Vorwort
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 § 1
§ 1 Geltungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt für den Betrieb von teilstationären und stationären Einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen gemäß §§ 46 und 47 des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000, LGBl. 9200.
(2) Zielgruppe dieser Verordnung sind Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Dazu zählen Menschen mit intellektueller und/oder mehrfacher Behinderung und Menschen mit psychischen Erkrankungen, im Folgenden auch Klientin bzw. Klient genannt.
§ 2 § 2
§ 2 Begriffe
(1) Im Sinne dieser Verordnung gelten als bewilligungspflichtige soziale Einrichtungen gemäß § 49 des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000, LGBl. 9200:
1. Teilstationäre Einrichtungen : Dies sind Beschäftigungs- und Fördereinrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, die eine soziale und berufliche Eingliederung inklusive betrieblicher Praktika ermöglichen. Teilstationäre Einrichtungen umfassen Tagesstätten und Tagesbetreuung in Wohneinrichtungen.
2. Stationäre Einrichtungen : Dies sind Wohneinrichtungen inklusive Einzelwohnungen, die Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Lebensbereich Wohnen zur Verfügung stehen.
3. Sonstige Einrichtungen : Diese Einrichtungen umfassen Wohnen und Tagesbetreuung. Zu den sonstigen Einrichtungen zählen:
a) Rehabilitationseinrichtungen: Einrichtungen für Menschen mit Suchterkrankungen mit zeitlicher Befristung des Aufenthaltes.
b) „Wir im Alter“: Einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Alter, die das 55. Lebensjahr erreicht haben und altersbedingt nicht mehr in einer Tagesstätte tätig sind.
c) Schwerpunkteinrichtungen: Einrichtungen für Menschen mit intellektueller Behinderung und/oder psychischer Erkrankung, bei denen massive Selbst- und/oder Fremdgefährdungen auftreten.
4. Wohnverbünde: Ein Wohnverbund umfasst maximal drei stationäre Einrichtungen, wobei die Standorte maximal 1,5 Kilometer voneinander entfernt sein dürfen. Abweichungen von der maximalen Entfernung sind aus räumlichen und organisatorischen Gründen im Einzelfall möglich.
(2) Betreuungsformen :
Die Formen der Betreuung richten sich nach den Bedarfen der einzelnen Klientin bzw. des einzelnen Klienten. Die Formen der Betreuung in stationären und teilstationären Einrichtungen sowie sonstigen Einrichtungen sind in Anlage 1 geregelt.
(3) Betriebszeiten :
Unter Betriebszeit ist die Zeit zu verstehen, in der Menschen mit intellektueller Behinderung und/oder psychischer Erkrankung in Einrichtungen betreut und angeleitet werden. Die weitere Ausgestaltung der Betriebszeiten ist in Anlage 2 geregelt.
Abschnitt 2
Sachliche Voraussetzungen hinsichtlich Lage, Größe und Ausstattung
§ 3 § 3
§ 3 Örtliche Infrastruktur
Der Standort einer Einrichtung muss entsprechend den örtlichen Gegebenheiten den betreuten Menschen mit besonderen Bedürfnissen eine volle und wirksame Teilhabe im Ort bzw. in der Gemeinde ermöglichen und folgende infrastrukturelle Anforderungen erfüllen:
1. Erreichbarkeit von infrastrukturellen Einrichtungen (z. B. Handelsbetriebe mit Konsumgütern des täglichen Bedarfes, Banken, Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, Arztpraxen und Apotheken, Freizeiteinrichtungen),
2. Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel,
3. öffentliche Grünflächen, Parkanlagen etc. im Nahbereich.
§ 4 § 4
§ 4 Bauliche Gestaltung und Ausstattung
(1) Die bauliche Gestaltung und die Ausstattung von Einrichtungen muss so beschaffen sein, dass die Durchführung einer fachgerechten Betreuung entsprechend dem Betriebs- und Personalkonzept ermöglicht wird, sodass hygienische Standards eingehalten und körperliche Unversehrtheit sowie ausreichend Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten gewährleistet werden.
(2) Die Einrichtungen sind entsprechend der Art der auszugleichenden Behinderung bzw. Erkrankung der betreuten Menschen mit besonderen Bedürfnissen barrierefrei zu errichten und auszustatten.
(3) Einrichtungen müssen entsprechend ihrer Art und Größe derart geplant, ausgeführt und betrieben sein, dass bei einem Brand den betreuten Menschen mit besonderen Bedürfnissen ein rasches und sicheres Verlassen des Gebäudes oder eine Rettung gewährleistet wird.
