4R74/25a – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei DI A* , vertreten durch Dr. Cornelia Sprung, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, wider die beklagte Partei B* , vertreten durch Dr. Stefan Gloyer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen (ausgedehnt) EUR 34.186,37 s.A. und Feststellung (Streitwert EUR 2.500,00), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse: EUR 36.686,37) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 8.4.2025, **-79, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
1) Der Berufung wird keine Folge gegeben.
2) Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Handen des Beklagtenvertreters die mit EUR 3.663,72 (darin EUR 610,62 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
3) Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 9.2.2022 kam es zwischen den Streitteilen zu einem Skiunfall, bei dem der Kläger verletzt wurde.
Mit der Behauptung, der Beklagte habe für das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls einzustehen, begehrte der Kläger den Zuspruch von ausgedehnt EUR 34.186,37 samt 4 % Zinsen aus EUR 24.165,37 von 23.8.2022 bis 17.4.2023 und aus EUR 34.186,37 ab 18.4.2023 sowie die mit EUR 2.500,00 bewertete Feststellung, dass der Beklagte ihm gegenüber für alle „gegenwärtigen und zukünftigen Schäden“, die aus dem Skiunfall vom 9.2.2022 resultierten, zu haften habe. Zum Grund des Anspruchs brachte der Kläger vor, der Beklagte sei im Zuge eines Rechtsschwungs in die Fahrlinie des Klägers geraten und anschließend von hinten gegen dessen linke Körperseite geprallt, wodurch der Kläger zu Sturz gekommen sei und sich verletzt habe.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Soweit für die Berufungsentscheidung von Relevanz brachte er vor, er habe am Ende eines Rechtsschwungs im rechten Augenwinkel eine Person bemerkt, die sich ihm von rechts oben genähert habe. Unmittelbar darauf hätten sich die Streitteile im Bereich ihrer Skier berührt, wodurch der Kläger gestürzt und schließlich einige Meter weiter talwärts zu liegen gekommen sei. Das Alleinverschulden treffe den Kläger, weil dieser gegen die FIS-Regeln Nr. 2 und 3 sowie § 5 POE verstoßen habe.
Das Erstgericht wies den begehrten Hauptsachenbetrag samt 4 % Zinsen seit 23.8.2022 sowie das Feststellungsbegehren ab. Dabei ging es von den auf US 5 bis 7 getroffenen Feststellungen aus, von denen zum besseren Verständnis der Rechtsmittelentscheidung folgendes Tatsachensubstrat hervorgehoben wird, das im Umfang der Beweisrüge des Klägers in Fettdruck verdeutlicht wird:
„Der Unfall ereignete sich im zunehmend technisch anspruchsvoller werdenden Schlusshang der Piste Nr. [...], welche eine Neigung von ca. 26 Grad hat. Die bereits aus großer Distanz einsichtige Unfallgegend liegt deutlich unterhalb des flacheren Bereiches, in welchem die Abfahrt in Richtung Falllinienbereich eindreht.
(A) Die Piste war zum Zeitpunkt des Unfalls schwach frequentiert.
Die Pistenbreite beträgt im Bereich der Unfallgegend ca. 64 m. [...]
Der Kläger ist ein guter routinierter Skifahrer und kennt das Skigebiet bestens [...]. Der Beklagte ist ein fortgeschrittener Skifahrer.
Der genaue Unfallort auf der Piste im Schlusshang kann nicht festgestellt werden.
(B) Die beiden Streitteile fuhren jeweils mit mittlerer Geschwindigkeit den Hang hinab, wobei der zügig abfahrende Kläger engere Schwünge fuhr und ca. 5,5 m Pistenverbrauch hatte. Der Beklagte fuhr in moderater Geschwindigkeit weitere Schwünge und hatte einen Pistenverbrauch von ca. 14 m.
(C) Der mittig der Piste abfahrende Kläger nahm den Beklagten vor der Kollision am linken Pistenrand wahr und bemerkte im weiteren Verlauf, dass er und der Beklagte sich mehr und mehr annäherten. Er wunderte sich noch, wie nahe der Beklagte ihm kam und dass dieser nicht abdreht.
(D) Aufgrund der merkbar unterschiedliche Bogenlängen [...] hat der Kläger auch bei annähernd gleichem Tempo der Streitteile den Tiefenabstand zum Beklagten sukzessive verkürzt.
