JudikaturJustiz10Ob3/06y

10Ob3/06y – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Mai 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter Paul S*****, Musiker und Komponist, *****, vertreten durch Mag. Oliver Ertl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM) reg. Gen. m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (EUR 35.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 23. September 2005, GZ 16 R 147/05p-15, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Mai 2005, GZ 4 Cg 160/04k-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.754,82 (darin EUR 292,47 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist mit vorformulierter Beitrittserklärung der beklagten Genossenschaft, der Verwertungsgesellschaft AKM, „auf Grund der ... bekannten Satzungen ... als Mitglied" beigetreten. Mit Beschluss vom 18. 5. 2004 hat der Aufsichtsrat der beklagten Partei den Kläger als Genossenschafter ausgeschlossen und damit auch sein Vorstandsmandat beendet. Der Berufung des Klägers wurde in der ordentlichen Generalversammlung vom 15. 6. 2004 nicht Folge gegeben. Seine Mitgliedschaft als Tantiemebezugsberechtigter und der Wahrnehmungsvertrag zwischen dem Kläger und der beklagten Partei blieben aufrecht.

§ 51 Abs 4 des Statuts der beklagten Partei idF vom 3. 6. 1996 (Statut 1996) lautet:

(4) Die Mitglieder sind verpflichtet, sich dem Schiedsgericht (§§ 15-22 der Satzungen des R.S.B.) zu unterwerfen. Streitigkeiten aus dem Mitgliedsverhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und einem oder mehreren Mitgliedern andererseits entscheidet mit Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges das R.S.B. als statutarisches Schiedsgericht."

Die Satzungen des R.S.B. (Rechtsschutzbüro) in der Fassung vom 14. 6. 2000 (RSB-Satzung 2000) enthalten unter anderem folgende Regelungen:

„Allgemeine Bestimmungen

... § 3

(1) Das RSB besteht aus 6 ständigen Mitgliedern und 6 Ersatzmitgliedern. Dem Kreis der ständigen Mitglieder sowie der Ersatzmitglieder gehören je zwei Autoren, Komponisten und Musikverleger an. Von den ständigen wie auch von den Ersatzmitgliedern müssen je drei ordentliche Mitglieder und drei Tantiemenbezugsberechtigte sein. Mitglieder des Vorstands sind ausgeschlossen (...)

(2) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des RSB werden von der Generalversammlung auf die Funktionsdauer des jeweiligen Vorstands der AKM tunlichst im Anschluss an die Vorstandswahl gewählt. Für die Mitglieder, die Tantiemenbezugsberechtigte sind, können von der Versammlung der Tantiemenbezugsberechtigten Vorschläge gemacht werden.

...

§ 4

(1) Zu den Sitzungen des RSB sind die 6 ständigen Mitglieder, im Fall ihrer Verhinderung die ergänzende Anzahl von Ersatzmitgliedern aus der betreffenden Kurie einzuladen. Den Sitzungen können auch Auskunftspersonen (insbesondere Sachverständige und Zeugen) beigezogen werden.

(2) Der Obmann (Stellvertreter) des RSB hat dafür zu sorgen, dass im Verfahren der Rechtskommission und des Schiedsgerichtes die volle Unparteilichkeit gewährleistet ist. Zu diesem Zweck hat der Obmann (Stellvertreter) nötigenfalls zu einer bestimmten Sitzung anstelle der ständigen Mitglieder des RSB teilweise oder zur Gänze auch Ersatzmitglieder einzuladen. Wenn in einem solchen Fall der Obmann oder Obmannstellvertreter des RSB sich nicht unter den einberufenen Mitgliedern befinden, haben diese aus ihrer Mitte mit einfacher Stimmenmehrheit einen Vorsitzenden zu wählen.

(3) Den Sitzungen hat der Referent des RSB und nötigenfalls der Direktor (Direktorstellvertreter) der AKM und zwar mit beratender Stimme beizuwohnen.

(4) Die Sitzungen des RSB sind nicht öffentlich.

...

Schiedsrichterliches Verfahren

§ 15

(1) Jedes Mitglied der AKM ist

a) berechtigt, die Entscheidung einer urheber- oder verlagsrechtlichen Streitigkeit zwischen dem Antragsteller und einem anderen Mitglied der AKM

b) verpflichtet, die Entscheidung einer aus dem Mitgliedschaftsverhältnis (Vertragsverhältnis) entspringenden Rechtsstreitigkeit zwischen dem Antragsteller und der AKM oder zwischen dem Antragsteller und einem anderen Mitglied der AKM durch das RSB als Schiedsgericht iS des 4. Abschnittes der Zivilprozessordnung vom 1. August 1895, BGBl Nr 113, zu beantragen. (Anmerkung: Dabei handelt es sich um die Bestimmungen der ZPO über das schiedsrichterliche Verfahren §§ 577 - 599)

(2) Das RSB als Rechtskommission ist berechtigt, einen gemäß Abs 1 lit a) gestellten Antrag ohne Angabe von Gründen abzulehnen und den Antragsteller auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen.

