezichtigungs- oder Selbstbelastungsgefahr offenbar und die Kenntnis hievon aktenmäßig belegbar geworden ist (siehe die in Pleischl/Soyer StPO zitierten Gesetzesmaterialien zu § 152 Abs 5).

Der Beschwerde zuwider wurden die als Zeugen in der Hauptverhandlung vernommenen Polizeibeamten Andreas B*****, Heinz B***** und Andreas E***** sehr wohl über das ihnen allenfalls nach § 152 Abs 1 Z 1 erster Fall StPO zustehende Entschlagungsrecht belehrt. Soweit das Hauptverhandlungsprotokoll diese Belehrungen und die darauf erfolgten Reaktionen der Zeugen zunächst nicht entsprechend wiedergab, wurde es mit Beschluß des Vorsitzenden vom 10.Juni 1996 (ON 530) berichtigt bzw ergänzt.

Während bei der Vernehmung des Zeugen Andreas B***** (S 305 ff/V) zunächst kein Anlaß für eine solche Belehrung bestand, wurde ihm § 152 Abs 1 Z 1 StPO vorgehalten, nachdem ihm der Angeklagte Mehmet D***** vorgeworfen hatte, ihn in seinem Zimmer geschlagen zu haben, worauf der Beamte erklärte, er wolle zu dieser Frage nichts aussagen. Damit nahm er - gemäß der Regelung des § 152 Abs 4 zweiter Satz StPO - sein Entschlagungsrecht nur hinsichtlich dieses Sachverhaltes in Anspruch, weshalb aber die übrige Aussage, die sich nicht auf diesen Vorwurf bezog, verwertbar blieb. Denn aus der Zulässigkeit der sachverhaltsbezogenen Teilbarkeit des Entschlagungsrechtes ergibt sich im Falle des Bekanntwerdens des Grundes für die Zeugnisbefreiung erst im Laufe einer Vernehmung (§ 152 Abs 5 StPO), daß die Verwertbarkeit der bisherigen Aussage dann erhalten bleibt, wenn jeder Bezug dieser Aussage zu entschlagungsrelevanten Sachverhalten ausgeschlossen ist (EvBl 1994/138). Dies trifft hier zu, weil ein sachlicher Zusammenhang zwischen den vom Zeugen wiedergegebenen Beobachtungen und den vom Beschwerdeführer gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht erkennbar ist und auch vom Beschwerdeführer nicht dargetan werden konnte.

Soweit der Angeklagte die mangelnde Verwertbarkeit der Aussage des Zeugen Andreas B***** auf Art 15 des UNO-Übereinkommens über Folter, BGBl 1987/492, zu gründen sucht, verkennt er, daß dieses Beweisverwertungsverbot nur für Aussagen gilt, die nachweislich unter Folter herbeigeführt wurden, und keinesfalls für Aussagen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes, denen Folter bloß vorgeworfen wird. Von einem Nachweis, daß die Aussagen des Angeklagten Mehmet D***** vor der Polizei unter Folter herbeigeführt worden wären - abgesehen von der einschränkenden Definition des Begriffes der Folter durch Art 1 Abs 1 des erwähnten Übereinkommens -, kann keine Rede sein. Der in der Äußerung des Angeklagten vertretenen gegenteiligen Ansicht ist außerdem entgegenzuhalten, daß sich das Erstgericht ausführlich mit dem Vorwurf der Folter auseinandergesetzt und die Annahme, Mehmet D***** sei von den Beamten der Ermittlungsbehörde gefoltert worden, ausdrücklich abgelehnt hat, weil dieser sein Geständnis vor dem Untersuchungsrichter wiederholte (US 34).