Da der Kläger mittig der Piste unterwegs war, musste er im Schlusshang seine Hauptfahrlinie wegen des talseitig rechts immer weiter nach links hereinführenden Pistenrands […] kontinuierlich nach links verlagern, um weiterhin im Falllinienbereich abfahren zu können. Bei gleichbleibenden Schwungformen / Tempi näherten sich die Hauptfahrlinien der Streitteile daher im spitzen Winkel immer mehr an.
(E) Der Kläger hätte den Unfall vermeiden können, wenn er, nachdem er den Beklagten bemerkt hatte, nach talseitig rechts ausgewichen wäre.
Der Beklagte bemerkte den Kläger erst unmittelbar vor der Kollision. Der Kläger kollidierte in der Folge mit dem Beklagten, wobei nur Ersterer zu Sturz kam.“
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Anwendbarkeit von materiellem österreichischen Recht. Da der Kläger den Beklagten bereits vor der Kollision wahrgenommen habe und er den Zusammenprall durch einen Ausweichschwung leicht vermeiden hätte können, treffe den Kläger das Alleinverschulden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Berufung des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung, in eventu auf Basis einer Verschuldensteilung von 1:1. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nicht öffentlicher Sitzung entschieden werden kann, ist nicht berechtigt.
1. Zur Beweisrüge
1.1 Die bekämpften Feststellungen (A) bis (E) will der Kläger wie folgt ersetzt wissen:
für (A): „Die Piste war zum Zeitpunkt des Unfalls gar nicht frequentiert.“
für (B und D): „Aufgrund der unterschiedlichen Bogenlängen hat der Beklagte auch bei annähernd gleichem Tempo der Streitteile den Tiefenabstand und den Seitenabstand zum Kläger sukzessive verkürzt, indem der Beklagte seine Hauptfahrlinie vom linken Pistenrand zur Mitte hin nach rechts verlagert hat. Der Kläger hatte keinen Grund, seine über die gesamte Piste mittig in Einem in engen Schwüngen durchgefahrene Fahrlinie ausgerechnet vor der Kollision nach links zu verlassen.“
für (C): „Der mittig der Piste abfahrende Kläger nahm den Beklagten lange vor der Kollision am linken Pistenrand wahr, und zwar über ca. die Hälfte der 64 m breiten Piste, was ein Wahrnehmen des Beklagten aus einer Entfernung von 30m entspricht. Der Kläger wunderte sich noch, wie nahe der Beklagte ihm vor der Kollision kam und dass dieser nicht abdreht.“
für (E): „Der Beklagte hätte den Unfall vermeiden können, wenn er, nachdem er den Kläger bemerkt hatte, nach talseitig links ausgewichen wäre.“
1.2 Eventualiter begehrt der Kläger folgende Ersatzfeststellungen:
„Es kann nicht festgestellt werden, wo sich genau die Kollision bzw die Unfallstelle befand, ebenso kann nicht festgestellt werden, welcher der beiden Streitteile den Tiefenabstand des jeweils anderen verkürzte und schließlich kann nicht festgestellt werden, wer von den Streitteilen der Voranfahrende war und mit welcher Geschwindigkeit die Streitteile den Steilhang im Unfallbereich hinabfuhren. Im Übrigen kann auch nicht festgestellt werden, wer von den Streitteilen seine Hauptfahrlinie verlagert hat, was letztlich zur Kollision führte.“
Hierzu ist auszuführen:
1.3Ob die Piste schwach oder gar nicht frequentiert war, ist nicht entscheidungswesentlich. Maßgeblich ist das Fahrverhalten der Streitteile, die den zur Unfallstelle führenden Hang unstrittigerweise in etwa zeitgleich befuhren. In diesem Punkt erübrigt sich ein Eingehen auf die Beweisrüge (RS0043190). Nur der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass die Feststellung (A) schon deshalb nicht zu beanstanden ist, weil der Kläger anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme zu Protokoll gab, dass „ auf der Piste wenig los war “. Dass das Erstgericht den Feststellungen (unter anderem) diese Aussage des Klägers zu Grunde legte, obwohl der Kläger im Prozess aussagte, dass „ auf der Piste gar nichts los war “ (ON 30, Seite 2), ist im Rahmen der dem Erstgericht zukommenden freien Beweiswürdigung jedenfalls nicht zu beanstanden.
