JudikaturOLG Wien

4R174/24y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
27. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden, den Richter Mag. Falmbigl und den Kommerzialrat Mag. Veyder-Malberg in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch Dr. Karin Gmeiner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH (FN **), **, vertreten durch die Kuhn Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 64.000 samt Nebengebühren und Feststellung (Streitwert: EUR 5.100) über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 26. September 2024, GZ: **-49, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.785,52 (darin EUR 630,92 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Die Beklagte ist Betreiberin eines Krankenhauses, in dem die Klägerin am 27.3.2019 operiert und ihr eine Bandscheibenprothese eingesetzt wurde. Dabei kam es im Zuge des seitlichen Zugangs zur Wirbelsäule zu einer Nervenschädigung. Seither leidet die Klägerin an starken Nervenschmerzen und Gefühlsstörungen im linken Bein.

Bereits in den Jahren 2016 bis 2018 hatte die Klägerin drei Bandscheibenvorfälle erlitten. Da eine schwere Osteochondrose im Segment L3/4 vorlag und konservative Therapien nicht erfolgreich waren, war ein operatives Vorgehen grundsätzlich gerechtfertigt.

Grundsätzlich können bewegungserhaltende und bewegungseinschränkende („Versteifungsoperation“) Verfahren unterschieden werden. Je jünger ein Patient ist, umso stärker sind die Argumente für eine bewegungserhaltende Operation zu gewichten. Bei der Klägerin bestand neben der Bandscheibenabnützung auch eine leichte Skoliose, weshalb grundsätzlich eher ein versteifendes Verfahren indiziert war. Der Klägerin war es aber ein Anliegen mit einer bewegungserhaltenden Operationsmethode behandelt zu werden.

Die Klägerin ließ sich zunächst von einem Arzt in Deutschland beraten, der das Einsetzen einer Bandscheibenprothese empfahl. Da die Klägerin den Eingriff nicht privat zahlen wollte, holte sie weitere Erkundigungen ein und wurde an OA Dr. C* verwiesen. Dort äußerte sie den expliziten Wunsch nach dem Einsetzen einer Bandscheibenprothese. Dr. C* wies die Klägerin darauf hin, dass das Einsetzen einer Bandscheibenprothese nicht mehr als „state of the art“ angesehen werde und dass dieses Vorgehen aufgrund der Skoliose statisch schwierig sei. Der Goldstandard sei die Versteifung der Wirbelsäule. Dr. C* erläuterte der Klägerin die Vor- und Nachteile einer Versteifung der Wirbelsäule. Obwohl der Klägerin bewusst war, dass das Einsetzen einer Bandscheibenprothese nicht mehr „state of the art“ war, bestand sie aufgrund ihres jungen Alters und ihres Wunsches, ihre Beweglichkeit zu erhalten, auf dem Einsetzen einer Bandscheibenprothese.

Im Zuge der Vorbereitung der Operation hatte die Klägerin am 14.3.2019 ein ärztliches Aufklärungsgespräch, bei dem ein Aufklärungsbogen mit ihr durchgegangen wurde. Dieser lautete auszugsweise :

Haut-/Gewebe-/Nervenschäden durch die Lagerung und eingriffsbegleitende Maßnahmen (z.B. Einspritzungen. Desinfektionen, Laser, elektrischer Strom) sind selten. Mögliche, u.U. dauerhafte Folgen: Schmerzen, Entzündungen, Absterben von Gewebe, Narben sowie Empfindungs-, Funktionsstörungen, Lähmungen (z.B. der Gliedmaßen).

[...]

Verletzungen an der Rückenmarkshaut, an Nerven und an benachbarten Geweben und Organen (insbes. Bauchgefäße, Darm, Harnleiter, Harnblase) können auftreten. [...] Verletzungen der Nerven können Gefühlsstörungen, Lähmungen der Beine, der Blase, des Afterschließmuskels oder sexuelle Störungen zur Folge haben.

Dabei erklärte ein Arzt der Klägerin den Inhalt des Aufklärungsbogens in eigenen Worten. Hinsichtlich möglicher Nervenschäden sagte er, dass es bei der Operation zur Schädigung und Verletzung von Nerven kommen könne und dass die Operation in einem Bereich stattfinde, wo viele wichtige Nerven verlaufen. Bei diesen Nervenschäden könne es zu einem leichten Kribbeln bis zu sehr starken Nervenschmerzen, die therapiebedürftig seien und Folgeeingriffe nötig machen könnten, und im schlimmsten Fall zu Lähmungen kommen.

