JudikaturVwGH

Ra 2024/10/0126 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
26. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der Apotheke H KG, vertreten durch Mag. Dr. Eleonore Berchtold Ostermann, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 13. Juni 2024, Zl. 405 8/2235/1/7 2024, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hallein; mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. K S, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 13. Juni 2024 wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 20. Februar 2024, mit dem der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in K. erteilt worden war, gemäß §§ 3, 10, 48 und 51 Apothekengesetz (ApG) abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Das Verwaltungsgericht ging im Kern gestützt auf ein Gutachten bzw. ergänzende Stellungnahmen der Österreichischen Apothekerkammer davon aus, dass im Falle der Errichtung der beantragten neuen Apotheke (gemäß der ergänzenden Stellungnahme der Österreichischen Apothekerkammer vom 25. September 2023) von der Betriebsstätte der Apotheke der revisionswerbenden Partei weiterhin 6.115 Personen zu versorgen seien (4.525 ständige Einwohner innerhalb des 4 km Umkreises und 1.590 Personen mit Hauptwohnsitz außerhalb des 4 km Umkreises, für die diese Apotheke die nächstgelegene Arzneimittelabgabestelle sei). In der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2024 sei (von einem Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer) diese Zahl dahin aktualisiert worden, dass von der Betriebsstätte der Apotheke der revisionswerbenden Partei weiterhin 6.187 Personen zu versorgen seien.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/10/0063; 3.3.2023, Ra 2022/10/0094; 28.10.2022, Ra 2022/10/0135). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095; 31.7.2020, Ra 2020/10/0073).

7 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird der Standpunkt eingenommen, die 1.590 ständigen Einwohner von St. K. dürften „aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse“ nicht dem Versorgungspotential der Apotheke der revisionswerbenden Partei zugerechnet werden. Dies ergebe sich „insbesondere auch aus der von der Marktgemeinde K[...] vorgelegten Stellungnahme vom 10.8.2022“, wonach „aufgrund der tatsächlichen Verkehrsströme und damit der tatsächlichen Verhältnisse jedenfalls die ständigen Einwohner von St. K[...] (1.570 Hauptwohnsitze)“ nicht dem der Apotheke der Revisionswerberin verbleibenden Versorgungspotential zugerechnet werden dürften. Zur Frage der „Berücksichtigung der wie im konkreten Fall von der Marktgemeinde K[...] in ihrer Stellungnahme vom 10.8.2022 detailliert umschriebenen örtlichen Verhältnisse“ gebe es bislang keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

8 Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass mit dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur rechtlichen Beurteilung der vorliegenden Sachverhaltskonstellation jedenfalls keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargetan wird, zumal eine einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel ist, wenn diese Beurteilung wie dies gegenständlich der Fall ist auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde (vgl. VwGH 6.10.2023, Ro 2022/10/0018, mit Verweis auf VwGH 19.7.2022, Ra 2022/02/0138; 16.5.2022, Ra 2021/07/0049; 27.2.2019, Ra 2018/04/0144). Darüber hinaus sind die Gründe für die Revisionszulässigkeit gesondert anzuführen. Verweise auf andere Unterlagen oder andere Schriftsätze zur Begründung der Zulässigkeit einer Revision hier: auf die oben genannte Stellungnahme einer Marktgemeinde sind unbeachtlich (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2019/05/0236, mit Verweis auf VwGH 31.1.2019, Ra 2018/07/0367).

9 Im Übrigen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach dann, wenn sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4 km Umkreises ergibt, weiters zu prüfen ist, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird, wobei die Annahme, es würden sich Personen iSd § 10 Abs. 5 ApG („auf Grund ... des Verkehrs“) der nächstgelegenen Arzneimittelabgabestelle bedienen, dann gerechtfertigt ist, wenn dem nicht besondere Gründe entgegenstehen (vgl. VwGH 21.10.2010, 2008/10/0199, mit Verweis auf VwGH 31.7.2009, 2007/10/0287; siehe auch VwGH 12.8.2010, 2006/10/0140; 21.5.2008, 2006/10/0254; 21.5.2008. 2007/10/0029, VwSlg. 17.458 A; 14.3.2008, 2006/10/0258, VwSlg. 17.404 A; 28.1.2008, 2006/10/0249; 14.12.2007, 2005/10/0228, VwSlg. 17.342 A). Mit dem bloßen Verweis auf „tatsächliche Verkehrsströme“ wird nicht konkret dargelegt, unter welchen Gesichtspunkten es im Revisionsfall einer weiteren höchstgerichtlichen Klärung bedarf.

