Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des R O, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner, Rechtsanwalt in Seiersberg Pirka, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 4. August 2025, Zlen. LVwG 2025/29/1567 7 und LVwG 2025/29/1568 8, betreffend Übertretungen des Schulpflichtgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnissen der belangten Behörde jeweils vom 19. Mai 2025 wurden dem Revisionswerber als Erziehungsberechtigtem des (im Jahr 2014 geborenen) L.O. und der (im Jahr 2017 geborenen) S.O. Übertretungen des § 24 Abs. 1 und 4 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) zur Last gelegt und über ihn gemäß § 24 Abs. 4 SchPflG zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 440, (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 14 Tagen) verhängt. Weiters wurde der Revisionswerber verpflichtet, jeweils € 44, als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren zu zahlen. Den beiden Straferkenntnissen lag zugrunde, dass L.O. vom 9. bis zum 13. September 2024 und S.O. vom 27. bis zum 31. Jänner 2025 dem Unterricht an einer näher genannten Volksschule unentschuldigt ferngeblieben seien.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgericht Tirol vom 4. August 2025 wurden die dagegen erhobenen Beschwerden des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen, dieser zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten der Beschwerdeverfahren in der Höhe von jeweils € 88, verpflichtet und ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 BVG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/10/0063; 3.3.2023, Ra 2022/10/0094; 28.10.2022, Ra 2022/10/0135). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095; 31.7.2020, Ra 2020/10/0073).
7Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wiederzugeben oder hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Abweichungen von dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. VwGH 16.11.2023, Ra 2022/10/0146, mit Verweis auf VwGH 22.8.2022, Ra 2022/10/0005, 0006; 24.2.2022, Ra 2022/03/0040; 30.3.2021, Ra 2020/07/0075, 0076).
8In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 24.1.2023. Ra 2021/10/0123) ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe in dieser Entscheidung klargestellt, dass „das bloße Nichtbesuchen einer öffentlichen Schule keine Verwaltungsübertretung darstellt, sofern keine bescheidmäßige Verpflichtung zur Erfüllung der Schulpflicht durch eine bestimmte Schulform vorliegt“. Der Schulpflichtverstoß sei „demnach kein Automatismus“, sondern setze „ein konkretisiertes Verwaltungsverhalten der Behörde“ voraus. Für die oben genannten Kinder seien für das Schuljahr 2024/25 keine Bescheide „nach § 11 Abs. 6“ SchPflG vorgelegen. Es fehle somit an einem zwingenden Tatbestandsmerkmal für die Anwendung des § 24 SchPflG.
9 Mit diesen Ausführungen wird allerdings schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG aufgezeigt, weil es nicht zutrifft, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Ra 2021/10/0123 klargestellt habe, dass „das bloße Nichtbesuchen einer öffentlichen Schule keine Verwaltungsübertretung darstellt, sofern keine bescheidmäßige Verpflichtung zur Erfüllung der Schulpflicht durch eine bestimmte Schulform vorliegt“. Diesem Erkenntnis das nicht zu einer Übertretung nach § 24 Abs. 4 SchPflG ergangen ist ist eine derartige Aussage nicht zu entnehmen. Ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von diesem hg. Erkenntnis liegt nicht vor.
10 Der Vollständigkeit halber ist der Revisionswerber auf den insoweit klaren Gesetzeswortlaut hinzuweisen: Gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz SchPflG sind die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten unter anderem verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch durch den Schüler zu sorgen. Gemäß § 24 Abs. 4 SchPflG stellt unter anderem die Nichterfüllung der in den Abs. 1 angeführten Pflichten eine Verwaltungsübertretung dar, die nach Setzung geeigneter Maßnahmen gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. und je nach Schwere der Pflichtverletzung, jedenfalls aber bei ungerechtfertigtem Fernbleiben der Schülerin oder des Schülers vom Unterricht an mehr als drei aufeinander oder nicht aufeinanderfolgenden Schultagen der neunjährigen allgemeinen Schulpflicht, bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige zu bringen ist und von dieser mit einer Geldstrafe von € 110, bis zu € 440,im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist (vgl. auch VwGH 24.10.2018, Ro 2018/10/0020; 9.3.1998, 98/10/0012; 23.9.1993, 93/10/0005, jeweils zu früheren Fassungen des § 24 Abs. 4 SchPflG).
11 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung schließlich vorgebracht wird, es liege „ein erörterungsbedürftiger Sachverhalt“ vor, sodass „jedenfalls eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung“ vorliege, ist dem zum einen zu erwidern, dass in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung gar nicht ausgeführt wird, unter welchen Gesichtspunkten „ein erörterungsbedürftiger Sachverhalt“ vorliegen sollte. Zum anderen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach bereits die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird. Der Revisionswerber hat daher die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten. Er darf sich nicht darauf beschränken, einen Verfahrensmangel (bloß) zu relevieren, ohne die Relevanz für den Verfahrensausgang durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. VwGH 8.7.2025, Ra 2024/10/0151, mit Verweis auf VwGH 4.6.2024, Ra 2024/10/0072; 30.8.2023, Ro 2022/10/0010; 18.5.2022, Ro 2021/10/0008). Eine derartige konkrete Relevanzdarstellung erfolgt hier aber nicht.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 1. Oktober 2025