JudikaturJustiz5Ob52/22s

5Ob52/22s – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Mai 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. D*, als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen der B* GmbH, *, 2. O*, beide vertreten durch Dr. Pötzl Rechtsanwalts GmbH in Linz, wegen Grundbuchshandlungen ob der EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. Dezember 2021, AZ 46 R 175/21g, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 6. Mai 2021, TZ 1257/2021, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der von der Rechtspflegerin des Erstgerichts erlassene Beschluss, soweit er nicht im Umfang der Abweisung des Einverleibungsbegehrens mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist, im Übrigen, also hinsichtlich der Entscheidung über eine Vormerkung, aufgehoben und dem Erstgericht in diesem Umfang eine neuerliche Entscheidung durch den Richter aufgetragen wird.

Text

Begründung:

[1] D er Erstantragsteller ist der Insolvenzverwalter einer GmbH, die Alleineigentümerin einer Liegenschaft ist. Die Zweitantragstellerin ist eine luxemburgische Aktiengesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Gegenstand des V erfahrens war ursprünglich der Antrag auf Einverleibung eines Höchstbetragspfandrechts zugunsten der Zweitantragstellerin über 1.050.400 EUR im Rang einer Rangordnungsanmerkung. Zur Begründung ihres Grundbuchsantrags legten die Antragsteller die Pfandurkunde vom 12. 11. 2020, eine allgemeine Handlungsvollmacht der Zweitantragstellerin vom 1. 3. 2019, eine Bestätigung einer luxemburgischen Notarin und den Rangordnungsbeschluss des Erstgerichts vor.

[2] In der Allgemeinen Handlungsvollmacht heißt es auszugsweise:

„Allgemeine Handlungsvollmacht gemäß § 54 HGB

O*

[...]

im Folgenden „der Vollmachtgeber“

Herr D*,

geboren am *,

wohnhaft S*

im Folgenden „der Bevollmächtigte“.

Der vorgenannte Vollmachtgeber erteilt dem vorgenannten Bevollmächtigten folgende Allgemeine Handlungsvollmacht im Sinn des § 54 HGB:

Der Bevollmächtigte ist ermächtigt, die Geschäfte der O* zu betreiben, wobei sich diese Vollmacht auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen erstreckt, die die * mit sich bringt.

Die Vollmacht berechtigt zur Vertretung der Gesellschaft insbesondere

1. gegenüber Gerichten, Behörden und Dritten gerichtlich und außergerichtlich,

2. bei Rechtsgeschäften aller Art,

3. beim Erwerb oder der Veräußerung beweglicher Sachen und Rechte.

Die Vollmacht berechtigt auch zur Vertretung bei Grundgeschäften aller Art, einschließlich zur Veräußerung und Belastung von Grundeigentum und der im Zusammenhang damit eingegangenen Zahlungsverpflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen sowie zur Erteilung von Löschungsbewilligungen.

Die Vollmacht ist zeitlich nicht befristet und jederzeit widerruflich.

Der Bevollmächtigte ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit [...].

Im Außenverhältnis, insbesondere im Grundbuchsverkehr, ist die Vollmacht unbeschränkt und im Zweifel dahin auszulegen, dass sie zu sämtlichen Rechtshandlungen ermächtigt, die zum Betrieb des Handelsgewerbes des Vollmachtsgebers zweckdienlich sind.

Luxemburg, den 1. März 2019“.

[3] Die Handlungsvollmacht ist von O* und S* unterfertigt. Der darunter angebrachte Beglaubigungsvermerk hat neben Stampiglie und Unterschrift der Notarin sowie einer Apostille nach der Haager Beglaubigungskonvention nachstehenden Wortlaut:

„The undersigned Karine Reuter, notary public residing in Luxembourg hereby certifies the authenticity of the signature(s) apposed hereabove.“

[4] Die auf Gechäftspapier erstellte Bestätigung der Notarin hat nachstehenden Wortlaut und trägt ebenfalls neben Stampiglie und Unterschrift eine Apostille nach der Haager Beglaubigungskonvention:

Luxemburg, den 28. Januar 2021

Betreff O* – Bestätigung

Hiermit bestätige ich, Frau Karine Reuter, Notar mit Amtssitz in Luxembourg, dass die Herren O* und S* in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsratsmitglieder der Gesellschaft O*, eine luxemburgische Aktiengesellschaft, mit Gesellschaftssitz in *, eingetragen im Luxemburger Handels und Gesellschaftsregister unter der Nummer B180859, dazu berechtigt waren, die Allgemeine Handlungsvollmacht gemäß § 54 HGB, an Herrn D*, am 1. März 2019 zu unterzeichnen.

