JudikaturJustiz5Ob195/12f

5Ob195/12f – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft des Hauses ***** (EZ ***** GB *****), vertreten durch FSK L (Fröhlich/ Kolar Syrmas/Karisch) Rechtsanwälte GbR in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. A*****, 2. Verlassenschaft nach R*****, vertreten durch den Erstbeklagten als erbantrittserklärten Erben, wegen 2.930,27 EUR sA (hier: Klageanmerkung gemäß § 27 WEG), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 11. Mai 2012, GZ 7 R 16/12t 7, womit über Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Graz Ost vom 19. Jänner 2012, GZ 220 C 322/11v 3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Zu 31/529 Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** GB *****, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 5 verbunden ist, und zu 46/529 Anteilen, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 8 verbunden ist, ist das Eigentumsrecht für M***** (in der Folge immer: Miteigentümerin) einverleibt.

Mit Mahnklage vom 9. 12. 2011 begehrt die klagende Eigentümergemeinschaft von den Beklagten für die Wohnungen Top 5 und 8 ziffernmäßig näher aufgeschlüsselte Beiträge für die Monate Juni bis einschließlich November 2011 in Gesamthöhe von 2.930,27 EUR und gemäß § 27 Abs 2 WEG die Anmerkung der Klage bei den oben bezeichneten Miteigentumsanteilen der Miteigentümerin.

Dazu brachte sie unter Bekanntgabe der Aktenzahlen der jeweiligen Verlassenschaftsverfahren vor, die Miteigentümerin sei am 17. 5. 2010 verstorben. Ihr Nachlass sei mit Beschluss des Bezirksgerichts Graz Ost vom 20. 10. 2011 dem Erstbeklagten und der R***** je zur Hälfte eingeantwortet worden. R***** sei ihrerseits am 18. 4. 2011 verstorben. Das Verlassenschaftsverfahren sei noch nicht beendet; der Erstbeklagte sei als erbantrittserklärter Erbe mit der Vertretung der Verlassenschaft betraut. Urkundliche Nachweise zu diesem Vorbringen legte die Klägerin nicht vor.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Klageanmerkung mit der Begründung ab, die Beklagten seien nicht bücherliche Eigentümer der Miteigentumsanteile, mit denen Wohnungseigentum verbunden sei.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung fehle, ob im Fall der Anmerkung einer Klage nach § 27 Abs 2 WEG vom Erfordernis des § 87 GBG abzusehen sei. Diese Frage würde sich allerdings dann nicht stellen, wenn die Anmerkung der Klage gegen die Verlassenschaft und/oder den Erben mangels grundbücherlicher Eintragung der Rechtsnachfolge an sich nicht zulässig wäre.

Das Rekursgericht verwies auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach das ex lege bestehende Vorzugspfandrecht nach § 27 Abs 2 WEG auch gegen den außerbücherlichen Eigentümer geltend gemacht werden könne. Die in den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs angestellten Überlegungen seien auch für den vorliegenden Fall des außerbücherlichen Eigentumserwerbs der Verlassenschaft nach § 547 ABGB und des Erben durch Einantwortung maßgeblich. Die Anmerkung der Klage gegen die Verlassenschaft und/oder den eingeantworteten Erben sei daher gemäß § 27 Abs 2 WEG noch vor der grundbücherlichen Eintragung der Rechtsnachfolge zulässig. Die Klägerin habe auch die mehrfache außerbücherliche Rechtsnachfolge der Beklagten unter Hinweis auf die Verlassenschaftsverfahren und den Einantwortungsbeschluss grundsätzlich schlüssig und nachvollziehbar dargestellt. Zum Beweis dieses außerbücherlichen Eigentumserwerbs habe sie allerdings keine Urkunden vorgelegt. Gemäß § 87 GBG bedürfe es jedoch der Vorlage entsprechender Urkunden. Zum Nachweis der Rechtsnachfolge des Nachlasses bzw des Erben genüge die Vorlage einer Amtsbestätigung, einer Einantwortungsurkunde und/oder einer Ausfertigung eines entsprechenden Gerichtsbeschlusses. Die Klägerin habe das Formgebrechen entgegen der ausdrücklichen Anordnung in § 82a Abs 5 GBG mit dem Rekurs nicht beseitigt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der klagenden Partei erhobene Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Voraussetzung dafür, dass das gesetzliche Vorzugspfandrecht des § 27 Abs 1 WEG dem Forderungsberechtigten zukommt, ist eine Geltendmachung der Forderung innerhalb von sechs Monaten mit Klage und der Antrag auf Anmerkung der Klage im Grundbuch beim Miteigentumsanteil des Beklagten. Dabei hat das über den Antrag auf Klageanmerkung entscheidende Gericht zu prüfen, ob eine Forderung schlüssig (5 Ob 242/07k wobl 2008/62 [ Call ]) geltend gemacht wird, für die das gesetzliche Vorzugspfandrecht überhaupt in Anspruch genommen werden kann (RIS Justiz RS0114276).

2. Zutreffend hat das Rekursgericht darauf verwiesen, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in bestimmten Fällen ohne eine Durchbrechung des § 21 GBG der durch § 27 Abs 1 WEG beabsichtigte Gesetzeszweck nicht erfüllt werden könnte. So wurde etwa für den Fall der Zwangsversteigerung ausgesprochen, dass das Vorzugspfandrecht auf dem Liegenschaftsanteil, dessen (außerbücherlicher) Eigentümer der Ersteher ist, ex lege besteht, wodurch das Intabulationsprinzip bereits durchbrochen sei. Daher stehe der Bewilligung der Anmerkung auch nicht der Umstand entgegen, dass noch der frühere Wohnungseigentümer einverleibt ist (5 Ob 207/00b wobl 2002/4 [zust Call ]). Für zulässig wurde ferner eine Klageanmerkung gemäß § 27 Abs 2 WEG noch vor der grundbücherlichen Berichtigung nach § 136 GBG gegen die in einen Verschmelzungsvorgang iSd §§ 96 f GmbHG übernehmende Gesellschaft erklärt (5 Ob 252/03z wobl 2004/77 [ Call ]).

