JudikaturJustiz5Ob543/94

5Ob543/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. September 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Rohrer und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton S*****, vertreten durch den mit Beschluß des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 4.6.1993, SW 190/84-65, bestellten Sachwalter Dr.Paul Friedl, Rechtsanwalt, 8552 Eibiswald 85a, gegen die beklagten Parteien 1. Franz S*****, im Rahmen der Verfahrenshilfe vertreten durch Dr.Gerhard Petrowitsch, Rechtsanwalt in Leibnitz, und

2. Gertrude Z*****, vertreten durch Dr.Josef List, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 244.656,-- s.A., infolge der Rekurse beider beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 9.Dezember 1993, GZ 5 R 308/93-25, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 9.Mai 1993, GZ 1 C 12/93-15, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung:

Der Kläger, der taubstumm ist und an einer hochgradigen Geistesschwäche mit Krankheitswert leidet, wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 12.9.1977, P 539/77-1, voll entmündigt. Zu seinem Kurator wurde sein Bruder Franz S*****, der Erstbeklagte, bestellt. Der Kläger lebte damals mit seinem mittlerweile verstorbenen Bruder Johann S*****, der ebenfalls voll entmündigt war, auf der Landwirtschaft seiner Eltern.

Im Verlassenschaftsverfahren nach dem am 8.4.1977 verstorbenen Vaters des Klägers und des Erstbeklagten, A 232/77 des BG Leibnitz, übernahm der Erstbeklagte den gesamten Nachlaß und verpflichtete sich in einem Erbübereinkommen vom 3.8.1977, seinen geistig behinderten Brüdern Anton und Johann in vollständiger Verrechnung ihrer Erbteilsforderungen, sonst jedoch ohne weiteres Entgelt auf deren Lebensdauer die Dienstbarkeit der Wohnung in dem von der Wohnküche aus erreichbaren Zimmer (des Hauses E***** 13) mit der Zusage einzuräumen, diesen Raum zu beheizen, zu beleuchten, zu reinigen und in Stand zu halten. Christine S*****, die Mutter des Klägers und des Erstbeklagten, trat diesem Erbübereinkommen hinsichtlich der Dienstbarkeitsbestellung ausdrücklich bei und räumte ihrerseits auf ihrem Hälfteanteil der Liegenschaft am gesamten Wohnhaus den beiden behinderten Kindern das Wohnungsrecht ein. Darüber hinaus verpflichtete sich der Erstbeklagte, seine Brüder Anton und Johann S***** in gesunden und kranken Tagen zu betreuen und pflegen und ihnen jeglichen Beistand angedeihen zu lassen, im Falle der Hilflosigkeit allerdings gegen Überlassung eines allenfalls gewährten Hilflosenzuschusses. Schließlich verpflichtete sich der Erstbeklagte in genanntem Erbübereinkommen, im Falle der Übernahme der ideellen Miteigentumshälfte seiner Mutter den behinderten Brüdern ebenfalls die Dienstbarkeit der Wohnung einzuräumen bzw diese Dienstbarkeit in sein Duldungsversprechen zu übernehmen und in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit der Wohnung einzuwilligen.

Mit Notariatsakt des öffentlichen Notars Dr.Günter O***** vom 23.8.1983, GZ 978, übergab die Mutter des Klägers und des Erstbeklagten, Christine S*****, ihre Anteile an der Landwirtschaft dem Erstbeklagten. Über ihre Anweisung räumte der Erstbeklagte als Übernehmer für sich und seine Rechtsnachfolger im Besitz des Übergabsobjektes in Entsprechung des Erbübereinkommens vom 3.8.1977 seinen behinderten Brüdern auf deren Lebensdauer und ohne weiteres Entgelt die nämliche Dienstbarkeit der Wohnung, wie sie bereits im Erbübereinkommen vom 3.8.1977 zugesagt wurde, auf dem Übergabsobjekt ein. Außerdem verpflichtete sich der Erstbeklagte neuerlich, seine behinderten Brüder beim Wohnhaus E***** 13 in gesunden und kranken Tagen sorgfältig zu betreuen und zu pflegen und ihnen jeden nur möglichen Beistand angedeihen zu lassen, im Falle der Hilflosigkeit allerdings gegen Überlassung eines gewährten Hilflosenzuschusses.

Zu Ostern 1989 verließ Christine S***** die Übergabsliegenschaft und zog zu ihrem Sohn Josef S*****, dem jetzigen Sachwalter des Klägers (Dr.Paul Friedl wurde lediglich die Wahrnehmung der Rechte des Kuranden im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren übertragen). Drei Wochen später folgte der Kläger seiner Mutter und lebt jetzt ebenfalls bei Josef S*****.

