JudikaturVwGH

Ra 2025/10/0136 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
18. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des M S, vertreten durch MMag. Michael Krenn, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Juli 2025, Zl. W227 2315885 1/2E, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer schulrechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Bildung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber besuchte im Schuljahr 2024/25 eine näher bezeichnete 4. Klasse einer Höheren Technischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien.

2Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juni 2025 wurde der Widerspruch des Revisionswerbers gegen die Entscheidung der Schulleitung dieser Schule vom 30. April 2025, mit der der Revisionswerber gemäß § 47 Abs. 2 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) in eine Parallelklasse versetzt worden war, unter Berufung auf § 71 Abs. 2 zweiter Satz SchUG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass der Revisionswerber berechtigt sei, in der von ihm bisher besuchten Klasse zu bleiben.

3 Mit dem angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Juli 2025 wurde eine dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, die vom Revisionswerber bekämpfte Versetzung in eine Parallelklasse sei bereits durch den Bescheid der belangten Behörde „wieder aus dem Rechtsbestand entfernt“ worden, weil in diesem auch ausgesprochen worden sei, dass der Revisionswerber in der von ihm bisher besuchten Klasse bleiben könne. Der Revisionswerber habe schon bei Einbringung seiner Beschwerde kein Rechtschutzinteresse mehr gehabt, sodass die Beschwerde zurückzuweisen gewesen sei.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/10/0063; 3.3.2023, Ra 2022/10/0094; 28.10.2022, Ra 2022/10/0135). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095; 31.7.2020, Ra 2020/10/0073).

9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird (teils wiederholend) geltend gemacht, es liege eine krasse Fehlentscheidung „infolge bewusster vollständiger Missachtung des wahren Gehalts des Sachverhalts“ vor. Es sei der „wahre Gehalt des Sachverhalts, der unter Punkt II. Sachverhalt nachweislich objektiv rechtlich dargestellt“ und der „aus dem Widerspruch ... und der Beschwerde ... nachweislich klar ersichtlich“ sei, bewusst vollständig ausgeblendet und die Entscheidung „bewusst ausschließlich auf die äußere Erscheinungsform gestützt“ worden, die „unwiderlegbar auf einem objektiv rechtlich nicht existenten Sachverhalt“ beruhe. Das Verwaltungsgericht habe „bewusst objektiv rechtswidrig auf einem objektiv rechtlich nicht existenten Sachverhalt aufgebaut, die objektiv rechtliche Sachverhaltsermittlung vollständig verweigert, das Legalitätsprinzip, das Recht auf wirksamen Rechtsbehelf und das objektiv rechtliche Begründungsgebot verletzt“ und „durch das Ignorieren klarer Beweise offenkundig willkürlich und objektiv rechtswidrig entschieden“. Das Verwaltungsgericht habe „den wahren Gehalt des Sachverhalts nicht dem maßgeblichen gesetzlichen Tatbestand unterstellt“ (dazu Verweis u.a. auf VwGH 12.11.1970, 0516/70, VwSlg. 7909 A); die Beweiswürdigung bleibe vollständig unbegründet, sei substanz- und inhaltslos und verstoße gegen die höchstgerichtlich geforderte Nachvollziehbarkeit richterlicher Gedankengänge (Verweis auf VwGH 25.2.1987, 86/03/0222; 15.1.1986, 85/03/0111, VwSlg. 11991 A; 20.2.1973, 1256/72). Der angefochtene Beschluss leide an einer gravierenden Verletzung zentraler Verfahrensvorschriften „infolge evident objektiv rechtlich nicht existenter, frei erfundener, substanzloser und inhaltsloser“ Sachverhaltsfeststellungen. Die krasse Fehlentscheidung begründe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG.

10 Zu diesem Vorbringen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach Verweise wie der oben (in Rz 9) wiedergegebene Verweis auf die Sachverhaltsdarstellung in Punkt II. der Revisionin der gesonderten Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) auf andere Teile der Revision zur Begründung der Zulässigkeit einer Revision unbeachtlich sind (vgl. VwGH 22.5.2025, Ro 2024/10/0013, mit Verweis auf VwGH 22.12.2022, Ra 2021/10/0118; 22.8.2022, Ra 2022/10/0005, 0006; 27.7.2022, Ra 2022/10/0057). Zudem setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird. Der Revisionswerber hat daher die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten. Er darf sich nicht darauf beschränken, einen Verfahrensmangel (bloß) zu relevieren, ohne die Relevanz für den Verfahrensausgang durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. nochmals VwGH 22.5.2025, Ro 2024/10/0013, mit Verweis auf VwGH 4.6.2024, Ra 2024/10/0072; 30.8.2023, Ro 2022/10/0010; 18.5.2022, Ro 2021/10/0008).

11 Eine derartige konkrete Relevanzdarstellung enthält die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision aber nicht, wird doch nicht ansatzweise ausgeführt, welche Sachverhaltsfeststellungen (aufgrund welcher beweiswürdigender Überlegungen) vom Verwaltungsgericht zu treffen gewesen wären. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler wird entgegen der oben genannten hg. Rechtsprechung somit nicht in konkreter, fallbezogener Weise dargelegt.

12Zudem ist auf Folgendes hinzuweisen: Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wiederzugeben oder hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Abweichungen von dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. wiederum VwGH 22.5.2025, Ro 2024/10/0013, mit Verweis auf VwGH 13.12.2024, Ra 2024/10/0165, 0166; 3.10.2024, Ra 2023/10/0020; 16.11.2023, Ra 2022/10/0146). Auch eine derartige Darlegung enthält das wiedergegebene Zulässigkeitsvorbringen nicht.

13 Dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision sind im Übrigen auch keine konkreten, auf den vorliegenden Sachverhalt bezogenen Ausführungen dazu zu entnehmen, ob (und gegebenenfalls aus welchen Gründen) der Revisionswerber entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes überhaupt die Ansicht vertritt, dass die von ihm bekämpfte Versetzung in eine Parallelklasse nicht bereits „aus dem Rechtsbestand entfernt“ worden sei bzw. der Revisionswerber bei Einbringung seiner Beschwerde ein Rechtschutzinteresse gehabt habe. Diesbezügliche Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG werden in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht geltend gemacht. Lediglich der Vollständigkeit halber ist auf die Bestimmung des § 71 Abs. 2a SchUG hinzuweisen, wonach mit Einbringen des Widerspruches die (provisoriale) Entscheidung der Organe in den Angelegenheiten (u.a.) des § 70 Abs. 1 SchUGsomit auch jene nach lit. k dieser Bestimmung (Versetzung in eine Parallelklasse oder einen anderen Lehrgang nach § 47 Abs. 2 SchUG)außer Kraft tritt und die Schulbehörde in diesen Fällen das Verwaltungsverfahren einzuleiten und die Entscheidung mit Bescheid zu treffen hat. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juni 2025 wurde eine Versetzung gemäß § 47 Abs. 2 SchUG in eine Parallelklasse aber gerade nicht vorgenommen, sondern vielmehr ausgesprochen, dass der Revisionswerber berechtigt sei, in der von ihm bisher besuchten Klasse zu bleiben.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. September 2025