Der Beschwerde zuwider wurde auch der Zeuge Heinz B***** im Sinne des § 152 Abs 1 Z 1 StPO belehrt, nachdem ihm offenbar die Frage gestellt worden war, ob einer der Fahrer geschlagen wurde (S 309 f/V iVm S 29 f/VII). Seine spontane (S 29/VII) Beantwortung der Frage stellt nach Lage des Falles einen ausdrücklichen Verzicht auf das ihm zustehende Entschlagungsrecht im Sinne des § 152 Abs 5 zweiter Satz StPO dar, denn die vom Gesetz geforderte Verzichtserklärung ist an eine bestimmte Förmlichkeit (etwa an die Ersichtlichmachung des Wortes "Verzicht") nicht gebunden (15 Os 26/96). "Ausdrücklich" bedeutet nämlich keineswegs "expressis verbis", sondern "deutlich", "erkennbar", "klar" oder "offenbar" im Sinne von "unzweideutig" (Dittrich/Tades, ABGB34 § 891 E 2; Gamerith in Rummel2 Rz 3 zu § 891; idS auch Arnold in ÖJZ 1982, 3 FN 14) und es kann nach dem protokollierten Prozeßverlauf in Verbindung mit dem aufklärenden Bericht (§ 285 f StPO) des Vorsitzenden (S 29 f/VII) hier keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, daß der unvermittelten Aussagereaktion des erfahrenen Polizeibeamten Heinz B***** nach erfolgter Belehrung eine solche Erklärungsqualität zukommt.

Der Beschwerde zuwider gab der Zeuge Andreas E***** nach Vorhalt des § 152 Abs 1 Z 1 StPO die Erklärung ab, aussagen zu wollen (S 313/V iVm S 29/V).

Ebenso vermag der Beschwerdeführer keine Verletzung des § 228 StPO aufzuzeigen, weil der Gerichtshof zur Ausschließung der Öffentlichkeit auf Grund der Bestimmungen des § 229 StPO berechtigt war. Dem Schöffengericht lagen nämlich gesicherte Erkenntnisse dahin vor, daß der Beschwerdeführer Mitglied einer türkischen Terrororganisation (TDKP bzw PKK) ist (S 217 f/III, US 8). Aus diesem Grunde waren - nach dem Bericht des Vorsitzenden - die drei erwähnten Beamten des italienischen Innenministeriums und ein weiterer Zeuge nur bereit auszusagen, wenn ihre Identität geheimgehalten und die Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung ausgeschlossen wird, weil sie um ihre körperliche Sicherheit fürchteten, zumal sich unter den Zuhörern im Verhandlungssaal auch Personen offensichtlich türkischer Herkunft befanden (S 31/VII). Somit lagen nicht nur Gründe der öffentlichen Ordnung für die Ausschließung der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung vor, sondern erforderten überwiegende schutzwürdige Interessen jener Zeugen, deren Angaben zur Person unterbleiben konnten (§ 166 a StPO), diese Maßnahme (§ 229 Abs 1 und Abs 2 StPO).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurden auch die Formvorschriften des § 229 Abs 1 StPO für den Ausschluß der Öffentlichkeit eingehalten. Nach dem - zwischenzeitig ergänzten - Hauptverhandlungsprotokoll und dem erwähnten Bericht des Vorsitzenden faßte der Gerichtshof den entsprechenden Beschluß nach geheimer Beratung und verkündete ihn sodann samt den Gründen (S 324/V, S 31/VII). Ob diesbezüglich die Führung eines abgesonderten Protokolls entgegen § 272 StPO unterlassen wurde, kann auf sich beruhen, weil die bezeichnete Norm im Katalog des § 281 Abs 1 Z 3 StPO nicht enthalten ist.

Das Erstgericht hat auch die Vorschrift des § 250 Abs 1 zweiter Satz StPO nicht verletzt, weil dem Angeklagten Mehmet Serif B***** die Aussagen seiner Mitangeklagten - nach dem mittlerweile ergänzten Protokoll über die Hauptverhandlung - tatsächlich zur Kenntnis gebracht wurden (S 282/V, S 31/VII). Soweit der Beschwerdeführer behauptet, daß ihm keine Möglichkeit geboten worden sei, Fragen an seine abgesondert vernommenen Mitangeklagten zu stellen, läßt er den Umstand außer acht, daß sein Verteidiger während deren Einvernahme anwesend war. Die Möglichkeit, seine Mitangeklagten nach seiner Wiedereinführung in die Hauptverhandlung persönlich zu befragen, hat der Beschwerdeführer indes nicht genützt (S 282/V).

