JudikaturJustiz7Ob133/06v

7Ob133/06v – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Juli 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 23. Juli 2003 verstorbenen Josef L*****, über den Revisionsrekurs der Erben 1. Edith J*****; 2. Josef L*****; und 3. Kurt L*****, sämtliche vertreten durch Dr. Franz Leopold, öffentlicher Notar in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 27. Februar 2006, GZ 5 R 34/05i-52, womit infolge Rekurses der S***** AG, *****, vertreten durch Mag. Alice Perscha, Substitutin des öffentlichen Notars Dr. Werner Perscha in Graz, der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 23. November 2004, GZ 18 A 265/03z-31, ersatzlos aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, dass sie

zu lauten hat:

Der Rekurs der S***** AG wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Auf das vorliegende Verlassenschaftsverfahren sind gemäß § 205 AußStrG BGBl I 2003/111 die Bestimmungen dieses neuen Bundesgesetzes noch nicht anzuwenden.

Mit Beschluss vom 13. 10. 2004 erklärte das Erstgericht die Verlassenschaftsabhandlung für beendet und erließ gleichzeitig die Einantwortung (ON 28 und 29). Erst am 17. 11. 2004 (ON 30) - sohin nach Beendigung des Abhandlungsverfahrens - beantragte der öffentliche Notar Dr. Franz Leopold „als Gerichtskommissär" (unter Vorlage eines diesbezüglich vorbereiteten Beschlussentwurfes), dem im Spruch genannten Kreditinstitut (im Folgenden: Sparkasse) „binnen 14 Tagen, bei sonstiger Verhängung einer Zwangsstrafe, dem gefertigten Gericht Auskunft hinsichtlich des Kontostandes der erbl. Sparkonten Nr .... und Nr ... zum Todestag des Erblassers zu erteilen, weiters hinsichtlich allfälliger Bewegungen am und nach dem Todestag und allenfalls noch weiterer in den gegenständlichen Nachlass fallender Vermögenswerte". Das Erstgericht erteilte den Auskunftsauftrag im Sinne dieses vorbereiteten Beschlussentwurfes (ON 31). Das Rekursgericht - dessen erste Entscheidung mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 21. 12. 2005, 7 Ob 131/05y, als nichtig aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen worden war - gab dem Rekurs der Sparkasse Folge und hob den angefochtenen Beschluss ersatzlos auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht EUR 20.000 übersteige, jedoch der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG (aF) zulässig sei, da nicht auszuschließen sei, dass nicht doch von einem Besitz des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes an den Sparbüchern auszugehen sei.

Dagegen richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs der eingeantworteten Erben (Kinder des Erblassers), vertreten durch den zuvor als Gerichtskommissär tätig gewesenen Notar nunmehr unter Berufung auf dessen Vollmacht „gem. § 5/4 NO, § 77/1 GBG", mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen und die Sparkasse zur Auskunftserteilung „aufzufordern und zu verpflichten". Die Sparkasse hat eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet, in welcher primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels als unzulässig (wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage), in eventu diesem keine Folge zu geben beantragt wird.

Der Revisionsrekurs ist - freilich nicht wegen des vom Rekursgericht genannten Grundes, sondern wegen Verkennung der Rechtslage zur Rekurslegitimation und damit verfahrensrechtlicher Besonderheiten - zulässig und auch im Sinne des aus dem Spruch ersichtlichen Ergebnisses berechtigt.

