15R13/25d – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Schaller als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Klenk und Mag. Felbab in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb. **, **, B*, vertreten durch Dr. Stephan Duschel, Mag. Klaus Hanten, Mag. Clemens Kurz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Marktgemeinde C*, **, vertreten durch Krist Bubits Rechtsanwälte OG in Mödling, wegen EUR 20.040 s.A. und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 30.040) über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 9.12.2024, **-12, in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 480 Abs 1 ZPO zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist verpflichtet, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 3.138,12 (darin enthalten EUR 523,02 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Eigentümer der Liegenschaft samt Einfamilienhaus in der B*, die zum Gemeindegebiet der Beklagten gehört. Die Liegenschaft ist über einen im Eigentum der Beklagten stehenden Weg erreichbar, der bis kurz vor der Liegenschaft des Klägers asphaltiert und im Anschluss daran in Richtung des danach angrenzenden Feldes ein Schotterweg ist.
Der Kläger begehrte von der Beklagten nach einem Sturz am 2.12.2023 Schadenersatz wegen der Verletzung der Streu- und Räumpflicht sowie Erhaltungspflicht gemäß § 1319a ABGB, und zwar EUR 15.000 an Schmerzengeld und EUR 5.040 an Pflegeaufwand, gesamt EUR 20.040 sA, sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten daraus für sämtliche künftige Schäden und Nachteile.
Er sei im Bereich der Schotterstraße im Anschluss an die asphaltierte Straße ausgerutscht, obwohl er festes, über den Knöchel reichendes Schuhwerk getragen habe. An der Unfallstelle, die nicht hinreichend ausgeleuchtet sei, befinde sich eine Vertiefung mit einem Durchmesser von 40 cm, in der sich offenkundig Wasser angesammelt habe und gefroren sei. Der Weg sei damals mit einigermaßen festgepresstem Schnee bedeckt und die dortige Eisbildung nicht erkennbar gewesen. Die Beklagte habe diese Stelle in den letzten 20 Jahren auch nie gestreut und nur sehr unregelmäßig geräumt. Sie habe überdies geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Sanierung und Einebnung der bereits durch lange Zeit gebildeten Vertiefung am Weg unterlassen, was beides eine grobe Fahrlässigkeit begründe. Die Beklagte müsse als Wegeerhalter die Beschaffenheit des Weges selbst regelmäßig kontrollieren.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und eine Mangelhaftigkeit des von ihr gehaltenen Weges. Der Kläger wohne seit 20 Jahren am äußersten Rand der Ortschaft B* mit 330 Einwohnern und kenne sämtliche Gegebenheiten. Die behauptete Unfallstelle sei durch eine Laterne ausgeleuchtet. Der Kläger müsse beweisen, dass er tatsächlich am Weg und nicht etwa auf seinem nicht geräumten Privatweg gestürzt sei. Schneeräumung und Streuung fänden in B* regelmäßig statt. Mit dem Winterdienst sei D* beauftragt. Laut Arbeitsbericht habe er am 1.12.2023 von 10:00 bis 12:30 Uhr und am 3.12.2023 von 9:00 bis 10:30 Uhr die Schneeräumung in B* durchgeführt. Am 2.12.2023 habe er von 16:00 bis 17:30 Uhr Streusplitt ausgebracht. An diesem Tag habe ein Extrem-Wetterereignis mit Blitzeisbildung geherrscht. Der Kläger könne keine eisfreie Räumung des äußersten Randes einer kleinen Ortschaft um 23 Uhr verlangen. Der Bestand einer Mulde werde bestritten. Eine Schotterstraße weise aber schon naturgemäß Unebenheiten auf. Geringfügige Mulden seien auf Schotterwegen nichts Außergewöhnliches. Stärkere Schlaglöcher würden von der Gemeinde jährlich mehrmals saniert. Den Kläger, der damals auch angetrunken gewesen sei, treffe zumindest ein überwiegendes Mitverschulden.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Dabei ging es über den eingangs dieser Entscheidung wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt hinaus zusammengefasst von den folgenden, auf den Urteilsseiten 2 bis 4 ersichtlichen weiteren Feststellungen aus, wobei die vom Kläger angefochtenen Stellen mit [F 1] und [F 2] bezeichnet werden:
Von 1.12. bis in die frühen Morgenstunden des 2.12.2023 schneite es in B*, wobei etwa 5 bis 10 cm Schnee liegen blieben. Im Tagesverlauf setzte Tauwetter ein und der Schnee begann in einem nicht mehr feststellbaren Ausmaß zu schmelzen. Von 16 oder 17 Uhr bis 19 Uhr herrschte Nieselregen. Gegen Abend des 2.12.2023 kam es zu einem Kälteeinbruch auf minus vier Grad.
