JudikaturJustiz11Os2/15a

11Os2/15a – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. August 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. August 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zonsics als Schriftführer in der Strafsache gegen Georgy T***** wegen Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB, AZ 6 U 50/09w des Bezirksgerichts Mödling, über den Antrag des Angeklagten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO sowie über die von der Generalprokuratur gegen den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Beschwerdegericht vom 27. November 2014, AZ 14 Bl 21/14p (ON 248 der U Akten), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Prof. Dr. Aicher, des Vertreters der Subsidiarankläger Mag. Rami sowie der Verteidiger des Angeklagten Mag. Fux, Mag. Neulinger und Mag. Mitrofanova zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 6 U 50/09w des Bezirksgerichts Mödling verletzt der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 27. November 2014, AZ 14 Bl 21/14p (ON 248 der U-Akten), § 72 Abs 1 StPO und § 67 Abs 4 Z 1 StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst der

Beschluss

gefasst:

Den Beschwerden wird nicht Folge gegeben.

Mit seinem Erneuerungsantrag wird Georgy T***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt erhob mit Strafantrag vom 18. Februar 2009 zur AZ 65 BAZ 121/09t beim Bezirksgericht Mödling Anklage gegen Georgy T***** wegen als Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB beurteilter Verhaltensweisen (ON 26). Danach habe der Angeklagte am 28. April 2008 in W***** dadurch, dass er die im Folgenden beschriebenen Dokumente durch seinen Vertreter Rechtsanwalt Dr. Gabriel L***** dem Lionel S***** als Vertreter der R***** AG und dem Mag. Hubert Sch***** als Vertreter der *****-B***** Holding Aktiengesellschaft (fortan: B***** Holding) vorweisen ließ, falsche Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtsverhältnisses, nämlich zum Nachweis einer gültigen Kaufvereinbarung zwischen den Vertragsparteien, gebraucht, und zwar

(1) die Kopie des mit zumindest einer nachgemachten Unterschrift des Janusz K***** sowie mehreren nachgemachten Unterschriften des Mag. Hubert Sch***** und des Dkfm. Jan Ku***** (ergänze: als Vertreter der E***** AG ON 2 Beilage ./2) versehenen Rahmenvertrags über einen angeblichen Verkauf des Einzelhandelsunternehmens „G*****“ vom 28. September 2007;

(2) eine Kopie des mit mehreren nachgemachten Unterschriften des Mag. Hubert Sch***** und des Dkfm. Jan Ku***** (ergänze: als Vertreter der B***** GmbH ON 2 Beilage ./4) versehenen Kaufvertrags (Aktienkauf) über Anteile an dem Einzelhandelsunternehmen „G*****“ vom 18. Dezember 2007 (richtig: 27. Dezember 2007).

Dem daraufhin zur AZ 6 U 50/09w des Bezirksgerichts Mödling geführten Verfahren erklärte Peter D***** am 6. März 2009 sich als Privatbeteiligter anzuschließen. Er führte zur Begründung aus, sein wirtschaftlicher Ruf sei durch eine „Verleumdungsanzeige“ des Angeklagten (mit der Behauptung, er habe den in Anklagepunkt 1 genannten Vertrag „erstellt“ vgl ON 237 S 5; ON 5 S 5) beeinträchtigt worden, und begehrte als Ersatz für eine dadurch eingetretene „massive Kreditschädigung“ pauschal 50.000 Euro (ON 29). Ergänzend brachte er in der Hauptverhandlung am 22. Mai 2012 vor, der Angeklagte beschuldige ihn, aus dem in Anklagepunkt 2 genannten Vertrag 3,5 Mio Euro erhalten zu haben. Seit Sommer 2008 konsultiere er „Anwälte“, um derlei „Angriffe“ des Angeklagten, der in mehreren Staaten Anzeigen gegen ihn eingebracht habe, abzuwehren (ON 111 S 3 f).

Am 3. April 2009 erklärte auch die B***** Holding, sich dem Verfahren als Privatbeteiligte mit einer Schadenersatzforderung im „symbolischen“ Betrag von 100.000 Euro anzuschließen (ON 30).

