JudikaturJustiz12Os110/21z

12Os110/21z – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Juli 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in der Strafsache gegen * R* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * G* und * L* sowie die den Angeklagten * E* betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 27. April 2021, GZ 10 Hv 99/20k 235, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * G* sowie aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt,

- in den Schuldsprüchen 1./, 2./ und 3./, einschließlich der hinsichtlich der Angeklagten * G*, * R* und * L* gebildeten Subsumtionseinheiten,

- demzufolge auch in den die Angeklagten * G*, * R* und * L* betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der den Angeklagten * R* betreffenden Vorhaftanrechnung) sowie

- in den jeweils den Angeklagten * G* betreffenden Aussprüchen über den Verfall im Umfang von 150.000 Euro sowie privatrechtliche Ansprüche im Umfang von 235.121,14 Euro und 493.518,87 Euro

aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Leoben verwiesen.

Auf die Urteilsaufhebung werden verwiesen

- der Angeklagte * L* mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung und

- der Angeklagte * G* mit dem auf den Strafausspruch und die Verfallsanordnung im Umfang von 150.000 Euro gerichteten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde, mit seiner Strafberufung und den auf privatrechtliche Ansprüche im Umfang von 235.121,14 Euro und 493.518,87 Euro bezogenen Teil seiner Berufung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * G* im Übrigen wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft und die Berufung des Angeklagten * G* gegen die Verfallsanordnung im Umfang von 250.000 Euro sowie den Privatbeteiligtenzuspruch im Umfang von 1.027.287,60 Euro werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

* G* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurden mit dem angefochtenen Urteil * R* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (zu 1./) sowie * G* (zu 1./ bis 4./) und * L* (zu 2./ und 3./) jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach haben in G* und an anderen Orten Österreichs im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, andere Personen durch Täuschung über Tatsachen, teils unter Benützung falscher Beweismittel zu Handlungen verleitet, die die ARGE * AG (im Folgenden kurz ARGE) am Vermögen schädigten, und zwar

1./ * R* und * G* vom 25. Juni 2018 bis zum 11. Jänner 2019 den vorsatzlos handelnden * T* durch die Vorspiegelung, * G* sei befugt, Diesel auf Rechnung der ARGE zu bestellen, der an die Außenstelle der ARGE in Gl* zu liefern ist, obwohl sie den Diesel an zahlreiche, abgesondert verfolgte Abnehmer weiterverkauften, zur Lieferung von insgesamt 207.612 Liter Diesel, die die ARGE in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von 235.121,14 Euro am Vermögen schädigte;

2./ * G* und * L* vom 7. September 2018 bis zum 4. April 2019 Berechtigte der Re* GmbH durch die wahrheitswidrige Vorgabe, die C* GmbH errichte ein zweites Containerdorf für die ARGE, wobei die Vergütung im Wege eines Kompensationsvertrags erfolge, in wiederholten Angriffen zur Lieferung von diversen Baumaterialien an * L* unter wahrheitswidriger Legung von zumindest 24 Rechnungen und Lieferscheinen über für den Tunnelbau übliche Materialien an die ARGE, wodurch diese infolge rechtsgrundloser Begleichung der Rechnungen in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag von zumindest 385.518,87 Euro am Vermögen geschädigt wurde;

3./ * G* und * L* vom 10. Juli 2018 bis zum 31. März 2019 Berechtigte der H* GmbH durch die wahrheitswidrige Vorgabe, die C* GmbH errichte ein zweites Containerdorf für die ARGE, wobei die Vergütung im Wege eines Kompensationsvertrags erfolge, in wiederholten Angriffen zur Lieferung von diversem Elektromaterial an * L* unter teils wahrheitswidriger Legung von Rechnungen, teils unter Vorlage von gefälschten Lieferscheinen an die ARGE, wodurch diese infolge rechtsgrundloser Begleichung der Rechnungen in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von zumindest 108.000 Euro am Vermögen geschädigt wurde;

4./ * G* und * E* Berechtigte der ARGE in wiederholten Angriffen

a./ vom 7. Mai 2018 bis zum 3. April 2019 durch die wahrheitswidrige Vorgabe, die P* e.U. hätte Baustahlgitter im verrechneten Ausmaß geliefert, teils unter Vorlage von gefälschten Bestellungen und Lieferscheinen, zur Begleichung von Rechnungen, somit zu Handlungen, die die ARGE mangels Gegenleistung in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag von 847.287,60 Euro am Vermögen schädigten;

b./ vom 2. Jänner 2017 bis zum 10. April 2019 durch die wahrheitswidrige Vorgabe, die Pa* hätte Bau- und Verbrauchsmaterialien im verrechneten Ausmaß geliefert, unter Vorlage von Scheinbestellungen und Scheinlieferscheinen zur Begleichung von Rechnungen, somit zu Handlungen, die die ARGE in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von zumindest 180.000 Euro am Vermögen schädigten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich die vom Angeklagten * G* auf Z 3, 5, 5a, 9 lit a, 10 und 11 und die vom Angeklagten * L* auf Z 5, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.