Den Winterdienst in B* mit Schneeräumung und Streuung von Splitt besorgt im Auftrag der Beklagten der Landwirt D*. Den Streusplitt erhält er von der Beklagten; es handelt sich dabei um kantig-körnigen Splitt mit der Körnung 4/8, der spitzer und kantiger ist als gewöhnlicher Schotter.
Aufgrund der Schneefälle von 1.12. auf 2.12.2023 räumte D* alle Straßen im Ortsgebiet von B*, auch den Weg zur Liegenschaft des Klägers. Nur die Hauptstraße im Ort wird von der Straßenmeisterei geräumt.
Beim Übergang des asphaltierten zum bloß geschotterten Teil der **straße passiert es aufgrund des Niveauunterschieds und der unterschiedlichen Beschaffenheit des Untergrundes, dass zwar auf dem Asphaltteil, nicht aber auf dem Schotterteil der Schnee gänzlich geräumt werden kann, weshalb auf dem Schotter trotz Räumens etwa 1 bis 2 cm Schnee verbleiben. Diese lassen sich nicht restlos räumen, weil andernfalls der Schotter mit abgegraben würde.
Aufgrund der Kälteeinbruchwarnung fuhr D* am 2.12.2023 von 16.00 Uhr bis 17.30 Uhr mit seinem Traktor und streute im gesamten Ortsgebiet Splitt, auch am Weg bei der Liegenschaft des Klägers [F 1].
Der Kläger kam am 2.12.2023 von einer Reise aus E* zurück und fuhr am Abend mit seiner Lebensgefährtin in ein Wirtshaus. Am Ende des Abends bot ein gemeinsamer Freund an, sie nach Hause zu fahren, zum einen, weil der Kläger drei Bier getrunken hatte (auch wenn er durch den Alkohol nicht beeinträchtigt war), andererseits, weil es mit dem Allrad-Pick-Up des Freundes einfacher wäre, auf den glatt gewordenen Straßen B* zu fahren.
Dass die Straßen an diesem Abend wegen Nieselregen und Kälteeinbruch grundsätzlich rutschig waren, war dem Kläger bewusst. Darüber sprach er auch mit dem Freund vor dem Verlassen des Gasthauses.
Der Freund blieb mit seinem Auto etwa zwei Meter vor dem Ende der asphaltierten Strecke des Zufahrtsweges zum Kläger stehen. Er drehte den Motor ab, ließ jedoch das Standlicht eingeschalten, außerdem befand sich in einer Entfernung von rund sieben Metern eine Straßenlaterne, die die Unfallörtlichkeit mit gelblichem Licht ausleuchtete, ohne dass das Auto einen Schatten auf die Unfallstelle warf. Der Kläger stieg aus dem Fahrzeug aus und machte sich daran, am Fahrzeug vorbei in Richtung seines Grundstücks zu gehen.
„Aus Unachtsamkeit“ [F 2] stieg er dabei in eine etwa fünf Zentimeter tiefe, vierzig Zentimeter lange ovale Vertiefung im Schotterteil des Weges, die etwas mit Eis gefüllt war. Er trat am Rand dieser Vertiefung auf, rutschte ab, dann zog es ihm die Füße nach vorne; er fiel nach hinten und verletzte sich dabei. Er trug zu diesem Zeitpunkt Winterschuhe mit festem, grobem Profil.
An der Unfallstelle befand sich rund um die Vertiefung, die dem Kläger grundsätzlich bekannt war, von Fahrzeugreifen verdichteter und zusammengepresster Schnee, der sich zum Teil mit dem Schotteruntergrund vermischt hatte und der auch Streusplitt enthielt und teilweise angefroren war. Man konnte an dieser Stelle jedoch mit einem frontbetriebenen Fahrzeug anstandslos bremsen, beschleunigen und manövrieren.
Dem Kläger war und ist auch bekannt, dass auf dem Schotterteil des Weges trotz Schneeräumung immer 1 bis 2 cm Schnee zurück bleiben, die nicht geräumt werden können. Diese Schneereste werden durch Fahrzeuge zusammengefahren und verdichtet, so auch am 2.12.2023. Ihm war zudem bekannt, dass genau jene Vertiefung, in die er stieg, sich dort an der späteren Unfallstelle befand.