Insbesondere sind in den Einrichtungen die in Anlage 3 aufgelisteten Anforderungen zu erfüllen.
(4) Der Träger einer Einrichtung ist zu einer laufenden Instandhaltung der gesamten Einrichtung verpflichtet und hat Mängel, die zu einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit der betreuten Menschen mit besonderen Bedürfnissen führen können, unverzüglich zu beheben.
§ 5 § 5
§ 5 Raumbedarf
(1) In einer Tagesstätte muss für jede betreute Person eine Gesamtfläche von mindestens 15 m² zur Verfügung stehen. Im Rahmen der Tagesbetreuung in der Wohneinrichtung müssen für jede externe Klientin bzw. jeden externen Klienten 15 m² Gesamtfläche in den von Bewohnerinnen und Bewohnern gemeinsam genutzten Küchen-, Wohn- und Essbereichen zur Verfügung stehen.
Weitere Mindestanforderungen sind:
1. Gruppen-/Arbeitsräume,
2. Freibereich (Terrasse, Garten, Balkon, Loggia oder dgl.) entsprechend den örtlichen Gegebenheiten,
3. eine entsprechend der Art und Größe der Einrichtung ausreichende Anzahl von Toiletten für die Klientinnen und Klienten; wird für die Klientinnen und Klienten jeweils nur eine Damen- und eine Herren-Toilette errichtet, muss mindestens eine Toilette barrierefrei ausgeführt werden; ist nur eine geschlechtsneutrale Toilette vorhanden, ist diese barrierefrei auszugestalten,
4. ein barrierefreies Badezimmer (Waschbecken und eine Dusche oder Badewanne),
5. für Personen mit hohem Pflegebedarf ist ein Pflegebad vorzusehen (z. B. Pflegebadewanne, Liegedusche, Sitzdusche, Liege für Inkontinenzversorgung),
6. hygienische Händereinigung- und -desinfektion ist zu gewährleisten,
7. Nebenräume (z. B. Lagerräume),
8. Garderobe mit versperrbarem Kasten für jede betreute Person,
9. Dienstzimmer bzw. Bürobereich,
10. Notrufmöglichkeiten gemäß Unterstützungsbedarf der Klientinnen bzw. Klienten (Notrufknopf, Notrufuhr, Notrufsender, Kontaktmatte, etc.).
(2) In einer stationären Einrichtung, bei „Wir im Alter“ und in einer Rehabilitationseinrichtung muss für jede betreute Person eine Gesamtfläche von mindestens 35 m² zur Verfügung stehen. Weitere Mindestanforderungen sind:
1. Mindestgröße im Einbett-Zimmer: 12 m², für Menschen mit permanenter Mobilitätsbehinderung 17 m². Einzelzimmern ist der Vorzug zu geben,
2. Mindestgröße im Zweibett-Zimmer: 18 m², für Menschen mit permanenter Mobilitätsbehinderung 23 m². Zweibett-Zimmer sind nur in begründeten Ausnahmefällen im Rahmen der Bewilligung zulässig,
3. die Zimmer und Räume sind entsprechend dem Betreuungs- und Pflegebedarf der Klientin bzw. des Klienten mit einer zweckmäßigen und funktionsfähigen Grundausstattung (Bett, Kasten, Tisch, Sessel, etc.) zu versehen,
4. eine Sanitäreinheit, bestehend aus einem Waschbecken, einer Dusche oder Badewanne und getrenntem WC für jeweils maximal 4 betreute Personen,
5. für Personen mit hohem Pflegebedarf ist ein Pflegebad vorzusehen (z. B. Pflegebadewanne, Liegedusche, Sitzdusche, Liege für Inkontinenzversorgung),
6. hygienische Händereinigung- und -desinfektion ist zu gewährleisten,
7. Küche,
8. Wohn- und Essbereich,
9. Nebenräume (z. B. Lagerräume),
10. Dienstzimmer bzw. Bürobereich, bei Nachtdiensten mit Schlafmöglichkeit,
11. Notrufmöglichkeiten gemäß Unterstützungsbedarf der Klientinnen bzw. Klienten (Notrufknopf, Notrufuhr, Notrufsender, Kontaktmatte, etc.).
