JudikaturVwGH

Ra 2024/10/0120 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der C S in O, vertreten durch Dr. Karl Heinz Plankel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Am Rathauspark (Viehmarktstraße 2), gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 16. Juli 2024, Zl. LVwG 2024/29/1825 2, betreffend Übertretung des Schulpflichtgesetzes 1985 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis vom 16. Juli 2024 verhängte das Landesverwaltungsgericht Tirol über die Revisionswerberin als Erziehungsberechtigte einer näher genannten Schülerin wegen Übertretung des § 24 Abs. 4 iVm § 24 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 eine Geldstrafe von € 440 sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision unzulässig sei.

2 Dagegen erhob die Revisionswerberin die vorliegende Revision.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 leg. cit. in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, dass sie das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf häuslichen Unterricht gemäß Art. 17 Abs. 3 StGG in Anspruch nehme. Die verwaltungsstrafrechtlichen Normen im Schulpflichtgesetz seien grob unrichtig angewendet worden, respektive wären diese im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben auf die konkreten Fallkonstellationen nicht anzuwenden gewesen. In „der österreichischen Gesellschaft“ bestehe eine zunehmend kritische Haltung gegenüber dem öffentlichen Bildungssystem und immer mehr Eltern würden ihre Kinder auf Basis des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf privaten häuslichen Unterricht gemäß Art. 17 Abs. 3 StGG selbst unterrichten bzw. unterrichten wollen. Aus diesen Grund sei die Beantwortung der Frage, inwieweit die verwaltungsstrafrechtliche Norm mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben anzuwenden sei, für eine Vielzahl von österreichischen Staatsbürgern von Bedeutung und daher von „grundsätzlicher Bedeutung“ im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG. Die belangte Behörde habe mit dem Schulpflichtgesetz eine unrichtige Rechtsnorm auf den Sachverhalt angewandt und den Willen des Verfassungsgesetzgebers nicht beachtet.

7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/10/0063; 3.3.2023, Ra 2022/10/0094; 28.10.2022, Ra 2022/10/0135). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095; 31.7.2020, Ra 2020/10/0073).

8 In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. etwa VwGH 15.3.2024, Ra 2023/10/0403, mit Verweis auf VwGH 24.1.2022, Ra 2021/10/0164; 28.7.2021, Ra 2021/10/0091).

9 Diesen Anforderungen entspricht das vorliegende Zulässigkeitsvorbringen schon deshalb nicht, weil die darin enthaltenen Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen. Weder wird damit aufgezeigt, zu welchen konkreten Rechtsfragen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle oder eine solche uneinheitlich sei, noch, aus welchen Gründen das angefochtene Erkenntnis von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche. Dies gilt auch für die kursorische Bemerkung im Zulässigkeitsvorbringen, dass § 6 VStG verletzt worden sei.

10 Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit die Frage der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf häuslichen Unterricht gemäß Art. 17 Abs. 3 StGG aufwirft, wird mangels diesbezüglicher Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG von vornherein nicht aufgeworfen (vgl. etwa VwGH 9.11.2020, Ra 2020/11/0188, mwN). Ebenso ist, soweit in der Revision ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes angesprochen wird, darauf zu verweisen, dass das (behauptete) Abweichen von Rechtsprechung des VfGH schon aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des Art. 133 Abs. 4 B VG keine Zulässigkeit der Revision zu begründen vermag (vgl. VwGH 6.3.2024, Ra 2023/01/0108; VwGH 23.2.2017, Ra 2016/09/0120, sowie VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0155, jeweils zum Fehlen von Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, bzw. VwGH 28.5.2019, Ra 2019/10/0049, zur Behauptung einer allfälligen Judikaturdiskrepanz zwischen Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof jeweils als nicht ausreichende Zulässigkeitsbegründung).

11 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Oktober 2024

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