Gemäß § 38 Abs 1 BWG sind Kreditinstitute zu dem hierin näher umschriebenen Bankgeheimnis verpflichtet; die Verpflichtung zur Wahrung desselben besteht unter anderem nach Abs 2 Z 3 leg cit nicht „im Falle des Todes des Kunden gegenüber dem Abhandlungsgericht und Gerichtskommissär". Da mit der Beschlussfassung über die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens und rechtswirksamen Einantwortung das Abhandlungsgericht nach ständiger Rechtsprechung keine Möglichkeit mehr hat, sich mit der Verlassenschaftsangelegenheit zu befassen (RIS-Justiz RS0008365; zuletzt 1 Ob 5/05z), und nach rechtskräftiger Beendigung des Abhandlungsverfahrens auch eine Prüfung der Besitzverhältnisse an in die Abhandlung einbezogenen Gegenständen (wie hier den behaupteten Sparbüchern) nicht mehr zulässig ist (RIS-Justiz RS0008385; SZ 38/225; vgl weiters auch RIS-Justiz RS0008315 und RS0005845), war damit für den ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr die Funktion eines Gerichtskommissärs innehabenden Notar grundsätzlich jede Antragstellung beim Verlassenschaftsgericht ausgeschlossen (nochmals 1 Ob 5/05z). Bei der von ihm beantragten Beschlussfassung gegenüber der Sparkasse handelte es sich auch um keinen der von der Rechtsprechung zugelassenen, die individuelle Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichtes über die rechskräftige Einantwortung des Nachlasses hinaus perpetuierenden Ausnahmefälle (Verbücherung der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung uam; im Einzelnen wiederum 1 Ob 5/05z mwN sowie RIS-Justiz RS0013544). Ein Fall einer Nachtragsabhandlung im Sinne des § 179 AußStrG aF liegt ebenfalls nicht vor; hiezu hätte es nicht nur eines entsprechenden Vorbringens, sondern auch einer entsprechenden Bescheinigung bedurft (RIS-Justiz RS0008416 und RS0043254). Damit fehlte es dem Gerichtskommissär bereits an der eine weitere Tätigkeitspflicht des Abhandlungsgerichtes auslösenden konkreten Antragslegitimation und damit (korrespondierend) auch an einem diesem bzw dem Abhandlungsgericht gegenüber erfüllten Durchbrechungstatbestand nach der zitierten Gesetzesstelle des BWG.

Dies wurde vom Rekursgericht ebenso übersehen wie der folgende weitere Umstand:

Der Beschluss des Erstgerichtes enthält gegenüber der betroffenen Sparkasse ausdrücklich nur die Androhung einer Strafe („bei sonstiger Verhängung einer Zwangsstrafe"). Es entspricht wiederum der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass die Androhung einer solchen Strafe für den Fall der Nichtbefolgung einer ergangenen Verfügung lediglich eine Belehrung und Warnung hinsichtlich der im Gesetz normierten Ungehorsamsfolgen, nicht aber schon eine der Anfechtung und Überprüfung zugängliche Verfügung des Gerichtes im Sinne des § 9 AußStrG (aF) darstellt; sie ist nicht der Rechtskraft fähig und gefährdet die Rechtsstellung des Beteiligten noch nicht; diesem fehlt daher eine Beschwer zur Erhebung eines Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0006399). Die bloße Ankündigung einer gerichtlichen Vorgangsweise stellt noch keinen anfechtbaren Beschluss dar (8 Ob 5/04z; RIS-Justiz RS0043731 [T2]). Damit fehlte es jedoch der Sparkasse bereits an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für ihr erhobenes Rechtsmittel, welche vom Rekursgericht wahrzunehmen gewesen wäre, und dessen Vorliegen nunmehr in Wahrnehmung durch den Obersten Gerichtshof zur Zurückweisung des an die zweite Instanz gerichteten Rekurses führen muss. Dieses Ergebnis wäre dabei - worauf der Vollständigkeit halber noch hinzuweisen ist - selbst dann gegeben, wenn die im Akt unter ON 28 erliegenden und dem Beschluss über die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens beighefteten Rückscheine, welche nur diesen Beschluss ON 28 in der Zeile „GZ" ausweisen, nicht auch die Einantwortungsurkunde mitumfasst haben sollten, was nämlich gemäß § 377 Geo im Zustellstück mitauszuwerfen gewesen wäre. Für die Zustellung auch der Einantwortungsurkunde spricht aber ohnehin, dass beide Beschlüsse nicht nur dasselbe Datum tragen und idente Zustellverfügungen aufweisen, sondern auch einen taggleich unterfertigten und mit demselben Datum ausgefüllten Abfertigungsvermerk haben. Sollte tatsächlich jedoch die Einantwortungsurkunde von diesem (gemeinsamen) Zustellvorgang nicht mitumfasst gewesen sein, könnte auch hieraus kein für die Rechtsmittellegitimation der Sparkasse günstigeres Ergebnis abgeleitet werden. Deren Rechtsmittelbefugnis war nämlich im Sinne des zuvor Ausgeführten in keinem Fall gegeben und wäre nach den wiedergegebenen Judikaturnachweisen selbst bei Auftragserteilung noch während des anhängigen Abhandlungsverfahrens zu verneinen gewesen. Es war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Rechtssätze
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