(3) Falls dem Antrag nach Abs 1 lit a) oder b) stattgegeben wird, hat das RSB als Schiedsgericht iS der ZPO zusammenzutreten.

(4) Die betreffenden Mitglieder der AKM (Parteien) sind über Verlangen des Schiedsgerichtes verpflichtet, vor Eingehen in das schiedsrichterliche Verfahren einen besonderen Schiedsvertrag zu unterzeichnen. (...)

§ 20

(1) Der Schiedsspruch oder ein vor dem Schiedsgericht abgeschlossener Vergleich hat unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils.

(2) Ein Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch ist unzulässig.

(...)"

Im Statut der beklagten Partei vom 12. 6. 2003 (Statut 2003) werden die Absätze 3 und 4 des § 51 des Statuts 1996 durch folgende Regelung ersetzt:

„Die Mitglieder sind verpflichtet, sich zunächst dem Schiedsgericht (§§ 15 - 22 der Satzungen des R.S.B.) zu unterwerfen. Streitigkeiten aus dem Mitgliedsverhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und einem oder mehreren Mitgliedern andererseits entscheidet das R.S.B. als statutarisches Schiedsgericht."

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Generalversammlungsbeschluss vom 15. 6. 2004 nichtig und sein Ausschluss als Genossenschafter aus der beklagten Partei unwirksam sei.

Die beklagte Partei erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung, dass es sich bei der vom Kläger begehrten Feststellung um eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu ihr handle und für solche Streitigkeiten das so genannte Rechtsschutzbüro (R.S.B.) als statutarisches Schiedsgericht gemäß § 599 ZPO vereinbart worden sei. Der Kläger, der sich nach seinem Vorbringen selbst noch als Mitglied der Beklagten erachte, habe bislang das R.S.B. nicht angerufen und damit den in den Statuten vorgesehenen Instanzenzug noch nicht ausgeschöpft, weshalb ihm die Anrufung der ordentlichen Gerichte verwehrt sei. Der Kläger brachte zur Frage der „Zulässigkeit des Rechtsweges" zusammengefasst vor, dass ein satzungsgemäßes Schiedsgericht für Streitigkeiten zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern, nicht aber für den Streit über die Mitgliedschaft selbst zuständig sei. Ein Beharren auf einer statutarischen Schiedsklausel käme angesichts der monopolartigen Stellung der beklagten Partei einer Knebelung der Genossenschafter gleich. Die Anrufung des R.S.B. sei unzumutbar, weil damit ein sofort wirksam gewordener rechtswidriger Ausschluss prolongiert werden würde. Durch die Besetzung des Schiedsgerichtes vorwiegend mit Genossenschaften bestehe die Gefahr der Voreingenommenheit der Mitglieder des R.S.B. und es würde die Genossenschaft mittelbar in eigener Sache über eine Klage des Klägers entscheiden.

Das Erstgericht verwarf die Einreden der Unzulässigkeit des Rechtsweges und der sachlichen Unzuständigkeit. Dem Kläger als Genossenschafter der beklagten Partei könne nicht verwehrt werden, zur Feststellung der Unwirksamkeit seines Ausschlusses aus der Genossenschaft ohne allenfalls notwendige Erschöpfung des verbandsinternen Instanzenzuges das ordentliche Gericht anzurufen. Die Aufgaben des R.S.B. iSd § 51 der Statuten würden sich nicht auf Streitigkeiten über den Ausschluss eines Mitglieds aus der beklagten Partei beziehen. Zur Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verwies das Erstgericht auf § 43 Abs 3 JN.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss im Sinne einer Klagszurückweisung ab. Werde ungeachtet eines über die Streitsache vorliegenden Schiedsvertrages ein ordentliches Gericht angerufen, werde damit nach herrschender Ansicht nicht Unzulässigkeit des Rechtsweges, sondern bloß prorogable Unzuständigkeit begründet. In diesem Sinn sei die Einrede der „Unzulässigkeit des Rechtsweges" (weil der Kläger das satzungsgemäße Schiedsgericht, das R.S.B., nicht angerufen habe) als Einrede der sachlichen Unzuständigkeit zu behandeln.