Mit Notariatsakt des öffentlichen Notars Dr.Günter O***** vom 27.11.1991, GZ 2428, übergab der Erstbeklagte die ihm allein gehörigen Liegenschaften EZ 9 KG E***** sowie EZ 248, 249 und 262 KG T***** an die Zweitbeklagte. Neben der Begleichung von Schulden des Erstbeklagten in der Höhe von S 300.000,-- verpflichtete sich die Zweitbeklagte zur Leistung eines Auszuges an den Erstbeklagten. In Punkt 3. dieses Notariatsaktes nimmt die Zweitbeklagte zur Kenntnis, daß für den unter Sachwalterschaft stehenden Bruder des Verkäufers Anton S***** in EZ 9 der KG E***** das Wohnungsrecht einverleibt ist, dieses Wohnungsrecht jedoch im Hause E***** 13 nicht ausgeübt wird, weil Anton S***** mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes bei seinem Bruder Josef S***** wohnt und von diesem die Betreuung und Pflege erbracht wird. Die Zweitbeklagte hat deshalb die diesbezüglichen Duldungen und Leistungen zunächst nicht übernommen. Über Veranlassung des Gemeindevertreters in der Grundverkehrsbezirkskommission wurden jedoch die Vertragsparteien in der Folge zur Kommission geladen und darauf hingewiesen, daß die (genannten) Rechte des Klägers auf der Liegenschaft in E***** bestehen und auch von der Zweitbeklagten gewahrt werden müssen. Mit Erklärung vom 7.4.1992, abgegeben beim öffentlichen Notar Dr.Günter O*****, hat daraufhin die Zweitbeklagte in einem Nachhang zum Übergabsvertrag vom 27.11.1991 das Wohnungsrecht und die Betreuung und Pflege für Anton S***** gemäß dem Übergabsvertrag vom 23.8.1983, grundbücherlich sichergestellt in EZ 9 KG E*****, in ihr ausdrückliches Duldungs- und Leistungsversprechen übernommen und erklärt, den Kläger mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes (laut Feststellung der Vorinstanzen: auch) in die Wohnung und Betreuung im Hause E***** 13 zu übernehmen. Der Übergabsvertrag zwischen dem Erstbeklagten und der Zweitbeklagten wurde daraufhin am 28.4.1992 von der Grundverkehrsbezirkskommission genehmigt.

Den vorliegenden Grundbuchsauszügen ist zu entnehmen, daß auf der Liegenschaft EZ 9 des Grundbuches ***** E***** unter CLNR 3 lit a für Anton S***** das "Wohnungsrecht gemäß Abs 2 Übergabsvertrag 1983-08-23" einverleibt ist; weitere dingliche Rechte des Klägers an den jetzt der Zweitbeklagten gehörigen Liegenschaften EZ 9 des Grundbuches ***** E***** sowie EZ 248, 249 und 262 des Grundbuches *****E***** bestehen nicht.

Mit der am 25.1.1993 beim Erstgericht eingebrachten, später eingeschränkten Klage begehrt der Kläger von den Beklagten Geldersatz für die ihm nicht erbrachten Ausgedingsleistungen. Die Beklagten sollten zur ungeteilten Hand schuldig erkannt werden, ihm für die Vergangenheit S 122.328,-- zu zahlen und ab 1.2.1993 monatlich S 3.398,--. Er stützt dieses Begehren auf den Eintritt des Unvergleichsfalles. Im Hause E***** Nr 13 hätten chaotische Zustände geherrscht; der dem Alkolhol ergebene Erstbeklagte habe nicht nur den Kläger sondern auch seine Mutter psychisch terrorisiert und mißhandelt. Darin liege auch der Grund, weshalb sowohl die Mutter des Erstbeklagten als auch der Kläger in die Pflege und Betreuung des Josef S***** gegeben wurden. Hinsichtlich des Erstbeklagten ergebe sich die Zahlungspflicht aus dem Erbübereinkommen vom 3.8.1977 sowie dem Übergabsvertrag vom 23.8.1983, die der Erstbeklagte nicht erfüllt habe; die Zweitbeklagte hafte aufgrund vertraglicher Übernahme der Verpflichtungen des Erstbeklagten, aber auch aus dem Titel der Vermögensnachfolge gemäß § 1409 ABGB. Das Wohnrecht bewerte der Kläger mit monatlich S 1.000,--, den Abgeltungsbetrag für den erhöhten Pflegeaufwand mit monatlich S 5.400,--. Ziehe man davon den Hilflosenzuschuß ab, den der Kläger erhält, verbleibe ein Ersatzanspruch von monatlich S 2.398,-- für die von den beklagten Parteien nicht erbrachten Pflegeleistungen. Die Ansprüche würden ab 1.2.1990 geltend gemacht, so daß sich bis einschließlich Jänner 1993 ein Rückstand von S 122.328,-- ergebe, ab 1.2.1993 ein Anspruch auf monatlich S 3.398,--.

Beide Beklagten beantragten die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens.