Die weiters geltend gemachte Verletzung der Bestimmung des § 250 Abs 3 StPO durch die Vernehmung von Zeugen, deren Angaben zur Person unterblieben (§ 166 a StPO), in Abwesenheit der Angeklagten, ohne diesen die Möglichkeit der Stellung von Fragen einzuräumen (§ 162 a Abs 1 StPO iVm § 249 Abs 1 StPO), ist nicht mit Nichtigkeit bedroht. Das durch Art 6 Abs 3 lit d EMRK garantierte Recht der Angeklagten, Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen, wurde ihnen durch die Zulassung der Fragestellung durch die bei der Vernehmung der erwähnten Zeugen anwesenden Verteidiger gewährt. Der Beschwerdeführer hat auf diese Weise von der Ausübung seines Fragerechtes auch Gebrauch gemacht (S 331, 342, 345/V). Nachdem ihm der Inhalt der Aussagen der anonym vernommenen Zeugen bekanntgegeben worden war, stellte er keinen Antrag auf Zulassung weiterer Fragen an die Vernommenen, der ihm allenfalls die Bekämpfung des Urteils mittels Verfahrensrüge ermöglicht hätte (S 347 ff/V).

Eine Verletzung der Vorschriften des § 252 Abs 1 StPO vermag der Beschwerdeführer gleichfalls nicht aufzuzeigen. Handelt es sich bei der als Zeugen N.N. bezeichneten (S 346/V) Person tatsächlich um Fabrizio B***** - wie der Nichtigkeitsswerber vorbringt -, so hat dieser die Aussage ohne Berechtigung verweigert, weil Angst keinen gesetzlich anerkannten Entschlagungsgrund darstellt. Verweigert aber ein Zeuge die Aussage, ohne dazu berechtigt zu sein, so dürfen gerichtliche und sonstige amtliche Protokolle über seine Vernehmung sowie andere amtliche Schriftstücke, in denen seine Aussagen festgehalten worden sind, gemäß § 252 Abs 1 Z 3 StPO verlesen werden. Folgt man dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Identität des in der Hauptverhandlung als N.N. aufgetretenen Zeugen mit Fabrizio B*****, so war das Gericht daher sehr wohl berechtigt, den Bericht des Sicherheitsbüros vom 14.September 1995 über die Angaben des Genannten (S 229 ff/V) zu verlesen und die vernehmenden Polizeibeamten als Zeugen über die Vernehmung zu befragen, ohne das in § 252 Abs 4 StPO festgelegte Umgehungsverbot zu verletzen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist nach § 271 Abs 1 StPO nur die gänzliche Unterlassung der Aufnahme eines Protokolles über die Hauptverhandlung, nicht aber die mangelhafte Protokollierung mit Nichtigkeit bedroht, zumal die Vorschriften über den Protokollsinhalt auch nicht zwingend sind (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 271 E 22). Sohin vermag der Beschwerdeführer mit der Rüge der mangelnden Individualisierung der in der Hauptverhandlung verlesenen Aktenstücke keine Nichtigkeit aufzuzeigen.

Auch die Verfahrensrüge (Z 4) schlägt nicht durch. Der Einwand gegen die Abweisung des Beweisantrages des Beschwerdeführers auf Herstellung von Tonbändern aus den digitalen Aufzeichnungen über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs und deren Abhörung durch einen Gerichtsdolmetscher (S 351 f/V) wurde bereits im Zusammenhang mit der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Haci B***** verworfen, wobei die dort angeführten Gründe auch für den Angeklagten Mehmet Serif B***** gelten. Soweit sich dieser in seiner Beschwerdeausführung auf das in dem nicht mit Nichtigkeitssanktion ausgestatteten Abs 4 des § 149 c StPO eingeräumte Recht des Beschuldigten auf Anhörung der gesamten Aufnahme beruft, ist er darauf zu verweisen, daß sein als Beweisantrag gestelltes Begehren gar nicht auf deren Anhörung durch ihn selbst, sondern durch einen Gerichtsdolmetscher gerichtet war. Seine Verteidigungsrechte wurden daher durch die Abweisung des erwähnten Antrages nicht verletzt.