Bei Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit des Erstgerichtes zur Entscheidung über das Feststellungsbegehren sei lediglich zu prüfen, ob ein „echtes" Schiedsgericht gemäß §§ 577 ff ZPO vereinbart worden sei. Hingegen betreffe die Frage, ob vor Anrufung des ordentlichen Gerichtes der für den Ausschluss des Genossenschafters vorgesehene interne Instanzenzug ausgeschöpft worden sei, die dem Privatrecht zuzurechnenden Rechtsbeziehungen zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern; sie sei erst mit der Entscheidung über die Sache selbst zu erledigen.

Ob in der Satzung einer Genossenschaft ein „echtes" Schiedsgericht auch für Streitigkeiten über den Ausschluss eines Genossenschafters vereinbart worden sei, sei durch Auslegung der Statuten nach den §§ 6 - 7 ABGB zu ermitteln. Im konkreten Fall enthalte § 51 Abs 4 des Statuts 1996 eine Schiedsklausel zur Begründung eines Schiedsgerichtes gemäß §§ 577 ff ZPO („entscheidet mit Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs das RSB als statutarisches Schiedsgericht"). Dass sich der Kläger durch seine Beitrittserklärung dem Statut unterworfen habe, sei nicht strittig. Er bestreite auch nicht die Geltung der Satzung des R.S.B. in der Fassung vom 14. 6. 2000. Der dortige § 15 konstitutiere unzweifelhaft ein „echtes" Schiedsgericht, weil auf die Bestimmungen des 4. Abschnittes der ZPO (§§ 577 - 599 ZPO) verwiesen werde. Nach § 20 der Satzung des R.S.B. habe der Schiedsspruch die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteiles; ein Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch sei unzulässig. Dieses „echte" Schiedsgericht sei auch für Streitigkeiten über den Ausschluss eines Genossenschafters zuständig: Nach § 51 des Statuts 1996 und des Status 2003 entscheide das R.S.B. über „Streitigkeiten aus dem Mitgliedsverhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und einem oder mehreren Mitgliedern andererseits." § 15 der RSB-Satzung 2000 verpflichte die Mitglieder „die Entscheidung einer aus dem Mitgliedschaftsverhältnis (Vertragsverhältnis) entspringenden Rechtsstreitigkeit (...) durch das RSB als Schiedsgericht zu beantragen."

Nach Ansicht des erkennenden Senates decke die Formulierung „Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis" - entgegen der älteren OGH-Judikatur - auch Streitigkeiten „über das Mitgliedschaftsverhältnis". Die Beendigung eines Mitgliedschaftsverhältnisses setze nämlich eine bestehende Mitgliedschaft voraus, sodass eine Streitigkeit über den Ausschluss seines Genossenschafters zugleich auch eine aus dem Mitgliedschaftsverhältnis „entspringende Rechtsstreitigkeit" (§ 15 Abs 1 RSB-Satzung 2000) sei.

Der Oberste Gerichtshof bejahe bei Vereinsstatuten eine verstärkte Grundrechtsbindung, weil ein einzelnes Vereinsmitglied in der Regel keinen Einfluss auf die Gestaltung der Statuten habe und sich daher in einer dem Adressaten staatlicher Normen ähnlichen Unterlegenheitssituation befinde; Verstöße gegen die Grundsätze des fair trial nach Art 6 EMRK seien nach § 879 Abs 1 ABGB nichtig. Diese Rechtsprechung sei wegen der Vergleichbarkeit der Vereine mit Genossenschaften auf letztere übertragbar.

Als „echtes" Schiedsgericht halte das R.S.B. aus mehrerlei Gründen (fehlende Unabhängigkeit des ständigen Referenten; starke Einschränkung der Anfechtbarkeit der Entscheidungen) den Standards eines fair trial iSd Art 6 EMRK nicht stand, weshalb die Vereinbarung des R.S.B. als „echtes" Schiedsgericht gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig sei, soweit das R.S.B. als Schiedsgericht zur Entscheidung für die aus dem Mitgliedsverhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und einem oder mehreren Mitglied(ern) andererseits eingerichtet werde. Zwar gelte auch für derartige Streitigkeiten grundsätzlich die Schiedsklausel; durch den Entfall des R.S.B. als Schiedsgericht sei aber § 580 ZPO anzuwenden. Dieser bestimme für den Fall, dass im Schiedsvertrag weder die Schiedsrichter benannt noch eine Bestimmung über Zahl und Ernennung der Schiedsrichter enthalten seien, dass jede Partei einen Schiedsrichter bestelle; diese hätten einen Obmann zu wählen.