In manchen Spitälern wird bei der gegenständlichen Operation ein Nervenmonitoring eingesetzt. Dabei werden Elektroden in den Muskel gesetzt und es wird die Spannung

gemessen. Wird einer der Hauptnerven verletzt, ertönt ein Signal. Es entspricht jedoch dem medizinischen Standard die gegenständliche Operation ohne Nervenmonitoring durchzuführen. Der Einsatz eines Nervenmonitorings ist ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor, der allerdings auch Mehrkosten verursacht. Bei der Operation der Klägerin wurde kein Nervenmonitoring verwendet. Bei Einsatz eines Nervenmonitorings wäre der operierende Arzt bei Verletzung des Nervs der Klägerin gewarnt worden.

Grundsätzlich ist beim Eingriff ein Zugang zur Wirbelsäule von vorne oder von der Seite möglich. Beim Zugang von vorne ist das Risiko einer Nervenschädigung geringer, allerdings ist das Risiko von Gefäßverletzungen erhöht, weshalb beim vorderen Zugang die Operation mit einem Gefäßchirurgen durchgeführt werden sollte. Das konkret verwendete Implantat wies eine quer stehende Finne auf, weshalb es von der Seite in die Wirbelsäule einzubringen war. Der Zugang von der Seite war somit im konkreten Fall der Klägerin der einzig mögliche Zugang. Der Operateur, OA Dr. C*, setzte den Schnitt in der Flanke und wählte einen seitlichen Zugang zur Wirbelsäule von der linken Seite. Die Wahl des Zugangs von der Seite war richtig und stellt keinen Fehler des Operateurs dar.

Der Klägerin wurde dann auf Höhe des Segments L 3/4 eine Bandscheibenprothese eingesetzt. Die Bandscheibenprothese wurde richtig eingesetzt und weist einen regelrechten Implantatsitz auf. Das Ziel der Operation wurde erreicht, die Operation erfolgte lege artis.

Im Zuge des seitlichen Zugangs zur Wirbelsäule kam es zu einer Nervenschädigung, die eine typische, dem Operationsverfahren anhaftende Komplikationsmöglichkeit ist, ohne dass eine Fehlbehandlung oder eine postoperative Unterlassung erfolgt ist.

Hätte OA Dr. C* statt des Einsetzens der Bandscheibenprothese eine Versteifung der Wirbelsäule durchgeführt, dann hätte er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch den Zugang über die Seite gewählt.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von EUR 35.000 an Schmerzengeld und von EUR 29.000 an Verdienstentgang sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden. Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, ihr sei das Einsetzen eines beweglichen Elements empfohlen worden um Abnützungserscheinungen hintanzuhalten. OA Dr. C* habe sich auf diese Operation eingelassen, ohne ihr mitzuteilen, dass es aufgrund dieser Art der Operation allenfalls zu einem größeren Risiko kommen werde, und dass lege artis nur eine Versteifung in Frage komme. Ein intraoperatives Nervenmonitoring, das lege artis bei dieser Art von Operation unumgänglich sei, sei nicht erfolgt. Bei Durchführung des Monitorings wären die eingetretenen Schäden verhindert worden. Die Operation an sich sei nicht lege artis durchgeführt worden, weil sie nicht mehr „state of the art“ gewesen sei. Der operierende Arzt hätte von diesem Eingriff abraten müssen. Über das besondere Risiko, das sich bei der Klägerin verwirklicht habe, nämlich der Eintritt einer langwierigen bis dauerhaften Nervenschädigung, sei sie nicht aufgeklärt worden. Sie sei nicht darüber aufgeklärt worden mit welchen Nervenschädigungen zu rechnen sei und welche Schmerzen dabei auftreten würden. Wäre eine solche Aufklärung erfolgt, hätte sie sich gegen den Eingriff entschieden.

Die Beklagte entgegnete zusammengefasst, die von OA Dr. C* vorgeschlagene Versteifung der Wirbelsäule sei von der Klägerin abgelehnt worden und als Alternative die Implantation einer Bandscheibenprothese erörtert worden. Die Vor- und Nachteile dieser Behandlung seien mit der Klägerin eingehend und mehrfach besprochen worden. Auch über die Risiken und Komplikationen des Eingriffs, insbesondere über das Risiko von Nervenschäden, sei sie informiert und am 14.3.2019 in einem detaillierten Aufklärungsgespräch aufgeklärt worden. Die Klägerin habe sich in Kenntnis der Risiken für den Eingriff entschieden. Auch bei noch umfassenderer Aufklärung hätte sie in die Operation eingewilligt. Der operative Eingriff sei komplikationslos und lege artis erfolgt. Ein Nervenmonitoring sei nicht indiziert gewesen und hätte den Schadenseintritt nicht verhindern können.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es traf die auf den S 4 bis 8 der Urteilsausfertigung ersichtlichen, eingangs auszugsweise wiedergegebenen Feststellungen, auf die im Übrigen verwiesen wird.