(3) In Schwerpunkteinrichtungen muss für jede betreute Person eine Gesamtfläche von mindestens 50 m² zur Verfügung stehen. Im Übrigen gelten die Mindesterfordernisse nach Abs. 1 und 2.
(4) Abweichungen von den Mindestanforderungen nach Abs. 1 und 2 sind für bestimmte Einrichtungsformen mit Bescheid festzulegen.
§ 6 § 6
§ 6 Einrichtungsgröße
(1) In stationären Einrichtungen und bei „Wir im Alter“ darf die Anzahl an Plätzen pro Standort 26 nicht übersteigen.
(2) In Schwerpunkteinrichtungen darf die Anzahl an Plätzen pro Standort 10 nicht übersteigen. Werden am Standort mehr als 6 Personen betreut, sind mindestens 2 Gruppen zu führen.
Abschnitt 3
Personelle Voraussetzungen
§ 7 § 7
§ 7 Qualifikation des Personals und Betreuungsschlüssel
(1) In jeder Einrichtung muss sichergestellt sein, dass im Anstellungsverhältnis (inklusive Pooldienste) ausreichendes und fachlich qualifiziertes Personal für die Begleitung, Anleitung, Pflege, Betreuung und Rehabilitation im erforderlichen Ausmaß zur Verfügung steht. Die erforderliche Anzahl und die Qualifikation des Personals richten sich nach dem Betreuungsangebot gemäß Betreuungskonzept, der Anzahl der Klientinnen und Klienten und der Betreuungsform.
(2) Die Mindestpersonalbedarfe für die einzelnen Betreuungsformen sind der Anlage 4 zu entnehmen. Der Mindestpersonalbedarf ist im Bewilligungsbescheid für den Betrieb der Einrichtung festzulegen.
(3) Ausgehend vom Mindestpersonalbedarf muss jedoch zumindest in:
1. teilstationären Einrichtungen: 50% des eingesetzten Personals,
2. stationären Einrichtungen: 60% des eingesetzten Personals,
3. sonstigen Einrichtungen: 60% des eingesetzten Personals und
4. Schwerpunkteinrichtungen: 75% des eingesetzten Personals
über eine fachliche Ausbildung gemäß Abs. 4 verfügen.
(4) Als fachlich qualifiziert gelten insbesondere:
1. Diplom-Sozialbetreuerinnen und -betreuer mit den Schwerpunkten Behindertenarbeit und Behindertenbegleitung, Familienarbeit und Altenarbeit im Sinne des NÖ Sozialbetreuungsberufegesetzes 2007, LGBl. 9230,
2. Fach-Sozialbetreuerinnen und -betreuer mit den Schwerpunkten Behindertenarbeit und Behindertenbegleitung, Altenarbeit im Sinne des NÖ Sozialbetreuungsberufegesetzes 2007, LGBl. 9230,
3. Sozialarbeiterinnen und -arbeiter,
4. Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, Pflegefachassistentinnen und -assistenten und Pflegeassistentinnen und -assistenten im Sinne des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, BGBl. I Nr. 108/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 109/2024 ,
5. Ergotherapeutinnen und -therapeuten, Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Logopädinnen und Logopäden im Sinne des Bundesgesetzes über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Gesetz 2024 - MTDG), BGBl. I Nr. 100/2024,
6. Diplomierte Berufspädagoginnen und -pädagogen,
7. Sozialpädagoginnen und -pädagogen,
8. Elementarpädagoginnen und -pädagogen im Sinne des NÖ Kindergartengesetzes 2006, LGBl. 5060,
9. Pädagoginnen und Pädagogen,
10. Fachkräfte für Bildungs- bzw. Erziehungswissenschaften,
11. Fachkräfte mit einem abgeschlossenen Bachelorstudium der Musiktherapie oder einem abgeschlossenen Masterstudium der Musiktherapie,
12. Mal- und Gestaltungstherapeutinnen und -therapeuten,
13. Heilpädagoginnen und -pädagogen,
14. Psychologinnen und Psychologen im Sinne des Psychologengesetzes 2013, BGBl. I Nr. 182/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 49/2024, sowie Personen mit einem abgeschlossenen Bachelorstudium im Studienfach Psychologie im Sinne des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 in der Fassung BGBl https://ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2021/177 . Nr. 50/2024, des Fachhochschulgesetzes, BGBl. I Nr: 340/1993 in der Fassung BGBl I Nr. 50/2024 oder des Privathochschulgesetzes, BGBl. I Nr. 77/2020, in der Fassung BGBl I Nr. 50/2024,