Damit sei die aufgrund der Schiedsklausel erhobene und als Einrede der sachlichen Unzuständigkeit umzudeutende Prozesseinrede berechtigt und die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückzuweisen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Beurteilung der Frage, ob mit dem Statut der beklagten Genossenschaft idF 1996 und 2003 ein „echtes" Schiedsgericht iSd §§ 577 ff ZPO eingerichtet worden sei und ob die Schiedsklausel bloß teilweise nichtig sei (nämlich soweit das Rechtsschutzbüro als Schiedsgericht für Streitigkeiten aus dem Mitgliedsverhältnis zwischen der beklagten Genossenschaft einerseits und einem oder mehreren Mitgliedern andererseits entscheide) schon wegen der Vielzahl der Mitglieder der beklagten Partei eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei aus dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Die beklagte Partei verweist in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses und stellt im Übrigen den Antrag, dem Revisionsrekurs der klagenden Parteien nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Als Satzung im materiellen Sinn zu qualifizierende korporative Regelungen sind nicht wie Verträge, sondern normativ - unter Anwendung der Auslegungsgrundsätze der §§ 6 und 7 ABGB - auszulegen (1 Ob 1/95 = SZ 68/132 uva; RIS-Justiz RS0008813, RS0008834 und RS0108891; zur Genossenschaft RIS-Justiz RS0008835). Im Rahmen dieser objektiven Auslegung kommt es entscheidend auf ihren Wortlaut, Zweck und systematischen Zusammenhang an (1 Ob 586/94 = SZ 68/144 zur Aktiengesellschaft).

2. Der Kläger zieht nicht in Zweifel, dass er sich durch seine Beitrittserklärung dem Statut unterworfen hat und dass dieses eine „echte" Schiedsvereinbarung enthält. Er sieht aber den Streit über den Ausschluss eines Genossenschaftsmitgliedes als nicht mehr der Jurisdiktion des Schiedsgerichtes unterliegend an und hält überdies die Verpflichtung zur Anrufung des Schiedsgerichtes insbesondere im Hinblick auf dessen Zusammensetzung für unzumutbar (und macht aus diesem Grund auch die Nichtigkeit der gesamten Schiedsklausel geltend).

3. In erster Linie ist daher die Frage zu beantworten, ob - entsprechend der Ansicht des Berufungsgerichtes - auch der Streit über den Ausschluss eines Genossenschaftsmitgliedes von der konkreten Schiedsklausel („Streitigkeiten aus dem Mitgliedsverhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und einem oder mehreren Mitgliedern andererseits") umfasst ist. Unklare oder eine mehrfache Deutung zulassende Satzungsbestimmungen sind nach der Judikatur (RIS-Justiz RS0008816, RS0008813 [T4]) nach ihrem billigen und vernünftigen Sinn so auszulegen, dass bei ihrer Anwendung im konkreten Fall brauchbare Ergebnisse erzielt werden, die insbesondere das Funktionieren der Genossenschaft sichern und fördern (ohne dass deshalb aber die Interessen der Genossenschafter vernachlässigt werden dürften).

3.1. In einigen älteren Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof

betont, dass in die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes, das für

Streitigkeiten „aus dem Genossenschaftsverhältnis zuständig gemacht

wurde" beispielsweise nicht die Überprüfung des Ausschlusses eines

Genossenschafters falle, weil es sich dabei nicht um eine

Angelegenheit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis handle, sondern um

einen Streit über die Mitgliedschaft selbst (2 Ob 747/28 = SZ 10/285;

1 Ob 191/46 = JBl 1947, 111). Diese Entscheidungen sind (auch) vor

dem Hintergrund zu sehen, dass der Rechtsschutz des ausgeschlossenen Genossenschafters im Hinblick auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes jeweils stark beeinträchtigt gewesen wäre (vgl auch Keinert, Österreichisches Genossenschaftsrecht [1991] Rz 699:

„besonders angesichts der üblichen Besetzung des Schiedsgerichts vorwiegend mit Genossenschaftern würde hier mittelbar die Genossenschaft in eigener Sache entscheiden").

