Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Guggenbichler als Vorsitzenden sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. a Aigner und den Kommerzialrat Dr. Findeis in der Rechtssache der klagenden Partei A* Holding GmbH , FN **, **, vertreten durch Mag. Alexander Lubich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Mag. Galanda Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen EUR 90.827,70 s.A. über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 15.3.2025, GZ **-31, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.866,82 (darin EUR 644,47 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .
Entscheidungsgründe:
Die Streitparteien sind jeweils Unternehmer und in der Immobilienbranche tätig. Die Beklagte legte am 26.9.2023 ein von der Klägerin am 28.9.2023 angenommenes Kaufanbot, das Gesellschaftsanteile der Klägerin an der C* GmbH (Kaufgegenstand I) und den Erwerb des neu errichteten Mehrparteienhauses auf der Liegenschaft EZ ** KG ** (Kaufgegenstand II) beinhaltete. Die Klägerin ist Muttergesellschaft der C* GmbH, die Bauwerberin war. Das Kaufanbot wurde durch den Rechtsvertreter der Beklagten formuliert. Die Einleitung zum Kaufanbot lautet unter anderem wie folgt:
„ Die Kaufverträge sind binnen 14 Tagen nach der Vorlage der Fertigstellungsanzeige des auf der EZ ** KG ** errichteten Gebäudes basierend auf einem zu erstellenden Auswechslungsplan, der dem ausgeführten Bauwerk entspricht, grundbuchs-tauglich zu unterfertigen. “
Punkt 2 regelt den Kaufpreis und lautet auszugsweise wie folgt:
„ Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand I beträgt insgesamt Euro 2.885.000,00 [...] und für den Kaufgegenstand II Euro 300.000,00 [...] zzgl. 20% Umsatzsteuer für den Kaufgegenstand II in Höhe von Euro 60.000,00 [...].
Der Kaufpreis ist abzüglich der tatsächlich gezahlten Anzahlung binnen 4 Wochen nach Abschluss des Kaufvertrages auf das Treuhandkonto der Vertragserrichterin und Treuhänderin Mag. D* GmbH mit Sitz in ** zu erlegen. [...]
Punkt 6. „Sonstiges“ des Kaufanbotes lautet auszugsweise:
„ Das gegenständliche Kaufanbot wird unter der auflösenden Bedingung des Vorliegens der Fertigstellungsanzeige basierend auf einem zu erstellenden Auswechslungsplan, der dem angeführten Bauwerk entspricht, bis zum 15.11.2023 geschlossen, dh liegt eine solche Fertigstellungsanzeige bis zum 15.11.2023 nicht vor, tritt das gegenständliche Kaufanbot außer Kraft und gilt ohne wechselseitige Ansprüche als von Anfang an nicht geschlossen .“
Für das Vorliegen der Fertigstellungsanzeige war nach dem Verständnis der Parteien die Einbringung bei der Behörde maßgeblich. Die Beklagte ging bei der Formulierung des Anbots davon aus, dass dafür ein Auswechslungsplan erforderlich ist.
Im Zeitpunkt der Vereinbarung war für die Parteien maßgeblich, eine positive Erledigung der Fertigstellung durch die Behörde und mögliche Benützung durch die Beklagte zu erwirken [bekämpfte Feststellung].
Die Klägerin brachte am 16.10.2023 eine Fertigstellungsanzeige bei der Magistratsabteilung 37 der Stadt Wien (MA 37) ein, der ein mit 14.9.2023 datierter Ausführungsplan zugrunde lag. Darin wurde durch den Ziviltechniker die bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung bestätigt sowie, dass die vorgenommenen und im Ausführungsplan farblich dargestellten Abänderungen den Umfang des § 73 Abs 3 BO nicht überschreiten. In der Ansicht Nord wurde von französischen Verglasungen auf Fenster gewechselt. Inhaltlich unterscheidet sich der Ausführungsplan zur Fertigstellungsanzeige nicht von dem Auswechslungsplan und wurde im Kopfvermerk als „Ausführungsplan“ bezeichnet. Die Beklagte wurde im Oktober 2023 über die Einreichung des Ausführungsplans bei der Baubehörde verständigt.
