JudikaturVwGH

Ra 2022/10/0122 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Oktober 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision des W P in G, vertreten durch die Mag. Brunner, Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG in 8020 Graz, Volksgartenstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. März 2022, Zl. W128 2243865 1/58E, betreffend Aufhebung einer Prüfung gemäß § 79 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Studiendirektorin der Universität Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. März 2022 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Aufhebung seiner an der Universität Graz im Rahmen des Diplomstudiums Rechtswissenschaften am 26. Juni 2020 absolvierten und negativ beurteilten Fachprüfung „Europarecht“ gemäß § 79 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (UG) abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 14. Juni 2022, E 1008/2022 7, deren Behandlung ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG zur Entscheidung abtrat.

3 Die vorliegende, innerhalb der Frist des § 26 Abs. 4 VwGG erhobene außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 24.2.2022, Ra 2021/10/0029; 24.2.2022, Ra 2021/10/0194; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081).

8 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 20.8.2021, Ro 2020/10/0025) abgewichen, weil es „auch eine mögliche absolute Nichtigkeit der Prüfung in Betracht“ hätte ziehen müssen, wobei dies „schon in Folge der Divergenzen der zeitlichen Angabe betreffend die Prüfung (drei bzw. vier Stunden) notwendig gewesen wäre“.

9 Mit diesem Vorbringen wird allerdings schon nicht konkret dargelegt, welche „Divergenzen der zeitlichen Angabe betreffend die Prüfung (drei bzw. vier Stunden)“ der Revisionswerber als einen zur Nichtigkeit führenden Mangel ansieht, den das Verwaltungsgericht in Betracht hätte ziehen müssen. Sollte sich dieses Vorbringen wie in der Sachverhaltsdarstellung der vorliegenden Revision ausgeführt auf das vom Revisionswerber im verfahrenseinleitenden Antrag erstattete Vorbringen, wonach „die angegebene Prüfungszeit von 4 Stunden nicht eingehalten wurde, sondern nach 3 Stunden abgebrochen worden war,“ beziehen, genügt es darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber damit nicht von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt, sondern von seinen Behauptungen ausgeht. Das Verwaltungsgericht geht nämlich ausdrücklich davon aus, dass die in Rede stehende Prüfung als dreistündige Onlineprüfung stattgefunden und der Revisionswerber zumindest seit Mitte April 2020 über Methodik und Dauer der Prüfung informiert gewesen sei.

10 Gleiches gilt für die in diesem Zusammenhang als grundsätzliche Rechtsfrage formulierte Frage, ob es ein technisches Problem iSd § 11 Abs. 1 Z 6 der COVID 19 Universitäts- und Hochschulverordnung C UHV darstelle, „wenn die Prüfungsdauer bei der Anmeldung im System mit vier Stunden angegeben wird und sodann die Prüfung nach drei Stunden abgebrochen wird“. Auch insofern entfernt sich die Revision von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. VwGH 28.2.2022, Ro 2022/09/0002; 16.12.2021, Ra 2021/02/0245; 10.12.2021, Ra 2020/07/0077).

11 Im Weiteren macht der Revisionswerber in den Zulässigkeitsausführungen geltend, es fehle Rechtsprechung dazu, ob es einen schweren Mangel iSd § 79 Abs. 1 UG bzw. einen zur Nichtigkeit der Prüfung führenden Mangel darstelle, „wenn ein Prüfer als Beurteilungskriterium den ‚Gesamtausdruck‘ der Prüfung angibt und bei der anschließenden Beurteilung nur einen Teil der Prüfung beurteilt und einen weiteren Teil bewusst weglässt“.

12 Zu diesem Vorbringen ist erneut darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber damit nicht von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt ausgeht und eine nähere fallbezogene Konkretisierung in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung unterlässt. Sofern sich dieses Vorbringen auf Aussagen des Prüfers vor dem Verwaltungsgericht beziehen sollte, wonach bei der in Rede stehenden Prüfung „der 2. Teil nicht korrigiert“ werde, wenn „ein Teil nicht bestanden ist“, wird im Übrigen vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgericht wiedergegebenen Beurteilungskriteriums (Notwendigkeit der jeweiligen positiven Beantwortung der beiden gestellten Fragen) nicht dargetan, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängen sollte.

13 Soweit in den Zulässigkeitsausführungen auch vorgebracht wird, es fehle Rechtsprechung dazu, ob es einen schweren Mangel iSd § 79 Abs. 1 UG bzw. einen zur Nichtigkeit der Prüfung führenden Mangel darstelle, „wenn die von der Universität vor der Prüfung ausgegebenen Prüfungsmodalitäten in wesentlichen Punkten nicht eingehalten werden“, so kann damit schon mangels jeglicher Konkretisierung in der Zulässigkeitsbegründung, welche der vom Revisionswerber behaupteten, vom Verwaltungsgericht aber nicht festgestellten Abweichungen von den Prüfungsmodalitäten damit angesprochen werden, eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht aufgezeigt werden. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 31.7.2020, Ra 2020/10/0073; 4.5.2020, Ra 2019/10/0200; 30.3.2020, Ra 2019/10/0180 182, 0187).

14 Was schließlich die weiteren Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung anbelangt, es fehle Rechtsprechung dazu, ob es einen zur Nichtigkeit der Prüfung führenden Mangel darstelle, „wenn [diese] ohne Prüfungsaufsicht, überhaupt ohne Prüfungskontrolle, ohne Kontrolle seitens des Prüfers, ob unerlaubte Hilfsmittel verwendet werden und ohne Kontrolle, ob der ... Kandidat die Prüfung tatsächlich selbst abgelegt hat oder sich einer dritten Person bedient hat“, durchgeführt werde, so genügt es erneut darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber sich auch damit vom festgestellten Sachverhalt entfernt. Warum im Revisionsfall im Übrigen Fragen der Erschleichung von Prüfungsbeurteilungen im Sinne des § 73 Abs. 1 Z 2 UG Relevanz zukommen sollten, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht ansatzweise dargelegt.

15 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 14. Oktober 2022

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