Dazu erstattete sie das später auch von den übrigen Subsidiaranklägern übernommene (ON 237 S 5; ON 238 S 6) Vorbringen, der Angeklagte habe „gegenüber einer breiten Öffentlichkeit, gegenüber russischen Behörden“ und „gegenüber seinen Gläubigern behauptet“, dass „die Zahlungsschwierigkeiten seiner Unternehmen auf eine Vertragsverletzung“ der B***** Holding und der B***** GmbH (fortan: B*****) zurückzuführen seien, die „den in der gefälschten Urkunde verbrieften Vertrag nicht zuhalten“ würden. „Zur Abwehr dieser schwer geschäftsschädigenden Behauptungen“ seien sie zu Aufwendungen in Gestalt des Beauftragens diverser Rechtsanwälte „gezwungen“ gewesen (ON 30 S 5; ON 237 S 5; ON 238 S 6).

In der Hauptverhandlung am 22. Mai 2012 brachte die R***** I***** AG (fortan: R***** I*****) als Gesamtrechtsnachfolgerin der B***** Holding ergänzend vor, ein Schaden sei insbesondere dadurch entstanden, dass infolge (anderweitiger) „Verwendung der gefälschten Verträge“ ihre umfassende Rechtsverteidigung in Russland und Österreich notwendig gewesen sei. Dies vor allem deshalb, weil das britische Unternehmen A*****, dem die in der Vertragsurkunde verbrieften Forderungen als Sicherheit abgetreten worden seien, diese Ansprüche der B***** Holding gegenüber außergerichtlich geltend gemacht habe (ON 111 S 2 f).

Nachdem sich der Angeklagte gegen die Zulassung der R***** I***** und des Peter D***** als Privatbeteiligte ausgesprochen hatte, fasste das Bezirksgericht Mödling in der Hauptverhandlung am 22. Mai 2012 einen Beschluss auf „Zulassung der Privatbeteiligtenanschlüsse“ mit dem Beisatz, „die Voraussetzungen nach § 69 Abs 1 StPO liegen vor“ (ON 111 S 4).

Am 3. September 2013 trat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt außerhalb der Hauptverhandlung gemäß § 227 Abs 1 iVm § 447 StPO in sinngemäßer Anwendung des § 192 Abs 1 Z 1 StPO von der Anklage (endgültig) zurück (ON 1 S 2c).

Davon verständigte das Bezirksgericht Mödling mit Note vom 16. September 2013 Peter D***** und R***** I***** (ON 1 S 2c verso; ON 232). Am 16. Oktober 2013 erklärten sowohl die beiden Genannten als auch B*****, gemäß § 72 Abs 1 StPO die Anklage als Subsidiarankläger aufrecht zu erhalten (ON 237, 238). B***** erklärte dazu (erstmals), sich dem Verfahren als Privatbeteiligte anzuschließen, weil sie in dem „gefälschten Aktienkaufvertrag“ als Käuferin aufscheine (ON 238). Zugleich beantragten R***** I***** und B***** die Feststellung der „Unechtheit der gefälschten Urkunden“ mit der Behauptung, daran ein rechtliches Interesse zu haben (ON 238).

Mit Beschluss vom 6. März 2014 wies das Bezirksgericht Mödling die bezeichneten Erklärungen, sich dem Verfahren als Privatbeteiligte anzuschließen, und alle Subsidiaranklagen zurück. Begründend führte es zusammengefasst aus, seit dem in der Hauptverhandlung vom 22. Mai 2012 gefassten Beschluss habe sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt geändert. Die Anschlusserklärungen stellten sich als offensichtlich unberechtigt dar, weil die geltend gemachten Leistungsansprüche nicht aus der Straftat abgeleitet werden könnten. In Ansehung der Feststellungsbegehren verneinte es ein hinreichendes Feststellungsinteresse (ON 242).

Den dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerden des Peter D***** (ON 243), der R***** I***** und der B***** (ON 244) gab das Landesgericht Wiener Neustadt mit Beschluss vom 27. November 2014 Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Bezirksgericht Mödling die „Weiterführung“ des Strafverfahrens auf. Zusammengefasst begründete das Beschwerdegericht seine Entscheidung damit, die von den Subsidiaranklägern geltend gemachten Forderungen beträfen „mittelbare“ Schäden, welche nach § 1330 ABGB ersatzfähig seien. Zudem bejahte es die Zulässigkeit beider Feststellungsbegehren (ON 248).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend geltend macht, steht der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 27. November 2014, GZ 14 Bl 21/14p 4 (ON 248 der U Akten), mit dem Gesetz nicht in Einklang:

Gemäß § 72 Abs 1 StPO sind (ausschließlich) Privatbeteiligte berechtigt, die Anklage als Subsidiarankläger aufrecht zu erhalten, wenn die Staatsanwaltschaft von der Anklage zurücktritt. Zum Subsidiarankläger wird der Privatbeteiligte durch die Erklärung, die Anklage aufrecht zu erhalten; das Opfer hat zuvor überdies zu erklären, am Verfahren als Privatbeteiligter mitzuwirken.