Die MA 37 erteilte am 28.8.2024 eine Bestätigung mit dem Inhalt, dass die eingereichte Fertigstellungsanzeige zufolge der Bestätigung des Ziviltechnikers als vollständig belegt und der Bau als plan- und vorschriftsgemäß ausgeführt erachtet werde. Die Behörde wies die Fertigstellungsanzeige weder zurück noch nahm sie daran Beanstandungen vor.
Die Beklagte konnte keine Finanzierung aufstellen. Sie leistete weder eine Anzahlung noch den Kaufpreis und es erfolgte auch keine grundbuchstaugliche Unterfertigung des Kaufvertrags.
Die Klägerin begehrte, gestützt auf Verzug und Schadenersatz, die Zahlung von EUR 90.827,70 an kapitalisierten Zinsen für den Zeitraum von 01.12.2023 bis 29.02.2024 aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis in Höhe von EUR 2.885.000. Sie brachte vor, die Beklagte habe die vereinbarte Unterfertigung der Kaufverträge und die Zahlung des Kaufpreises immer weiter verzögert, weil sie das Kaufanbot ohne gesicherte Finanzierung des Kaufpreises gestellt habe. Sie befinde sich seit 31.10.2023 schuldhaft in Verzug. Aus prozessualer Vorsicht mache die Klägerin vorerst nur die fällig gestellten kapitalisierten Zinsen aus dem geschuldeten Kaufpreis geltend.
Für die vereinbarte auflösende Bedingung betreffend die Vorlage der Fertigstellunganzeige bis zum 15.11.2023 sei nach dem Verständnis der Parteien das Datum des Eingangs bei der zuständigen Baubehörde relevant gewesen. Die Klausel sei zwischen den Parteien nicht ausverhandelt worden, dahingehend existiere auch keine Korrespondenz. Der Text dazu sei von der Beklagten vorgegeben worden. Den Parteien sei bei der Vereinbarung der Auflösungsbedingung vor allem wesentlich gewesen, dass die Fertigstellungsanzeige rechtzeitig und in bewilligungsfähiger Form erfolge; nur so habe die Klägerin die Klausel verstehen können. Auf welche Weise dies erfolge, sei völlig unwesentlich gewesen, weil die Benützungsbewilligung nur von der von der Behörde akzeptierten Fertigstellungsanzeige abhänge. Die Notwendigkeit des Vorliegens eines „Auswechslungsplans“, der einer Neueinreichung entspreche, den die Behörde erst mit Bescheid bewilligen hätte müssen, sei von der Vereinbarung nicht umfasst gewesen. Dafür wäre die damals zur Verfügung stehende Zeit auch viel zu kurz gewesen.