In rechtlicher Hinsicht gelangte es zum Ergebnis, dass kein Behandlungsfehler vorliege. Das Einsetzen der Bandscheibenprothese sei lege artis erfolgt. Der seitliche Zugang zur Wirbelsäule sei die richtige Vorgehensweise nach den Regeln der ärztlichen Kunst gewesen. Der Einsatz eines Nerven-Monitorings wäre zwar ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor gewesen, aber auch eine Operation ohne Monitoring sei lege artis. Die Beklagte schulde der Klägerin eine Behandlung lege artis, nicht die beste mögliche Behandlung. Es entspreche dem medizinischen Standard, die gegenständliche Operation ohne Nervenmonitoring durchzuführen. Die angewendete Operationsmethode entspreche einer anerkannten Praxis und sei somit jedenfalls nicht fahrlässig ausgewählt worden. Zudem habe der Operateur die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die von ihr gewünschte Operation nicht „state of the art“ sei. Weiters hätte Dr. C* auch bei einer Versteifungsoperation den Zugang von der Seite gewählt, sodass die Nervenschädigung auch bei einer Versteifungsoperation auftreten hätte können.

Dr. C* habe die Klägerin lege artis über die Behandlungsmethoden aufgeklärt, weshalb die Klägerin eine informierte Entscheidung für die Bandscheibenprothese getroffen habe. Die Klägerin sei auch über die Operationsrisiken, unter anderem die Möglichkeit von Nervenschädigungen sowie Nervenläsionen, Taubheit und Lähmungen bis hin zur Querschnittslähmung aufgeklärt worden. Entgegen ihrem Vorbringen sei die Klägerin sehr wohl über die Möglichkeit starker Nervenschmerzen aufgeklärt worden, denn anders könne die Information nicht verstanden werden, dass es zu sehr starken, therapiebedürftigen Nervenschmerzen kommen könne, nicht verstanden werden. Der von der Klägerin gewünschte Hinweis, dass sie nach der Operation stärkere Schmerzen haben könnte als davor, habe in dieser Form nicht erteilt werden müssen. Auch die Aufklärung darüber, durch welchen konkreten Teilaspekt der Operation die Nervenschädigung verursacht werden könnte, etwa durch eingriffsbegleitende Maßnahmen, würde die ärztliche Aufklärungspflicht überspannen.

Da somit weder ein Behandlungs- noch ein Aufklärungsfehler vorliege, hafte die Beklagte nicht.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe; hilfsweise es aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

Vorweg ist festzuhalten, dass die Klägerin in ihrer Berufung die Berufungsgründe zwar formell getrennt ausführt, jedoch inhaltlich praktisch durchgehend Tatsachen- und Rechtsfragen vermengt. Sie verstößt damit gegen das Gebot, die Berufungsgründe getrennt darzulegen. Dies hat zufolge, dass allfällige Unklarheiten zu ihren Lasten gehen ( Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 471 ZPO Rz 17; RS0041761), und Ausführungen, die nicht hinreichend deutlich einem Rechtsmittelgrund zugeordnet werden können, unbeachtet zu bleiben haben ( Kodek aaO; RS0041851, RS0041768).

1. In ihrer Verfahrensrüge (Berufung Pkt. IV.)kritisiert die Klägerin, dass kein neurologisches Gutachten zur Intensität und Dauer ihrer Schmerzen eingeholt wurde. Entsprechende Feststellungen wären erforderlich, um klären zu können, ob die ärztliche Aufklärung ausreichend gewesen sei.

Ein primärer Verfahrensmangel iSd § 496 Abs 1 Z 2 ZPO liegt nur vor, wenn das Erstgericht infolge der Abstandnahme von beantragten Beweisaufnahmen andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt hat (vgl Pimmer in Fasching/Konecny 3 § 496 ZPO Rz 7). Hat das Erstgericht aber – wie hier – keine solchen Feststellungen getroffen, könnte im Unterlassen der Beweisaufnahme unter der Voraussetzung, dass die vermissten Tatsachenfeststellungen rechtlich relevant sind, nur eine – mit Rechtsrüge aufzugreifende - sekundäre Mangelhaftigkeit iSd § 496 Abs 1 Z 3 ZPO liegen (vgl Pimmer aaO Rz 55, 58). Ein primärer Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.

Der Übersichtlichkeit halber sei bereits an dieser Stelle gesagt, dass auch eine sekundäre Mangelhaftigkeit nicht verwirklicht ist. Die ärztliche Aufklärung soll nämlich den Patienten instand setzen, die Tragweite seiner Erklärung, in die Behandlung einzuwilligen, zu überschauen (RS0026413). Aufgabe der ärztlichen Aufklärung ist es, dem Patienten die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien zu liefern (RS0026413 [T3]). Damit die ärztliche Aufklärung ihren Zweck erreichen kann, muss sich deren Umfang nach den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Aufklärungsadressaten richten (RS0026413 [T11]). Aus diesem Zweck der ärztlichen Aufklärungspflicht folgt klar, dass sich ihr Inhalt und Umfang nach der konkreten Situation vor dem Eingriff zu richten hat. Welche Schmerzintensität und Dauer nach der Operation tatsächlich eingetreten ist, lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob die Aufklärung vor dem Eingriff ordnungsgemäß erfolgt ist.

