JudikaturJustiz7Ob616/94

7Ob616/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Oktober 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Linda B*****, geboren am *****, und Ida B*****, geboren am *****, in Unterhaltssachen vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen als Sachwalter (§ 9 UVG), infolge Revisionsrekurses der Kinder gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 22.April 1994, GZ R 98/94-50, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 29.November 1993, GZ P 67/92-43, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, die angefochtene Entscheidung aufgehoben und dem Rekursgericht eine neue Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde mit Urteil des Amtsgerichtes H***** in Schweden am 23.1.1991 geschieden. Gleichzeitig wurde der Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von SKr 500,-- für jedes Kind verpflichtet. Die durch die Mutter vertretenen Minderjährigen stellten am 25.5.1992 mit der Behauptung, der Vater zahle trotz eines monatlichen Nettoeinkommens von S 35.000,-- in Schweden nur monatlich S 1.000,-- an Unterhalt, den Antrag, den Unterhalt für die mj. Linda auf monatlich S 5.900,-- und jenen für die mj. Ida mit monatlich S 5.200,-- zu bestimmen.

In der von der Mutter der beiden Minderjährigen vorgelegten auszugsweisen Übersetzung der Ausfertigung des Scheidungsurteiles wird die monatliche Unterhaltsverpflichtung mißverständlich mit SKr 1.075,-- je Kind ausgewiesen.

Der Vater widersprach dem Unterhaltserhöhungsantrag.

Das Erstgericht verpflichtete im ersten Rechtsgang den Vater "anstelle des bisherigen Betrages von SKr 1.075,--" (d.s. ca. öS 2.100,-- monatlich) ab 1.3.1992 für die mj. Linda zusätzlich S 3.500,-- und für die mj. Ida zusätzlich S 3.100,-- zu bezahlen und wies das Mehrbegehren ab (ON 7).

Im Rahmen eines parallel zum Unterhaltsverfahren geführten Besuchsrechtsstreites wurde vom Bundesministerium für Justiz während des Rekursverfahrens eine Übersetzung des Scheidungsurteiles vorgelegt, in dem die schwedische Unterhaltsverpflichtung mit monatlich SKr 500,-- pro Kind ausgewiesen wird (AS 91). Dies blieb in dem das Unterhaltsverfahren betreffenden Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes unberücksichtigt (ON 22).

Im zweiten Rechtsgang verpflichtete das Erstgericht den Vater, "zusätzlich zu den im Urteil des Amtsgerichtes H*****....vom 23.1.1991.... festgesetzten Unterhaltsbeträgen von monatlich SKr 1.075,--" ab 1.3.1992 für die mj. Linda noch S 1.500,-- monatlich und für die mj. Ida noch S 1.200,-- monatlich an Unterhalt zu bezahlen und wies das Mehrbegehren ab (ON 37). Dieser Beschluß wurde beiden Seiten am 26.3.1993 zugestellt und wurde nicht bekämpft.

Am 12.11.1993 stellte die nunmehr für die Minderjährigen einschreitende Bezirkshauptmannschaft N***** den Antrag auf "Ergänzung" dieses Beschlusses. Bei der Einbringung der Unterhaltsbeträge (im Rahmen der Unterhaltsbevorschussung) sei eine Diskrepanz der Unterhaltstitel zutagegetreten, weil der Vater laut schwedischem Urteil nur zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von je SKr 500,-- pro Kind verpflichtet sei, was im Unterhaltserhöhungsbeschluß unberücksichtigt geblieben sei, weil offenbar in der (ersten) Urteilsübersetzung eine Seite vernachlässigt worden sei.

Das Erstgericht gab diesem Begehren statt und verpflichtete den Vater "zusätzlich" zu der im Urteil des Amtsgerichtes H***** festgesetzten Unterhaltsverpflichtung von SKr 500,-- (und nicht SKr 1.075,--) ab 1.3.1992 neben den bereits zuerkannten Beträgen von S 1.500,-- und S 1.200,-- noch einen weiteren Betrag von S 950,-- je Kind monatlich zu bezahlen. Bei der Fassung des Unterhaltserhöhungsbeschlusses (ON 37) sei irrtümlich davon ausgegangen worden, daß die schwedische Unterhaltsverpflichtung des Vaters SKr 1.075,-- anstelle der tatsächlichen SKr 500,-- monatlich betrage. Es handle sich bei der nunmehrigen Erhöhung nicht um eine "neue Entscheidung bzw. um eine neue Verpflichtung des Vaters, sondern um die Korrektur eines Verfahrensfehlers."