Die Klägerin habe die Fertigstellungsanzeige mit den erforderlichen Unterlagen bei der zuständigen Baubehörde am 16.10.2023 eingebracht. Sie habe dabei einen „Ausführungsplan“ vorgelegt, der dem ausgeführten Bauwerk entspreche. Ein neuerliches Bauansuchen nach § 70 der Wiener Bauordnung sei nicht notwendig gewesen, weil die Behörde sämtliche baulichen Änderungen, insbesondere die geänderten Fenstergrößen, als Abweichungen im Sinn von § 73 Abs 3 der Wiener Bauordnung qualifiziert habe, die, mangels wesentlicher Änderung der äußeren Gestaltung, den Umfang des § 62 Abs 1 der Wiener Bauordnung nicht überschritten hätten. Die Behörde habe die Fertigstellungsanzeige mit den darin enthaltenen Änderungen an der Fassade am 30.1.2024 akzeptiert. Eine bescheidmäßige Erledigung ergehe nur bei einer Zurückweisung der Fertigstellungsanzeige, die hier aber nicht erfolgt sei. Damit sei die in Punkt 6. des Kaufanbots vom 28.09.2023 vereinbarte auflösende Bedingung nicht eingetreten, sodass das angenommene Kaufanbot nach wie vor wirksam sei.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, als auflösende Bedingung sei das Vorliegen einer Fertigstellungsanzeige basierend auf einem zu erstellenden „Auswechslungsplan“, der dem ausgeführten Bauwerk entspreche, bis zum 15.11.2023 vereinbart worden. Die Beklagte habe bei der Formulierung bewusst das Wort „Auswechslungsplan“ gewählt, weil ihr bekannt gewesen sei, dass wegen erheblicher Abweichungen in der Fassadendarstellung vom Einreichplan ein Auswechslungsplan mit bescheidmäßiger Erledigung erforderlich sei. Wäre es tatsächlich nur auf die Fertigstellung angekommen, wäre das Wort „Auswechslungsplan“ nicht in das Kaufanbot aufgenommen worden. Die Klägerin habe hinsichtlich der Formulierung auch keinen Änderungswunsch geäußert. Beide Parteien seien im Baugewerbe tätig und seien sich der Bedeutung des Wortes „Auswechslungsplan“ bewusst. Im vorangegangenen Angebot vom 18.7.2022 sei von einer Fertigstellung und/oder einem Auswechslungsplan noch nicht die Rede gewesen. Erst aufgrund der Problematik der Abweichung der Ausführung des Bauwerkes, auf die die Beklagte durch Konsultation des Zeugen E* hingewiesen worden sei, sei die Änderung des Kaufanbots in diesem Punkt durchgeführt worden. Im Dachgeschoss sei es bei den Gauben zu einer anderen Ausführung gekommen, an der Fassade habe es Änderungen im Bereich der Fensteröffnungen gegeben. Es handle sich um mehr als geringfügige bauliche Änderungen, weshalb eine bloße B auanzeige gemäß § 62 der Bauordnung für Wien nicht ausgereicht hätte, sondern nach § 70 der Bauordnung für Wien ein bescheidmäßig zu bewilligender „Auswechslungsplan“ vorzulegen gewesen wäre.
Ohne diese Einreichung hätte das errichtete Gebäude nicht dem Baukonsens entsprochen und wäre die abgegebene Fertigstellungsmeldung unrichtig gewesen. Nur eine vollständig belegte Fertigstellungsmeldung berechtige zur Benützung des Bauwerkes. Auch im Hinblick auf die zu erwirkende Betriebsanlagengenehmigung sei das Vorliegen einer Fertigstellung auf Basis eines Auswechslungsplans für die Beklagte essentiell gewesen, weil dafür auch der Bauakt eingesehen und überprüft worden sei.
Da die Fertigstellungsanzeige bis zum 15.11.2023 der MA 37 nicht ordnungsgemäß und vollständig auf Basis des notwendigen Auswechslungsplans vorgelegt worden sei, sei die auflösende Bedingung eingetreten und das den Klagsanspruch stützende Kaufanbot außer Kraft getreten. Die Beklagte könne daraus keine Verpflichtung treffen.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt.
