17 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt kann den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet -
unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen bzw. eine auf einen unrechtmäßigen Aufenthalt gegründete aufenthaltsbeendende Maßnahme als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, können solche aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ausnahmsweise auch nach einem mehr als zehn Jahre dauernden Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (Hinweis E vom 22. Jänner 2013, 2011/18/0036). Zuweilen wurde - ausgehend von den zugunsten eines Fremden festgestellten Umständen - diese Rechtsprechung auch auf einen knapp zehn Jahre noch nicht erreichenden Aufenthalt angewendet (vgl. zu einem Aufenthalt von mehr als neuneinhalb Jahren das E vom 9. September 2014, 2013/22/0247). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (Hinweis B vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0054). Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives -
strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (Hinweis B vom 3. September 2015, Ra 2015/21/0121, mwN).