2. Die Beweisrüge ist in weiten Teilen nicht gesetzmäßig ausgeführt:

2.1. Die Geltendmachung des Berufungsgrunds der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen Tatsachenfeststellung erfordert die bestimmte Angabe, a) welche konkreten Feststellungen der Rechtsmittelwerber angreift bzw durch welche Tatsachen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, b) weshalb diese Feststellungen Ergebnis einer unrichtigen Wertung der Beweisergebnisse sind, c) welche Tatsachenfeststellungen der Berufungswerber stattdessen anstrebt und d) aufgrund welcher Beweise diese anderen Feststellungen zu treffen gewesen wären (RS0041835). Die Ausführungen zur Beweisrüge müssen somit eindeutig erkennen lassen, aufgrund welcher Umwürdigung bestimmter Beweismittel welche vom angefochtenen Urteil abweichenden Feststellungen angestrebt werden (RS0041835 [T2]).

In der Berufung muss also zunächst deutlich gemacht werden, welche konkrete Tatsachenfeststellung, dh, welchen Satz des Erstgerichtes der Berufungswerber bekämpft (und „ersetzt“ wissen will). Der Sinn liegt darin, dass es nicht Aufgabe des Berufungsgerichtes ist, zu ermitteln, durch welche konkreten Feststellungen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet und welche Sachverhaltselemente nun mangels ausdrücklicher Bekämpfung unstrittig sind. Es ist daher notwendig, die bekämpfte Feststellung in ihrer vollen Länge oder allenfalls abgekürzt zu nennen ( Pochmarski/Tanczos/Kober , Berufung in der ZPO 4 174). Es ist weiters konkret darzulegen, welche Beweisergebnisse gegen welche vom Erstgericht getroffenen Feststellungen sprechen und welche begehrten Feststellungen genau welche der getroffenen ersetzen sollen (vgl OLG Wien 15 R 212/23s). Es ist auch nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, aus den bekämpften Feststellungen und den Ersatzfeststellungen mögliche Paare zu bilden und dazu passende Argumente der Beweisrüge herauszufiltern (OLG Wien 1 R 184/19i, 2 R 177/23y, 4 R 25/24m, 16 R 50/24a).

2.2. Die Berufung führt unter ihrem Punkt I. nominell den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aus. Allerdings enthält dieser Abschnitt (Pkte. I.4.1 bis I.4.3. der Berufung) ausführliche Kritik am Gutachten des Sachverständigen. Dieses sei inkonsistent, wobei zahlreiche einzelne Details aus dem Gutachten aufgegriffen und vermeintliche Unrichtigkeiten und Widersprüche bemängelt werden. Allein aufgrund der Aussagen des Sachverständigen in Verbindung mit den Aussagen des Zeugen OA Dr. C* hätte das Erstgericht „hinsichtlich des festgestellten Sachverhalts zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen müssen“. Damit verkennt die Berufung, dass Gegenstand der rechtlichen Beurteilung nicht die Aussagen des Sachverständigen und des Zeugen, sondern nur die vom Erstgericht auf deren Grundlage getroffenen Feststellungen sein können. Behauptete Fehler in der Würdigung der Beweisergebnisse wären, wenn sie zu unrichtigen Feststellungen geführt hätten, mittels Beweisrüge geltend zu machen. Tatsächlich verweist die Berufungswerberin auch in ihrer Beweisrüge auf diese Ausführungen. Allerdings bleibt insoweit unklar, welche exakten Feststellungen mit diesen Ausführungen bekämpft werden sollen und welche Ersatzfeststellungen daraus abzuleiten sein sollen. Eine Zuordnung der einzelnen beweiswürdigenden Überlegungen zu bestimmten Feststellungen lässt die Berufung nicht erkennen.

2.3. Zum Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung (Berufung Pkt. III.) verweist die Berufung anfangs auf ihre Ausführungen in der Rechtsrüge und meint weiter, das Erstgericht „ hätte nicht feststellen dürfen , dass die Operation lege artis erfolgt ist und das Nervenmonitoring nicht für eine lege-artis-Operation erforderlich war. Bei einer richtigen Beweiswürdigung [...] hätte es [...] feststellen müssen , dass

a. die Operation so nicht hätte durchgeführt werden dürfen, da die Operationsmethode veraltet war und/oder

b. die Operation nicht über einen seitlichen Zugang hätte erfolgen dürfen, sondern insbesondere auch wegen der Skoliose der Klägerin über einen mittigen Zugang erfolgen hätte müssen und dies zu keiner Nervenschädigung wie der Gegenständlichen geführt hätte und /oder

c. die Operation nicht ohne ein Nervenmonitoring hätte durchgeführt werden dürfen und daher

d. die Operation nicht lege-artis erfolgt ist.

