JudikaturJustiz6Ob232/23w

6Ob232/23w – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*, vertreten durch Dr. Raimund Danner und Dr. Madeleine Danner, LL.M., Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. A*, 2. *, vertreten durch Dr. Daniel Lassingleithner, LL.M.oec., Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 27.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. September 2023, GZ 2 R 136/23t 36, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. Juli 2023, GZ 14 Cg 54/22m 32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 2.279,33 EUR (darin 379,89 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen sprachen der Klägerin die Klagsforderung als Immobilienmaklerprovision zu.

Rechtliche Beurteilung

[2] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision der Beklagten nicht zulässig, was nur einer kurzen Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO):

[3] 1. Die Tätigkeit des Maklers besteht entweder in der Nachweisung der bloßen Vertragsgelegenheit, in der Zuführung von Vertragsinteressenten oder in der Vermittlung im engeren Sinne, wobei der Makler die Verhandlungen nicht nur einleitet, sondern auch fördert (RS0062874; vgl 7 Ob 76/18d zum Immobilienmakler). Ist dem Auftraggeber die Vertragsgelegenheit zwar schon bekannt, unterstützt der Immobilienmakler danach aber durch seine Bemühungen den Abschluss des Geschäfts und nimmt der Auftraggeber diese Hilfestellung in Anspruch, wird die verdienstliche Tätigkeit regelmäßig anerkannt (1 Ob 42/12a [ErwGr 4.]; 7 Ob 76/18d [ErwGr 2.3.]). Während entscheidend ist, ob der Makler seine vertragsgemäße Vermittlungstätigkeit während des Bestehens des Maklervertrags erbracht hat (RS0062800 [T2]), ist es nicht erforderlich, dass der Abschluss eines vermittelten Geschäfts in den Zeitraum des aufrechten Maklervertrags fällt (RS0062800 [T1]).

[4] 2. Das beklagte Ehepaar war schon seit dem Jahr 2019 auf der Suche nach einem Baugrundstück in einer bestimmten Umgebung gewesen. In diesem Zusammenhang stand die Erstbeklagte „auch immer wieder“ in Kontakt mit der Klägerin und fragte Objekte an, wobei stets per E-Mail der Link übermittelt wurde, der nach Zustimmung zum vorläufigen Beginn (der Erbringung der Dienstleistung) und der Bestätigung, dass die Widerrufsbelehrung gelesen worden sei, das jeweilige Exposé und die Nebenkostenübersicht bereitstellte. B eiden Beklagten war bewusst, dass bei erfolgreicher Vermittlung des Objekts durch die Klägerin eine Maklerprovision anfällt. Im Juli 2021 war nach dem Öffnen eines bestimmten Exposés erkannt worden, dass die konkrete (später gekaufte) Liegenschaft den Beklagten als Kaufgelegenheit schon (über das Inserat eines anderen Maklers) bekannt, aber zu teuer gewesen war, was sie der Klägerin auch mitteilten. Da die Beklagten in der Zwischenzeit kein anderes Grundstück in der gewünschten Umgebung gefunden hatten, beschlossen sie über die Klägerin „an die Verkäuferseite“ heranzutreten. Sie holten zuerst selbst einen Grundbuchsauszug ein (und eruierten so die Verkäuferin). Sie ersuchten die Klägerin im September 2021 um Unterstützung bei den Verkaufsgesprächen hinsichtlich dieser Liegenschaft. Die Klägerin wurde daraufhin durch Übermittlung des Angebotsformulars und die Weiterleitung von Anboten samt Korrespondenz (etwa dazu, dass zusätzlich zum Kaufpreis auch noch die Abbruchkosten für das bestehende Gebäude zu tragen seien) tätig. Die Verkäuferin nahm zwar weder das erste noch das zweite – über Vorschlag der Klägerin um 50.000 EUR höhere (und befristete) – Anbot an. Nach ungefähr zwei weiteren Monaten trat die Verkäuferin aber von sich aus direkt (ohne Kontaktierung der Klägerin) an die Beklagten heran. Sie teilte ihnen mit, sie wolle das Grundstück nunmehr „privat“ veräußern, und fragte nach, ob das zuletzt genannte Anbot noch aufrecht sei. Über den in der Folge abgeschlossenen Kaufvertrag zu diesem (zuletzt von der Klägerin vorgeschlagenen) Preis informierten die Kaufvertragsparteien die Klägerin nicht.

[5] Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage von einem zwischen den Parteien geschlossenen Maklervertrag und der Verdienstlichkeit der Klägerin als Immobilienmaklerin ausgingen, begegnet dies keinen Bedenken. Die Beurteilung, ob (und ab wann) zwischen Prozessparteien eine Vertragsbeziehung anzunehmen ist, wirft als eine von der Auslegung von Willenserklärungen abhängige Frage regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0044358 [T31, T32]; RS0042776 [T37]; RS0042555; vgl auch 4 Ob 43/22k [ErwGr 1.4.]; 6 Ob 49/23h [Rz 9]).