I./ Zum berechtigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * G*, zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * L* und zur amtswegigen Maßnahme:

[4] Im Ergebnis zutreffend zeigt die gegen die Schuldspruchfakten 1./, 2./ und 3./ gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten G* das Fehlen von Feststellungen zur Kausalitätsbeziehung zwischen den jeweiligen Täuschungshandlungen und Vermögensschäden ( Kirchbacher/Sadoghi in WK 2 StGB § 146 Rz 3, 15, 52) auf.

[5] Der Tatbestand des Betrugs liegt vor, wenn ein täuschungsbedingter Irrtum zu einer Vermögensverfügung des Getäuschten führt, die geeignet ist, unmittelbar den Eintritt eines Vermögensschadens bei ihm oder einem Dritten zu bewirken. Als Selbstschädigungsdelikt setzt Betrug voraus, dass der Getäuschte selbst jene Verfügung trifft, die unmittelbar zur Vermögensschädigung führt (vgl RIS-Justiz RS0094309; Kert , SbgK § 146 Rz 169; Kienapfel/Schmoller SB BT II 2 § 146 Rz 152).

Dazu fehlt es aber an ausreichenden Konstatierungen:

[6] Zum Schuldspruchfaktum 1./ stellten die Tatrichter fest, dass * T* täuschungsbedingt Diesel an eine andere Adresse als jene der ARGE lieferte (US 14) und dieser Schaden (erst) durch die Bezahlung der Rechnungen entstand, die * G* als zuständiges Rechnungskontrollorgan der ersten Ebene (elektronisch – vgl US 12) freigegeben hatte (US 16).

[7] Nach den wesentlichen Feststellungen zum Schuldspruchfaktum 2./ täuschte * G* den Verantwortlichen der Re* GmbH * W* über ein Warenbezugsrecht des * L* für die ARGE, wodurch es in weiterer Folge zu mehreren durch die Angeklagten veranlassten Warenlieferungen der Re* GmbH an * L* kam (vgl US 18 f). * W* stellte nach den Vorgaben des * G* unrichtige Lieferscheine (US 20) und auf deren Basis 24 falsche („gefälschte“) Rechnungen aus, die von der ARGE in der Höhe von 385.518,87 Euro brutto rechtsgrundlos bezahlt wurden. Durch „diese Malversationen“ sei es zu einer Vermögensschädigung der ARGE gekommen, wodurch der Angeklagte * L* im genannten Betrag unrechtmäßig bereichert worden sei (US 22).

[8] Den Urteilsannahmen zum Schuldspruchfaktum 3./ zufolge täuschten die Angeklagten * G* und * L* Mitarbeiter der H* GmbH über die Berechtigung des * L*, Waren auf Kosten der ARGE zu beziehen, und verleiteten diese, Waren im Wert von 108.000 Euro brutto an * L* zu liefern und der ARGE in Rechnung zu stellen (US 24). Infolge der Rechnungsprüfung durch den Angeklagten * G* wurden die Rechnungen von der ARGE beglichen und sei diese mangels Gegenleistung am Vermögen geschädigt worden, während sich der Angeklagte * L* um diesen Betrag unrechtmäßig bereichert habe (US 26).

[9] Bei all diesen Fakten haben die Tatrichter (lediglich) eine zeitlich nachgelagerte (rechtsgrundlose) Bezahlung der jeweiligen Rechnungen konstatiert, aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass verfügungsberechtigte Personen der ARGE zur Bezahlung der jeweiligen Rechnungen verleitet wurden.

[10] Auf Basis dieser – auch in Richtung befugnismissbräuchlichen Handelns in objektiver Hinsicht deutenden (vgl § 153 StGB) – Feststellungen ist eine Subsumtion der den jeweiligen Angeklagten angelasteten Taten nicht möglich.

[11] Die dargestellten Rechtsfehler mangels Feststellungen waren gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO in Ansehung der Angeklagten * R* (zu 1./) und * L* (zu 2./3./) amstwegig wahrzunehmen, was – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – Urteilskassation (§ 285e StPO) wie im Spruch ersichtlich zur Folge hat.