Aus diesen Darlegungen ist schon nicht erkennbar, welche konkreten vom Erstgericht festgestellten Tatsachen die Berufungswerberin als unrichtig erachtet. Das Erstgericht hat zur Wahl der Operationsmethode, zum gewählten (seitlichen) Zugang sowie zur Verwendung eines Nerven-Monitorings jeweils absatzweise detaillierte Feststellungen getroffen. Eine pauschale Tatsachenfeststellung, die Operation wäre lege artis erfolgt, wurde hingegen nicht getroffen. Einzig zum Einsetzen und Sitz des Implantats, gibt das Erstgericht die Einschätzung, sie wäre lege artis erfolgt, wieder (UA S 7). Bei den offenbar gewünschten Ersatzfeststellungen handelt es sich in Wahrheit um in Feststellungsform formulierte (rechtliche) Schlussfolgerungen der Berufungswerberin. Insbesondere, wie die Operation (nicht) hätte ablaufen „dürfen“, ist in Wahrheit keine Tatsachenfeststellung, sondern das Ergebnis einer rechtlichen Beurteilung. Zuletzt wird aus den Ausführungen der Berufung insgesamt nicht ausreichend klar, welche Ersatzfeststellung an die Stelle welcher erstgerichtlichen Feststellung treten sollen und welche beweiswürdigenden Argumente, gerade für diesen Austausch im Einzelnen ins Treffen geführt werden.

Gleiches gilt für die offenbar begehrte Ersatzfeststellung, dass „die ärztliche Aufklärung über die Operationsrisiken unzureichend war“.

2.4. Hingegen können der Berufung zum Aufklärungsgespräch eine bekämpfte Feststellung, die zugehörige Ersatzfeststellung und eine darauf bezogene Argumentation entnommen werden.

Bekämpft wird offenkundig die Feststellung: „ Hinsichtlich möglicher Nervenschäden sagte Dr. D*, dass es bei der Operation zur Schädigung und Verletzung von Nerven kommen kann und dass die Operation in einem Bereich stattfindet, wo viele wichtige Nerven verlaufen. Bei diesen Nervenschäden kann es zu einem leichten Kribbeln bis zu sehr starken Nervenschmerzen, die therapiebedürftig sind und Folgeeingriffe möglich machen können und im schlimmsten Fall zu Lähmungen kommen. “ (UA S 6).

Stattdessen wird offenbar folgende Ersatzfeststellung begehrt: „ Über den Aufklärungsbogen hinaus erfolgten keine weiteren Aufklärungen, insbesondere keine weiteren Ausführungen zu Nervenschmerzen. “ (Berufung S 11)

Das Erstgericht stützte diese Feststellung auf die Aussagen des Zeugen Dr. D*. Dieser habe den Inhalt der Aufklärung am schriftlichen Aufklärungsbogen abgehakt und ergänzt. Er habe den Inhalt der Aufklärung ohne Zögern wiedergegeben. Da er häufig Aufklärungsgespräche geführt habe, sei anzunehmen, dass er stets ähnlich vorgegangen sei und ähnlich formuliert habe. Den entgegenstehenden Angaben der Klägerin, der Aufklärungsbogen wäre ihr nur „vorgelesen“ worden, folgte das Erstgericht nicht.

Gemäß § 272 ZPO ist der erkennende Richter bei der Bildung der Überzeugung, ob die für die Feststellung einer Tatsche notwendige Wahrscheinlichkeit vorliegt, frei, also an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden. Zum Wesen der freien Beweiswürdigung gehört auch, dass sich das Gericht für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (RS0043175). Das Berufungsgericht hat im Zuge der Beweisrüge nur zu prüfen, ob das Erstgericht die ihm vorliegenden Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat, nicht aber, ob seine Feststellungen mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen ( Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 482 ZPO Rz 6). Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ermöglicht hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Beweiswürdigung und der darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen führen (RS0043175; Rechberger in Fasching/Konecny 3 § 272 ZPO Rz 4f, 11). Die Beweisrüge muss vielmehr überzeugend darlegen, dass die getroffenen Feststellungen entweder zwingend unrichtig sind oder dass wenigstens bedeutend gewichtigere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (RI0100099).