Der Erstbeklagte bestritt vor allem den behaupteten Unvergleichsfall. Der Kläger habe die zu seinen Gunsten mit einem Wohnungsrecht belastete Liegenschaft freiwillig verlassen, sodaß ihm weder für das Wohnungsrecht noch für den Anspruch auf Pflege und Betreuung eine Abgeltung zustehe. Überdies sei von einem unter Mitwirkung des Josef S***** zustandegekommenen Verzicht auf die Ausnützung des Wohnungsrechtes und der damit verbundenen Nebenleistungen auszugehen. Unabhängig davon habe der Erstbeklagte die Verpflichtung zur Pflege und Betreuung des Klägers nur entgeltlich gegen Überlassung des Hilflosenzuschusses übernommen, der jetzt Josef S***** ausbezahlt werde. Hinsichtlich der für die Vergangenheit begehrten Abgeltungsbeträge sei weder der Kläger aktiv noch der Erstbeklagte passiv legitimiert, da die betreffenden Versorgungsleistungen Josef S***** erbracht habe. Wenn überhaupt, könne insoweit nur Josef S***** Ansprüche erheben.

Die Zweitbeklagte wendete im wesentlichen ein, vom behaupteten Unvergleichsfall, den sie im übrigen bestreite, keine Kenntnis gehabt zu haben. Selbst wenn dieser Unvergleichsfall vorliege, habe sie die daraus resultierenden Pflichten des Erstbeklagten nicht übernommen. Sie habe bei der Übernahme der Liegenschaft des Erstbeklagten davon ausgehen können, daß es sich bei den grundbücherlich sichergestellten Rechten des Klägers in Wahrheit um forderungsentkleidete Rechte handle, weil der Kläger die Liegenschaft freiwillig verlassen und damit schlüssig auf seine Rechte verzichtet habe. Bei Unterfertigung des Nachtrages zum Übergabsvertrag am 7.4.1992 sei sie in einem vom Kläger veranlaßten Irrtum befangen gewesen, die Genehmigung des Übergabsvertrages vom 27.11.1991 werde von der Sicherstellung des Wohnungsrechtes sowie des Betreuungs- und Pflegerechtes des Klägers abhängig gemacht. Sie sei zur Abgabe der Erklärung vom 7.4.1992 genötigt worden, weil man ihr vor Augen geführt habe, daß andernfalls der Vertrag nicht gültig sei und sie alle bis dahin geleisteten Investitionen auf der Übergabsliegenschaft verliere. Außerdem habe der Notar erklärt, daß die Zweitbeklagte die Betreuungsdienste ohnedies nicht kostenlos werde erbringen müssen, sondern hiefür den Hilflosenzuschuß des Klägers erhalte. Schließlich könne der Kläger nur den auf ihn entfallenden Teil des Wohnungsrechtes und nicht auch den seines verstorbenen Bruders Johann geltend machen. Unter Berücksichtigung der dem Josef S***** zufließenden Einnahmen aus Pflegegeld, Familienbeihilfe und Hilflosenzuschuß würden die Bedürfnisse des Klägers ohnehin vollständig abgedeckt.

Dem öffentlichen Notar Dr.Günter O*****, der nicht nur das Verlassenschaftsverfahren nach dem Vater des Klägers abwickelte, sondern auch als Verfasser aller dieses Verfahren betreffenden Verträge fungierte, wurde von sämtlichen Parteien der Streit verkündet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen traf:

Der Kläger bezieht eine Pension in Richtsatzhöhe, dazu noch die doppelte Familienbeihilfe und einen Hilflosenzuschuß. Die Familienbeihilfe, der Hilflosenzuschuß sowie von der Pension monatlich S 5.500,-- werden Josef S***** zur Versorgung des Klägers ausgezahlt.

Gegen den Erstbeklagten wurde zu SW 31/92 des BG-Leibnitz ein Sachwalterbestellungsverfahren eingeleitet, mit Beschluß vom 6.11.1992 jedoch eingestellt, nachdem sich ergeben hatte, daß der Erstbeklagte in der Lage ist, alle seine Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen.

Bei der Errichtung des Übergabsvertrages im Jahr 1991 ist der Vertragserrichter aufgrund der Parteieninformation davon ausgegangen, daß der Erstbeklagte tatsächlich keine Leistungen an den Kläger bzw dessen Sachwalter Josef S***** erbringt, der Kläger vielmehr bei Josef S***** wohnt und von diesem die Betreuung und Pflege erhält, wofür wiederum Josef S***** Sozialleistungen zufließen. Damalige Vertragsgrundlage war, daß sich der Kläger mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes bei Josef S***** befindet, daß keine Ablösung der Rechte des Klägers erfolgt ist und daß für den Kläger nichts nachzuzahlen ist. Bei einer Aussprache bei der Grundverkehrskommission hat sich die Zweitbeklagte zwar prinzipiell damit einverstanden erklärt, den Kläger nach Eichberg zu holen, ihn dort wohnzuversorgen sowie zu pflegen und zu betreuen, allerdings gegen Überlassung der Sozialleistungen einschließlich des Hilflosenzuschusses. Die Veräußerung der Liegenschaft des Erstbeklagten wurde bereits durch die Raiffeisenbank A***** betrieben, weil der Erstbeklagte seine laufenden Verpflichtungen nicht mehr erfüllen konnte.