Dabei traf es die oben zusammengefasst wiedergegebenen sowie die auf Seiten 1 bis 3 und 6 bis 8 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
In rechtlicher Hinsicht führte es – soweit im Rechtsmittelverfahren noch relevant - aus, neben der expliziten Bezeichnung als „auflösende Bedingung“ gehe aus dem Willen der Parteien hervor, dass bei Nichtvorliegen einer Fertigstellungsanzeige bis zum 15.11.2023 das Kaufanbot außer Kraft treten solle und ohne wechselseitige Ansprüche als von Anfang an nicht geschlossen gelte. Die Fertigstellungsanzeige sei fristgerecht bei der Behörde eingereicht und von dieser akzeptiert worden. Eine bestimmte Reaktion der Behörde, etwa in Form einer bescheidmäßigen Erledigung oder der Erteilung einer Bestätigung nach Beilage ./L, sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Nach dem Zweck der vertraglichen Regelung und dem Parteiwillen sei entscheidend gewesen, dass die Fertigstellungsanzeige durch die Behörde positiv erledigt und Änderungen angezeigt würden. Für die Benützung sei die Akzeptanz der Fertigstellungsanzeige maßgeblich. Dabei sei man nach den Feststellungen davon ausgegangen, dass dafür eine bescheidmäßige Erledigung auf Grundlage eines Auswechlungsplans erforderlich sei. Abweichungen von Bauplänen bedürften nach § 73 Abs 3 Wiener BauO aber keiner Baubewilligung bzw Bauanzeige, sofern sie von der Baubewilligung erfasste Gebäudeteile beträfen und den Umfang des § 62 Abs 1, in Schutzzonen den des § 62 Abs 1 Z 4, nicht überschritten. Derartige Abweichungen seien der Behörde spätestens im Rahmen der Fertigstellungsanzeige zur Kenntnis zu bringen, wobei sie im Ausführungsplan farblich und der bewilligte Bestand grau darzustellen seien. Eine Bauanzeige genüge nach § 62 Abs 1 Z 4 Wiener BauO unter anderem für alle sonstigen Änderungen und Instandsetzungen von Bauwerken (§ 60 Abs 1 lit c), die keine wesentliche Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirkten, nicht die Umwidmung von Wohnungen oder nicht die Schaffung von Stellplätzen beträfen und auch nicht zu deren tatsächlicher Schaffung aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung führten. Unwesentliche Änderungen seien etwa die Veränderung von Fenstergrößen in geringfügigem Ausmaß. Ob diese Änderungen wesentlich seien, obliege allein der Entscheidung der zuständigen Behörde. Die Behörde habe hier bestätigt, dass die Fertigstellungsanzeige vollständig belegt und der Bau plan- und vorschriftsgemäß ausgeführt worden sei. Die vereinbarte auflösende Bedingung sei daher nicht eingetreten und das zwischen den Streitparteien vereinbarte Kaufanbot nach wie vor wirksam.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem auf Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
I. Zur Beweisrüge:
1. Die Beklagte wendet sich gegen die Feststellung:
„Im Zeitpunkt der Vereinbarung war für die Parteien maßgeblich, eine positive Erledigung der Fertigstellung durch die Behörde und mögliche Benützung durch die Beklagte zu erwirken.“
Sie begehrt die Ersatzfeststellung:
„Im Kaufanbot (Beilage ./A) wurde unter Pkt. 6. bewusst das Wort Auswechslungsplan gewählt. Im vorangegangenen Angebot vom 18.07.2022 (Beilage ./1) war noch keine Rede von einer Fertigstellung bzw einem Auswechslungsplan gewesen und wurde sohin in weiterer Folge ausdrücklich in den Vertragstext aufgenommen. Die Parteien sind beide im Baugewerbe tätig, weshalb sie sich der Bedeutung des Wortes „Auswechslungsplan“ bei Vertragsabschluss bewusst gewesen sind. Im Zeitpunkt der Vereinbarung war es [für die] Parteien sohin maßgeblich, dass die klagende Partei eine bescheidmäßige Bewilligung des Auswechslungsplans gemäß § 70 der Wiener Bauordnung fristgerecht einholen müsse, andernfalls die unter Pkt. 6. vereinbarte auflösende Bedingung eintreten würde.“
2.Bis auf den letzten Satz stellen die begehrten Ersatzfeststellungen gewünschte zusätzliche Feststellungen dar. Deren Fehlen könnte nur einen sekundären Feststellungsmangel begründen, der bei Behandlung der Rechtsrüge zu prüfen ist (vgl RS0043603 [T7]).