Nach Abs 3 leg cit hat, wenn soweit hier von Belang die Staatsanwaltschaft außerhalb der Hauptverhandlung von der Anklage zurücktritt, das Gericht den Privatbeteiligten zu verständigen, der seine Erklärung binnen einem Monat abgeben kann. Sofern er dies nicht tut, wird angenommen, dass er die Verfolgung nicht aufrecht halte. In diesem Fall ist das Verfahren mit (anfechtbarem: §§ 67 Abs 6 Z 3, 87 Abs 1 StPO; vgl Nimmervoll , Beschluss und Beschwerde in der StPO 140 f) Beschluss einzustellen.

1. In Fällen, in denen bis dahin kein Privatbeteiligtenanschluss vorliegt, bewirkt der Rücktritt der Staatsanwaltschaft von der Anklage außerhalb der Hauptverhandlung gemäß §§ 227 Abs 1, 447 StPO dagegen eo ipso die Beendigung des Verfahrens. Der Beschluss auf dessen Einstellung gemäß § 227 Abs 1 StPO hat dann nur deklarative Bedeutung (RIS Justiz RS0124396; Danek , WK StPO § 227 Rz 1); eine Fortsetzung des Verfahrens ist nur unter den Voraussetzungen des § 352 Abs 1 StPO möglich (vgl Fabrizy , StPO 12 § 352 Rz 1).

Subsidiaranklage aufgrund eines Privatbeteiligtenanschlusses zu erheben, der nicht schon vor dem nach § 227 Abs 1 StPO erfolgten Anklagerücktritt erklärt wurde, kommt somit aus systematischen Überlegungen nicht in Betracht (wie hier, jedoch auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung nach § 227 Abs 1 letzter Halbsatz StPO abstellend Nimmervoll , Beschluss und Beschwerde in der StPO 141; aA wohl Korn/Zöchbauer , WK-StPO § 72 Rz 6). Selbst wenn man aus § 72 Abs 1 letzter Halbsatz StPO die Zulässigkeit ableiten wollte, Subsidiaranklage aufgrund eines erst nach dem Anklagerücktritt erklärten Privatbeteiligtenanschlusses zu erheben, könnte dies nur auf die Fälle des § 72 Abs 2 StPO (Anklagerücktritt in der Hauptverhandlung vgl dazu § 67 Abs 3 zweiter Satz StPO) beschränkt sein. § 72 Abs 3 erster Satz StPO setzt dagegen voraus, dass bereits ein Privatbeteiligtenanschluss (der betreffenden Person) erfolgt ist.

Die mit ihrem (erstmalig nach dem Anklagerücktritt erfolgten) Anschluss als Privatbeteiligte verbundene Erklärung der B*****, die Anklage als Subsidiaranklägerin aufrecht zu erhalten, war daher unabhängig von der Frage, ob ihre Privatbeteiligung an sich zulässig gewesen wäre (dazu unten Punkt 4.) schon aus diesem Grund unzulässig.

2. Die zur Subsidiaranklage berechtigende Stellung eines Privatbeteiligten entsteht durch Erklärung (§ 67 Abs 2 erster Satz StPO). Eine solche Erklärung ist nach Einbringen der Anklage vom Gericht (§ 67 Abs 5 StPO) in den Fällen des § 67 Abs 4 Z 1 bis 3 StPO zurückzuweisen .