Das gelingt der Berufung nicht. Zwar trifft es zu, dass der Zeuge Dr. D* keine Erinnerung mehr an das konkrete Aufklärungsgespräche hatte, was er auch unumwunden zugab und aufgrund der Vielzahl solcher Gespräche sowie des Zeitablaufs verständlich ist. Jedoch ist dem Erstgericht darin beizupflichten, dass der Zeuge unter Wahrheitspflicht anschaulich und nachvollziehbar ein standardisiertes Vorgehen darlegte und kein Grund besteht, warum er gerade im Fall der Klägerin davon abgewichen sein sollte. Gegen eine exakte Erinnerung der Klägerin spricht – wie ebenfalls bereits das Erstgericht ausgeführt hat – dass sich diese an die dokumentierte Anästhesie-Aufklärung vom selben Tag gar nicht erinnern konnte. Es mag stimmen, dass die Zeit um die Operation für die Klägerin einschneidend war, jedoch gab sie selbst an, den Aufklärungsbogen als „Beipackzettel, und das passt eh dann alles“ gesehen zu haben. Dass spricht wiederum für kein gesteigertes Interesse am Inhalt der Aufklärung. Nicht zuletzt erscheint es auch nicht recht lebensnah, dass der aufklärende Arzt den mehrseitigen Aufklärungsbogen wörtlich vorgelesen hätte. Insgesamt ist die Beweiswürdigung des Erstgerichts durch den Akteninhalt gedeckt und nicht zu beanstanden.

2.5. Das Berufungsgericht übernimmt somit insgesamt die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts und legt sie seiner weiteren rechtlichen Beurteilung zu Grunde (§ 498 Abs 1 ZPO).

3. Die Rechtsrüge ist nur insoweit gesetzmäßig ausgeführt, als sie strikt vom tatsächlich festgestellten Sachverhalt ausgeht (RS0043603, RS0043312).

3.1. Die Berufungswerberin argumentiert, ein Behandlungsfehler liege unter anderem deshalb vor, weil es sich beim Einsetzen einer Bandscheibenprothese um eine veraltete Behandlungsmethode gehandelt habe.

Dabei bezieht sich die Berufung vor allem auf den festgestellten Inhalt eines Beratungsgesprächs, in dem Dr. C* darauf hinwies, dass das Einsetzen einer Bandscheibenprothese als nicht mehr „state of the art“ angesehen werde und eine Wirbelsäulenversteifung als „Goldstandard“ bezeichnete (vgl UA S 5). Weder diesen Ausführungen, noch den (weiteren) Feststellungen des Erstgerichts ist jedoch zu entnehmen, dass es sich beim gewählten, bewegungserhaltenden Verfahren tatsächlich um eine - nach dem Stand der Wissenschaft - veraltete Methode gehandelt hätte. Vielmehr würden nach den Feststellungen bei jüngeren Patientinnen – wie der Klägerin – die Argumente für ein bewegungserhaltendes Vorgehen stark ins Gewicht fallen. Aufgrund der Skoliose wäre allerdings eher ein versteifendes Verfahren indiziert gewesen (vgl UA S 4).

Zur Aufklärungspflicht ist es ständige Rechtsprechung, dass der Arzt den Patienten, um ihm eine selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen, über mehrere zur Wahl stehende diagnostische oder therapeutische adäquate Verfahren informieren und das Für und Wider mit ihm abwägen muss, wenn jeweils unterschiedliche Risken entstehen können und der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat; eine solche Verpflichtung besteht gerade bei einem Unterschied im Risiko, den Folgen, vor allem aber in der Erfolgssicherheit und der Schmerzbelastung (RS0026462).

Der ärztliche Behandlungsvertrag ist ein im Gesetz nicht näher typisiertes Vertragsverhältnis, auf Grund dessen der Arzt dem Patienten eine fachgerechte, dem objektiven Standard des besonderen Fachs entsprechende Behandlung, nicht aber einen bestimmten Erfolg schuldet (RS0021335). Die im Rahmen eines Behandlungsvertrags bestehenden Pflichten eines Krankenanstaltenträgers gehen nicht so weit, dass der Krankenanstaltenträger eine vom Patienten gewünschte Behandlungsmethode auch dann anzubieten und durchzuführen hätte, wenn sie vom im Krankenhaus behandelnden Arzt nach seinem Wissen und seiner Erfahrung als nicht erfolgversprechend abgelehnt wird (RS0021335 [T3]). Der Arzt handelt nicht fahrlässig, wenn die von ihm gewählte Behandlungsmethode einer Praxis entspricht, die von angesehenen, mit dieser Methode vertrauten Medizinern anerkannt ist, selbst wenn ebenfalls kompetente Kollegen eine andere Methode bevorzugt hätten (vgl RS0026324). Eine Behandlungsmethode kann grundsätzlich so lange als fachgerecht angesehen werden, als sie von einer anerkannten Schule medizinischer Wissenschaft vertreten wird, es sei denn, ein gewichtiger Teil der medizinischen Wissenschaft und Praxis hält eine bislang akzeptierte Methode für bedenklich ( Nigl , Arzthaftung 5 Rz 385). Im Fall der Klägerin wäre zwar – auch nach Ansicht des behandelnden Arztes – eine Versteifung der Wirbelsäule „eher“ indiziert gewesen, jedoch bot auch die bewegungserhaltende Variante - gerade für die noch junge Klägerin - mögliche Vorteile. Nach entsprechender Aufklärung und Abwägung wünschte die Klägerin ausdrücklich das Einsetzen einer Bandscheibenprothese. Dass diese Methode nicht erfolgversprechend gewesen wäre, in Fachkreisen nicht mehr anerkannt gewesen wäre oder gar als bedenklich eingestuft worden wäre, lässt sich aus den Feststellungen nicht ableiten. Damit wurde unter ausdrücklicher Berücksichtigung des Wunsches der Klägerin eine fachgerechte Behandlungsmethode gewählt, deren Anwendung keinen Fahrlässigkeitsvorwurf begründet.