Im Rahmen der Beweisrüge ist daher nur auf den letzten Satz der Ersatzfeststellungen einzugehen.
3.Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich die Tatsacheninstanz im Fall von Widersprüchen aufgrund ihrer Überzeugung für jene Darstellung entscheidet, die mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann. Sie hat dies zu begründen und dabei offenzulegen, aus welchen Erwägungen sie diese Überzeugung gewonnen hat (RS0043175; Rechberger in Fasching/Konecny³ § 272 ZPO Rz 4f, Rz 11). Dementsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung (nur) darauf zu überprüfen, ob das Erstgericht die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten und die Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat ( Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 482 ZPO Rz 3).
Diese Anforderungen erfüllt die Beweiswürdigung des Erstgerichts.
4. Der von der Beklagten ins Treffen geführte Umstand, dass sich die Klägerin vor Unterfertigung mit ihrem Rechtsvertreter beraten habe und den Parteien die Bedeutung des Wortes „Auswechslungsplan“ bekannt gewesen sei, ist nicht geeignet, Zweifel an den Feststellungen des Erstgerichts zum Parteiwillen hervorzurufen, hat es doch auch ausgeführt, dass diese Formulierung nur deshalb gewählt worden sei, weil die Beklagte eben von der Erforderlichkeit eines solchen „Auswechslungsplans“ ausgegangen sei, wobei aber wegen der Geringfügigkeit der Änderungen letztlich ein „Ausführungsplan“ ausreichend gewesen sei. Daher vermag auch der Verweis auf die allgemeine Lebenserfahrung, wonach in einem von einem Rechtsanwalt aufgesetzten Kaufanbot Formulierungen bewusst gewählt seien, keine unschlüssige Beweiswürdigung aufzuzeigen, ergibt sich doch aus der Würdigung ohnehin sinngemäß, dass diese Formulierung von der Beklagten „bewusst“ gewählt wurde, aber eben nur wegen der irrigen Annahme der Notwendigkeit eines solchen Plans, es den Parteien aber im Ergebnis um eine positiven Erledigung durch die Behörde gegangen sei.
Die Berufungswerberin vermeint einen Widerspruch darin zu erkennen, dass der Geschäftsführer der Klägerin zunächst ausgesagt habe, das „Thema Auswechslungsplan“ sei für ihn überraschend gewesen, unter Vorhalt der Beilage ./2 aber zugestanden habe, dass die Formulierung „Auswechslungsplan“ für ihn logisch sei, weil ein Plan nach einem Planwechsel immer „Auswechslungsplan“ genannt werde. Ein Widerspruch ist daraus aber nicht ersichtlich, sagte der Geschäftsführer doch auch aus, seine „Überraschung“ habe sich darauf bezogen, dass mit Beilage ./2 versucht worden sei, die Formulierung im Kaufanbot so darzustellen, als ob sich diese nur auf einen „Auswechslungsplan“ beziehen würde, während es den Parteien aber darum gegangen sei, zur Fertigstellung zu kommen, um das Gebäude möglichst früh benutzen zu können.
Wenn das Erstgericht, das sich aufgrund der unmittelbaren Einvernahme einen persönlichen Eindruck von den befragten Personen verschaffen konnte, der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin mehr Glaubwürdigkeit als jener des Geschäftsführers der Beklagten attestierte, so hat es für diese Einschätzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch ausreichende und überprüfbare Gründe angeführt (vgl Klauser/Kodek , JN-ZPO 18 § 467 E 39a). Entgegen der Argumentation in der Berufung ging das Erstgericht in der Beweiswürdigung auch auf die Aussage des Geschäftsführers der Beklagten und darauf ein, warum es dessen Angaben, dass nach dem Parteiwillen jedenfalls ein „Auswechslungsplan“ zu erstellen und von der Behörde zu bewilligen gewesen wäre, gerade nicht folgte. Es führte dazu nachvollziehbar aus, warum es zur Überzeugung gelangte, dass dieser gerade wegen der gescheiterten Finanzierung prozessmotivierte Schutzbehauptungen aufstellte.