3.2. Die Lehre hält es durchaus für zulässig, dass ein Schiedsgericht auch zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Ausschlusses und generell bezüglich Streitigkeiten über das Mitgliedschaftsverhältnis unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges zuständig gemacht werden kann (Astl/Pfalz/Steinböck in Dellinger, Genossenschaftsgesetz [2005] § 5 Rz 48, § 11 Rz 7). Auch die vorliegende Schiedsklausel kann, auch wenn nicht ausdrücklich die Wortfolge „Streitigkeiten über das Mitgliedsverhältnis" enthalten ist, durchaus so verstanden werden, dass alle Streitigkeiten, die aus der Mitgliedschaft entstehen, durch eine Schiedsgericht entschieden werden sollen. Es wurde bereits dargestellt, dass Satzungsbestimmungen, die eine mehrfache Deutung zulassen, so auszulegen sind, dass bei ihrer Anwendung im konkreten Fall brauchbare Ergebnisse erzielt werden, die insbesondere das Funktionieren der Genossenschaft sichern und fördern. In diesem Sinn kann etwa für ein weites Verständnis der Schiedsklausel ins Treffen geführt werden, dass auf diese Weise Klarheit geschaffen wird, dass ein Schiedsgericht für alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Genossenschaftsmitgliedschaft zuständig ist und keine genaue Abgrenzung zwischen Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes fallen, und solchen, für die die ordentlichen Gerichte zuständig sind, erforderlich ist.

3.3. Dass bei der Auslegung einer Schiedsklausel nicht allein der penible Wortlaut maßgeblich sein kann, hat der OGH auch in seinen Entscheidungen über die zeitliche Dauer der Wirkung einer Schiedsklausel dargestellt: So hat er in der Entscheidung 6 Ob 572/90 (ecolex 1991, 86) unter Hinweis auf ältere Rechtsprechung (siehe RIS-Justiz RS0045087) ausgeführt, dass eine Schiedsklausel für „Streitigkeiten aus diesem Vertrag" über die Geltungsdauer des materiellen Vertrages hinaus wirkt und auch Ansprüche erfasst, die aus einem einseitigen Abgehen von einem Vertrag abgeleitet werden (siehe auch RIS-Justiz RS0045110 und RS0045191; zuletzt etwa 1 Ob 22/03x = RIS-Justiz RS0045087 [T1]).

3.4. In diesem Sinn ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zu bestätigen, dass die Schiedsklausel auch Streitigkeiten aus dem Ausschluss des Klägers aus der Genossenschaft umfasst.

4. Mit dem Hinweis auf die Unzumutbarkeit der Anrufung des Schiedsgerichtes möchte der Kläger erreichen, dass die Schiedsklausel von ihm nicht beachtet werden muss; auch die Behauptung ihrer Nichtigkeit läuft darauf hinaus.

4.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in einer älteren Entscheidung ausgesprochen, dass die Bestimmung eines Genossenschaftsstatutes, wonach bei Streitigkeiten zwischen der Genossenschaft und den Genossenschaftern ein Schiedsgericht zu entscheiden habe, dem Mitglieder des Genossenschaftsvorstandes angehören, weder per se ungültig noch sittenwidrig sei (1 Ob 26/36 = SZ 18/12; RIS-Justiz RS0045386). In der Entscheidung 9 Ob 501/96 (SZ 69/23) ließ er bei Vorliegen „besonders beachtenswerter Ausnahmsfälle, die im Einzelfall die Anrufung des Vereinsschiedsgerichtes unzumutbar machen", die sofortige Anrufung der ordentlichen Gerichte zur Bekämpfung eines Vereinsausschlusses mit der Begründung zu, dass nach der Satzung der Obmann zwei Schiedsrichter namhaft zu machen hatte, die dann ihrerseits einen Vorsitzenden wählen; diese Klausel wurde als eklatant gegen die Grundsätze des fair trial nach Art 6 EMRK verstoßend und daher als nichtig gemäß § 879 Abs 1 ABGB angesehen (ähnlich 2 Ob 41/04z = JBl 2005, 801).

4.2. Eine derartige „Sittenwidrigkeitsintensität" ist aber der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Schiedsklausel keinesfalls zu entnehmen, ist doch der ständige Referent kein Mitglied des Schiedsgerichtes selbst (sondern ein Hilfsorgan) und ist die eingeschränkte Anfechtbarkeit von Schiedssprüchen geradezu eine übliche Eigenart von Schiedsgerichten. Das Beiwohnen des Direktors der AKM bei Sitzungen gilt nur „nötigenfalls".

Insoweit kann die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die Vereinbarung des R.S.B. als „echtes" Schiedsgericht gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig sei, nicht geteilt werden. Auch von den konkreten Erfolgsaussichten vor dem Schiedsgericht kann die Wirksamkeit der Schiedsklausel nicht abhängen. Der Kläger hat sich daher entsprechend den Statuten der beklagten Partei dem R.S.B. als Schiedsgericht zu unterwerfen, weshalb sein Revisionsrekurs erfolglos bleiben muss.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO.

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