Der Kläger hat das Wohnhaus E***** 13 selbst verlassen und ist zu Josef S***** gezogen, ohne daß er vom Erstbeklagten aus der Wohnung verwiesen wurde. Der Kläger ist aus freien Stücken zu seinem Bruder Josef S***** gezogen; offenkundig folgte er seiner Mutter, die sich seit einiger Zeit bei Josef S***** aufhielt.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht den Abgeltungsanspruch des Klägers hinsichtlich des nicht ausgenützten Wohnungsrechtes, weil der Kläger freiwillig ausgezogen sei, und desgleichen den Abgeltungsanspruch für ausgebliebene Pflege- und Betreuungsleistungen, weil der Kläger ohnehin von Josef S***** gegen Überlassung eines erheblichen Teils seiner Pension, der erhöhten Familienbeihilfe und des Hilflosenzuschusses versorgt worden sei. Der Kläger könne daher weder vom Erstbeklagten noch von der Zweitbeklagten Geldersatz für das nicht ausgeübte Wohnungsrecht sowie die nicht in Anspruch genommenen Pflege- und Betreuungsleistungen verlangen. Er könne auch nicht rückwirkend, nachdem die Zweitbeklagte die Liegenschaft erworben und sich zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Kläger bereit erklärt habe, wenn er nach E***** 13 zurückkehre, die Abgeltung der Betreuungsleistungen und des Wohnungsrechtes unter der hypothetischen Annahme verlangen, daß die Vertragsleistungen auf der Übergabsliegenschaft vom Erstbeklagten nicht erbracht worden wären, hätte er diese Liegenschaft nicht verlassen. Der Sachwalter des Klägers habe es verabsäumt, den behaupteten Unvergleichsfall sofort feststellen zu lassen. Unter der Annahme, daß Josef S***** Pflege- und Betreuungsleistungen für den Kläger erbrachte, die der Erstbeklagte hätte erbringen müssen, sei allenfalls dem Josef S***** ein Anspruch gegen den Erstbeklagten nach § 1042 ABGB zuzugestehen, nicht jedoch dem Kläger. Habe dieser keinen Anspruch gegen den Erstbeklagten, so könne umsoweniger die Zweitbeklagte belangt werden.

Zufolge Berufung beider Beklagten hob das Gericht zweiter Instanz dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Dabei ging das Berufungsgericht von folgenden Erwägungen aus:

Dem Kläger sei im Erbübereinkommen vom 3.8.1977 sowie im Übergabsübertrag vom 23.8.1983 einerseits ein Wohnungsrecht eingeräumt worden, andererseits habe sich der Erstbeklagte darin zur Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen an den Kläger verpflichtet. Es handle sich dabei um Verträge zugunsten Dritter (EvBl 1971/35). Vertragszweck sei gewesen, die Unterkunft (Wohnung) und den Unterhalt des Klägers sicherzustellen. Die dem Kläger eingeräumten Rechte hätten demnach Ausgedingscharakter; der Kläger sei einem Ausgedingsberechtigten gleichzustellen und zur Geltendmachung der Klagsansprüche aktiv legitimiert.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (EvBl 1971/248 mwN) könne der Ausgedingsberechtigte in einem vom Ausgedingspflichtigen verschuldeten Unvergleichsfall die Ablösung des Naturalausgedinges in Geld verlangen. Ein solcher Unvergleichsfall sei dann verwirklicht, wenn dem Ausgedingsberechtigten der Genuß des Naturalausgedinges aufgrund des Verhaltens des Eigentümers der Übergabsliegenschaft billigerweise nicht mehr zumutbar sei (NZ 1989, 262 mwN). Der Anspruch auf Geldablösung eines Naturalausgedinges hänge somit vom Nachweis eines Verschuldens des Übernehmers ab (SZ 55/23 ua). Der Anspruch auf Geldersatz bestehe dabei unabhängig von einer entsprechenden Vorsorge im Übergabsvertrag (EvBl 1971/248).

Im konkreten Fall sei das Erstgericht davon ausgegangen, daß der Kläger aus freien Stücken von der Liegenschaft des Erstbeklagten weggezogen sei. Dabei habe es jedoch die vom Kläger zum Beweise seiner Prozeßbehauptung, es hätten auf der Liegenschaft des Erstbeklagten chaotische Zustände geherrscht, er sei vom Erstbeklagten psychisch terrorisiert und mißhandelt worden, angebotenen Beweismittel übergangen, weshalb schon aus diesem Grund das Verfahren mangelhaft geblieben sei. Dem diesbezüglichen Prozeßvorbringen und Beweisangebot des Klägers komme rechtserhebliche Bedeutung zu, weil es bei der Feststellung von Mißhandlungen des Klägers durch den Erstbeklagten letzterem als Verschulden anzulasten wäre, das den behaupteten Unvergleichsfall begründen könnte.