Die Zurückweisung kann während des gesamten Strafverfahrens erfolgen. Ein entsprechender Beschluss kann vom die Privatbeteiligung Anstrebenden mit Beschwerde bekämpft werden und entfaltet im Fall seiner Rechtskraft und bei unveränderter Sachlage Bindungswirkung (14 Os 30/09g, 14 Os 97/14t; RIS-Justiz RS0124921 [bes T4], RS0125707 [T5] anders noch die Judikatur zur Rechtslage vor dem Strafprozessreformgesetz 2004: SSt 55/77; RIS-Justiz RS0097019 [Beschluss über die Zulässigkeit des Privatbeteiligtenanschlusses unanfechtbar und der materiellen Rechtskraft nicht fähig]).

Eine formelle Zulassung einer Person als Privatbeteiligter dagegen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Bis zur Rechtskraft einer allfälligen Zurückweisung ist eine Person, die sich dem Verfahren als Privatbeteiligter anzuschließen erklärt hat (vgl § 67 Abs 2 StPO), vielmehr (ohnedies) als ein solcher zu behandeln (14 Os 97/14t = RIS Justiz RS0124921 [T4]).

Kommt es etwa aufgrund gegensätzlicher Anträge in der Hauptverhandlung (§ 238 Abs 1, Abs 2 StPO) dennoch zu einer ausdrücklichen „Zulassung“ eines Privatbeteiligten durch das Gericht, ist diese ihrem Wesen nach ( Ratz , WK StPO Vor §§ 280-296a Rz 5) nicht als Beschluss im Sinn des ersten, sondern als prozessleitende Verfügung im Sinn des zweiten Falls des § 35 Abs 2 StPO anzusehen (vgl RIS-Justiz RS0125707; anders, weil zwischen beschlussförmiger Zulassung und Zurückweisung insoweit nicht differenzierend aber Spenling , WK-StPO Vor §§ 366 379 Rz 58; Korn/Zöchbauer , WK-StPO § 67 Rz 16). Sie ist damit weder selbständig anfechtbar (RIS-Justiz RS0125707 [T1]) noch entfaltet sie eine - unter der Bedingung im Wesentlichen gleichbleibender tatsächlicher Umstände stehende Sperrwirkung ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 303).

Bereits deshalb stand der in der Hauptverhandlung am 22. Mai 2012 gefasste Beschluss auf „Zulassung“ des Peter D***** und der R***** I***** als Privatbeteiligte einer neuerlichen Entscheidung über deren Parteistellung nicht entgegen.

3. War jemand schon nicht berechtigt, als Privatbeteiligter einzuschreiten, und wäre seine darauf abzielende Erklärung demnach zurückzuweisen gewesen, würde die spätere Subsidiaranklage von einer nicht dazu berechtigten Person erhoben (RIS-Justiz RS0096819).

Zu Recht entschied daher das Bezirksgericht Mödling nach Einbringen der Subsidiaranklagen zur Überprüfung der Zulässigkeit deren Erhebung auch (teils neuerlich, teils erstmals) über die Privatbeteiligtenstellung aller Subsidiarankläger.

4. Privatbeteiligter (§ 65 Z 2 StPO) kann nur sein, wer Opfer (§ 65 Z 1 StPO) ist. Beides setzt - soweit hier von Bedeutung die Möglichkeit einer Schädigung oder sonstigen Beeinträchtigung von strafrechtlich geschützten Rechtsgütern der betreffenden Person durch „eine“ (§ 65 Z 1 lit c StPO), nämlich „ die “ (§ 67 Abs 1 erster Satz StPO) den Gegenstand des Verfahrens bildende Straftat voraus. Zwar ist damit nicht nur der „tatbestandsrelevante Schaden“, also die aus der Verletzung des von einer in Betracht kommenden Strafnorm unmittelbar geschützten Rechtsguts resultierende Beeinträchtigung, gemeint (RIS Justiz RS0095973). Der (mögliche oder behauptete) Schaden muss jedoch aus einer solchen strafbaren Handlung und dem ihr zugrunde liegenden im Hauptverfahren als Tat im prozessualen Sinn durch die Anklage definierten ( Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28 31 Rz 20; Birklbauer/Mayrhofer , WK StPO Vor §§ 210 215 Rz 2, 19) historischen Geschehen ableitbar sein. Die Möglichkeit einer durch die Straftat nicht in ihren Rechten verletzten Person, aus der Tat Privatrechte abzuleiten, reicht ebenso wenig wie die Bedeutung der Straftat als Vorfrage für ein (späteres) Zivilverfahren (13 Os 99/12a; Spenling , WK StPO Vor §§ 366 379 Rz 25 ff; Lohsing/Serini , Österreichisches Strafprozessrecht 4 , 172 warnen mit zeitloser Gültigkeit, das Institut der Subsidiaranklage nicht in eine persönliche Vexation des Beschuldigten ausarten zu lassen).