[12] Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere, dazu erstattete Beschwerdevorbringen des Angeklagten G* und die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*.

II./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * G* im Übrigen:

[13] Im verbleibenden Umfang (Schuldspruchfakten 4./) verfehlt die Beschwerde ihr Ziel.

[14] Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider bedurfte es keiner Entbindung des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen * Po* (ON 226 S 40 ff) von der Amtsverschwiegenheit (§ 155 Abs 1 Z 2 StPO), weil er als ermittelnder Kriminalbeamter dienstliche Wahrnehmungen zu den Vorgängen im Ermittlungsverfahren AZ 5 St 5/20x der Staatsanwaltschaft Leoben, zu denen er in der Hauptverhandlung befragt wurde, gemacht hatte. Damit bestand gemäß § 155 Abs 2 StPO keine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit (vgl RIS Justiz RS0054660; Kirchbacher , WK-StPO § 155 Rz 17).

[15] Die Behauptung, der Grundsatz der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§ 228 Abs 1 StPO) sei verletzt worden, weil am 19. April 2021 bis 19:37 Uhr verhandelt worden sei (vgl ON 217 S 56) und insoweit der Zugang zum Gerichtsgebäude und zur Hauptverhandlung nicht mehr möglich gewesen wäre, trifft nicht zu:

[16] Laut der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Auskunft (§ 285f StPO) des Vizepräsidenten des Landesgerichts Leoben vom 3. Jänner 2022 war der Sicherheitsdienst am 19. April 2021 bis 19:45 Uhr, somit bis zum Ende der Verhandlung, anwesend. Interessierte Zuhörer hätten – nach Rücksprache des Sicherheitsdiensts mit der Vorsitzenden des Schöffensenats – Zutritt zum Verhandlungssaal erlangen können (ON 272). Damit hat das Erstgericht hinreichende Vorkehrungen getroffen, potentiellen Zuhörern während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung den Zutritt zum Verhandlungssaal zu ermöglichen (vgl RIS Justiz RS0117048 [T3]; Danek/Mann , WK-StPO § 229 Rz 10 mwN).

[17] Nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO hat der Urteilstenor auszusprechen, welcher Tat der Angeklagte schuldig befunden worden ist, und zwar unter ausdrücklicher Bezeichnung der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände. Durch die Anführung der Täuschungshandlung, der Vermögensdisposition und des beim Opfer eingetretenen Vermögensschadens wurden die Taten hinreichend individualisiert (vgl RIS Justiz RS0117435; Lendl , WK StPO § 260 Rz 9 f).

[18] Die dagegen – nach Art des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO erhobene – Kritik übersieht, dass Bezugspunkt der rechtlichen Überprüfung des Schuldspruchs nicht der Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO ist, sondern sind dies die Feststellungen in den Entscheidungsgründen (vgl Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.183).

[19] Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) kritisiert zum Schuldspruch 4./a./, das Erstgericht habe sich nicht mit den vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vorgelegten „Bestellungen und Rechnungen“ (ON 226 S 2, Blg ./17 bis ./19) auseinandergesetzt, die – im Gegensatz zu den belastenden Depositionen des Angeklagten E* – einen der Wahrheit entsprechenden Lieferumfang von „72 Tonnen“ (von der Beschwerde offenbar gemeint: Baustahlgitter) bestätigen würden. Inwieweit dieser Umstand vor dem Hintergrund, dass dem Angeklagten die unrichtige Fakturierung von mehr als 1.500 Tonnen Baustahlgittern zur Last gelegt wurde (vgl US 29), für die Schuld oder Subsumtionsfrage erheblich sein soll, gibt das Rechtsmittel nicht bekannt.

[20] Die Tatsachenrüge (Z 5a) erweckt mit eigenständigen Schlussfolgerungen hinsichtlich der leugnenden Verantwortung des Angeklagten G*, der geständigen Angaben des Angeklagten E* sowie der in der Hauptverhandlung am 22. April 2021 vorgelegten Unterlagen (Blg ./17 bis ./19 zu ON 226) zum Hauptverhandlungsprotokoll; vgl ON 226 S 2) keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen.

[21] Die Behauptung des Fehlens von (objektiven) Beweisen („belastende E-Mails, WhatsApp Nachrichten, Sprachaufzeichnungen et cetera“) verfehlt die Anfechtungsvoraussetzung dieses Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0128824).