Das Erstgericht setzte sich auch mit den in der Berufung dargelegten Aussagen der Zeugen F* und DI E*, nach deren Meinung die bei der Behörde im Ausführungsplan eingereichten Änderungen nicht geringfügig gewesen seien, auseinander und begründete, dass es diesen nicht folge, weil die Behörde im Rahmen der ihr darüber obliegenden Ermessensentscheidung die vorgelegten Unterlagen als ausreichend beurteilt habe - was diese beiden Zeugen im Übrigen auch bestätigten. Darüber hinaus stützte es die Feststellungen zur vollständigen und technisch richtigen Fertigstellungsanzeige auch auf das Gutachten des Gerichtssachverständigen DI G*.
5. Stichhaltige Gründe, warum die angefochtenen Feststellungen unzweifelhaft oder zumindest überwiegend wahrscheinlich unrichtig sind, zeigt die Berufung somit nicht auf (vgl Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 482 Rz 3 mwN; Klauser/Kodek , JN-ZPO 18§ 467 ZPO E 40/1; RS0041830).
Die Beweisrüge erweist sich damit als nicht erfolgreich. Das Berufungsgericht übernimmt die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde.
II. Zur Rechtsrüge
Ausgehend davon versagt auch die Rechtsrüge.
Das Berufungsgericht erachtet die Rechtsausführungen im angefochtenen Urteil für überzeugend, die in der Berufung enthaltenen Argumente hingegen für nicht stichhältig (§ 500a ZPO). Den Berufungsausführungen ist darüber hinaus noch Folgendes entgegenzuhalten:
1. Die Beklagte rügt als sekundären Feststellungsmangel, das Erstgericht habe zur Frage, welche Abänderungen an die Behörde heranzutragen gewesen seien, keinerlei Feststellungen getroffen. Sie begehrt die Zusatzfeststellung:
„Am Gebäude wurden im Vergleich zur ursprünglichen Baubewilligung erhebliche Abänderungen vorgenommen. Die Gauben wurden dahingehend umgeändert, dass sie nunmehr raumbildende Dachaufbauten darstellen. Auch die Ausführung der Fassade wurde deutlich abgeändert, was erheblichen Einfluss auf die äußere Gestalt des Gebäudes hat.“
Darauf aufbauend hätte das Erstgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass sich der Änderungsumfang nicht unter eine unwesentliche Änderung iSd § 62 Abs 1 Wiener BauO subsumieren lasse und damit auch § 73 Abs 3 Wiener BauO nicht anwendbar sei. Vielmehr wären die Abänderungen basierend auf einem „Auswechslungsplan“ der Baubehörde zur Erteilung einer Baubewilligung nach § 70 Wiener BauO vorzulegen gewesen. Damit einhergehend hätte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht zur Ansicht kommen müssen, dass die vereinbarte auflösende Bedingung erfüllt und das Kaufanbot als nicht abgeschlossen anzusehen ist.
1.1. Bei der Formulierung, es lägen „erhebliche“ Änderungen vor und die Fassade sei „deutlich“ abgeändert worden, „ was erheblichen Einfluss auf die äußere Gestalt des Gebäudes“ habe, handelt es sich um rechtliche Erwägungen, die einer Tatsachenfeststellung nicht zugänglich sind und die damit keinen Eingang in den Sachverhalt finden können.
1.2. Welche konkrete „Ausführung der Fassade“ geändert wurde, beinhalten die begehrten Zusatzfeststellungen nicht, sodass daraus auch nicht rechtlich abgeleitet werden könnte, ob es sich um eine nicht mehr geringfügige Änderung handelt. Sofern damit die Änderung der Fenster gemeint sein sollte, traf das Erstgericht dazu ohnehin eine Feststellung (US 7).