Beschädigungen der Schotterstraße im Bereich der Unfallstelle wurden der Beklagten vor dem Unfall am 2.12.2023 nicht gemeldet.
Es wäre dem Kläger möglich gewesen, die Vertiefung in der Fahrbahn zu erkennen und zu meiden.
Rechtlich verneinte das Erstgericht eine Haftung sowohl nach § 1319a ABGB, als auch nach allgemeinen Verkehrssicherungspflichten. Die Unfallstelle befinde sich am äußersten Ortsrand und zudem auf einer bloß geschotterten Straße, die am 1.12.2023 von Schnee geräumt und am 2.12.2023 mit Splitt bestreut worden sei. Diese Maßnahmen der Beklagten seien im Hinblick auf die festgestellten Wetterereignisse ausreichend gewesen. Die Pflichten dürften nicht überspannt werden. Die Unfallstelle sei ausreichend ausgeleuchtet gewesen. Die Beschädigungen seien dem Kläger bekannt gewesen, aber der Beklagten vorab nicht gemeldet worden.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen Tatsachenfeststellungen sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil, allenfalls nach Verfahrensergänzung, im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Verfahrensrüge
1.1 Der Kläger releviert als Verfahrensmangel, dass die von ihm beantragten Beweisanträge auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich 81.40 (Winterdienst/Schneeräumung und Verkehrsflächenreinigung) und Durchführung eines Ortsaugenscheines nicht vorgenommen wurden.
Damit hätte dargetan werden können, dass die Beklagte geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Sanierung und Einebnung der sich bereits durch lange Zeit gebildeten Vertiefung im Weg unterlassen habe und dass die vom beauftragten Landwirt D* getätigten Streutätigkeiten absolut unzureichend gewesen seien. Dass Schäden vorab nicht gemeldet worden seien, exkulpiere die Beklagte nicht von ihrer Verantwortung, die Wege eigenständig zu kontrollieren und Gefahrenstellen zu beseitigen. Eine Sanierung wäre hier mit geringem finanziellen Aufwand möglich gewesen. Durch die beantragten Beweise hätte sich ein gravierendes Fehlverhalten der Beklagten ergeben, was in rechtlicher Hinsicht als grob fahrlässig und haftungsbegründend zu werten wäre, sodass die Verfahrensmängel relevant seien.
1.2 Der Kläger führte in der Klage den Beweisantrag des Ortsaugenscheins zu den „örtlichen Verhältnissen“, und zwar zur Wegehaltereigenschaft der Beklagten sowie zur behaupteten mangelhaften Räumung und Streuung in den letzten 20 Jahren. Das Sachverständigengutachten wurde in der Klage zum „Unfallgeschehen“ vom 2.12.2023 selbst sowie zum Vorwurf beantragt, die Beklagte hätte geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Sanierung und Einebnung der Vertiefung auf dem Weg unterlassen (Klage ON 1 S. 2 f). Die Beweisanträge wurden im Vorbereitenden Schriftsatz vom 2.8.2024 wiederholt (ON 7, S. 3) und davor u.A. zusätzlich ausgeführt, dass die Laterne die Sturzstelle keineswegs ausgeleuchtet habe; die Vereisung für den Kläger am Unfalltag aufgrund des Schneebelags und der Dunkelheit samt dem darin befindlichen vereisten Niederschlag nicht erkennbar gewesen sei; eine Streuung am ganzen Unfalltag nicht erfolgt sei und die Beklagte es durch ihre Untätigkeit in Kauf genommen habe, dass Personen durch den mehrere Zentimeter hohen Niveauunterschied zu Sturz kommen könnten und dass sich eben in dieser Vertiefung Niederschlag ansammle, gefriere und dann Eisglätte auftrete, welche eine zusätzliche Gefahrenquelle darstelle.
1.3 Der Kläger kann damit aber keine relevanten offenen Punkte aufzeigen. Die Wegehaltereigenschaft der Beklagten ist unstrittig. Die Vertiefung im Schotterweg von etwa 40 cm Durchmesser und 5 cm Senkung an der tiefsten Stelle steht unbekämpft fest (auch belegt durch die Lichtbilder ./G).
Die Räum- und Streumaßnahmen der letzten 20 Jahre und auch die Situation am Unfalltag selbst lassen sich nicht durch einen aktuellen Ortsaugenschein klären.