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs des Vaters Folge und wies den Antrag, den Vater zusätzlich zur bisher ausgesprochenen Unterhaltsverpflichtung zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 950,-- je Kind zu verpflichten, zurück. Es erklärte den Revisionsrekurs für unzulässig. Der angefochtenen Entscheidung komme nicht die Eigenschaft eines Ergänzungs- oder Berichtigungsbeschlusses zu. Der Vater habe sich unter Ausnützung eines Irrtums des Gerichtes mit einer fehlerhaften Entscheidung zufrieden erklärt, die zufolge eingetretener Rechtskraft nicht mehr geändert werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Kinder ist zulässig und berechtigt.

Der Revisionsrekurs ist rechtzeitig, weil zwei Tage nach dem rechtzeitigen Einlangen des Faxes ein Bestätigungsschriftsatz beim Erstgericht eingelangt ist (vgl. EvBl. 1993/105 sowie EvBl. 1994/86).

Die Bestimmungen der §§ 419, 423 und 430 ZPO sind auch im Außerstreitverfahren heranzuziehen (JBl. 1937, 457 uva, zuletzt 6 Ob 9/92). Ein Urteil kann auch von Amts wegen nach eingetretener Rechtskraft berichtigt werden (vgl. JBl. 1974, 102, zuletzt 8 Ob 621/87). Zur Berichtigungsfähigkeit von falschen Entscheidungsgrundlagen wurde in der Rechtsprechung erwogen, daß eine Berichtigung zulässig sei, wenn das Erstgericht, wäre ihm im Entscheidungszeitpunkt die richtige Protokollierung vor Augen gestanden, die richtige Summe im Urteil festgestellt hätte und nicht nur die auf einem Protokollfehler beruhende (vgl. 3 Ob 579/81). Für die Berichtigungsfähigkeit ist stets Voraussetzung, daß durch sie die vom Richter gewollte Entscheidung inhaltlich unverändert bleibt (1 Ob 7/93). Wenn aus der fehlerhaften Entscheidung nicht zweifelsfrei der Entscheidungswille zu erkennen ist, kommt eine Berichtigung nicht in Frage (10 ObS 147/92).

Mit dem Beschluß ON 37 wollte das Erstgericht zweifelsfrei den Vater zu einer Unterhaltserhöhung von insgesamt S 3.200,-- für die mj. Linda und auf S 2.900,-- für die mj. Ida monatlich verpflichten. Es hat dabei die schon früher ausgesprochene schwedische Unterhaltsverpflichtung mit einem falschen Betrag in der Form berücksichtigt, daß es einen nicht ausreichenden zusätzlichen österreichischen Unterhaltstitel schuf. Wäre dem Erstgericht die richtige Höhe der schwedischen Unterhaltsverpflichtung mit monatlich nur SKr 500,-- bewußt gewesen, so hätte es zweifellos die Differenz von diesem Betrag auf die oben erwähnten Beträge zuerkannt. Dem Beschluß ON 37 liegt daher eine offenkundige Diskrepanz zwischen dem gewollten und erklärten Entscheidungswillen zugrunde. Dies ist auch dem Vater, wie dem Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluß zu entnehmen ist, durchaus aufgefallen. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung liegen daher vor. Dabei ist es belanglos, ob der Antrag hiezu ausdrücklich als solcher bezeichnet wird. Es reicht gerade im Außerstreitverfahren aus, wenn der Berichtigungswerber auf den Fehler genau hinweist und diesen behoben haben will. Außerdem ist der Antrag, einen Beschluß durch eine Korrektur zu ergänzen, inhaltsgleich mit einem Berichtigungsbegehren.

Dennoch ist eine abschließende Beurteilung der Sache nicht möglich, weil davon auszugehen ist, daß der Vater nur mit der im Beschluß vom 24.3.1993 (ON 37) ausgesprochenen Unterhaltserhöhung einverstanden war und nur dagegen kein Rechtsmittel erhoben hat. Er hat sich aber mit seinem Rekurs gegen die Berichtigung, mit der er zu einer Unterhaltsleistung von weiteren S 950,-- pro Kind verpflichtet wurde, gewendet und dabei Gründe geltend gemacht, über die das Rekursgericht zufolge seiner unzutreffenden Rechtsansicht nicht abgesprochen hat. Der Beschluß ON 37 ist daher nur hinsichtlich der Erhöhungsbeträge von monatlich S 1.500,-- und S 1.200,-- in Rechtskraft erwachsen; über die Berechtigung der darüber hinaus vom Erstgericht im Rahmen des Berichtigungsbeschlusses ausgesprochenen Unterhaltserhöhung wird das Rekursgericht noch zu entscheiden haben.

Rechtssätze
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