15. Ärztinnen und Ärzte,
16. Psychotherapeutinnen und -therapeuten im Sinne des Psychotherapiegesetzes 2024 (PThG 2024), BGBl. I Nr. 49/2024, Fachkräfte mit einem abgeschlossenen Bachelorstudium der Psychotherapie(wissenschaften) oder einem abgeschlossenen Masterstudium der Psychotherapie(wissenschaften) und Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Ausbildung unter Supervision,
17. Diplomierte Lebens- und Sozialberaterinnen und -berater, die über die entsprechende gewerberechtliche Genehmigung gemäß der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2024 verfügen,
18. Absolventinnen und Absolventen der Diplomlehrgänge für Sozialpsychiatrische Arbeit, des Studiums der Pflegewissenschaften, des Masterstudiums Sozial- und Integrationspädagogik, des Masterstudiums Konduktive Förderung und Akademischer Expertinnen und Experten in Konduktive Förderung, des Masterstudiums Sportwissenschaft mit dem Pflichtmodul Trainingstherapie, des Bachelorstudiums und Masterstudiums Umweltpädagogik und Beratung an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik (MSC-Lehrgang Green Care) sowie des Fachhochschullehrgangs Erlebnispädagogik,
19. Akademische Psychosoziale Beraterinnen und -berater.
Ausbildungen, welche als fachlich qualifiziert anerkannt waren und zwischenzeitlich ausgelaufen sind, sind den genannten Ausbildungen gleichzusetzen.
(5) Das eingesetzte Personal darf keine gerichtlichen Verurteilungen haben, die das Wohl der Menschen mit besonderen Bedürfnissen gefährdet erscheinen lassen.
§ 8 § 8
§ 8 Leitung
(1) Der Rechtsträger einer Einrichtung hat für jeden Standort eine Leiterin bzw. einen Leiter zu bestellen, die bzw. der folgenden persönlichen und sachlichen Anforderungen entsprechen muss:
1. soziale Kompetenz und Fähigkeit zur Führung und Motivation von Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern,
2. Absolvierung einer Ausbildung gemäß § 7 Abs. 4,
3. Lehrgang für eine Leitungsfunktion im Sozialbereich im Umfang von zumindest 90 Unterrichtseinheiten oder Nachweis der Absolvierung dieser Lehreinheiten und Unterrichtseinheiten im Rahmen der Grundausbildung.
(2) Aufgaben der Einrichtungsleitung sind insbesondere:
1. Umsetzung der einrichtungsspezifischen und auf Klientinnen und Klienten bezogenen rechtlichen Vorgaben,
2. Anleitung und Koordination von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
3. Kommunikation mit Klientinnen und Klienten und deren Angehörigen sowie Öffentlichkeits- bzw. Gemeinwesenarbeit,
4. Beschwerdemanagement,
5. Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung.
(3) Das erforderliche Ausmaß an Leitungsstunden zur Gewährleistung der Durchführung der Leitungsaufgaben wird seitens der Behörde aufgrund eines Sachverständigengutachtens insbesondere unter Berücksichtigung der Zusammensetzung der Klientel, der Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und dem Konzept der Einrichtung festgelegt.
Geht das Erfordernis an Leitungsstunden an einem Standort über ein Vollzeitäquivalent hinaus, können von der Betreuung freigestellte Assistentinnen und Assistenten eingesetzt werden. Die Leitungstätigkeit bedingt die Anwesenheit am Standort.
(4) Mit Zustimmung der Behörde ist im Einzelfall für zwei oder mehrere Einrichtungen eine gemeinsame Leitung möglich. Dies gilt auch für Einrichtungen im Wohnverbund.
(5) Leitungspersonen dürfen keine gerichtlichen Verurteilungen haben, die das Wohl der Menschen mit besonderen Bedürfnissen gefährdet erscheinen lassen.
