JudikaturOGH

8ObA4/25h – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann Prentner als Vorsitzende die Hofräte MMag. Matzka und Mag. Dr. Sengstschmid sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Sabrina Klauser (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Starecek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I* N*, vertreten durch Mag. Raimund Hofmann, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei S*, vertreten durch Dr. Alice Gao Galler, Rechtsanwältin in Wien, wegen 49.138,61 EUR und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 19. Dezember 2024, GZ 9 Ra 91/24d 157, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Eine Aktenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde. Erwägungen der Tatsacheninstanzen, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen oder bestimmte Feststellungen nicht getroffen werden können, fallen in das Gebiet der Beweiswürdigung ( RS0043347 ; RS0043298 ; RS0043256 ; RS0043277 ; RS0043397 ; RS0043203 ;RS0043189; RS0043421 ; RS0043324 ; RS0007251 ). Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil die Vorinstanzen Schlussfolgerungen aus dem Sachverständigengutachten gezogen haben.

[2] 2. Eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden ( RS0043371 [insb T5, T22]). Das Berufungsgericht hat sich mit der Beweisrüge befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt. Die Erledigung der Beweisrüge ist daher mangelfrei ( RS0043150 ).

[3] 3. Für Mobbing ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung oder Ähnliches ( RS0124076 [T2]). Entgegen den Ausführungen in der Revision wurden die einzelnen als Mobbing gewerteten Handlungen konkret und detailliert festgestellt. Die Einschätzung der Vorinstanzen, dass der Sachverhalt für die Annahme von Mobbing im Sinne der genannten Judikatur ausreicht, ist jedenfalls vertretbar, sodass aus dieser Einzelfallbeurteilung keine erhebliche Rechtsfrage abgeleitet werden kann ( RS0124076 [T4]).

[4]4. Zu insbesondere in Kollektivveträgen enthaltenen Regelungen, wonach an die Gesamtbeurteilung in einer oder mehreren Dienstbeschreibungen Rechtsfolgen in Bezug auf die Besoldung (Vorrückung), den Kündigungsschutz oder die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geknüpft werden, entspricht es der ständigen Judikatur, dass eine Anfechtung oder Bekämpfung einer Dienstbeschreibung losgelöst von der Geltendmachung eines hiervon berührten Anspruchs nicht in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang wird in der Rechtsprechung darauf verwiesen, dass es sich bei einer Dienstbeschreibung um eine vom Dienstgeber nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmende Beurteilung des Verwendungserfolgs bzw der Leistung des Angestellten handelt, weshalb auch bei der Beurteilung eines hiervon berührten Anspruchs nur sittenwidrige (§ 879 ABGB), denkgesetzwidrige oder unschlüssige Begründungen einer Gesamtbeschreibung der gerichtlichen Überprüfung unterliegen ( RS0109205 ). Eine solche qualifizierte Unrichtigkeit ist aber auch bei einem sittenwidrigen Motiv anzunehmen (9 ObA 89/01f).

[5] Nach dem festgestellten Sachverhalt war die Vorgangsweise der Stationsleiterin ab Juli 2019 von dem Ziel bestimmt, die Klägerin von ihrem Arbeitsplatz zu entfernen; dabei wurde diese unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin vom Pflegedirektor und der Pflegebereichsleiterin unterstützt. Mit der inhaltlich unrichtigen „Mitarbeiter/innenbeurteilung“ wurde dieses Ziel durch die Stationsleiterin erreicht, weil die Klägerin durch die vernichtende Beurteilung einen Schock erlitt und am nächsten Arbeitstag in Krankenstand ging.

[6] Da die unrichtige Beschreibung demnach als Teil der Mobbinghandlungen auf einem sittenwidrigen Motiv beruhte, kann von einer zulässigen Dienstbeurteilung keine Rede sein. Damit kommt der Frage keine Relevanz zu, ob die Rechtsrüge in der Berufung, die auf die vorgenannte Judikatur verwies, in diesem Punkt gesetzmäßig ausgeführt war.

[7] 5. Soweit die Revision Feststellungen zum gebotenen Verhalten des Pflegedirektors vermisst, ist sie darauf zu verweisen, dass dieser nach dem Sachverhalt teilweise aktiv an den Mobbinghandlungen teilgenommen hat. Die Behauptungslast dafür, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre, trifft den Schädiger ( RS0027364 [T25, T26]). Die Beklagte hat kein derartiges Vorbringen erstattet und auch im Hinblick auf die Unterlassungen des Pflegedirektors die Kausalität in erster Instanz nicht in Zweifel gezogen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist daher auch insofern vertretbar.

[8]Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).