1.4 Der aus der Ersatzfeststellung (C) gewünschte Sachverhalt wurde vom Erstgericht ohnedies festgestellt. Es steht nämlich unbekämpft fest, dass die Piste „im Bereich der Unfallgegend“ 64 m breit war, der Kläger ca. mittig und der Beklagte (jedenfalls ursprünglich) entlang des linken Pistenrands fuhr. Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass der Kläger den Beklagten ca. aus 30 m Entfernung sehen konnte. Inwieweit die vom Kläger gewünschte Konkretisierung, dass er den Beklagten „lange“ vor der Kollision wahrnahm, in rechtlicher Hinsicht geeignet ist, ein für den Kläger günstigeres Ergebnis herbeizuführen, ist nicht erkennbar. Außerdem folgt aus den erstgerichtlichen Feststellungen mit hinreichender Klarheit, dass der Kläger den Beklagten nicht nur unmittelbar vor der Kollision, sondern über einen längeren Zeitraum wahrnahm, bis es zur Kollision kam.
1.5 Die Feststellung, dass der Beklagte den Kläger „ erst unmittelbar“ vor der Kollision wahrnahm, blieb - jedenfalls im Rahmen der Beweisrüge - unbekämpft. Die für (E) begehrte Ersatzfeststellung würde somit zu widersprüchlichen Feststellungen führen, welche einen rechtlichen Feststellungsmangel begründen und eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ermöglichen (RS0043182; RS0042744).
1.6 Die Berufungsausführungen sind auch nicht geeignet, begründete Bedenken gegen die Feststellungen (B) und (D) zu wecken. Wie es technisch möglich sein sollte, dass der Beklagte den Tiefenabstand zum Kläger verringerte, obwohl er mit größeren Schwungradien und etwa gleich hoher Geschwindigkeit wie der Kläger unterwegs war, ist nicht nachvollziehbar. Bei den von der Beweisrüge unterstellten Prämissen musste der Beklagte eine (deutlich) längere Wegstrecke durchfahren, sodass er bei Einhaltung einer annähernd gleichen Geschwindigkeit vielleicht den Seitenabstand, nicht aber den Tiefenabstand zum Kläger verringern konnte. Dies folgt auch eindeutig aus den anschaulichen Skizzen, die der skitechnische Sachverständige in diesem Zusammenhang in sein Gutachten aufnahm. Selbst nach den Berufungsausführungen ergibt sich aus den unterschiedlichen „Schwunglängen“, dass die vom Kläger zurückgelegte Wegstrecke im Vergleich zu jener des Beklagten geradliniger und damit kürzer war.
1.6.1 Das Erstgericht stützte die Feststellungen (B) und (C) auf das skitechnische Gutachten, dem es Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit beimaß. Tatsächlich führte der Sachverständige aus, dass die Angaben des Klägers aus technischer Sicht nicht möglich seien. Wenn der Kläger - wie von der Berufung unterstellt - in engen Bögen mit einem talwärts ausgerichteten Blick abfuhr, und sich der Beklagte in Annäherung an die spätere Unfallstelle noch weiter bergwärts als der Kläger befunden haben sollte, hätte der Kläger den Beklagten nicht sehen können. Selbst die Berufung verweist aber wiederholt darauf, dass der Kläger den Beklagten (sogar lange!) vor der Kollision wahrnahm. Warum die lebensnahe gutachterliche Aussage, auf die sich das Erstgericht stützte, nicht richtig sein soll, vermag die Berufung nicht nachvollziehbar aufzuzeigen. Die erstgerichtliche Beweiswürdigung, wonach der Beklagte in Annäherung an die spätere Unfallstelle jedenfalls mehrere Sekunden vor dem späteren Sturzgeschehen der weiter talwärts fahrende Skifahrer war, ist damit nicht zu beanstanden.