3.2. Einen weiteren Behandlungsfehler erblickt die Berufung darin, dass bei der Operation kein Nervenmonitoring verwendet wurde.

Dazu stellte das Erstgericht fest, dass in manchen Spitälern bei solchen Operationen ein Nervenmonitoring eingesetzt wird. Dies sei ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor. Es entspricht allerdings dem medizinischen Standard, die Operation ohne Nervenmonitoring durchzuführen (vgl UA S 7).

Soweit die Rechtsrüge der Klägerin diesen letzten Satz übergeht, bezieht sie sich nicht auf den (gesamten) festgestellten Sachverhalt und ist damit nicht dem Verfahrensrecht entsprechend ausgeführt.

Wie bereits dargelegt, schuldet der Arzt eine fachgerechte, dem objektiven Standard des besonderen Fachs entsprechende Behandlung, nicht aber einen bestimmten Erfolg (RS0021335). Ob dabei, wie von der Berufung gefordert, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen sind, ist eine Frage der anzuwendenden Sorgfalt. Ärzte haben nach § 1299 ABGB den Mangel der gewissenhaften Betreuung ihrer Patienten nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung zu vertreten, also jene Sorgfalt, die von einem ordentlichen und pflichtgetreuen Durchschnittsarzt in der konkreten Situation erwartet wird (RS0038202). Ein Verstoß gegen die Regeln der Medizin liegt vor, wenn die vom Arzt gewählte Maßnahme hinter dem in Fachkreisen anerkannten Standard zurückbleibt. Ein Arzt handelt fehlerhaft, wenn er das in Kreisen gewissenhafter und aufmerksamer Ärzte seines Faches vorausgesetzte Verhalten unterlässt, sodass eine schuldhafte Unterschreitung des geforderten Standards vorliegt ( Nigl , Arzthaftung 5 Rz 374; RS0113383).

Nach den maßgeblichen Feststellungen liegt eine solche Unterschreitung des in Fachkreisen anerkannten und geforderten Standards hier nicht vor. Vielmehr entspricht (auch) die Vornahme der Operation ohne Nerven-Monitoring dem medizinischen Standard. Demnach ist von einem ordentlicher und pflichtgetreuen Durchschnittsarzt nicht zu erwarten, den Eingriff jedenfalls nur mit Nerven-Monitoring durchzuführen. Das Erstgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass auch insofern kein Behandlungsfehler vorliegt.

Auch der Vorwurf, dass Erstgericht hätte seine rechtliche Beurteilung allein auf eine lapidare Aussage des Sachverständigengutachtens gestützt bzw sei (in seiner rechtlichen Beurteilung) dem Sachverständigen blind gefolgt, trifft nicht zu. Das Sachverständigengutachten diente – auch im konkreten Fall – unter anderem der Erforschung des maßgeblichen medizinischen Standards bzw der gebotenen Sorgfalt (vgl RS0132932). Zulässigerweise hat das Erstgericht daher auf Basis des Gutachtens entsprechende Feststellungen zum medizinischen Standard getroffen und anschließend unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechungsgrundsätze eine zutreffende rechtliche Beurteilung vorgenommen.

3.3. Laut Berufung soll die Aufklärung der Klägerin, entgegen der Beurteilung des Erstgerichts, nicht in ausreichendem Umfang erfolgt sein. Die Klägerin hätte über die konkrete Möglichkeit dauerhafter Schmerzen, über deren Heftigkeit, über die Art der Gefühlsstörungen und über daraus resultierende Einschränkungen im Alltag aufgeklärt werden müssen.