So wie sich der Anspruch auf Naturalunterhalt bei Verletzung der Unterhaltspflicht in einen Anspruch auf Unterhaltsgewährung in Geld verwandle, seien dem Kläger im Unvergleichsfall auch die geschuldeten Ausgedingsleistungen in Geld abzulösen (vgl SZ 55/23). Für die Bewertung der Geldrente sei der objektive Wert der jeweils geschuldeten Naturalleistung bestimmend (NZ 1982, 157). Soferne das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zur Bejahung des Unvergleichsfalls gelangen sollte, werde es daher die Bewertung der Geldrente vorzunehmen haben. Dazu werde auch noch auf die von den Beklagten erhobenen Einwendungen Bedacht zu nehmen seien.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das wurde damit begründet, daß die erhebliche Rechtsfrage zu lösen sei, ob das in einem Erbübereinkommen oder einem Übergabsvertrag weichenden Geschwistern eingeräumte Wohnrecht in Verbindung mit einer Sicherung des Unterhalts als Ausgedinge zu qualifizieren sei.

Gegen diese Entscheidung haben sowohl der Erstbeklagte als auch die Zweitbeklagte fristgerecht Rekurs erhoben. Beide streben primär die sofortige Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils an; hilfsweise möge dem Berufungsgericht der Auftrag erteilt werden, ohne weitere Verfahrensergänzung ein klagsabweisenden Urteil zu fällen.

Vom Kläger liegen dazu Rekursbeantwortungen mit dem Antrag vor, den Rechtsmitteln keine Folge zu geben.

Die Rekurse sind zulässig jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Rekurs des Erstbeklagten:

Er glaubt dem festgestellten Sachverhalt entnehmen zu können, daß dem Kläger kein aus Wohnungsrecht und Pflegeleistungen zusammengesetztes Ausgedinge eingeräumt wurde, sondern die Dienstbarkeit der Wohnung und - getrennt davon - ein moralischer Anspruch auf Pflege- und Betreuungsleistungen, wie er unter Geschwistern üblich sei. Für diese zuletzt genannten Pflege- und Betreuungsleistungen sei sogar - beseitige man eine dem Berufungsgericht in diesem Punkt unterlaufene Aktenwidrigkeit - ein Entgelt in Form der Überlassung des Hilflosenzuschusses festgelegt worden, sodaß sie der Erstbeklagte seit der Auszahlung des Hilflosenzuschusses an Josef S***** nicht zu erbringen habe. In keinem Fall lägen Rechte des Klägers vor, auf die sich die Regeln über den Unvergleichsfall anwenden ließen.

Diese rein formalistische Betrachtung der die Verpflichtungen des Erstbeklagten regelnden Vertragspunkte im Erbübereinkommen vom 3.8.1977 und im Übergabsvertrag vom 23.8.1983 läßt die durch § 914 ABGB gebotene Berücksichtigung des Vertragszweckes vermissen. Angesichts der schweren Behinderung des Klägers, die ihn zu einem lebenslangen Pflegefall macht, kann die dem Erstbeklagten zur Abgeltung von Erbteilsforderungen seiner Geschwister im Erbübereinkommen vom 3.8.1977 auferlegte Pflicht, dem Kläger eine gesicherte Unterkunft bereitzustellen, ihn in gesunden und in kranken Tagen zu betreuen und zu pflegen und ihm jeglichen Beistand angedeihen zu lassen, nur als Maßnahme zur umfassenden Daseinsvorsorge, letztlich - wie vom Berufungsgericht zutreffend erkannt - als Begründung einer Unterhaltsverpflichtung angesehen werden. Auch die Bekräftigung dieser Verpflichtung anläßlich der Übergabe des der Mutter des Klägers verbliebenen Eigentumsanteils an den Erstbeklagten am 23.8.1983 deutet in diese Richtung, war doch der Übergeberin offensichtlich daran gelegen, die verwandtschaftliche Sorge für den behinderten Kläger in die Hände des Erstbeklagten zu legen. Er sollte dafür mit der Zuwendung des Familienvermögens entlohnt werden.

Damit wurde zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten ein Rechtsverhältnis geschaffen, wie es für Ausgedingsberechtigte und Ausgedingspflichtige typisch ist. Die Leistung von Unterhalt, die Einräumung eines Wohnungsrechtes, persönliche Betreuung, die Bereitstellung von Speisen und die Pflege bei Krankheit gehören nämlich regelmäßig zum Inhalt eines Ausgedinges, wobei die genaue Festlegung der Leistungspflichten durchaus der Parteiendisposition unterliegt (vgl Petrasch in Rummel2, Rz 5 zu § 530 ABGB mwN; Klang in Klang2 II, 624 f). Kennzeichnend für ein solches Ausgedinge ist sein Versorgungscharakter (Hofmeister in NZ 1993, 182). Es soll, soweit der Berechtigte nicht über eigene Mittel und Möglichkeiten verfügt, seinen Lebensunterhalt gewährleisten, weshalb alle aus diesem Titel geschuldete Einzelleistungen unter diesem Aspekt zu betrachten und im Zweifel als Einheit zu behandeln sind (vgl EvBl 1979/168; SZ 55/58).