1.6.2Die weiteren Ausführungen, der Beklagte habe seine Hauptfahrlinie geändert, vermögen den Berufungsstandpunkt bereits aus rechtlichen Aspekten nicht zu stützen. Das Skifahren ist nämlich von einer - unter Berücksichtigung der in den FIS-Regeln zum Ausdruck kommenden Sorgfaltsanforderungen - freien Linienwahl mit kürzeren und längeren Schwüngen gekennzeichnet. Das Fahren in einem „Fahrkanal“ entspricht somit nicht der Spezifik dieser Sportart, ganz abgesehen davon, dass viele - insbesondere weniger geübte - Skifahrer technisch gar nicht in der Lage sind, einen spezifischen „Fahrkanal“ beizubehalten oder bei dessen Verlassen entsprechende zusätzliche Beobachtungspflichten einzuhalten. Der Vorrang des vorderen, langsameren Fahrers ist eine klar erkennbare, der Natur des Skilaufs entsprechende und allgemein anerkannte Verhaltensregel (RS0023404). Wer die Piste nicht quert, ist nicht verpflichtet die Piste auch nach oben zu beobachten und auf von oben kommende Skiläufer Rücksicht zu nehmen; ein Fahren in langgezogenen Schwüngen ist dabei einem Queren der Piste nicht gleichzuhalten (8 Ob 125/24a; RS0023521 [insb T3]).
1.6.3 Abgesehen davon entfernen sich die in der Berufung zur Fahrlinie des Beklagten angestellten Überlegungen von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen. Demnach blieb unklar, wo sich - in Bezug auf die Pistenbreite - der Unfall ereignete. Bereits deshalb kann der Beweisrüge kein Erfolg zukommen, weil die begehrten Ersatzfeststellungen von einer Kollision im Bereich der Pistenmitte ausgehen. Außerdem steht unbekämpft fest, dass es der zunächst in der Pistenmitte fahrende Kläger war, der seine Fahrlinie kontinuierlich nach links verlagerte und sohin seine Fahrtrichtung änderte.
1.7Ungeachtet des Umstands, dass der erstgerichtlichen Beweiswürdigung keine vom Berufungsgericht aufzugreifende Bedenken begegnen (RI0100099), wäre für den Standpunkt des Klägers auch durch die eventualiter angestrebten Negativfeststellungen nichts gewonnen. Auf deren Basis bliebe nämlich offen, ob und wenn ja für welchen Sorgfaltsverstoß der Beklagte einzustehen hat. Die Beweislast dafür, dass der Beklagte den Skiunfall rechtswidrig und schuldhaft verursachte, trifft aber den Kläger, weswegen sich die begehrten Negativfeststellungen zu seinen Lasten auswirken würden. Die Behauptungs- und Beweislast für Tatumstände, aus denen ein die Haftung begründendes Verschulden des Schädigers an der Zufügung eines Schadens abgeleitet wird, trifft nämlich denjenigen, der seinen Anspruch darauf stützt, hier also den Kläger (RS0037797 [T27 und T45]; RS0022783).
1.8 Im Ergebnis kann der Beweisrüge somit kein Erfolg zukommen. Vielmehr ist die rechtliche Beurteilung auf Basis der vom Erstgericht geschaffenen Sachverhaltsgrundlage vorzunehmen.
2. Zur Rechtsrüge
2.1Die schon vom Erstgericht begründete Anwendung österreichischen Sachrechts nach Art 4 Abs 1 Rom II-VO ist im Berufungsverfahren (zu Recht) nicht strittig (vgl RS0040169 ; RS0108114).
2.2Das vom Erstgericht abgewiesene Zinsenbegehren übersteigt das begehrte Zinsenbegehren. Dies schadet aber nicht. Wird das Urteilsbegehren im abweisenden Spruch des Gerichts überschritten, liegt kein Verstoß gegen § 405 ZPO vor; der bezügliche fehlerhafte Spruch geht ins Leere (RS0041130).
2.3Die Rechtsrüge vermeint zunächst, das Erstgericht habe mit der Feststellung (E) gegen die Bestimmung des § 272 ZPO verwiesen. Mit diesem Standpunkt entfernt sich der Berufungswerber vom festgestellten Sachverhalt, weswegen die Rechtsrüge in diesem Umfang nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RS0043312; RS0043603). Als Beweisrüge kann dieser Teil des Rechtsmittels nicht gewertet werden, weil sich daraus nicht ergibt, welche Ersatzfeststellung vom Kläger in diesem Zusammenhang begehrt wird.