Abschnitt 4
Organisatorische und betriebswirtschaftliche Erfordernisse
§ 9 § 9
§ 9 Dokumentation
(1) Jeder Rechtsträger einer Einrichtung hat unbeschadet sonstiger gesetzlicher Voraussetzungen folgende Aufzeichnungen zu führen:
1. Personenbezogene Dokumentation:
a) Stammdaten, Vorgeschichte, Erstkontakt, Anamnesebogen, Zuweisungsdiagnose,
b) individuelle Zielplanung mit dazugehörigen Unterstützungs- bzw. Umsetzungsmaßnahmen,
c) individueller Entwicklungs- bzw. Jahresbericht, in welchem eine Evaluation des Betreuungsverlaufes und der in der Zielplanung festgelegten Unterstützungs- und Umsetzungsmaßnahmen nach Möglichkeit gemeinsam mit der Klientin bzw. dem Klienten stattfindet,
d) Verlaufsdokumentation in mindestens wöchentlichen Rhythmus, mit durchgeführten Unterstützungs- und Begleitmaßnahmen (agogisch, medizinisch, pflegerisch), die den Betreuungsverlauf abbilden; bei Verdacht auf körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt oder auf Vernachlässigung einer Klientin bzw. eines Klienten ist der Behörde eine Gefährdungseinschätzung zu übermitteln,
e) hinsichtlich Auszahlung der Anerkennungsbeträge, sind Auszahlungslisten zu führen, welche das Auszahlungsdatum, den Betrag, sowie den Namen und die Unterschrift der auszahlenden und zahlungsempfangenden Person enthalten.
Die personenbezogene Dokumentation ist vollumfänglich bis zehn Jahre nach dem Austritt der Klientin bzw. des Klienten aus der Einrichtung aufzubewahren.
2. Einrichtungsspezifische Dokumentation:
a) Dienstpläne, die Folgendes enthalten: Adresse, Bereich und Zeitraum für den dieser Plan gilt, voller Name der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Zuordnung und genaue Darstellung der Leitungsstunden (pro Standort), Angabe der Qualifikation, Wochenstundenverpflichtung, geplanter Dienst inklusive Teambesprechungen, Iststunden, Abwesenheitstage, Datum der Freigabe, Unterschrift der Erstellungsperson, für die im Dienstplan verwendeten Kürzel ist eine Legende zur Verfügung zu stellen,
b) Dokumentation von mindestens einmal monatlich stattfindenden Teambesprechungen,
c) Nachweis über das Angebot von Supervision,
d) Anwesenheitslisten von betreuten Personen,
e) Zeiterfassung des Personals,
f) aktuelle Auflistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Leitungsperson mit Angabe der Qualifikation und Stundenverpflichtung sowie Stundenzuordnung zu den jeweiligen Standorten,
g) aktuelle Auflistung der Klientinnen und Klienten mit Angabe der Betreuungsform,
h) Stellenbeschreibungen mit genauem Anforderungsprofil, Tätigkeitsbereich, Datum und Unterschrift der verbindlichen Kenntnisnahme.
Alle einrichtungsspezifischen Unterlagen sind mit dem Namen des Rechtsträgers, dem Bereich und der Adresse auszuweisen.
(2) Für Wohneinrichtungen mit einer Tagesbetreuung bzw. Tagesstätte für Menschen mit besonderen Bedürfnissen am gleichen Standort ist eine gemeinsame Führung der einrichtungsspezifischen Dokumentation möglich.
(3) Jeder Rechtsträger hat über Anforderung der Landesregierung zur Durchführung einer Sozialplanung heimbezogene Daten, wie Zahl der betreuten Personen, aufgeschlüsselt nach Alter, Geschlecht und Betreuungsformen, sowie Anzahl, Ausbildung und Qualifikation der Mitarbeiter vorzulegen.
§ 10 § 10
§ 10 Verschwiegenheitspflicht
(1) Die in einer Einrichtung tätigen Personen sind zur Verschwiegenheit über ihnen ausschließlich aus dieser Tätigkeit bekannt gewordene Tatsachen verpflichtet, an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse einer Person besteht.
(2) Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn
1. diese Verordnung ausdrücklich anderes bestimmt,
2. andere gesetzliche Vorschriften dies gebieten,
3. die Mitteilung der Tatsache nach Art und Inhalt zum Schutz überwiegender Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege, der Rechtspflege oder der Entscheidung über Pflegegeld oder Sozialleistungen erforderlich ist.
(3) Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit in dieser Einrichtung.
§ 11 § 11
§ 11 Auskunftspflicht
(1) Den Klientinnen bzw. Klienten einer Einrichtung, ihren gesetzlichen Vertretern und Personen, die von den Klientinnen bzw. Klienten als Auskunftsberechtigte genannt werden, sind alle Auskünfte über die sie betreffenden Betreuungs-, Pflege- und Fördermaßnahmen zu erteilen und Einsicht in die personenbezogene Dokumentation zu gewähren.