10 In der Zulässigkeitsbegründung wird auch geltend gemacht, die revisionswerbende Partei habe im Verfahren vorgebracht, dass in der oben genannten Stellungnahme der Marktgemeinde K. vom 10. August 2022 „auf den Widerspruch der Betriebsstätte und des Standortes der beantragten Apotheke (mehrere Kilometer vom Ortszentrum entfernt und daher ohne Ärzteordinationen in unmittelbarer Nähe) mit den Raumordnungszielen des § 2 Salzburger ROG verwiesen“ worden sei. Im Hinblick darauf, dass „zur Berücksichtigung dieser für die Ortsentwicklung wesentlichen Frage“ noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, sei die Revision zulässig.

11 Dem ist zu erwidern, dass die Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken im Verfahren über die Verleihung einer Apothekenkonzession nur ihre Existenzgefährdung geltend machen können, also vorbringen können, die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte ihrer öffentlichen Apotheke betrage weniger als 500 m oder die Zahl der von ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen werde sich infolge der Neuerrichtung verringern und weniger als 5.500 betragen. In den anderen Fragen des Verfahrens über die Verleihung einer Apothekenkonzession kommt den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken jedoch kein Mitspracherecht zu (vgl. VwGH 12.12.2024, Ro 2023/10/0016, mwN). Das wiedergegebene Zulässigkeitsvorbringen bewegt sich außerhalb dieses der revisionswerbenden Partei eingeräumten Mitspracherechts, sodass damit eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht aufgezeigt werden kann (vgl. VwGH 20.3.2023, Ra 2023/10/0017, mwN).

12 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung schließlich Begründungsmängel dahin geltend gemacht werden, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei auseinandergesetzt, die 1.590 ständigen Einwohner von St. K. dürften „aufgrund der örtlichen Raumplanung und damit der tatsächlichen Verhältnisse“ nicht dem Versorgungspotential der Apotheke der revisionswerbenden Partei zugerechnet werden, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach bereits die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird. Der Revisionswerber hat daher die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten. Er darf sich nicht darauf beschränken, einen Verfahrensmangel (bloß) zu relevieren, ohne die Relevanz für den Verfahrensausgang durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. VwGH 4.6.2024, Ra 2024/10/0072, mit Verweis auf VwGH 30.8.2023, Ro 2022/10/0010; 18.5.2022, Ro 2021/10/0008). Mit dem bloßen Hinweis darauf, dass das Verwaltungsgericht zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass die Voraussetzungen für die neu beantragte Apotheke nicht gegeben seien, weil sich das Versorgungspotential der Apotheke der revisionswerbenden Partei „ohne Berücksichtigung der 1.590 ständigen Einwohner von St. K[...] auf weit weniger als 5.500 Personen, nämlich 4.597“ verringere, wird die Relevanz der behaupteten Begründungsmängel aber nicht konkret dargetan. Schon von daher trifft es (unter Berücksichtigung des bisher Gesagten) auch nicht zu, dass der vorliegende Sachverhalt jenem des hg. Erkenntnisses vom 29. Juli 2024, Ra 2023/10/0043, gleicht.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

14 Mangels Einleitung des Vorverfahrens kam ein Zuspruch von Aufwandersatz an die mitbeteiligte Partei für deren „Außerordentliche Revisionsbeantwortung“ nicht in Betracht (vgl. § 47 Abs. 3, § 48 Abs. 3 Z 2 und § 51 VwGG; vgl. ferner VwGH 8.4.2024, Ra 2024/07/0045, 0046, mwN), weshalb der darauf gerichtete Antrag der mitbeteiligten Partei abzuweisen war.

Wien, am 26. August 2025

Rückverweise