[22] Soweit der Beschwerdeführer nach Art einer Aufklärungsrüge das Unterbleiben amtswegiger Einholung eines „graphologischen“ Gutachtens kritisiert, gibt er nicht bekannt, wodurch er an einer darauf abzielenden Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen wäre (RIS Justiz RS0115823; Ratz , WK StPO § 281 Rz 479 f).

[23] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) erschöpft sich in der Behauptung, eine Täuschung von Verfügungsberechtigten der ARGE sei mangels Rechtspersönlichkeit dieser Gesellschaft (bürgerlichen Rechts) denkunmöglich, ohne ihren Standpunkt methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (vgl RIS Justiz RS0116569; zur vielmehr bestehenden Unmöglichkeit, eine juristische Person in einen Irrtum zu führen, vgl im Übrigen Kienapfel/Schmoller SB BT II 2 § 146 Rz 94 mwN).

[24] Der Einwand, das Urteil enthalte (zu 4./a./ und 4./b./) keine Konstatierungen zu den im Schuldspruch angeführten Tatorten (Z 9 lit a), legt nicht dar, weshalb diese Tatumstände von Bedeutung für die Schuld- oder Subsumtionsfrage sein sollen (vgl RIS Justiz RS0098557; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.184 iVm Rz 9.113 f), und unterlässt damit die aus dem Blickwinkel materieller Nichtigkeit gebotene Ableitung der angestrebten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (RIS Justiz RS0116565, RS0116569).

[25] Soweit die Rüge Feststellungen zur Gleichzeitigkeit von Tathandlung und Schädigungsvorsatz vermisst, übergeht sie prozessordnungswidrig die genau dazu getroffenen Feststellungen (US 30 f zu 4./a./, US 32 zu 4./b./).

[26] Mit dem Vorbringen zu 4./a./ und 4./b./, das zur Rechtsrüge erstattete Vorbringen „aushilfsweise“ auch unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO geltend zu machen, verkennt der Beschwerdeführer, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen sind, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS Justiz RS0115902).

[27] Der Einwand der weiteren Rechtsrüge zu 4./b./, wonach das Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) in Bezug auf die dort genannten „Bau und Verbrauchsmaterialien“ keine Deckung in den Entscheidungsgründen finde (vgl aber US 32), verfehlt erneut den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit. Insofern kann auf die Erledigung der Verfahrensrüge (Z 3) verwiesen werden.

[28] Die Behauptung (nominell Z 10, der Sache nach Z 9 lit a), die ARGE könne mangels Rechtspersönlichkeit keine Rechnungen begleichen und daher nicht am Vermögen geschädigt worden sein (vgl dazu aber RIS Justiz RS0094502 [T7, T9]; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 146 Rz 59 f), lässt abermals eine methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz vermissen.

[29] Die Subsumtionsrüge (Z 10) erklärt nicht, aus welchem Grund der zu den Schuldspruchfakten 4./a./ und 4./b./ festgestellte Sachverhalt, wonach der Angeklagte E* inhaltlich unwahre („gefälschte“) (Schein-)Lieferscheine und Rechnungen ausstellte, die der Angeklagte * G* in die Buchhaltung der ARGE einschleuste und als korrekt freigab (vgl US 29 f zu 4./a./ und US 32 zu 4./b./), nicht die Qualifikation nach § 147 Abs 1 Z 1 (richtig:) fünfter Fall StGB erfüllen soll (vgl RIS Justiz RS0103663; Kirchbacher/Sadoghi in WK 2 StGB § 147 Rz 36).

[30] Der Einwand, die Subsumtion nach § 148 zweiter Fall StGB sei „auszuschalten“, erschöpft sich in einer unsubstantiierten Behauptung und ist daher einer Erwiderung nicht zugänglich.

[31] Infolge Aufhebung des Strafausspruchs kann das darauf bezogene Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11) auf sich beruhen.

[32] Die Behauptung, der Verfallsbetrag nach § 20 Abs 3 StGB sei nach dem Netto- und nicht dem Bruttoprinzip zu berechnen, trifft nicht zu (vgl RIS Justiz RS0133117).

[33] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G* war daher im aufgezeigten Umfang bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[34] Die Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten E* und jene des Angeklagten G* im Umfang des (auf den Schuldspruch 4./ bezogenen) Verfallsausspruchs sowie den Privatbeteiligtenzuspruch in der Höhe von 1.027.287,60 Euro kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[35] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Sie bezieht sich nicht auf die amtswegige Maßnahme (vgl Lendl , WK-StPO § 390a Rz 12).

Rechtssätze
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