Nun ist zuzugeben, daß im konkreten Fall - von den Parteien des Erbübereinkommens und des Übergabsvertrages wahrscheinlich sogar ungewollt - die für ein Ausgedinge typische Begründung einer Reallast unterblieben ist. Das ändert jedoch nichts daran, daß eine umfassende Versorgung des Klägers beabsichtigt war, das ihm zugesagte Wohnungsrecht also nur ein Teil dieser einheitlichen Daseinsvorsorge sein sollte. Auch wenn daher nur das Wohnungsrecht des Klägers verbüchert wurde, was selbst neben der Verbücherung der Reallast des Ausgedinges möglich wäre (NZ 1993, 178/269), bedeutet dies nicht, daß diese Dienstbarkeit - im hier zu Rede stehenden Unvergleichsfall - anders behandelt werden müßte, als die sonstigen Versorgungsansprüche des Klägers. Daß die mangelnde Verbücherung eines Ausgedinges der Anwendung jener Regeln entgegenstünde, die Judikatur und Lehre für den Unvergleichsfall beim echten (als Reallast eingetragenen) Ausgedinge entwickelt haben, behauptet der Erstbeklagte selbst nicht. Tatsächlich ist wegen der inhaltlichen Vergleichbarkeit der Versorgungsansprüche des Klägers mit üblichen Ausgedingsrechten die Anwendung dieser Regeln zumindest analog geboten.

Warum der Erstbeklagte nicht rechtlich, sondern nur moralisch verpflichtet sein sollte, dem Kläger die versprochenen Pflege- und Betreuungsleistungen zukommen zu lassen, ist angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelung völlig unerklärlich. Der Erstbeklagte übersieht offensichtlich, daß er für die Übernahme dieser Versorgungspflicht erhebliche Vermögenszuwendungen erhalten hat. Auch die von ihm behauptete konditionale Verknüpfung seiner Betreuungspflichten mit der Überlassung des Hilflosenzuschusses des Klägers findet in den Verfahrensergebnissen keine Deckung. Der Vorwurf an das Berufungsgericht, es sei aktenwidrigerweise davon ausgegangen, der Erstbeklagte habe sich bedingungslos zur Pflege und Betreuung des Klägers verpflichtet und könne nur Anspruch auf einen "allenfalls" gewährten Hilflosenzuschuß erheben, ist unbegründet, weil sich diese Einschränkung eindeutig im Wortlaut des Erbübereinkommens vom 3.8.1977 findet und der Übergabsvertrag vom 23.8.1983 die Pflichten des Klägers "in Entsprechung des Erbübereinkommens" festlegt. Die gerügte Feststellung findet sich außerdem schon im Ersturteil.

Seine Passivlegitimation zieht der Erstbeklagte in Zweifel, weil Josef S***** die Betreuung seines behinderten Bruders übernommen habe und für diesbezügliche Unzulänglichkeiten daher allein Josef S***** verantwortlich sei; darüber hinaus könne der Erstbeklagte nicht zur Haftung für Versorgungsleistungen in Anspruch genommen werden, die nach Aufgabe seines Eigentums an der Übergabsliegenschaft am 27.11.1991 fällig geworden sind.

Zum ersten dieser Argumente, das in Wahrheit nicht die Passivlegitimation des Erstbeklagten, sondern die Aktivlegitimation des Klägers in Frage stellt, ist auszuführen, daß das behauptete Leistungsversprechen des Josef S*****, für den Unterhalt des Klägers aufzukommen (und gleichzeitig den Erstbeklagten von seinen Versorgungspflichten zu befreien), im festgestellten Sachverhalt keine Deckung findet. Die Aktivlegitimation könnte dem Kläger daher nur hinsichtlich der bereits abgelaufenen Leistungsperioden fehlen. Der Unterhaltscharakter der vom Erstbeklagten geschuldeten Versorgungsleistungen ließ jedoch auch für diesen Teil des Klagebegehrens die Aktivlegitimation des Klägers unberührt. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Berechtigte die Geldablöse des Naturalausgedinges im Unvergleichsfall auch für die Vergangenheit begehren kann (SZ 51/139). Für den Bereich des Unterhaltsrechtes wurde überdies ausgesprochen, daß der Anspruch auf Unterhalt für die Vergangenheit ungeachtet der Leistung des Fehlenden durch einen Dritten nicht verlorengeht, wenn dieser Dritte den Unterhalt nicht zur Tilgung des Anspruches gegen den Unterhaltsverpflichteten geleistet, sondern dem Unterhaltsberechtigten die Beträge geschenkt oder kurzfristig vorgeschossen hat (SZ 63/202; vgl auch ÖA 1992, 25). Letzteres ist nach der zitierten Judikatur im Zweifel anzunehmen, sodaß mangels widersprechender Verfahrensergebnisse auch im gegenständlichen Fall, bei dem im Grunde über Unterhaltsansprüche zu befinden ist, zu Recht von der Aktivlegitimation des Klägers ausgegangen wurde.