Eine Auskunft ist nur dann zu erteilen, wenn die entsprechende Berechtigung gegenüber der Einrichtung glaubhaft gemacht wurde.
(2) Dem Personal, das die Klientinnen bzw. Klienten einer Einrichtung betreut, sind die für die Erfüllung der Tätigkeit erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
§ 12 § 12
§ 12 Vermögensvorteile
(1) Allen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern der Einrichtung ist untersagt, von Klientinnen bzw. Klienten, deren Angehörigen oder sonst vertretungsbefugten Personen über das im Betreuungsvertrag oder mit dem Land vertraglich vereinbarte Entgelt hinaus Vermögensvorteile zu verlangen, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen. Ausgenommen davon sind Aufmerksamkeiten von geringem materiellem Wert.
(2) Die Bestimmung des Abs. 1 gilt nicht für Zuwendungen, die auf Grund eines Notariatsaktes für wohltätige oder gemeinnützige Zwecke oder im Zuge des Nachlasses einer Klientin bzw. eines Klienten getätigt werden.
§ 13 § 13
§ 13 Leistungen
(1) Der Rechtsträger einer Einrichtung hat die zu erbringenden Leistungen detailliert in einem Konzept (Betreuungskonzept oder Rehabilitationskonzept und erforderlichenfalls Pflegekonzept), die auf die individuellen Fähigkeiten und Bedarfe des Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Sinne der Zielgruppen abgestimmt sein müssen, zu beschreiben. Dabei sind die in Anlage 5 aufgelisteten Anforderungen an dieses Konzept zu berücksichtigen.
(2) In stationären Einrichtungen für psychisch erkrankte Menschen muss bei Bedarf eine ärztliche Versorgung durch eine Fachärztin bzw. einen Facharzt für Psychiatrie sichergestellt sein.
(3) In allen Einrichtungen ist die Versorgung mit Hygieneartikel (essentielle Hygiene- und Pflegeartikel in durchschnittlicher Qualität und erforderlicher Menge) zu gewährleisten.
(4) Für Einrichtungen, welche mit dem Land eine Vereinbarung gemäß § 48 Abs. 3 NÖ Sozialhilfegesetz 2000, LGBl. 9200, abgeschlossen haben, hat die Landesregierung entsprechende Tarife pro Betreuungsform festzulegen.
(5) Die Tarife sind nach sachlichen Kriterien zu bemessen.
(6) Alle Leistungen und geltenden Tarife sind in einer Tarifliste übersichtlich darzustellen.
(7) Alle Leistungen und Tarife und deren Änderungen sind spätestens 4 Wochen vor In-Kraft-Treten in der Einrichtung an einem allgemein zugänglichen Ort anzuschlagen und auf Anfrage den Klientinnen bzw. Klienten nachweislich bekannt zu geben.
Abschnitt 5
Beziehungen zwischen Einrichtung und Klientinnen bzw. Klienten
§ 14 § 14
§ 14 Rechte der Klientinnen und Klienten
(1) Der Träger einer Einrichtung hat durch geeignete Maßnahmen insbesondere folgende Rechte sicher zu stellen:
1. Achtung der Menschenwürde, der individuellen Autonomie, der Entscheidungsfreiheit, sowie der Unabhängigkeit,
2. volle Teilhabe in allen Lebensbereichen,
3. Achtung der Bedarfe des Einzelnen und Chancengleichheit,
4. Einsichtnahme in die personenbezogene Dokumentation gemäß § 9 Abs. 1. Einschränkungen in die Einsichtnahme sind nur insoweit zulässig, als sie auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles eine erhebliche Gefährdung des Wohls der Klientin bzw. des Klienten vermuten lassen und die Klientin bzw. der Klient nicht entscheidungsfähig ist. Einer Vertreterin bzw. einem Vertreter der Klientin bzw. des Klienten kommt auch in einem solchen Fall ein uneingeschränktes Einsichtsrecht zu,
5. Richtigstellung von Daten,
6. Namhaftmachung einer Vertrauensperson, die sich in allen Angelegenheiten an die Einrichtungsleitung wenden kann, die in wichtigen Belangen vom Einrichtungsträger zu verständigen ist und der Auskünfte zu erteilen sind,