Die Beglaubigung meinerseits bezog sich auf einen Handelsregisterauszug der oben genannten Gesellschaft vom 28. März 2019.“

[5] Das Erstgericht wies – durch seine Diplomrechtspflegerin – den Grundbuchsantrag ab. Aus dem Beglaubigungsvermerk der Handlungsvollmacht gehe nicht hervor, wessen Unterschrift beglaubigt worden sei, die Angabe der Geburtsdaten der Unterschreibenden fehle. D er Beglaubigungsvermerk enthalte keinen Hinweis auf das Datum der Beglaubigung und die Übersetzung des Beglaubigungsvermerks fehle.

[6] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller, in dem sie die Abweisung des Begehrens auf Einverleibung unangefochten ließen, allerdings die Bewilligung der Vormerkung anstrebten, nicht Folge. Partei im grundbuchsrechtlichen Sinn sei nur die juristische Person als solche, weshalb es nicht der Angabe des Geburtsdatums der für sie handelnden Personen und dessen Beglaubigung bedürfe. Die vorgelegte Handlungsvollmacht erfülle zwar die Anforderungen des § 31 Abs 1 Z 6 GBG und sei auch von beiden Verwaltungsratsmitgliedern der Zweitantragstellerin beglaubigt unterfertigt. D ie Vollmacht und die Bestätigung der Notarin seien mit einer Apostille nach der Haager Beglaubigungskonvention versehen. Einer Überbeglaubigung bedürfe es daher nicht. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen dem Beglaubigungsvermerk selbst und der Apostille reiche es aus, dass das Datum nur bei letzterer beigefügt sei. Das Erstgericht habe aber zutreffend auf die fehlende Übersetzung des englischsprachigen Beglaubigungsvermerks hingewiesen. Sei eine Urkunde nicht in einer Sprache verfasst, in der Eingaben beim Grundbuchsgericht überreicht werden können, so müsse eine vollen Glauben verdienende Übersetzung beigebracht werden (§ 89 Abs 1 GBG), was sich auch auf einen fremdsprachigen Beglaubigungsvermerk beziehe. Fehle eine den vollen Glauben verdienende Übersetzung, sei das Gesuch zur Wahrung der Rangordnung mit dem Beisatz „bis zum Einlangen der Übersetzung“ anzumerken und dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Vorlage der Übersetzung zu bestimmen. Zur Behebung dieses Formmangels wäre vom Erstgericht ein Verbesserungsverfahren einzuleiten gewes en. D ie Antragsteller hätten diesen Verfahrensmangel aber weder gerügt noch den Formmangel durch Beibringung einer Übersetzung mit dem Rekurs beseitigt, weshalb das Formgebrechen nach § 82a Abs 5 GBG nicht heilen habe können. Die Abweisung sei daher zu Recht erfolgt.

[7] Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 30.000 EUR übersteigend, den Revisionsrekurs ließ es mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

[8] Gegen die Abweisung ihres im Einverleibungsbegehren enthaltenen Vormerkungsgesuchs wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass in diesem Umfang ihr Grundbuchsantrag bewilligt werden möge.

Rechtliche Beurteilung

[9] Aus Anlass des Revisionsrekurses ist ein schwerwiegender, einer Nichtigkeit gleichkommender Verfahrensmangel als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 1 GBG wahrzunehmen, weil die Vorinstanzen den Richtervorbehalt nach § 16 Abs 2 Z 6 RpflG nicht beachtet haben.

[10] 1.1. Gemäß § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn kein begründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten besteht (Z 2). Unter § 94 Abs 1 Z 2 GBG sind auch begründete Bedenken gegen das Bestehen und den Umfang der Vertretungsmacht dessen zu subsumieren, der eine Vertragsurkunde im Namen eines Vertragspartners unterschreibt (RIS Justiz RS0060604 [T16]).