Gleiches gilt für die Rüge der Unterlassung der Vernehmung "einiger Passagiere des Busses" (mit dem das Suchtgift nach Österreich eingeführt wurde) als Zeugen (S 322/V), weil es diesbezüglich überhaupt an der Stellung eines auf seine Berechtigung überprüfbaren Beweisantrages mangelte. So wurde der vom Beschwerdeführer, der durch einen Verteidiger vertreten war, geäußerte Wunsch gar nicht in Form eines Prozeßantrages vorgebracht, wobei noch dazu die Angabe eines Beweisthemas fehlte.

Soweit sich der Rechtsmittelwerber mit der Verfahrensrüge gegen die Verwertung der vor der Polizei abgelegten Aussagen der Angeklagten Mehmet D***** und Idris A***** wendet, verkennt er, daß der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund die Unterlassung der Entscheidung über einen Antrag des Beschwerdeführers oder ein gegen seinen Antrag oder Widerspruch gefälltes Zwischenerkenntnis des Gerichtes voraussetzt. Das Vorliegen eines solchen Antrages oder Zwischenerkenntnisses wurde vom Beschwerdeführer aber weder behauptet, noch geht es aus dem - vollen Beweis machenden - Protokoll über die Hauptverhandlung hervor. Der Vollständigkeit halber sei nochmals erwähnt, daß von einem Nachweis, daß die Aussagen der Angeklagten Mehmet D***** oder Idris A***** vor der Sicherheitsbehörde unter Folter herbeigeführt worden wären (abgesehen von der einschränkenden Definition des Begriffes der Folter durch Art 1 Abs 1 des UNO-Übereinkommens gegen Folter, BGBl 1987/492), keine Rede sein kann, sodaß das in Art 15 des genannten Übereinkommens statuierte Beweisverwertungsverbot keinesfalls zum Tragen kommt.

Verfehlt ist die Verfahrensrüge auch insoweit, als sie sich dagegen richtet, daß der Beschwerdeführer persönlich an die Zeugen, deren Angaben zur Person unterblieben (§ 166 a StPO), keine Fragen stellen konnte, weil es an einem auf Zulassung (weiterer) Fragen gerichteten Antrag des Beschwerdeführers mangelte. Im übrigen sei auf die Ausführungen zur geltend gemachten Verletzung des § 250 StPO verwiesen.

Schließlich vermag der Angeklagte Mehmet Serif B***** mit seinem Vorbringen, daß das Schöffengericht bei der Verwertung der Aussagen der unter der Einschränkung des § 166 a StPO vernommenen Zeugen der in § 258 Abs 3 StPO statuierten besonderen Prüfungspflicht nicht nachgekommen sei, den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO nicht zur gesetzmäßigen Darstellung zu bringen.

Die mit der Mängelrüge (Z 5) vorgebrachte Behauptung, daß das Erstgericht entgegen der Vorschrift des § 258 Abs 1 StPO bei der Urteilsfällung Schriftstücke als Beweismittel verwendet habe, die nicht bei der Hauptverhandlung vorgelesen wurden, hat der Beschwerdeführer nur hinsichtlich der zu US 35 erwähnten schriftlichen Aufzeichnungen über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs - und das auch nur ansatzweise - konkretisiert. Nach dem mittlerweile auch diesbezüglich ergänzten Protokoll über die Hauptverhandlung haben die Parteien auf die Verlesung dieser umfangreichen Aufzeichnungen verzichtet (S 352/V), nachdem sie den Angeklagten in der Hauptverhandlung laufend vorgehalten worden waren. Der als Ausnahme vom Grundsatz des § 258 Abs 1 StPO gesetzlich ausdrücklich vorgesehene (§ 252 Abs 2 StPO) einverständliche Verzicht auf Verlesung dieser Schriftstücke, von deren Inhalt das Gericht und die Prozeßparteien Kenntnis hatten, begründete aber deren Verwertbarkeit als Beweismittel (14 Os 90/95; Foregger/Kodek StPO6 § 252 Erl VI Ende).