7. Rasche und individuelle Behandlung von persönlichen Anliegen, insbesondere Beratung in sozialen, rechtlichen und psychologischen Belangen,
8. Rasche, objektive und angemessene Bearbeitung von Beschwerden,
9. Recht auf Wahrung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses,
10. Recht auf persönliche Kleidung,
11. Gleichbehandlung ungeachtet der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Grades der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung,
12. Ermöglichung eines Sterbens in Würde, wobei dem Gebot der bestmöglichen Schmerztherapie Rechnung zu tragen ist,
13. Sterbebegleitung durch Angehörige oder andere Vertrauenspersonen sowie Ausschluss von Personen vom Kontakt, wenn der Sterbende bzw. die Sterbende dies wünschen,
14. Recht jederzeit Besuche zu empfangen, dies unter Rücksichtnahme auf die Mitbewohnerinnen bzw. Mitbewohner und die Organisation der Einrichtung (z. B. Nachtruhe),
15. Anpassung der Organisations-, Betreuungs- und Pflegeabläufe an den allgemein üblichen Lebensrhythmus, insbesondere hinsichtlich Essens- und Ruhezeiten,
16. Recht auf zeitgemäße medizinische Versorgung,
17. Zugang zur vorhandenen Kommunikationstechnologie,
18. Beibehaltung und Förderung der sozialen Außenkontakte,
19. Mitwirkungsrecht bei der Freizeitgestaltung,
20. Recht auf politische und religiöse Selbstbestimmung, auf freie Meinungsäußerung und auf Versammlung.
(2) Für Klientinnen bzw. Klienten, die nicht in der Lage sind, ihr Vermögen selbst zu verwalten und Rechtsgeschäfte abzuschließen, ist – sofern diese Aufgaben nicht durch eine gesetzliche Vertretung bzw. Erwachsenenvertretung übernommen werden – die Bestellung einer Erwachsenenvertretung beim zuständigen Pflegschaftsgericht anzuregen.
§ 15 § 15
§ 15 Interessensvertretung
(1) Menschen mit besonderen Bedürfnissen, die in Einrichtungen betreut werden, sind berechtigt eine Interessensvertretung zu bilden.
(2) Die Interessensvertretung ist nach demokratischen Grundsätzen (z. B. aufgrund einer Satzung) im Rahmen einer Wahl zu bestimmen. Dabei ist die Funktionsperiode festzulegen und somit der Zeitpunkt der Neuwahl zu bestimmen. Der Wahlvorgang ist entsprechend zu protokollieren. Sollte die Wahl einer Interessensvertretung aufgrund der jeweiligen betreuten Klientinnen und Klienten nicht möglich oder nicht gewünscht sein, ist eine andere geeignete Form zur Gewährleistung der Interessensvertretung durchzuführen (z. B. Hausrunde) und zu protokollieren.
(3) Die Interessensvertretung hat in allen wichtigen Fragen (z. B. Hausordnung oder Änderungen des Leistungsangebotes) ein Mitwirkungsrecht.
§ 16 § 16
§ 16 Betreuungsvertrag und Hausordnung
(1) Der Träger einer Einrichtung hat mit jeder Klientin bzw. jedem Klienten bzw. der gesetzlichen Vertretung spätestens drei Monate nach Aufnahme in die Einrichtung einen Betreuungsvertrag in schriftlicher Form abzuschließen.
(2) Der Betreuungsvertrag hat zumindest folgende Punkte zu regeln:
1. Vertragsparteien,
2. Vertragsbeginn und Vertragsende,
3. Leistungsbeschreibung (z. B. Verpflegung, Betreuungsangebote, Unterstützung im Alltag, agogische Begleitung, erforderliche pflegerische sowie medizinisch-therapeutische Leistungen, Bewegungs- und Freizeitangebote),
4. Notfallkontaktperson,
5. Entgelt,
6. Zahlungsmodalitäten,
7. Abwesenheitsregelung,
8. Versicherungen,
9. Private Gegenstände (z. B. Inventarliste),
10. Vorzeitige Vertragsauflösung/Kündigungsregelung,
11. Gerichtsstand.
Wenn die Aufnahme der Klientin bzw. des Klienten mittels Zuweisung durch das Land in Form eines Bescheides erfolgt ist und das Land die Kosten der Maßnahme trägt, können im Betreuungsvertrag die unter der Z 5 und 6 genannten Punkte entfallen.