Die Patientin kann nur dann wirksam in eine medizinische Behandlung einwilligen, wenn sie über die Bedeutung des vorgesehenen Eingriffs und seine möglichen Folgen hinreichend aufgeklärt wurde (RS0026499, RS0038176). Die Aufklärungspflicht gilt vor allem bei Vorliegen einer typischen Gefahr. Diese Typizität ergibt sich nicht aus der Komplikationshäufigkeit sondern daraus, dass das Risiko speziell dem geplanten Eingriff anhaftet und auch bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier Durchführung nicht sicher vermeidbar ist (RS0026340). Auf typische Risiken einer Operation ist daher unabhängig von prozentmäßigen statischen Wahrscheinlichkeiten, also auch bei einer allfälligen Seltenheit ihres Eintritts, hinzuweisen (RS0026581). Nach dem dargestellten Zweck der Aufklärungspflicht versteht sich von selbst, dass sie auch die Darstellung der Schwere des Risikos umfasst, was gleichbedeutend ist mit einer Darstellung der Art der Gesundheitsbeeinträchtigung, die aus dem verwirklichten Risiko resultieren kann (5 Ob 290/08w). Der Umfang der Aufklärungspflicht bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Arzt muss nicht auf alle nur denkbaren Folgen der Behandlung hinweisen (RS0026529).

Nach diesen Grundsätzen wurde die Klägerin ausreichend über das Risiko von Nervenschädigungen aufgeklärt. Sie wurde darüber informiert, dass es zu sehr starken, therapiebedürftigen Nervenschmerzen kommen kann, und dass es zu Gefühlsstörungen bis hin zur Lähmung der Beine kommen könnte. Welche weiteren Informationen über die „Heftigkeit“ der Schmerzen und „Art der Gefühlsstörungen“ erforderlich sein sollten, lässt sich auch der Berufung nicht entnehmen.

Hat der behandelnde Arzt über eine typische Gefahr aufgeklärt, so hat er damit dem Zweck der Aufklärungspflicht, seinem Patienten die Tragweite des Eingriffs zu verdeutlichen, um ihm ausreichende Entscheidungsgrundlagen für oder gegen die Behandlung zu geben, Genüge getan. Eine konkrete Aufklärung über allfällige Folgebehandlungen im Fall der Verwirklichung des Risikos ist aber nicht zu verlangen (vgl 5 Ob 290/08w). Wollte man nicht nur die Aufklärung über typische Operationsrisiken verlangen, sondern jeweils auch Hinweise auf typische Komplikationen bei Verwirklichung solcher Risiken fordern, würde dies die Aufklärungspflicht in unvertretbarer Weise ausdehnen ( Nigl , Arzthaftung 5 Rz 333).

In diesem Sinn würde auch die Darstellung der aus dem Risikoeintritt folgenden, konkreten Einschränkungen des Alltags die Möglichkeiten und Anforderungen an die Aufklärungspflicht überspannen.

Mit ihren Ausführungen, die Klägerin wäre nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Operation veraltet sei, und dass ein seitlicher Zugang ein höheres Risiko berge als ein mittiger Zugang, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Dass die Operationsmethode veraltet gewesen wäre, steht nicht fest. Ebensowenig steht fest, dass ein mittiger Zugang möglich gewesen und generell mit weniger Risiko behaftet gewesen wäre. Vielmehr war der Zugang von der Seite im konkreten Fall der einzig mögliche Zugang und wurde unter anderem auch gewählt um das mit einem mittigen Zugang verbundene Risiko von Gefäßverletzungen zu vermeiden. Die Aufklärungsanforderungen dürfen nicht überspannt werden (RS0026362 [T1]). Es war daher nicht erforderlich die Klägerin über einen einzelnen Operationsschritt, wie den gewählten Zugang zur Wirbelsäule, gesondert aufzuklären, zumal im konkreten Fall auch keine wirkliche Wahlmöglichkeit bestand. Eine Risikoaufklärung über eine möglich Nervenschädigung ist ohnehin erfolgt. Bei welchem exakten Schritt der Operation dieses Risiko eintreten könnte, steht für den Patienten in der Regel nicht im Vordergrund und hat auf seine Entscheidung über die Einwilligung keine Bedeutung.

3.4. Aufgrund dieser Rechtslage liegen auch die von der Berufung monierten Feststellungsmängel (Berufung Pkt. II.) nicht vor. Feststellungen über die tatsächlich eingetretenen Schmerzen und Beeinträchtigungen, sind für die Beurteilung des Aufklärungspflicht nicht relevant (vgl auch oben 1.). Es bestand keine Verpflichtung, die Klägerin - über die festgestellte Aufklärung hinaus - noch gesondert über ein „erhöhtes Risiko durch einen seitlichen Zugang“ zu informieren. Hinsichtlich des Einsatzes des Nervenmonitorings hat das Erstgericht ausreichende und abschließende Feststellungen getroffen, mögen sie auch nicht den Vorstellungen der Berufungswerberin entsprechen.

4. Insgesamt war damit der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Allerdings gebührt nach § 23 Abs 9 RATG nur der dreifache Einheitssatz.

Der Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO beruht auf dem Fehlen einer wesentlichen Rechtsfrage mit über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RS0038202 [T13], RS0026529 [T30]).