Soweit der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellung, daß tatsächlich 31 kg Heroin nach Österreich eingeführt wurden (US 18 ff), als mangelhaft begründet zu bekämpfen sucht, verkennt er das Wesen der freien Beweiswürdigung im Sinne des § 258 Abs 2 StPO, welche die Tatrichter nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Beweisergebnisse in ihrem Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf in diesen Prämissen wurzelnde denkrichtige Schlüsse zu stützen. Demzufolge war das Erstgericht legitimiert, aus den zahlreichen Indizien, insbesondere aber aus der geständigen Verantwortung des Angeklagten Mehmet D***** vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter sowie aus den Angaben der als Zeugen vernommenen Beamten des italienischen Innenministeriums, auf eine tatsächlich erfolgte Suchtgifteinfuhr zu schließen (US 32 ff, 39 f, 42, 44 ff, 53 f), auch wenn den österreichischen Sicherheitsbehörden die Sicherstellung des Schmuggelgutes nicht gelang.

Das Beschwerdevorbringen, daß die Bezugnahme in der Urteilsbegründung auf Urkundenverlesungen, die dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht entnommen werden können, eine Aktenwidrigkeit (Z 5) darstelle, ist schon vom Ansatz her verfehlt. Eine Aktenwidrigkeit liegt nämlich nur dann vor, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil falsch zitiert wird. Die Beschwerde macht hingegen bloß einen Protokollierungsmangel geltend, der jedoch keine Nichtigkeit des Urteils bewirken kann.

Verfehlt ist auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit welcher der Beschwerdeführer seinen Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit b FinStrG mit der Argumentation zu bekämpfen trachtet, daß die Strafbarkeit seines Verhaltens durch den Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum und zur Europäischen Union entfallen sei. Er läßt zunächst außer acht, daß erst mit dem Wirksamwerden des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union am 1.Jänner 1995 die wesentlichen Gesetze des österreichischen Zollrechts außer Kraft getreten sind (§ 120 ZollR-DG, BGBl 1994/659) und seither das Zollrecht der Europäischen Gemeinschaften gilt. Erst seit diesem Zeitpunkt entsteht bei der unerlaubten Einfuhr von Suchtgift nach Österreich weder eine Zoll-, noch eine Umsatzsteuerschuld (EvBl 1996/142).

Demgegenüber wurde die Strafbestimmung des § 35 FinStrG durch Art X Z 7 des Bundesgesetzes BGBl 1994/681 in bezug auf das Deliktsobjekt des Schmuggels, nämlich der eingangs- oder ausgangsabgabepflichtigen Waren, nicht geändert. Die Herausnahme des unerlaubt eingeführten Suchtgiftes aus dem Kreis der eingangsabgabepflichtigen Waren durch die erwähnte Übernahme des Zollrechts der Europäischen Union stellt somit bloß eine Änderung an sich außerstrafrechtlicher Normen dar, die den zur Tatzeit (24.November 1994) entstandenen Strafanspruch nicht erlöschen läßt. Somit genügt der Sachverhalt in der abgabenrechtlichen Ausformung zur Tatzeit dem gegenwärtigen Strafgesetz (Fellner, Finanzstrafgesetz5, § 35 Rz 5; Nowakowski im WK § 1 Rz 31 f; EvBl 1991/150).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Idris A*****:

Die vom Beschwerdeführer behauptete Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und unzureichende Begründung des Ausspruches des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen (Z 5) ist nicht gegeben. Soweit er damit die Urteilsfeststellungen zu bekämpfen sucht, wonach er wußte, daß er eine große Menge Suchtgift nach Österreich einführte (US 18) und er sogar mit einer darauf gerichteten Absicht handelte (US 24), verkennt auch er das Wesen der freien Beweiswürdigung, derzufolge das Erstgericht aus äußeren Umständen auf die innere Tatseite schließen konnte. Auch hat sich das Erstgericht sehr wohl mit der zunächst gewählten und später widerrufenen Verantwortung des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, wonach er angenommen habe, daß er Goldstaub zum Transport übernommen hätte (US 44 ff). Soweit er die Urteilsfeststellungen über die Beseitigung des Suchtgiftes nach erfolgter Einfuhr nach Österreich bekämpft, bezieht sich die Beschwerde - wie schon erwähnt - auf keine für die rechtliche Beurteilung entscheidenden Tatsachen. Dies gilt auch für die vom Nichtigkeitswerber bekämpfte, im Rahmen der Beweiswürdigung erfolgte Urteilsausführung, daß die Auftraggeber der Angeklagten Idris A***** und Ramazan Y***** nach den Erkenntnissen der Polizei dem internationalen Rauschgifthandel zuzurechnen sind (US 50). Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich daher im wesentlichen seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach in einer Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer Schuldberufung, die aber gegen Urteile von Kollegialgerichten nicht zulässig ist.

Es bestehen auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten Idris A***** zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a). Das Erstgericht hat überzeugend dargelegt, warum es dessen widersprüchliche Verantwortungen als widerlegt erachtete (US 44 ff).

Mit seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) negiert der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite und führt somit seine Beschwerde nicht dem Gesetz gemäß aus.

Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher der Angeklagte Idris A***** seiner zunächst gewählten Verantwortung, er habe angenommen, Goldstaub zu transportieren, zum Durchbruch verhelfen will.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ramazan Y*****:

Diese richtet sich - gestützt auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO - einzig gegen die Urteilsfeststellung, daß der Beschwerdeführer vorsätzlich eine große Menge Heroin nach Österreich eingeführt hat (US 18). Erhebliche, sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen deren Richtigkeit vermag der Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen nicht zu begründen. Es gelingt der Beschwerde in keiner Weise, die Erwägungen des Erstgerichtes, in denen es sich mit der widersprüchlichen Verantwortung des Angeklagten eingehend auseinandergesetzt und die bekämpfte Feststellung zur subjektiven Tatseite aus dem äußeren Tatgeschehen abgeleitet hat, zu erschüttern. Denn das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei der Meinung gewesen, "Baklava" nach Österreich zu transportieren, kann vor allem mit der konspirativen Art und Weise der mißlungenen Übergabe des Paketes und der Fahrweise des von ihm gelenkten Reisebusses nicht in Einklang gebracht werden. Somit kann aber auch der Beschwerde des Angeklagten Ramazan Y***** kein Erfolg beschieden sein.

Die unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden aller Angeklagten waren daher zu verwerfen.

Zu den Berufungen

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten Haci B*****, Mehmet D*****, Mehmet Serif B*****, Idris A***** und Ramazan Y***** einerseits nach § 12 Abs 3 (im Urteil irrtümlich Abs 2) SGG zu Freiheitsstrafen und zwar Haci B***** gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25.Jänner 1995, AZ 12 g E Vr 11.831/94, Hv 8.042/94, zu zusätzlichen vier Jahren, Mehmet D***** zu acht Jahren, Mehmet Serif B***** unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu dreizehn Jahren, Idris A***** und Ramazan Y***** zu je drei Jahren, andererseits nach §§ 35 Abs 4, 38 Abs 1 FinStrG, Haci B***** abermals - allerdings zu seinem Vorteil gegen die Bestimmung des § 21 Abs 3 FinStrG (11 Os 63/94) - unter Bedachtnahme auf das oben bezeichnete Urteil, zu Geldstrafen von je sechs Millionen Schilling, im Falle der Uneinbringlichkeit zu je sechs Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, sowie nach §§ 13 Abs 2 SGG, 19 FinStrG zu Wertersatzstrafen von je 4,2 Millionen Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu je vier Monaten Ersatzfreiheitsstrafe.