Die als fehlend gerügte Feststellung zu den Gauben hätte keine Auswirkung auf die rechtliche Beurteilung, da unbekämpft feststeht, dass die Baubehörde die Fertigstellungsanzeige nicht, daraus folgend auch nicht hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer wesentlichen Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerks oder des Fehlens eines bewilligungspflichtigen „Auswechslungsplans“, beanstandete. Vielmehr steht (ebenso unbekämpft) fest, dass die Baubehörde die Fertigstellungsanzeige als vollständig belegt und den Bau als plan- und vorschriftsgemäß ausgeführt erachtete. Dass der „Ausführungsplan“ die von der Beklagten vorgebrachten Änderungen an Gauben und Fassadenfenstern enthielt – und damit Eingang in die Prüfung der Baubehörde fand -, wurde von ihr im Verfahren selbst vorgebracht.
Daraus ist abzuleiten, dass mit der erfolgten Fertigstellungsanzeige samt „Ausführungsplan“, dem – wegen Erfolglosigkeit der Beweisrüge – festgestellten Parteiwillen, der auf eine für eine positive Erledigung der Baubehörde geeignete Einreichung und mögliche Benutzung durch die Beklagte gerichtet war, entsprochen wurde.
2. Die Rechtsansicht der Berufungswerberin, selbst ausgehend vom festgestellten Sachverhalt erweise sich die rechtliche Beurteilung als unrichtig, ist nicht zutreffend.
2.1. Die Beklagte argumentiert, infolge des eindeutigen Wortlauts des Kaufanbots, in dem die Fertigstellungsanzeige basierend auf einem „Auswechslungsplan“ zu erstatten sei, sei von einem Eintritt der auflösenden Bedingung auszugehen, weil die Fertigstellungsanzeige nur unter Anschluss eines „Ausführungsplans“ erfolgt sei. Es bestehe sohin eine eindeutige vertragliche Regelung und sei für eine ergänzende Vertragsauslegung, die einen Rückgriff auf den hypothetischen Parteiwillen erfordern würde, kein Platz.
2.2.Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen. Es ist also nicht allein das entscheidend, was schriftlich geäußert wurde. Eine ergänzende Vertragsauslegung hat dann Platz zu greifen, wenn eine Vertragslücke vorliegt (RS0017829) oder wenn feststeht, dass der schriftliche Vertragsinhalt die Absicht der Parteien nicht richtig wiedergibt (RS0017890 [T2], RS0017791 [T9]). Nur wenn ein (übereinstimmender) konkreter Parteiwille nicht zu ermitteln ist, kommt der objektiven Vertragsauslegung unter Berücksichtigung des üblichen Verständnisses bestimmter Formulierungen und der redlichen Verkehrsübung entscheidende Bedeutung zu (RS0017797 [inbes T10, T12, T13, T18]).
Wenn sich die Parteien in der Sache einig sind, gilt dann ihr übereinstimmender Wille, gleichgültig, ob die Ausdrucksmittel diesen Willen nach objektiven Kriterien zutreffend wiedergeben. Der natürliche Konsens der Parteien geht dem objektiven Erklärungswert (also auch dem allfälligen Urkundeninhalt) vor (RS0014005 [T5]; RS0017811). Unter dem übereinstimmend erklärten Parteiwillen ist nicht der innere Wille einer Partei, sondern der dem Erklärungsgegner erkennbare, redlicherweise zu unterstellende Geschäftszweck zu verstehen (vgl 4 Ob 142/17m mwN; RS0017781; RS0017756; RS0000406 [T2]).
2.3. Nach dem (festgestellten) übereinstimmenden Parteiwillen hing die auflösende Bedingung von der Einbringung einer Fertigstellungsanzeige bei der Baubehörde bis zum 15.11.2023 ab, die geeignet sein sollte, aufgrund der vorgenommenen Änderungen eine positive Erledigung und damit eine mögliche Benützung durch die Beklagte zu bewirken. Nur bei Nichterfüllung dieser Bedingung sollte das Kaufanbot als aufgelöst gelten.