(3) Unabhängig vom Betreuungsvertrag sind alle Klientinnen bzw. Klienten, insbesondere auch jene, deren Betreuungskosten nicht vom Land getragen werden, nachweislich vom Träger darüber zu informieren, dass eine Weitergabe und Verarbeitung sämtlicher personenbezogener Daten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1, die für die effiziente, effektive und einheitliche Vollziehung dieser Verordnung sowie das Betreuungsmanagement Behindertenhilfe unbedingt erforderlich sind, an das Land erfolgt. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Verarbeitung ausschließlich zu den im Unionsrecht oder dem nationalen Recht festgelegten Zwecken erfolgt.
(4) Nähere Informationen für die Regelungen für die Zeit des Aufenthaltes in der Einrichtung sind in der Hausordnung festzulegen. Die Hausordnung ist jeder Klientin und jedem Klienten unabhängig von der Aufenthaltsdauer in verständlicher Form zur Kenntnis zu bringen und in der Einrichtung auszuhängen und mindestens jährlich mit den Klientinnen und Klienten zu evaluieren.
(5) Die Hausordnung hat jedenfalls zu enthalten:
1. Name der Einrichtungsleitung,
2. Allgemeine Verhaltensregelungen,
3. Wichtige Ansprechpersonen,
4. Religionsausübung,
5. Verpflegung,
6. Besuchsregelungen,
7. Zimmerreinigung und Reinigung der Allgemeinflächen, Nutzung von Einrichtungsgegenständen,
8. Wäschereinigung und -versorgung,
9. Umgang mit Privatsphäre und persönlichem Eigentum,
10. Regelungen über allfällige Haustierhaltung,
11. Berechtigung hinsichtlich Schlüssel,
12. Regelungen zu Brandschutz und Sicherheit,
13. Konkrete Beschwerdemöglichkeit.
§ 17 § 17
§ 17 Versicherung
Der Träger der Einrichtung ist verpflichtet, zur Abdeckung von Personen- und Sachschäden insbesondere eine Betriebshaftpflichtversicherung sowie eine Feuerversicherung abzuschließen. Die näheren Angaben über die Versicherung und deren Vertragsbedingungen sind im Betreuungsvertrag anzuführen.
§ 18 § 18
§ 18 Beschwerde
(1) Mängel oder besondere Vorkommnisse sind sofort der Leiterin bzw. dem Leiter der Einrichtung mitzuteilen. Jede Beschwerde kann auch direkt an die Aufsichtsbehörde gerichtet werden.
(2) Adresse, E-Mail und Telefonnummer der Aufsichtsbehörde sind in der Einrichtung an einem allgemein zugänglichen Ort in barrierefreier Form deutlich sichtbar kundzumachen und wenn möglich auch elektronisch zur Verfügung zu stellen.
Abschnitt 6
Schlussbestimmungen
§ 19 § 19
§ 19 Übergangsbestimmungen
(1) § 6 Abs. 1 und 2 finden auf Einrichtungen, für die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung eine rechtskräftige Bewilligung nach § 50 des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000, LGBl. 9200, besteht, keine Anwendung.
(2) Sofern noch keine schriftlichen Betreuungsverträge für Tagesstätten bestehen, sind sie innerhalb von einem Jahr ab In-Kraft-Treten dieser Verordnung auszufertigen. Bereits bestehende Betreuungsverträge, die den Voraussetzungen des § 16 entsprechen, bleiben in Geltung.
§ 20 § 20
§ 20 In-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt am Monatsersten in Kraft, welcher der Kundmachung folgt. Gleichzeitig tritt die NÖ Wohn- und Tagesbetreuungsverordnung, LGBl. 9200/8, außer Kraft.
Anlage 1
Anl. 1
Betreuungsformen
(Anm.: Anlage 1 ist als PDF dokumentiert.)
Anhänge
Anlage 1 PDFAnlage 2
Anl. 2
Betriebszeiten der sozialen Einrichtungen
(Anm.: Anlage 2 ist als PDF dokumentiert.)
Anhänge
Anlage 2 PDFAnlage 3
Anl. 3
Organisatorischer Brandschutz
(Anm.: Anlage 3 ist als PDF dokumentiert.)
Anhänge
Anlage 3 PDFAnlage 4
Anl. 4
Mindestpersonalbedarfe
(Anm.: Anlage 4 ist als PDF dokumentiert.)
Anhänge
Anlage 4 PDFAnlage 5
Anl. 5
Erforderliche Inhaltliche der Konzepte
(Anm.: Anlage 5 ist als PDF dokumentiert.)
Anhänge
Anlage 5 PDF