Die Tatsachen zur Situation am Unfalltag waren im konkreten Fall auch ohne notwendige Fachkunde eines Sachverständigen zu treffen, weil für die Beurteilung der diesbezüglichen Aussagen und Urkunden kein spezifisches Expertenwissen gefordert war (vgl RS0119439; RS0043235). Dies gilt auch für die Frage einer (ausreichenden) Beleuchtung.
Ob die Beklagte eine Handlungspflicht zur Sanierung der Vertiefung im Schotterweg und im Umkehrschluss eine Haftung durch grob schuldhafte Unterlassung notwendiger und zumutbarer Maßnahmen getroffen hätte und ob die von der Beklagten gesetzten Räum- und Streumaßnahmen ausreichend waren, sind wiederum Rechtsfragen, die einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich ist.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor.
2. Beweisrüge
2.1 Hier wendet sich der Kläger gegen die Feststellung [F 1], wonach D* auch auf dem zu seinem Haus führenden Weg am 2.12.2023 zwischen 16:00 Uhr und 17:30 Uhr Splitt gestreut habe, und begehrt dazu eine Negativfeststellung. In eventu wünscht der Kläger als Zusatzfeststellung, dass an der späteren Unfallstelle jedenfalls nicht ausreichend Splitt gestreut worden sei.
2.1.1 Das Erstgericht hätte diese Feststellung auf die Aussage von D* und der als Beilage ./2 vorgelegten Aufstellung (Arbeitsbericht Winterdienst) gestützt. Der Zeuge habe aber ein klar hervorleuchtendes Eigeninteresse gehabt, seine Tätigkeit als ausreichend und ordnungsgemäß darzustellen, um einen Regress gegen ihn zu vermeiden. Die Beilage ./2 sei erst am 18.3.2024 erstellt worden, sodass deren Beweiswert als marginal anzusehen sei. Wie sich aus den vom Kläger vorgelegten Lichtbildern ./C ergebe, die unmittelbar nach dem Unfall von der Sturzstelle aufgenommen worden seien und die vom Erstgericht als völlig unbedenklich bezeichnet worden seien, sei kein wie immer geartetes Streugut erkennbar. Daraus ergebe sich der zwingende Schluss, dass an der Unfallstelle nicht, jedenfalls nicht ausreichend gestreut gewesen sei. Dies bestätige sich auch durch die Aussage des Klägers und seiner Lebensgefährtin.
2.1.2 Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ermöglicht hätten, reicht aufgrund des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung nicht aus (RS0043175; Rechberger in Fasching/Konecny ³ § 272 ZPO Rz 4 f, Rz 11).
2.1.3 Wie schon das Erstgericht ausgeführt hat, sind gerade auf der Beilage ./C, den Fotos der Unfallstelle nach dem Sturz, schwarze Punkte auf den Schneeflecken erkennbar, sodass die Schlussfolgerung, es handle sich dabei um Streusplitt und Schotter, naheliegend ist. Zutreffend hat das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung auch bemerkt, dass auf dem zweiten Bild der Beilage ./C seitlich Bereiche mit höherem Schnee erkennbar sind, sodass im Gesamten und im Zusammenhalt mit der damaligen Wetterlage die vorgebrachte Schneeräumung und Splittstreuung am Weg nachvollziehbar erscheint. Inwieweit die Aussage des Klägers und seiner Lebensgefährtin dazu wesentlich überzeugender sein sollte wie jene des Zeugen D*, die mit den obigen Umständen überein stimmt, kann die Berufung nicht aufzeigen. Auch wenn die Auflistung des durchgeführten Winterdienstes 2023/2024 erst vom 18.3.2024 datiert, passen die hier maßgeblichen Leistungen am 1.12. und 2.12.2023 zu der allseits und auch vom Kläger nicht in Abrede gestellten Wetterlage am Unfallstag.
Die in der Berufung geäußerten Bedenken sind insgesamt nicht geeignet, die getroffene Feststellung in Zweifel zu ziehen.
2.1.4 Soweit der Kläger in eventu die Zusatzfeststellung wünscht, dass an der späteren Unfallstelle nicht ausreichend Splitt gestreut worden sei, macht er einen sekundären Feststellungsmangel geltend, der der Rechtsrüge zuzuordnen ist. Der Kläger ist auf die dortigen Ausführungen zu verweisen.