Die Erklärung, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter anzuschließen (§ 67 Abs 2 StPO; zum dabei notwendigen Vorbringen RIS-Justiz RS0096780; Spenling , WK-StPO Vor §§ 366-379 Rz 50), ist (ua) zurückzuweisen, wenn sie offensichtlich unberechtigt ist (§ 67 Abs 4 Z 1 StPO); also in Fällen, in denen evident ist, dass die Privatbeteiligung selbst bei Zutreffen des dem Strafverfahren zugrunde liegenden Tatvorwurfs zu keinem Zuspruch im Adhäsionsverfahren führen könnte: Wenn schon die Opferstellung an sich (vgl Kier , WK-StPO § 65 Rz 20) oder aber das (Fort-)Bestehen oder die zivilrechtliche Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus durch die Tat erlittenen Schäden des Opfers gegen den Beschuldigten (Angeklagten) nach Lage der Akten klar zu verneinen ist (vgl 12 Os 59/11k [12 Os 60/11g]; Spenling , WK StPO Vor §§ 366-379 Rz 8, 54).

Vorliegend könnte, wie das Bezirksgericht Mödling in seinem Beschluss vom 6. März 2014 (ON 242) richtig erkannte, eine Opferstellung und damit die grundsätzliche Zulässigkeit eines Anschlusses als Privatbeteiligter nur aus solchen Rechtsgutsbeein-trächtigungen abgeleitet werden, die Georgy T***** durch die (richtig: Bestimmung des unvorsätzlich handelnden Dr. L***** zur) Vorlage von Ablichtungen der gefälschten Urkunden in den Räumlichkeiten der R***** AG in W***** am 28. April 2008 verursacht hätte.

Aus den hier maßgeblichen (vgl Schroll , WK StPO § 23 Rz 6a; Ratz , WK StPO § 292 Rz 6) Sachverhaltsannahmen im Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 27. November 2014 geht aber entgegen der darin vertretenen Rechtsansicht - gerade nicht hervor, dass den Subsidiaranklägern (die behaupteten oder auch sonstige bereits eingetretene oder möglicherweise zukünftige) Schäden durch diese Tat entstanden sein könnten. Jene Handlungen des Angeklagten, aus denen sie ihre zivilrechtlichen Ansprüche ableiten wollen (Verleumdung und Rufschädigung durch öffentliche und gegenüber Dritten getätigte Äußerungen und die Behauptung der Echtheit und Richtigkeit der betreffenden Urkunden implizierende Erklärungen), liegen vielmehr außerhalb des unter Anklage gestellten Sachverhalts, sodass daraus entstandene (Vermögens-)Schäden (zu deren Ersetzbarkeit nach § 1295 und § 1330 Abs 1, Abs 2 ABGB Spenling , WK StPO § 369 Rz 19 ff und 43 mwN) mangels kausalen Zusammenhangs keine Opferstellung in diesem Strafverfahren begründen können.

Hinzugefügt sei, dass entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts (BS 8) „mittelbare“ Schäden, die ohnedies nur in Ausnahmefällen überhaupt ersatzfähig sind (dazu Spenling , WK-StPO § 369 Rz 23), vorliegend gar nicht in Rede stehen. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürften sie um insoweit haftungsbegründend zu sein zwar außerhalb des Rechtswidrigkeits zusammenhangs (also des Schutzzwecks der verletzten Norm), nicht jedoch außerhalb des Kausal zusammenhangs liegen (vgl Koziol , Haftpflichtrecht I 3 Rz 8/19). Ein solcher aber kann den Feststellungen des Beschwerdegerichts keineswegs entnommen werden (vgl BS 8: „durch die Vorlage ist [...] kein Schaden entstanden“).