3. Dem Rekursgericht ist auch darin beizupflichten, dass die in den genannten Vorentscheidungen angestellten Überlegungen auch für den hier behaupteten Fall des außerbücherlichen Erwerbs durch den Erben bzw für die Verlassenschaft gelten: Auch in diesem Fall könnte ohne Durchbrechung des § 21 GBG der durch § 27 Abs 1 WEG beabsichtigte Gesetzeszweck nicht erfüllt werden. Um diese vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigte Rechtsschutzlücke zu füllen, bedarf es daher der Zulassung einer Klageanmerkung gemäß § 27 Abs 2 WEG auch gegen den Erben, der durch die Einantwortung außerbücherlich Eigentum erwirbt (RIS Justiz RS0011263) bzw vor der Einantwortung gegen den ruhenden Nachlass (vgl RIS Justiz RS0008181).

Entgegen dem missverständlichen Rechtssatz in wobl 2008/62 ( Call ) hat der Senat in der Entscheidung 5 Ob 242/07k zu dieser Frage nicht explizit Stellung genommen, sondern darauf verwiesen, dass im konkreten Fall der Antrag auf Klageanmerkung einer Schlüssigkeitsprüfung nicht standhalte, weil die Klägerin die erforderliche Darstellung der notwendigerweise mehrfachen Rechtsnachfolge nicht nachvollziehbar gestaltet habe. In der Entscheidung 5 Ob 200/08k (wobl 2009/40) musste die hier interessierende Frage ebenfalls nicht beantwortet werden, weil auch dort das Vorbringen einer Schlüssigkeitsprüfung nicht standhielt: Die Klägerin hatte ua einen außerbücherlichen Eigentumserwerb durch die drei (im Anlassfall auch beklagten) Erben behauptet, dem allerdings die zwingende Bestimmung des § 12 Abs 2 WEG entgegenstand.

Hier hat die Klägerin jedoch die außerbücherliche Rechtsnachfolge schlüssig behauptet.

Das Rekursgericht ist daher zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass eine Klageanmerkung gemäß § 27 Abs 2 WEG grundsätzlich zulässig wäre.

4. Ebenso zutreffend ist das Rekursgericht allerdings davon ausgegangen, dass die eingeschränkten grundbuchsrechtlichen Kognitionsmöglichkeiten auch bei Bewilligung der Klageanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG durch das Prozessgericht zu beachten sind (RIS Justiz RS0117694; 5 Ob 74/10h), also der Antrag nach den Verfahrensvorschriften des Grundbuchrechts zu behandeln ist (5 Ob 261/04z SZ 2004/169 = wobl 2005/41 [ Call ]; 5 Ob 200/08k wobl 2009/40).

5. Es wäre daher an der Klägerin gelegen, die behauptete Rechtsnachfolge durch Vorlage von Urkunden zu bescheinigen. Das ergibt sich implizit auch aus der Entscheidung 5 Ob 252/03z, in welcher eine Amtsbestätigung des Firmenbuchgerichts über die eingetretene Gesamtrechtsnachfolge und den damit verbundenen außerbücherlichen Eigentumserwerb für ausreichend erachtet wurde.

6. Die Befürchtung im Revisionsrekurs, die klagende Partei könnte sich eine entsprechende Urkunde nicht oder nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 27 Abs 2 WEG beschaffen, ist unbegründet, zumal gemäß § 22 AußStrG im Außerstreitverfahren die Bestimmungen der Zivilprozessordnung unter anderem über „Akten“ sinngemäß anzuwenden sind, worunter § 219 ZPO zu verstehen ist (RIS Justiz RS0005803 [T9]). Der Eigentümergemeinschaft ist selbst bei fehlender Zustimmung der Verfahrensparteien iSd § 219 Abs 2 zweiter Satz ZPO ein Recht auf Einsicht und Abschriftnahme etwa des Beschlusses über die Einantwortung im Hinblick darauf zuzuerkennen, dass sie die entsprechenden Informationen und Urkunden für die Durchsetzung offener Forderungen gegen den Wohnungseigentümer, aber eben auch zur Geltendmachung des Vorzugspfandrechts benötigt (vgl zum rechtlichen Interesse auf Akteneinsicht Gitschthaler in Rechberger ³ § 219 ZPO mwN; s auch § 170 Geo).

7. Die vom Revisionsrekurs gewünschte Anwendung der Verbesserungsvorschriften der ZPO und nicht jener des GBG scheitert an dem bereits hervorgehobenen Umstand, dass die Vorschriften des Grundbuchrechts auch bei Bewilligung einer Klageanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG zu beachten sind. Zutreffend hat das Rekursgericht somit die Anwendbarkeit des § 82a Abs 5 GBG bejaht.

8. Dem unberechtigten Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Abgesehen davon, dass im Verfahren auf Klageanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG als Grundbuchsverfahren ein Kostenersatz nicht vorgesehen ist (5 Ob 285/00y; 5 Ob 261/04z), gebührt der klagenden Partei hier ein Kostenersatz schon deshalb nicht, weil ihr Revisionsrekurs erfolglos blieb.

Rechtssätze
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