2.2 Weiters begehrt der Kläger den ersatzlosen Entfall der Wortfolge, dass er „aus Unachtsamkeit“ [F 2] in die mit Eis gefüllte Vertiefung am Schotterweg gestiegen sei.
Das Erstgericht sei in seiner Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass die teilweise mit Eis gefüllte Vertiefung einerseits aufgrund des Standlichtes des PKWs und der Straßenlaterne erkennbar und andererseits ein Halt auf der Schotterstraße noch so weit vorhanden gewesen sei, um den Weg gefahrlos benützen zu können.
Tatsächlich sei die Unfallstelle keineswegs so ausgeleuchtet gewesen, dass eine Gefahr erkennbar gewesen wäre. Selbst wenn man dem Kläger unterstelle, er hätte die Vertiefung gekannt, so hätte er dennoch nicht damit rechnen müssen, dass sich aufgrund der – ihm nach seiner Rückkehr aus E* nicht bekannten Wetterverhältnisse – dort Wasser angesammelt habe, das zu Eis gefroren sei. Die Ausführungen zum „vorhandenen Halt“ auf der Schotterstraße seien unklar – es sei nicht erkennbar, ob das Erstgericht meine, dass er einen anderen Weg hätte einschlagen sollen oder dass er trotz der Eisfläche genügend Halt auf dem Untergrund gehabt hätte.
2.2.1 Für eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge genügt es nicht die "ersatzlose" Streichung einer Feststellung anzustreben; der Rechtsmittelwerber muss vielmehr auch angeben, welche Feststellungen er anstrebt und worauf sich diese stützen können (RS0041835, insb T3). 2.2.2 Die Einwände wären auch inhaltlich nicht erfolgreich gewesen. Nach den weiteren Feststellungen war dem Kläger die wetterbedingte Straßenglätte bekannt; diese war nicht nur Gesprächsinhalt, sondern auch der Hauptgrund, warum der gemeinsame Freund den Kläger und dessen Lebensgefährtin mit seinem Allrad-Pick-Up nach Hause fuhr. Hinsichtlich der Lichtverhältnisse ging das Erstgericht von einer ausreichenden Ausleuchtung der Unfallstelle durch die etwa sieben Meter entfernte Straßenlaterne und das Standlicht des PKWs aus (Urteil S. 4 und 10). Warum die Unfallstelle – auch ohne das Standlicht des PKWs – nicht bereits ausreichend durch die Straßenlaterne beleuchtet gewesen wäre, zeigt der Kläger in seiner Berufung nicht auf. Auch die bemängelte Unklarheit in der rechtlichen Beurteilung liegt nicht vor, wenn man die angefochtene Feststellung in den Gesamtzusammenhang stellt, wonach sich rund um die Vertiefung, die dem Kläger grundsätzlich bekannt war, von Fahrzeugreifen verdichteter und zusammengepresster Schnee, der sich zum Teil mit dem Schotteruntergrund vermischt hatte, befand, der auch Streusplitt enthielt und teilweise angefroren war. Man konnte an dieser Stelle mit einem frontbetriebenen Fahrzeug anstandslos bremsen, beschleunigen und manövrieren. Daraus ergibt sich, dass der Kläger am restlichen Weg außerhalb der nur kleinen Vertiefung ausreichenden Halt beim Gehen gehabt und den Schritt in die Vertiefung, trotz bekannter Straßenglätte, hätte vermeiden können.
2.3 Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung (§ 498 Abs 1 ZPO).
3. Rechtsrüge
3.1 Die Wegehaltereigenschaft der Beklagten steht hier außer Streit.
3.2 Der Halter eines Weges haftet den Benützern, wenn durch den mangelhaften Zustand ein Schaden herbeigeführt wird und dem Halter selbst oder seinen Leuten grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen ist. Ob der Zustand eines Weges mangelhaft ist, richtet sich danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist (§ 1319a Abs 1 und Abs 2 letzter Satz ABGB).
3.3 § 1319a ABGB begründet eine deliktische Haftung. Dem Geschädigten obliegt neben dem Beweis der Wegehalter- eigenschaft und des mangelhaften Zustands des Weges auch jener der groben Fahrlässigkeit (im objektiven Sinn) (RS0124486; RS0030171).