Soweit das Beschwerdegericht ein rechtliches Interesse der R***** I***** und der B***** an den von diesen (erstmals in den Subsidiaranklagen) begehrten Feststellungen (zur Zulässigkeit auf die Feststellung der Echtheit oder Unechtheit von Urkunden gerichteter Klagebegehren vgl RIS-Justiz RS0038911, RS0038957) bejaht und daraus - mit Hinweis auf § 69 Abs 1 StPO ihre Stellung als Opfer ableitet (BS 11 f), unterliegt es einem Zirkelschluss. Die Möglichkeit des Bestehens eines Feststellungsanspruchs begründet nämlich keine Opferstellung, sondern diese ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Geltendmachung eines solchen im Adhäsionsverfahren:

§§ 69 Abs 1, 371 Abs 1 StPO regeln zwar, welche Arten von (aus der Tat abgeleiteten) zivilrechtlichen Ansprüchen ein Privatbeteiligter im Strafverfahren geltend machen kann (zu Feststellungsansprüchen im Besonderen RIS Justiz RS0125376; Spenling , WK StPO § 371 Rz 1a). Voraussetzung für die Privatbeteiligung selbst bleibt aber stets, dass die betreffende Person anders als hier die Subsidiarankläger durch die Straftat einen Schaden oder eine Beeinträchtigung in ihren strafrechtlich geschützten Rechtsgütern erlitten haben könnte (§ 65 Z 1 lit c StPO), dessen Ersatz oder für die Entschädigung begehrt wird (§§ 65 Z 2, 67 Abs 1 erster Satz StPO; vgl Kier , WK-StPO § 65 Rz 34, 36; Korn/Zöchbauer , WK-StPO § 67 Rz 4). Selbst ein aus der Tat abgeleiteter (Leistungs-, Feststellungs- oder Rechtsgestaltungs-)Anspruch (§ 69 Abs 1 erster Satz StPO) könnte daher im Adhäsionsverfahren nicht erhoben werden, wenn der Betreffende nicht (im Sinn des § 65 Z 1 StPO) durch die Tat geschädigt oder beeinträchtigt worden sein kann (missverständlich Kier , WK StPO § 65 Rz 21, soweit er „Schaden“ begrifflich mit „durch die Tat möglicherweise erworbenen privatrechtlichen Ansprüchen“ gleichsetzt).

Erst recht sind Aufwendungen der Subsidiarankläger für ihre Vertretung im gegenständlichen Strafverfahren ihrem Vorbringen (ON 244 S 9 verso; ON 245 S 5 f) zuwider kein durch die Tat entstandener Schaden, der sie zu Opfern machen könnte. Entsprechender Kostenersatz (§ 393 Abs 4 StPO) hätte vielmehr die Zulässigkeit des Anschlusses als Privatbeteiligte und überdies einen Schuldspruch des Angeklagten und einen Privatbeteiligtenzuspruch (RIS-Justiz RS0101257; RS0101348) zur Vorbedingung ( Lendl , WK-StPO § 393 Rz 32).

5. Aus dem (zu Punkt 4.) Dargelegten folgt, dass die Erklärungen der Subsidiarankläger, sich dem Verfahren als Privatbeteiligte anzuschließen, schon mangels Opferstellung offenbar unberechtigt waren. Deshalb und weil die (frühere) „Zulassung“ des Peter D***** und der R***** I***** als Privatbeteiligte keine Bindungswirkung entfalten konnte (Punkt 2.), wurden diese Erklärungen und als Konsequenz daraus (Punkt 3.) auch die Subsidiaranklagen jene der B***** überdies infolge Fehlens einer dem Anklagerücktritt vorangegangenen Anschlusserklärung (Punkt 1.) zu Recht vom Bezirksgericht Mödling zurückgewiesen. Die dessen Beschluss kassierende Entscheidung des Landesgerichts Wiener Neustadt dagegen verletzt aus den genannten Gründen § 72 Abs 1 StPO und § 67 Abs 4 Z 1 StPO.

Da sich die aufgezeigten Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO wie im Spruch ersichtlich mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.

Ein Kostenausspruch hatte dabei mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 390a Abs 1 zweiter Satz StPO zu unterbleiben (vgl Lendl , WK-StPO § 390 Rz 16 f; § 390a Rz 2, 4).

Der Angeklagte war mit seinem unter anderem Verletzungen der Art 6, 7 Abs 1 und 10 MRK reklamierenden und dieses Ergebnis anstrebenden Erneuerungsantrag (§ 363a StPO per analogiam) darauf zu verweisen.

Rechtssätze
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