[6] 2. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt auch nicht in der Beantwortung der Frage, ob es für die Wirksamkeit eines Maklervertrags – bei analoger Anwendung von § 30b Abs 2 KSchG iVm § 3 Abs 3 MaklerG – einer ausdrücklichen und schriftlichen Vereinbarung bedarf, wenn der Makler in anderer Weise als durch Namhaftmachung der Kaufgelegenheit tätig geworden ist.

[7] Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Maklervertrag grundsätzlich auch konkludent abgeschlossen werden (so schon 7 Ob 53/58; siehe auch 6 Ob 129/20v; 4 Ob 164/21b; RS0062234; RS0063026; RS0062685). Das Konsumentenschutzgesetz verlangt die Schriftform für den (wirksamen) Abschluss von Maklerverträgen nur in besonderen Fällen, nämlich für Vereinbarungen über den Ersatz von Aufwendungen auf Grund von zusätzlichen Aufträgen (§ 9 MaklerG), für den Abschluss und die Verlängerung von Alleinvermittlungsaufträgen (§ 14 MaklerG) und für Fälle fehlenden Vermittlungserfolgs (§ 15 MaklerG). Diese im Gesetz aufgezählten Fälle betreffen besonders einschneidende Gestaltungen des Vertragsverhältnisses zwischen einem Verbraucher und einem Makler (ErläutRV 2 BlgNr 20 GP 40). Der Zweck der Regelung liegt darin, den nicht rechtskundigen Verbraucher vor Irrtümern, Überraschungen oder falschen Vorstellungen über besondere Vertragsinhalte zu schützen, die bei einer mündlichen Vereinbarung leichter entstehen können (RS0129488).

[8] Die Revision stützt sich gar nicht auf eine analoge Anwendung von § 31 KSchG („Schriftlichkeit und zwingende Bestimmungen beim Maklervertrag“). Dass oder warum im vorliegenden Fall eine mit den in § 31 Abs 1 KSchG angesprochenen Fällen vergleichbare Interessenlage gegeben sein sollte, legt sie auch inhaltlich nicht dar. Trotz dieser speziellen im Konsumentenschutz verankerten Regelung, wann für den wirksamen Abschluss des Maklervertrags die Schriftform erforderlich ist, gründet die Revision das von ihr verlangte Erfordernis einer Schriftform im vorliegenden Fall vielmehr auf die analoge Heranziehung anderer Bestimmungen, nämlich jene des § 30b Abs 2 KSchG („Besondere Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers“) iVm § 3 Abs 3 MaklerG.

[9] Die dem Makler in § 30b KSchG in schriftlicher Form vorgeschriebene Erfüllung von Aufklärungspflichten (vorvertraglich) über die Nebenkosten, die Provision, Doppelmaklertätigkeit und wirtschaftliches Naheverhältnis (Abs 1 leg cit) und in der Zeitspanne nach Wirksamkeit des Vertrags ( Limberg in GeKo Wohnrecht II § 30b KSchG [Stand 15. 10. 2018, rdb.at] Rz 11) über die nach § 3 Abs 3 MaklerG „erforderlichen Nachrichten“ (Abs 2 leg cit) zielt aber auf anderes als den Abschluss des Maklervertrags selbst ab und normiert dafür keine Formpflicht. Angesichts der ausdrücklichen Aufzählung in § 31 Abs 1 KSchG, die mit der Novelle des MaklerG (BGBl I 1996/262) eingeführt und seither nicht erweitert wurde, liegt die Annahme einer planwidrigen Lücke einer Schriftformpflicht für den Abschluss eines Maklervertrags in Bezug auf den vorliegenden Fall (der Unterstützung bei Vertragsverhandlungen) so fern, dass es keiner Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs hiezu bedarf (vgl RS0042824; vgl auch RS0042656).

[10] 3. Die Beurteilung einer Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen (5 Ob 67/06y; 6 Ob 115/21m; RS0109996 [T9]), sodass im Regelfall eine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage nicht vorliegt (5 Ob 67/06y; 10 Ob 89/04t; 5 Ob 190/22k; 2 Ob 129/22t). Eine falsche Information (wie im Fall 4 Ob 135/01h) wurde nicht erteilt. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, es habe im konkreten Fall für weitere Recherchen der Klägerin keine Anhaltspunkte gegeben, zumal die Beklagten schon zum Kauf entschlossen waren und nur um Unterstützung bei diesem Vorhaben ersuchten, bedarf keiner Korrektur.

[11] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen.

Rechtssätze
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