3.4 Welche Maßnahmen ein Wegehalter im Einzelnen zu ergreifen hat, richtet sich danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, seiner geografischen Situierung in der Natur und dem daraus resultierenden Maß seiner vernünftigerweise zu erwartenden Benutzung (Verkehrsbedürfnis), für seine Instandhaltung angemessen und nach objektiven Maßstäben zumutbar ist (RS0087607 [T6]; RS0030180; RS0087605; Danzl/Karner in KBB 7 § 1319a Rz 5 mwN).
3.5 Kleinen Gemeinden ist als Wegehalter weniger zuzumuten als großen. Generell wird aber der öffentlichen Hand, also auch Gemeinden, gegenüber der Allgemeinheit mehr Verantwortung aufgebürdet als Privaten (RS0053327 [T3, T4]).
3.6 Die Haftung der Beklagten scheitert hier schon an einer fehlenden Mangelhaftigkeit des Weges.
Der Unfall ereignete sich auf einer nicht befestigten Schotterstraße am äußersten Ortsrand einer kleinen ländlichen Gemeinde. Der Weg führt an Wohnhäusern vorbei bis zu einem angrenzenden Feld, was die Benutzung durch private und landwirtschaftliche Fahrzeuge umfasst.
Leichte Unebenheiten der Fahrbahnoberfläche, wie hier im Durchmesser von 40 cm und in einem stufenlos abfallenden Verlauf mit 5 cm an der tiefsten Stelle (Lichtbilder ./G), sind bei einer unbefestigten Schotterstraße zu erwarten, eine Mangelhaftigkeit des Weges ist damit nicht verbunden. Solche leichten Einbuchtungen, die durch Witterung und Befahren mit Kraftfahrzeugen unvermeidbar entstehen, sind für Schotterstraßen typisch. In dem festgestellten Rahmen besteht auch noch keine Pflicht der Beklagten, diesen üblichen Zustand durch Einebnung oder sonstige Maßnahmen zu beseitigen. Von grober Fahrlässigkeit kann im Falle der Unterlassung von Maßnahmen zur Reparatur einer solchen einzelnen, relativ kleinen Unebenheit auf einer Schotterstraße jedenfalls keine Rede sein.
3.7 Nicht einmal im städtischen Bereich darf bei asphaltierten Gehwegen eine „ballsaalähnliche“ Oberflächenstruktur erwartet werden (vgl 10 Ob 50/04g; 4 Ob 249/07g). Demnach wurden selbst dort etwa Niveauunterschiede von cirka 1,8 cm (10 Ob 22/06t) oder 2 bis 3 cm (7 Ob 49/73 = Immz 1973, 203) als geringfügig und unter Berücksichtigung der von Fußgängern zu fordernden Achtsamkeit als nicht haftungsbegründend beurteilt; ebenso eine 5 bis 6 cm hohe Asphaltbeule mit einem Durchmesser von etwa 15 cm (10 Ob 50/04g = MietSlg 56.197 mwN). Der Oberste Gerichtshof sprach überdies wiederholt aus, dass von jedem Fußgänger zu verlangen ist, „vor die Füße zu schauen". Diese Verpflichtung gilt sogar auf dem Gehsteig (RS0027447), daher umso mehr auf nicht befestigtem Terrain.
Nach den Feststellungen waren dem Kläger die dortige Unebenheit sowie die an diesem Abend herrschende Straßenglätte bekannt. Alleine diese Umstände hätten ihn dazu bewegen müssen, eine Gehstrecke im flachen Bereich des Weges anstatt bei der Abschrägung zu wählen.
3.8 Soweit der Kläger als Zusatzfeststellung begehrt, dass von D* am 2.12.2023 an der späteren Unfallstelle nicht, jedenfalls nicht ausreichend Splitt gestreut wurde, übersieht er, dass eine dazu gegenteilige Feststellung besteht. Wenn die Feststellung der Streuung keine Einschränkung enthält, ist von einer ausreichenden Streuung auszugehen.
Wenn zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (vgl RS0053317 [T1, T3]).
4. Der Berufung war damit ein Erfolg zu versagen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.
6. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO folgt der vom Kläger vorgenommenen unbedenklichen Bezifferung.
7. Die ordentliche Revision war gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil sich die Frage der Mangelhaftigkeit eines Weges im Sinn des § 1319a ABGB ebenso nach den konkreten Umständen des Einzelfalls bestimmt (3 Ob 47/19m [Rz 1.2]) wie der Umfang der Sorgfaltspflicht eines Wegehalters und die Beurteilung, ob eine auffallende Sorglosigkeit des Wegehalters vorliegt (vgl RS0087607; RS0087606).