Unter Anwendung der in Punkt 3.2. dargestellten Grundsätze tritt die im Kaufanbot gewählte Formulierung „Auswechslungsplan“ gegenüber dem festgestellten Konsens über den Geschäftszweck zurück.
Wenn also das Erstgericht aus der Feststellung, worauf es den Parteien bei Abschluss der Vereinbarung ankam, nämlich auf eine positive Erledigung der Fertigstellung durch die Behörde und mögliche Benützung durch die Beklagte, und aus der weiteren Feststellung, dass die Beklagte die Formulierung deshalb wählte, weil sie davon ausging, dass es eines Auswechslungsplans bedürfe, ableitete, dass eine Einreichung in Form eines zu bewilligenden Auswechslungsplans nicht zur Bedingung gemacht wurde, kann darin keine Fehlbeurteilung erblickt werden.
3. Auch die im Rahmen der Beweisrüge genannten Zusatzfeststellungen (vgl Punkt 1. und 2. der Beweisrüge) sind nicht geeignet, zu einem anderen rechtlichen Ergebnis zu führen.
Dass die Beklagte bei der Formulierung des Anbots davon ausging, dass ein „Auswechslungsplan“ erforderlich ist, stellte das Erstgericht ohnehin fest. Schon daraus ergibt sich die „bewusste“ Wahl dieser Formulierung. Unter Verweis auf die in Punkt 2. dargelegten Erwägungen ist das Bewusstsein der Parteien, was dieses Wort bedeutet, für die Auslegung nicht von Bedeutung.
Bei der Vertragsauslegung sind die einzelnen Bestimmungen des Vertrags im Zusammenhang mit dem übrigen Vertragsinhalt unter Berücksichtigung aller Umstände, aus denen Schlüsse auf die Absicht der Parteien gezogen werden können, zu beurteilen, wobei insbesondere auch auf den Inhalt der Vorverhandlungen Bedacht zu nehmen ist (RS0017902 [T2]). Dass es derartige „Vorverhandlungen“ gegeben hätte, wurde von den Parteien aber nicht vorgebracht. Der von der Beklagten in den begehrten Zusatzfeststellungen genannte Inhalt des vorangegangenen Angebots allein lässt keine Rückschlüsse auf den Parteiwillen zu, sondern zeigt nur auf, was das Erstgericht ohnehin feststellte, nämlich dass es bauliche Änderungen gab, aufgrund derer das letztlich unterfertigte Kaufanbot angepasst wurde.
Die Feststellungsgrundlage ist aber nur dann mangelhaft, wenn – anders als hier – Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind (RS0053317). Der gerügte Feststellungsmangel liegt damit nicht vor.
4.Auf die von der Klägerin in der Berufungsbeantwortung ins Treffen geführte Unklarheitenregelung des § 915 ABGB, wonach bei zweiseitigen Verträgen eine undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen auszulegen ist, der sich derselben bedient hat, muss hier nicht zurückgegriffen werden. Diese greift nur dann ein, wenn sich zweifelhafte und unklare Äußerungen weder aus der Parteiabsicht noch aus der Verkehrsübung erklären lassen (RS0017752 [T1]). Hier steht aber fest, welcher Geschäftszweck für die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung maßgeblich war.
5. Die Rechtsrüge erweist sich daher als nicht berechtigt.
Da sich die Beklagte in ihrer Rechtsrüge ausschließlich auf die Frage der Auslegung und des Eintritts der vereinbarten auflösenden Bedingung bezieht, kann eine Auseinandersetzung mit der übrigen rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts, insbesondere zu den kapitalisierten Zinsen, entfallen (RS0043338 [T15,17,18,20]).
III.Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
IV.Die ordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Fragen der Vertragsauslegung kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0112106; RS0042776).
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