Weiters wurde den Genannten nach § 26 Abs 2 FinStrG die Weisung erteilt, je 1,625.020 Schilling als Anteil an der Abgabenverkürzung von insgesamt 8,125.100 Schilling zu bezahlen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend hinsichtlich Mehmet D***** und Mehmet Serif B***** deren einschlägig getrübtes Vorleben, bei Mehmet Serif B***** auch das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, hinsichtlich Haci B*****, Idris A***** und Ramazan Y***** die erhebliche Suchtgiftmenge von 31 kg Heroin; als mildernd hingegen hinsichtlich Idris A***** und Ramazan Y***** deren bisher ordentlichen Lebenswandel.

Dagegen haben alle Angeklagten Berufungen erhoben, mit welchen sie die Herabsetzung der nach dem Suchtgiftgesetz verhängten Freiheitsstrafen, Haci B***** auch deren bedingte, Idris A***** und Ramazan Y***** deren "zumindest" teilweise bedingte Nachsicht, Mehmet D***** und Mehmet Serif B***** die Herabsetzung der Geld- und Wertersatzstrafe, Mehmet Serif B***** und Idris A***** überdies die Herabsetzung aller Ersatzfreiheitsstrafen anstreben.

Bei Bemessung der Strafe nach § 12 Abs 3 SGG hat das Schöffengericht die Strafbemessungsgründe bei allen Berufungswerbern im wesentlichen richtig festgestellt. Im Hinblick auf das tatplangemäße Zusammenwirken konnte weder eine untergeordnete Beteiligung noch eine verlockende Gelegenheit einzelnen Tätern mildernd zugute gehalten werden. Hingegen fällt die - nicht strafsatzbestimmende - Verübung der Tat als Mitglied einer Bande (§ 12 Abs 2 SGG) bei jedem Angeklagten, das weit über der in § 12 Abs 3 Z 3 SGG genannten Menge liegende tatverfangene Suchtgiftquantum auch bei Mehmet D***** und Mehmet Serif B***** zusätzlich erschwerend ins Gewicht.

Angesichts des hohen Unrechtsgehaltes des Suchtgiftverbrechens und der jeweiligen individuellen Täterschuld gelangte das Erstgericht zu angemessenen Sanktionen, welche auch zueinander in einer dem Umfang der Beteiligung adäquaten Relation stehen und daher keinen Anlaß zu einer Veränderung bieten.

Der bedingten Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafen bei Idris A***** und Ramazan Y***** stehen präventive Erwägungen entgegen (§ 43 a Abs 4 StGB).

Bei Bemessung der Strafe des Angeklagten Mehmet Serif B***** wegen des Finanzvergehens blieb die Tatmehrheit - entsprechend § 22 Abs 1 FinStrG - ersichtlich (US 4) ohnedies außer Betracht. Im Hinblick darauf, daß die Geldstrafen (bei allen Angeklagten) im unteren Fünftel des Strafrahmens ausgemessen wurden, besteht zu deren Ermäßigung bei Mehmet D***** und Mehmet Serif B*****, aber auch zur Reduktion von Ersatzfreiheitsstrafen kein Grund.

Ausgehend von einem gemeinen Wert (§ 19 Abs 3 FinStrG) des geschmuggelten Suchtgiftes (an dem der Verfall unvollziehbar ist) von 21,7 Millionen Schilling, welcher Betrag allen an diesem Finanzvergehen vorsätzlich Beteiligten anteilsmäßig aufzuerlegen ist, sieht sich der Oberste Gerichtshof auch zu einer Korrektur der Wertersatzstrafen und der dafür ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafen nicht veranlaßt.

Den Berufungen war daher gleichfalls der Erfolg zu versagen.

In Stattgebung der von den Rechtsmittelwerbern mit ihren Berufungen kraft Gesetzes (§ 498 Abs 3 StPO) erhobenen Beschwerden war jedoch die Weisung, wonach die Abgabenverkürzung von allen Angeklagten anteilig (je 1,625.020 S) zu bezahlen ist, ersatzlos aufzuheben, weil eine solche nach § 26 FinStrG nur dann zu erteilen ist, wenn die für das Finanzvergehen verhängte Strafe bedingt nachgesehen wurde, oder eine bedingte Entlassung erfolgte (vgl Dorazil/Harbich FinStrG Erl 6 zu § 26).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

Rechtssätze
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