Das zweite Argument, mit dem der Erstbeklagte im Grunde selbst zugesteht, es sei immer um die Begründung einer Reallast des Ausgedinges zugunsten des Klägers gegangen, hat immerhin die Judikatur für sich, daß die persönliche Haftung für Reallasten den jeweiligen Eigentümer trifft, der Leistungspflichtige somit durch das Eigentum am dienenden Grundstück bestimmt wird (SZ 45/45; EvBl 1979/168 ua; Klang in Klang2 II, 619; Petrasch aaO, Rz 4 zu § 530 ABGB). Die dafür als Argument herangezogene Orientierung an der Verkehrsübung (§ 914 ABGB; NZ 1981, 35) würde diese Haftungseinschränkung sogar für den Besteller der Reallast nahelegen (obwohl ansonsten an seiner uneingeschränkten persönlichen Haftung schon aufgrund seiner Vertragsbeziehung zum Berechtigten nicht zu Zweifeln wäre), doch ist insoweit immer auf die Beurteilung des Einzelfalles abzustellen. Der stellt sich im gegenständlichen Fall - wie bereits erwähnt - so dar, daß die Versorgung eines lebenslang Behinderten im Verwandtenkreis sichergestellt werden sollte und der für diese Obsorge Ausersehene, der Erstbeklagte, dafür unter Umgehung anderer Geschwister die elterliche Landwirtschaft erhielt. Daß daran gedacht war, der Erstbeklagte könne sich von dieser Verpflichtung durch den Verkauf der Landwirtschaft befreien (ohne auch den Verkaufserlös mit den Geschwistern zu teilen), ist unter diesen Umständen nicht anzunehmen. Dabei sei dahingestellt, ob die Verbücherung der Versorgungsrechte des Klägers als Ausgedinge nur versehentlich oder absichtlich unterblieb. Auf eine Beendigung seiner Leistungspflicht durch Veräußerung der Landwirtschaft kann sich daher der Erstbeklagte nicht berufen.

Unabhängig davon hätte sich der Erstbeklagte, wenn er schon die Rechtsstellung eines Reallastpflichtigen für sich beansprucht, dem Kläger gegenüber dadurch schadenersatzpflichtig gemacht, daß er es verabsäumte, seine Versorgungspflicht durch die bücherliche Sicherstellung des Klägers auf seine Rechtsnachfolgerin zu überbinden. Er würde dann dem Kläger die streitgegenständlichen Geldabfindungen aus dem Titel des Schadenersatzes schulden.

Schließlich meint der Erstbeklagte, von einem Unvergleichsfall könne spätestens seit der Verpflichtung den Zweitbeklagten, den Kläger auf der Übergabsliegenschaft wohnen zu lassen und ihn dort zu betreuen, keine Rede mehr sein. So wie im Unterhaltsrecht eine Unterhaltspflichtverletzung zur Umwandlung der Naturalunterhaltsansprüche in Geldunterhaltsansprüche führt, läßt jedoch der einmal eingetretene Unvergleichsfall Geldansprüche des Ausgedingsberechtigten entstehen. Unabhängig davon bestreitet die Zweitbeklagte die ihr vom Erstbeklagten unterstellte Pflicht zur Versorgung des Klägers.

Der Rekurs des Erstbeklagten zeigt somit keine Beurteilungsfehler des Berufungsgerichtes auf; daß es nach dieser Beurteilung zur angeordneten Verfahrensergänzung zu kommen hat, bezweifelt der Erstbeklagte selbst nicht.

2. Zum Rekurs der Zweitbeklagten:

Sie gesteht zwar zu, daß Unterhaltsabsicherungen (in Form eines Anspruchs auf Pflege- und Betreuungsleistungen) in Verbindung mit einem Wohnungsrecht ein Ausgedinge darstellen, meint jedoch aus ihrer Sicht eine klare Unterscheidung zwischen den Ansprüchen des Klägers machen zu können, weil nur sein Wohnungsrecht verbüchert wurde und sie daher auch nur insoweit eine Sachhaftung treffe. Die für den Unvergleichsfall geltenden Regeln seien auf eine solche Dienstbarkeit nicht oder bestenfalls auf die Unbewohnbarkeit des Nutzungsobjektes anzuwenden, sodaß der Kläger von der Zweitbeklagten nur die Bereit- und Instandhaltung seines Zimmers im Haus E***** 13, nicht jedoch Geldersatz für das nicht in Anspruch genommene Wohnungsrecht verlangen könne.

