JudikaturJustiz8Ob44/17d

8Ob44/17d – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin B*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Kaan Cronenberg Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die Antragsgegnerin Bau***** GmbH, *****, vertreten durch die Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, sowie die weiteren Beteiligten 1) M***** GmbH, *****, vertreten durch die Stingl Dieter Rechtsanwälte OG in Graz, und 2) S***** GmbH, *****, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Beweissicherung, über den Revisionsrekurs der Erstbeteiligten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 2. März 2017, GZ 3 R 165/16f 54, berichtigt durch den Beschluss vom 2. März 2017, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Erstbeteiligte ist schuldig, der Antragstellerin die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im September 2015 beantragte die Antragstellerin aufgrund von Baumängeln die Bewilligung der Beweissicherung durch Bestellung eines Sachverständigen aus dem Gebiet des Bauwesens. Nach Bewilligung dieses Antrags durch das Erstgericht verkündete die Antragsgegnerin der hier einschreitenden Erstbeteiligten den Streit. Mit Eingabe aus Oktober 2015 erklärte die Erstbeteiligte, dem Beweissicherungsverfahren auf Seiten der Antragsgegnerin als Nebenintervenientin beizutreten. In der Folge beteiligte sie sich am Beweissicherungsverfahren, das zwischenzeitlich beendet ist. Mit Eingaben aus November 2015 und März 2016 verzeichnete die Erstbeteiligte Kosten in Höhe von 6.615,84 EUR.

Das Erstgericht bestimmte diese Kosten antragsgemäß und verpflichtete die Antragstellerin zum Kostenersatz.

Das Rekursgericht gab dem Kostenrekurs der Antragstellerin Folge und wies den Beitritt der Erstbeteiligten als Nebenintervenientin zurück sowie deren Kostenbestimmungsanträge ab. Es sei von einem materiellen Parteibegriff auszugehen, weshalb im selbständigen Beweissicherungsverfahren kein Raum für eine Nebenintervention bleibe. Bei einem allenfalls regresspflichtigen Dritten handle es sich auch nicht um einen kostenersatzberechtigten Gegner iSd § 388 Abs 3 ZPO. Eine (vorläufige) Kostenersatzpflicht der Antragstellerin bestehe daher nicht. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Zulässigkeit einer Nebenintervention im selbständigen Beweissicherungsverfahren keine aktuelle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Erstbeteiligten, der auf eine Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzielt.

Mit ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Antragstellerin, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen sowie in eventu, ihre Kostenersatzpflicht nur mit 5.041,76 EUR festzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs erweist sich als unzulässig.

1. Die im Revisionsrekurs angesprochene Frage nach der richtigen Bezeichnung der Erstbeteiligten ist aufgrund der Berichtigung der Parteienbezeichnung durch das Rekursgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 2. 3. 2017 (aus Anlass des Revisionsrekurses) nicht mehr Thema des Verfahrens.

2. Im vorliegenden Verfahren hat das Erstgericht (nur) einen Kostenbestimmungsbeschluss iSd § 388 Abs 3 ZPO gefasst. Dagegen erhob die Antragstellerin explizit einen „Kostenrekurs“ und beantragte, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass „der Antragsgegnerin“ keine Kosten zugesprochen werden, in eventu dahin, dass dieser nur ein Kostenersatzbetrag in Höhe von 5.041,76 EUR zugesprochen werde. Auch inhaltlich argumentierte die Antragstellerin nur gegen ihre Kostenersatzpflicht gegenüber der Erstbeteiligten. Dazu führte sie sogar aus, dass – ungeachtet der Frage der Zulässigkeit einer Nebenintervention in einem vor Einleitung des Rechtsstreits stattfindenden Beweissicherungsverfahren – einem als Nebenintervenienten bezeichneten Beteiligten, der kein Antragsgegner der Antragstellerin sei, nach § 388 Abs 3 ZPO kein vorläufiger Ersatz der Kosten gebühre.

Dazu erstattete die Erstbeteiligte eine „Kostenrekursbeantwortung“. Im Revisionsrekurs nimmt die Erstbeteiligte selbst ausdrücklich auf den „Kostenrekurs“ der Antragstellerin gegen die erstgerichtliche Entscheidung Bezug.

3. Das Rekursgericht war an den Gegenstand der angefochtenen Entscheidung des Erstgerichts sowie an den Anfechtungsgegenstand des (Kosten-)Rekurses gebunden. Die Bezugnahme des Rekursgerichts auf eine angeblich „implizite“ Bekämpfung der „impliziten“ Zulassung des Beitritts der „Erstnebenintervenientin“ durch das Erstgericht sowie die Zurückweisung des Beitritts der Erstbeteiligten als Nebenintervenientin entspricht nicht der Prozessordnung.

Nach Maßgabe des Entscheidungsgegenstands hätte das Rekursgericht nur über die Frage des Kostenersatzes entscheiden dürfen; insoweit ist der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO absolut unzulässig. Das Rekursgericht durfte aber nicht in Überschreitung seiner funktionellen Zuständigkeit die Entscheidung einer anderen Frage an sich ziehen. Die Missachtung des Entscheidungsgegenstands begründet Nichtigkeit (vgl 3 Ob 162/07f). Lediglich aus Anlass des (sonst unzulässigen) Revisionsrekurses kann der Oberste Gerichtshof diese Nichtigkeit aber nicht aufgreifen, weil die Wahrnehmung einer Nichtigkeit ein zulässiges Rechtsmittel voraussetzt (RIS-Justiz RS0041942; RS0007095). Dazu hätte die Erstbeteiligte die in Rede stehende Nichtigkeit im Revisionsrekurs ausdrücklich geltend machen müssen.

4. Davon abgesehen ergibt sich aus den Ausführungen sowohl der Antragstellerin als auch der Erstbeteiligten, dass das Beweissicherungsverfahren beendet ist und die Erstbeteiligte an diesem Verfahren beteiligt war. Die Rechtsstellung der Erstbeteiligten im Beweissicherungsverfahren ist im gegenwärtigen Stadium daher nicht mehr betroffen.

Im Einklang mit den schon dargelegten Erwägungen besteht das Interesse der Erstbeteiligten nur mehr in der sie belastenden Kostenentscheidung, also in der Kostenfrage. Das Interesse an der Beseitigung oder Änderung des Kostenausspruchs vermag das hinsichtlich der Hauptfrage (hier Nebenintervention) fehlende Anfechtungsinteresse und insbesondere die Beschwer für ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof aber nicht zu begründen (RIS Justiz RS0002396 [T27]; RS0002495 [T65]).

5. Der Revisionsrekurs der Erstbeteiligten ist damit unzulässig, weshalb er zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Antragstellerin hat auf die absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen (vgl dazu 8 Ob 128/14b). Im Zwischenstreit über die Zulässigkeit eines vom vermeintlichen Nebenintervenienten erhobenen Rechtsmittels wird dieser im Fall seines Unterliegens auch kostenersatzpflichtig (vgl 5 Ob 31/16v). Der verzeichnete Streitgenossenzuschlag gebührt der Antragstellerin nicht, weil ihr im vorliegenden Verfahren nur die Erstbeteiligte gegenübersteht.

Rechtssätze
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