JudikaturVwGH

Ra 2025/10/0088 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
10. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 4. April 2025, Zl. VGW 101/027/11551/2024 12, betreffend Mitteilung von Umweltinformationen (mitbeteiligte Partei: Verein B), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen, im Säumnisbeschwerdeweg ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 4. April 2025 wurde soweit für das Revisionsverfahren von Relevanzausgesprochen, dass der Amtsrevisionswerber der mitbeteiligten Partei gemäß § 9 Abs. 1 iVm § 5 Wiener Umweltinformationsgesetz (Wr. UIG) folgende Umweltinformationen, sofern diese unabhängig in welcher Form bei ihm vorhanden seien, bereitzustellen habe:

„Sämtliche in den Jahren 2015 bis 2020 durchgeführten Baumpflanzungen im 17. Wiener Gemeindebezirk mit folgenden Daten:

...

e. Information, ob es sich bei diesem Baum um eine Ersatzpflanzung im Sinne von § 6 Abs. 1 bis 4 Wr. Baumschutzgesetz handelt

f. Information, ob es sich bei diesem Baum um eine Ersatzpflanzung im Sinne von § 6 Abs. 6 Wr. Baumschutzgesetz handelt

...“

2 Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 BVG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/10/0063; 3.3.2023, Ra 2022/10/0094; 28.10.2022, Ra 2022/10/0135). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095; 31.7.2020, Ra 2020/10/0073).

7 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst zur Anordnung nach lit. e (vgl. oben Rz 1)behauptet, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob „Umweltinformationen als ‚vorhanden‘ im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 Wr. UIG zu qualifizieren“ seien, wenn „sie nur mit erheblichen Ressourcenaufwand der Behörde bekanntgegeben werden“ könnten. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 25. April 2023, Ra 2022/10/0063, das Vorbringen des Amtsrevisionswerbers, wonach die begehrten Daten „nur nach Durchsicht mehrerer Akten zu beschaffen seien und dies einen erheblichen Aufwand darstelle“, verworfen. Aus dem Umstand, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis (dazu erfolgt eine Wiedergabe der Randzahl 22 dieses Erkenntnisses) dazu veranlasst gesehen habe, „den konkreten Arbeitsaufwand zur Aufbereitung der begehrten Umweltinformationen hervorzuheben“, sei zu schließen, dass „dieser für die Frage, ob Umweltinformationen als vorhanden zu qualifizieren sind, keineswegs unerheblich“ sei.

8 Mit diesen Ausführungen wird keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt:

9Der Verwaltungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis Ra 2022/10/0063 (in den Randzahlen 21 und 22) bereits Folgendes ausgeführt:

„Die Amtsrevision macht mit Blick auf Spruchpunkt I.2. im Weiteren geltend, für den 17. Bezirk würden jährlich durchschnittlich ca. 200 Verfahren zur Entfernung von Bäumen durchgeführt. Die von der mitbeteiligten Partei begehrten Daten würden sich ‚ausschließlich in den einzelnen Akten/Verfahren‘ finden, eine laufende Erfassung in der ‚begehrten Form‘ finde nicht statt. Diese Informationen würden nicht systematisch erfasst und seien ‚insofern nicht vorhanden‘. Die begehrten Daten ‚müssten aus jedem Verfahren exzerpiert und eigens zusammengestellt werden‘ und wären nur ‚mit einem hohen Verwaltungsaufwand zu beschaffen‘. Die Amtsrevisionswerberin sei zu umfangreichen Ausarbeitungen nicht verpflichtet. Das ‚Exzerpieren der begehren Umweltdaten‘ aus jedem individuellen Verwaltungsverfahren sei mit sehr hohen Kosten und einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden.

Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt: Abgesehen davon, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis aufgetragen wurde, die genannten Umweltinformationen mitzuteilen, ‚sofern diese vorhanden‘ seien, wird mit dem wiedergegebenen Revisionsvorbringen letztlich zugestanden, dass die begehrten Informationen beim Amtsrevisionswerber vorhanden sind und somit der Ablehnungsgrund des § 6 Abs. 1 Z 4 Wr. UIG nicht vorliegt. Dass diese Informationen nur in den betreffenden Verfahrensakten nach den Revisionsausführungen für den hier begehrten Zeitraum von fünf Kalenderwochen somit bei einer Durchschnittsbetrachtung in rund 20 Verfahrensaktenvorhanden sind, ändert nichts daran, dass es sich um im Sinne des § 4 Abs. 1 Wr. UIG beim Amtsrevisionswerber vorhandene Umweltinformationen handelt.“

10Damit wurde bereits klargestellt, dass der Umstand, dass die in Rede stehenden Informationen nur in den betreffenden Verfahrensakten vorhanden sind, nichts daran ändert, dass es sich um im Sinne des § 4 Abs. 1 Wr. UIG beim Amtsrevisionswerber vorhandene Umweltinformationen handelt. Die (dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision zugrundeliegende) gegenteilige Ansicht des Amtsrevisionswerbers, wonach Umweltinformationen, die in den betreffenden Verfahrensakten vorhanden sind, keine „vorhandenen Umweltinformationen“ im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 Wr. UIG seien, wenn „sie nur mit erheblichen Ressourcenaufwand der Behörde bekanntgegeben werden“ könnten, trifft demnach nicht zu.

11 In der Zulässigkeitsbegründung wird sodann zur Anordnung nach lit. f (vgl. oben Rz 1) geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach Umweltinformationen nur dann zu erteilen seien, wenn sie vorhanden seien. Die Information, ob es sich um eine Neupflanzung nach § 6 Abs. 6 Wr. Baumschutzgesetz handle, werde von einer näher genannten Abteilung des Amtsrevisionswerbers „nicht elektronisch erfasst“. Auch keine andere Dienststelle erfasse dies spezifisch. Neupflanzungen würden zwar als solche vermerkt, nicht aber ob diese auf die Bestimmung des § 6 Abs. 6 Wr. Baumschutzgesetz zurückzuführen seien oder es sich um sonstige Neupflanzungen handle. Das Verwaltungsgericht habe eine nicht erfüllbare Anordnung getroffen, die rechtswidrig sei.

12 Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemachtkonkret darzulegen hat, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wiederzugeben oder hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Abweichungen von dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. VwGH 5.3.2025, Ra 2025/10/0011; 16.11.2023, Ra 2022/10/0146; 22.8.2022, Ra 2022/10/0005, 0006). Eine derartige Darlegung enthält das wiedergegebene Zulässigkeitsvorbringen das jene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der insoweit abgewichen worden sein soll, nicht erwähnt aber nicht.

13 Davon abgesehen geht das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis aber ausdrücklich davon aus, dass in Bezug auf den Zeitraum von 2015 bis 2020 Informationen über Baumpflanzungen beim Amtsrevisionswerber „in Form von Bescheiden“ nach dem Wr. Baumschutzgesetz vorlägen, sofern diese nicht vernichtet oder gelöscht worden seien. In seiner Beweiswürdigung stützt sich das Verwaltungsgericht dazu auf Angaben einer Vertreterin des Amtsrevisionswerbers in der mündlichen Verhandlung vom 31. Jänner 2025, wonach im digitalen Baumkataster erst seit 2021 „Ersatzpflanzungen“ und „Neupflanzungen“ (getrennt) erfasst seien; die Zeiträume davor hätte die Behörde „die Daten nur mittels Bescheiden vorliegen“. Es sei somit möglich, die Daten aus den Jahren vor 2021 herauszufinden.

14Damit geht das oben (in Rz 11) wiedergegebene Zulässigkeitsvorbringen (soweit es dahin zu verstehen ist, die in Rede stehenden Informationen seien nicht nur „elektronisch nicht erfasst“, sondern gar nicht vorhanden) aber nicht von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt aus. Dieses Zulässigkeitsvorbringen stellt sich zudem als Neuerung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof dar, zumal Derartiges im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht behauptet wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, aber der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. VwGH 8.1.2025, Ra 2024/10/0164, mit Verweis auf VwGH 5.4.2020, Ra 2020/07/0014; 14.10.2022, Ra 2022/10/0122). Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage kann zudem nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. VwGH 13.9.2023, Ra 2023/10/0063, mit Verweis auf VwGH 8.3.2023, Ra 2021/10/00690070; 28.10.2022, Ra 2022/10/0135; 27.7.2022, Ra 2022/10/0080 0081).

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 10. September 2025