Diesen Ausführungen ist insoweit zu folgen, als sich die Sachhaftung des Erwerbers einer Liegenschaft gemäß § 443 ABGB - von hier nicht in Frage kommenden Ausnahmen abgesehen - nur auf die im Grundbuch eingetragenen Lasten erstreckt. Da nur das Wohnungsrecht des Klägers verbüchert war, nicht jedoch die Reallast des Ausgedinges, ist aus der bloßen Rechtsnachfolge der Zweitbeklagten in das bücherliche Eigentum des Erstbeklagten keine Verpflichtung zur persönlichen Pflege und Betreuung des Klägers entstanden. Daran ändert auch nichts, sollten die Parteien des Erbübereinkommens vom 3.8.1977 sowie des Übergabsvertrages vom 23.8.1983 und der von ihnen zu Rate gezogene Vertragsverfasser der Meinung gewesen sein, mit dem Hinweis auf den Bestellungsvertrag im Text der Dienstbarkeitseinverleibung werde auch eine dingliche Sicherung der Betreuungsansprüche des Klägers erreicht. Aus § 443 ABGB ergibt sich nämlich eindeutig, daß die vom Liegenschaftserwerber übernommenen Lasten so zu tragen sind, wie sie sich aus dem Grundbuch ergeben. Die klare rechtliche Unterscheidung zwischen Dienstbarkeit und Reallast verbietet es überdies, ein als Dienstbarkeit der Wohnung eingetragenes Recht als Reallast des Ausgedinges zu behandeln (vgl Hofmeister in NZ 1993, 182).

Der Kläger hat sich jedoch ausdrücklich auf weitere Verpflichtungsgründe der Zweitbeklagten berufen, die unabhängig von der Sachhaftung zu prüfen sind. Der eine besteht in der Verpflichtungserklärung der Beklagten vom 7.4.1992, der andere im gesetzlichen Schuldbeitritt nach § 1409 ABGB.

Die Verpflichtungserklärung vom 7.4.1992 hält die Zweitbeklagte - von ihren sonstigen (bisher nicht geprüften) Einwendungen abgesehen - schon allein deshalb nicht für tragfähig, weil sie lediglich die Bereitstellung der Wohnung sowie die Pflege und Betreuung des Klägers auf der Übergabsliegenschaft ("im Hause E***** 13") zum Gegenstand gehabt habe. Sollte es so gewesen sein, wären die Klagsansprüche mit dieser Vereinbarung tatsächlich nicht zu begründen. Die Feststellungen dazu sind nicht eindeutig. Einerseits gingen die Vorinstanzen davon aus, die Zweitbeklagte habe sich (über den Wortlaut der in ON 50 des Aktes SW 190/84 BG Leibnitz erliegenden Urkunde hinaus ?) bereit erklärt, den Kläger mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes "auch" in die Wohnung und Betreuung im Hause Eichberg 13 zu übernehmen, was auf eine primäre Verpflichtung zur Geldabfindung hindeuten könnte, andererseits hat das Erstgericht in seinen Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung des Streitfalles die Rückkehr des Klägers auf die Übergabsliegenschaft als Bedingung des Versprechens der Zweitbeklagten gewertet (AS 133). Sollte diese Frage entscheidungsrelevant werden, wird im Rahmen der Verfahrensergänzung und/oder neuerlichen Entscheidung auf eine Klarstellung zu dringen sein. Des weiteren wäre zu erörtern und zu klären, ob die Verpflichtungserklärung der Zweitbeklagten auch jene Geldabfindungsansprüche abdeckt, die aus Leistungsansprüchen des Klägers vor Abschluß des Übergabsvertrages vom 27.11.1991 bzw vor Abgabe der Verpflichtungserklärung vom 7.4.1992 resultieren.

Die auf § 1409 ABGB gestützte Haftung läßt die Zweitbeklagte überhaupt unerwähnt. Auch die Vorinstanzen haben sich mit dieser Frage nicht beschäftigt, obwohl eine solche Haftung keineswegs ausgeschlossen erscheint. Die Judikatur nimmt den für die rechtsgeschäftliche Übernahme eines Vermögens oder eines Unternehmens normierten Schuldbeitritt des Übernehmers auch dann an, wenn ein landwirtschaftliches Unternehmen oder eine Einzelsache Gegenstand der Übernahme war, die im wesentlichen das einzige und gesamte Eigentum des Übergebers darstellte (Ertl in Rummel2, Rz 4 zu § 1409 ABGB mwN). Da in einem solchen Fall auch Verpflichtungen aus Dauerverträgen und künftige Unterhaltsforderungen übergehen können (Ertl aaO Rz 6 zu § 1409 ABGB mwN), ist die Inanspruchnahme der Zweitbeklagten für die vom Erstbeklagten dem Kläger aufgrund des Erbübereinkommens vom 3.8.1977 und des Übergabsvertrages vom 23.8.1983 geschuldeten Leistungen nicht von vorneherein unschlüssig. Die Tatbestandvoraussetzungen einer Schuldübernahme nach § 1409 ABGB (von denen insbesondere auf den notwendigen Wissensstand der Zweitbeklagten verwiesen sei; siehe Ertl aaO, Rz 4 und 7 zu § 1409 ABGB) bedürfen jedenfalls einer Überprüfung. Entscheidungsreif im Sinne einer Klagsabweisung, wie die Zweitbeklagte meint, ist die Sache keineswegs.

Aus allen diesen Gründen ist die vom Berufungsgericht als notwendig erachtete Verfahrensergänzung nicht zu umgehen; es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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