[11] 1.2. Beurkundet ein Notar, die unterzeichnenden Personen seien „bevollmächtigt“, so ist dies nicht die Beurkundung einer Tatsache, sondern eine vom Notar aus der ihm vorliegenden, öffentlich beglaubigten Vollmacht gezogene rechtliche Schlussfolgerung, die nicht in der Bestimmung des § 89b NO gedeckt ist, weil sich diese ausdrücklich nur auf die Beurkundung von Tatsachen bezieht (RS0060652). So kann etwa mangels abschließender Definition des Inhalts der Handlungsvollmacht nach § 54 Abs 1 UGB allein die in die Bestätigung nach § 89b NO aufgenommene Bezeichnung „Handlungsvollmacht“ ohne weitere Erläuterungen keine verlässliche Auskunft über den im konkreten Fall erteilten Berechtigungsumfang geben (RS0060652 [T1]). Nach § 94 Abs 1 Z 2 GBG ist es vielmehr Aufgabe des Grundbuchgerichts, zu überprüfen, ob das rechtsgeschäftliche Handeln des Vertreters von dessen Vollmachtsumfang umfasst ist und die Vollmacht von dazu berechtigten organschaftlichen Vertretern erteilt wurde; andernfalls könnten etwaige Bedenken iSd § 94 Abs 1 GBG gar nicht erkannt werden (5 Ob 13/09m).

[12] 1.3. Gemäß § 16 Abs 2 Z 6 RpflG bleiben – auch in Grundbuchsachen – dem Richter Entscheidungen vorbehalten, bei denen ausländisches Recht anzuwenden ist, wobei es für das Wirksamwerden des Richtervorbehalts nach dieser Bestimmung ausreicht, dass die Notwendigkeit der Berücksichtigung einer ausländischen Rechtsvorschrift zumindest in Betracht kommt (RS0125906; 5 Ob 208/09p [zur Frage, ob die Beglaubigung der Unterschrift durch einen tschechischen Rechtsanwalt den Anforderungen des § 53 Abs 3 GBG entsprach]; 5 Ob 172/21m mwN).

[13] 2.1. Hier ist die Zweitantragstellerin und Pfandgläubigerin eine luxemburgische Aktiengesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Die von ihren Verwaltungsratsmitgliedern erteilte Handlungsvollmacht an den Bevollmächtigten, der die Pfandurkunde dann in ihrem Namen unterfertigt hat, wurde in Luxemburg ausgestellt, sie nimmt hinsichtlich des Umfangs der V ollmacht auf § 54 HGB und § 181 BGB (also deutsches Recht) Bezug. Der Beglaubigungsvermerk stammt von einer Luxemburger Notarin und ist (teilweise) in englischer Sprache abgefasst. Damit liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung iSd § 1 Abs 1 IPRG vor.

[14] 2.2. D as Erstgericht hatte daher anhand des nationalen Kollisionsrechts das anzuwendende materielle Recht zu ermitteln. Verweist dieses in eine ausländische Rechtsordnung, ist die Entscheidung nach § 16 Abs 2 Z 6 RpflG dem Richter vorbehalten.

[15] 2.3. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen, das § 10 IPRG bei der juristischen Person als Recht des Staates, in dem der Rechtsträger den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung hat, definiert. Die Frage der wirksamen organschaftlichen Vertretung der Zweitantragstellerin hat sich daher – aufgrund der im Grundbuchsverfahren ausschließlich relevanten Urkundenlage – hier nach luxemburgischen Recht zu richten (vgl 2 Ob 238/09p; RS0035225), zumal Art 1 Abs 2 lit g Rom I VO Fragen der organschaftlichen und der gewillkürten Stellvertretung aus ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Auch die Literatur geht davon aus, dass bei einem Gesuch einer ausländischen juristischen Person regelmäßig Richterzuständigkeit besteh t ( Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht 2 § 75 GBG Rz 26).

[16] 2.4. Für die Ermittlung des auf die Vollmacht selbst anzuwendenden Rechts ist – mangels ausdrücklicher oder schlüssiger Rechts wahl – § 49 IPRG heranzuziehen. Die Bestimmung erfasst als „gewillkürte Stellvertretung“ alle Vertretungsarten, die nicht als gesetzliche oder organschaftliche Vertretung anzusehen sind, mithin alle Vollmachtsvarianten und die Vertretung ohne Vollmacht (RS0077038 [T4]). In den Anwendungsbereich des Stellvertretungsstatuts fällt insbesondere die Frage, ob eine Vollmacht besteht und welchen Umfang sie hat (vgl RS0077560).

[17] 2.5. Nach § 49 Abs 1 IPRG sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der gewillkürten Stellvertretung im Verhältnis des Geschäftsherrn und des Stellvertreters zum Dritten nach dem Recht zu beurteilen, das der Geschäftsherr in einer für den Dritten erkennbaren Weise bestimmt hat. Ist das anzuwendende Recht nicht bestimmt worden, ist nach § 49 Abs 2 IPRG das Recht des Staates maßgebend, in dem der Stellvertreter nach dem dem Dritten erkennbaren Willen des Geschäftsherrn tätig werden soll; ist der Stellvertreter für mehrere Geschäftsherrn bestellt worden, so nach dem Recht des Staates, in dem er nach dem dem Dritten erkennbaren Willen des Geschäftsherrn regelmäßig tätig werden soll. Versagt auch diese Anknüpfung, ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Stellvertreter tätig wird (§ 49 Abs 3 IPRG).