2.4 Weiters argumentiert die Berufung, aus der Feststellung (E), derzufolge der Beklagte den Kläger erst unmittelbar vor der Kollision wahrgenommen habe, ergebe sich klar, dass der Beklagte nicht auf Sicht gefahren sei. Dem kann nicht beigepflichtet werden:
2.4.1Richtig ist zwar, dass die Verpflichtung, auf Sicht zu fahren, nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch bei der Ausübung diverser Sportarten, wie etwa dem Skifahren gilt (RS0023686).
2.4.2Allerdings verlangt das Fahren auf Sicht, dass der Skifahrer den vor ihm liegenden Pistenbereich beobachtet und seine Fahrgeschwindigkeit an die ihm nach vorne bietenden Sichtverhältnisse anpasst. Nach den Feststellungen befand sich der Beklagte in Annäherung an den späteren Kollisionsbereich aber unterhalb des Klägers. Er hätte den oberhalb befindlichen Kläger somit nur sehen können, wenn er seinen Kopf um mehr als 45 Grad nach links oder rechts verdreht hätte. Zu einem solchen Verhalten wäre der Beklagte aber nur bei Erkennbarkeit einer besonderen Gefahrensituation verpflichtet gewesen (8 Ob 125/24a; 10 Ob 21/23w). Davon, dass der Beklagte den in kurzen Schwüngen mit mittlerer Geschwindigkeit abfahrenden Kläger als solche Gefahr erkennen hätte müssen, kann nach den Feststellungen nicht ausgegangen werden. Vielmehr durfte der Beklagte darauf vertrauen, dass ihm nachfolgende, schneller abfahrende Skifahrer die FIS-Regeln einhalten und demzufolge eine Fahrlinie wählen, die den Beklagten nicht gefährdet (RS0023645; RS0023793; RS0023410 [T2]). Dass der Kläger seinerseits als nachfolgender Pistenbenützer nicht darauf vertrauen durfte, dass der Beklagte seine Fahrlinie nicht ändert, wurde bereits dargelegt. Abgesehen davon ist abermals darauf hinzuweisen, dass nach den Feststellungen gar nicht von einer Richtungsänderung des Beklagten ausgegangen werden kann, sodass sich die Rechtsrüge abermals von der maßgeblichen erstgerichtlichen Sachverhaltsgrundlage entfernt.
2.5 Auch die behaupteten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor.
2.5.1 Nach der Ansicht des Klägers hätte das Erstgericht einerseits feststellen müssen, dass der Beklagte die Kollision verhindern hätte können, wenn er auf Sicht gefahren und rechtzeitig eine Schwungausfahrt nach links gemacht hätte. Ob der Beklagte unfallvermeidend reagieren hätte müssen, kann bereits deshalb dahingestellt bleiben, weil der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren keinen Reaktionsverzug des Beklagten relevierte.
2.5.2Andererseits hätte das Gericht noch feststellen müssen, dass der Kläger im Bereich der rechten Schulter 5 Monate lang Funktionseinbußen gehabt habe. Beispielsweise habe er den Dartsport nicht oder nur eingeschränkt ausüben können. Da das Klagebegehren dem Grunde nach nicht zu Recht besteht, weil dem Kläger der ihm obliegende Rechtswidrigkeits- und Verschuldensbeweis nicht gelang, kann selbst dann, wenn zur Höhe des Klagebegehrens tatsächlich Feststellungen fehlen sollten, kein sekundärer Feststellungsmangel vorliegen (RS0053317).
2.6 Im Ergebnis kommt damit auch der Rechtsrüge keine Berechtigung zu.
3. Aufgrund der Erfolglosigkeit der Berufung ist der Kläger verpflichtet, dem Beklagten die (geringfügig überhöht verzeichneten) Kosten der Berufungsbeantwortung und somit einen Betrag von EUR 3.663,72 (darin EUR 610,62 an USt) zu ersetzen.
4.Eine Bewertung des Feststellungsbegehrens ist nicht erforderlich, weil bereits das Leistungsbegehren die Schwelle von EUR 30.000,00 übersteigt (RS0042277; G. Kodek in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 500 ZPO Rz 7).
5.Im Wesentlichen waren Beweisfragen zu lösen, die nicht revisibel sind (RS0069246). Die zu lösenden Rechtsfragen weisen keine über den Einzelfall hinausgehende Qualität im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Damit war auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Oberlandesgericht Innsbruck
Abteilung 4, am 18.6.2025
Dr. Barbara Prantl, Senatspräsidentin