[18] 2.6. Hier verweist die in deutscher Sprache formulierte Handlungsvollmacht auf § 54 des deutschen HGB und § 181 des BGB. Diese direkte Verweisung auf konkrete Vorschriften und die Verwendung einer bestimmten Sprache lässt erkennen, dass die Zweitantragstellerin iSd § 49 Abs 1 IPRG in für den Dritten erkennbarer Weise deutsches Recht als maßgeblich bestimmte (vgl auch RS0076626 [T1]). Zur Frage der Rechts und Handlungsfähigkeit der Zweitantragstellerin und der organschaftlichen Vertretungsmacht der Verwaltungsratsmitglieder ist hingegen auf das Personalstatut der Zweitantragstellerin, somit luxemburgisches Recht abzustellen. Damit kommt hier die Anwendung ausländischen Rechts jedenfalls in Betracht .

[19] 3.1. Ein vom Rechtspfleger in Überschreitung der im Gesetz eingeräumten Entscheidungsgewalt erlassener Beschluss und das ihm vorangegangene Verfahren, soweit es vom Rechtspfleger durchgeführt wurde, leiden an Nichtigkeit iSd § 477 Abs 1 Z 2 ZPO, sodass ein solcher Beschluss im Fall seiner Anfechtung aufzuheben ist. Die Nichtigkeit ist, auch wenn sie im Rechtsmittel nicht geltend gemacht wurde, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens wahrzunehmen (RS0007465 [T2]). Nunmehr folgt diese Konsequenz aus § 58 Abs 4 Z 2 iVm § 58 Abs 3 AußStrG und § 75 Abs 2 GBG (RS0007465 [T10]), wobei das Auß StrG den Begriff der Nichtigkeit vermeidet. Eine Sachentscheidung des Obersten Gerichtshofs scheidet in dieser Konstellation allerdings aus (5 Ob 172/21m).

[20] 3.2. Von der Aufhebung betroffen ist hier nur das – allein noch Gegenstand des Rekursverfahrens bildende – Begehren um Vormerkung, das als im Begehren um Einverleibung nach § 85 Abs 3 GBG stillschweigend mit umfasst anzusehen war, zumal die Antragsteller die Vormerkung nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben. Im Umfang der Abweisung des Einverleibungsbegehrens kann der Verfahrensmangel hingegen nicht mehr aufgegriffen werden, weil dem die Rechtskraft des erstinstanzlichen Abweisungsbeschlusses in diesem Umfang entgegensteht (vgl RS0041942 [T7, T11, T15, T17]).

Rechtssätze
8
  • RS0007465OGH Rechtssatz

    28. Februar 2023·3 Entscheidungen

    Nach ständiger Rechtsprechung des OGH leidet ein vom Rechtspfleger in Überschreitung der ihm vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsgewalt erlassener Beschluss und das ihm vorangegangene Verfahren, soweit es vom Rechtspfleger durchgeführt wurde, an einer Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 2 ZPO. Ein solcher Beschluss ist daher im Falle seiner Anfechtung aufzuheben. Die Nichtigkeit ist, auch wenn sie im Rechtsmittel nicht geltend gemacht wurde, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens wahrzunehmen. Entscheidungen des Rechtspfleger sind aber auch dann, wenn sie wegen Überschreitung der Entscheidungsbefugnis des Rechtspflegers nichtig sind, keineswegs wie "Nichturteile" ("Nichtbeschlüsse") rechtsunwirksam. Auch ein vom Rechtspfleger in Überschreitung seiner Kompetenz erlassener Beschluss ist daher der formellen Rechtskraft fähig und erwächst, wenn er nicht oder bloß mit einem unzulässigen Rechtsmittel angefochten wird, in Rechtskraft. In einem solchen Fall liegt nach Ablauf seiner Anfechtungsfrist ein rechtskräftiger Beschluss des Gerichtes vor, als dessen Organ der Rechtspfleger tätig geworden war. Wenn mit dieser Beschlussfassung das Verfahren abgeschlossen ist, ist auch die amtswegige Wahrnehmung der dem Beschluss anhaftenden Nichtigkeit - abgesehen vom Fall des § 42 Abs 2 JN - ausgeschlossen. Es kann sich daher auch von diesen Zeitpunkt an niemand auf die Nichtigkeit dieses Beschlusses berufen.