JudikaturJustiz5Ob155/10w

5Ob155/10w – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Oktober 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragsteller 1. Wolfgang H*****, und 2. H***** KG, *****, beide vertreten durch Mag. Brigitta Hülle, diese vertreten durch Mag. Michaela Schinnagl, beide Funktionärinnen der Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen den Antragsgegner Ladislaus D*****, vertreten durch Doschek Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen §§ 16 iVm 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. April 2010, GZ 40 R 42/10p 20, mit dem über Rekurs der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 29. Dezember 2009, GZ 4 Msch 21/08y 15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Erstantragsteller mietete vom Antragsgegner mit Mietvertrag vom 30. 3. 2007 ein Geschäftslokal (Geflügelgeschäft und Imbissstube, in Hinkunft Lokal I), das er im Einverständnis mit dem Antragsgegner „sofort nach Anmietung“ an eine weitere Person, die das Lokal betreiben wollte, „verpachtete“. Am gleichen Tag trafen der Erstantragsteller und der Antragsgegner eine als „Option 4 Monate ab Datum“ bezeichnete schriftliche Vereinbarung über die Anmietung eines weiteren (nunmehr verfahrensgegenständlichen) Lokals des Antragsgegners (im Weiteren Lokal II) zu einer „Monatsmiete inklusive USt Euro 500,- + BK“ und Leistung von 25.500 EUR zuzüglich USt „für eine Übernahme des Geschäftslokals“. Das Lokal II war als Geflügelimbiss eingerichtet, zum damaligen Zeitpunkt aber schon seit zwei Jahren nicht mehr in Betrieb.

Mit Mietvertrag vom 6. 6. 2007 mietete der Erstantragsteller vom Antragsgegner das Lokal II mit dem Recht der Untervermietung, Weitergabe und sonstigen Überlassung, beginnend ab 1. 6. 2007 auf unbestimmte Zeit, zum „frei vereinbarten Hauptmietzins“ von 500 EUR monatlich inklusive USt. Schon mit Kaufvertrag vom 24. 5. 2007 erwarb der Erstantragsteller von einem Dritten Ausstattung und Inventar des Lokals II um pauschal 25.500 EUR. „Seit Beginn“ dieses Mietvertrags „vermietete bzw verpachtete“ der Erstantragsteller dieses Lokal an eine andere Person gegen monatlich 600 EUR inklusive USt und Betriebskosten, die unmittelbar danach den Lokalbetrieb eröffnete. Die Mietzinshöhe betreffend Lokal II hat der Erstantragsteller zu keinem Zeitpunkt bis zu dessen Übergabe, sondern erst Ende 2007 gerügt.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags für Lokal I war der Erstantragsteller arbeitslos und bezog Notstandshilfe, davor war er als Angestellter, Arbeiter oder geringfügig Beschäftigter tätig. Bei Abschluss des 2. Mietvertrags war er als Arbeiter bei seinem Vater beschäftigt.

Per 15. 6. 2009 übertrug der Erstantragsteller seine Mietrechte am Lokal II an die Zweitantragstellerin, wovon der Antragsgegner verständigt wurde.

Der Erstantragsteller beantragte gegenüber der Schlichtungsstelle festzustellen, in welchem Ausmaß die Hauptmietzinsvereinbarung vom 6. 6. 2007 betreffend das Lokal II das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe und im Sinn des § 16 Abs 8 MRG unwirksam sei; weiters, in welcher Höhe der Hauptmietzins zulässig gewesen sei und um welchen Betrag die Vorschreibungen von Juni 2007 bis Juli 2008 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden seien; schließlich wurde ein Rückzahlungsbegehren gestellt.

Der vereinbarte Hauptmietzins sei bezahlt worden, werde aber der Höhe nach bestritten. Bei der Ausmittlung des angemessenen Hauptmietzinses sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller an den Vormieter einen Betrag von 25.500 EUR an Ablöse geleistet habe, unter anderem für die Heizungsanlage und die Verfliesung. Der Antragsteller habe bei Unterfertigung des Mietvertrags kein Unternehmen betrieben, sondern erst über ein verpachtetes Mietobjekt verfügt, sodass der Abschluss des Mietvertrags als Gründungsgeschäft anzusehen sei. Ihn treffe daher keine Rügeobliegenheit nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG. Der Antragsteller habe das gegenständliche Lokal per 15. 6. 2009 an die (nunmehrige) Zweitantragstellerin weitergegeben, welche dem Verfahren beizuziehen sei.

Der Antragsgegner bestritt einen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang mit der Zahlung von 25.500 EUR. Es habe sich um ein Geschäftslokal in Gestalt einer gut eingeführten Imbissstube gehandelt, der Antragsteller könne auch einen Teil der Außenfassade für Reklamezwecke nutzen und es sei auf den Kündigungsgrund der Untervermietung und Weitergabe verzichtet worden. Der vereinbarte Mietzins sei daher nicht unangemessen. Im Übrigen habe der Antragsteller die Mietzinshöhe nicht rechtzeitig gerügt, obwohl er ab 1. 4. 2007 das gleichartige Lokal I des Antragsgegners gemietet und dieses Geschäft betrieben habe. Deshalb habe er den Mietvertrag für Lokal II nämlich schon als Unternehmer abgeschlossen.

Das Erstgericht wies alle Anträge ab. Der Antragsteller sei bei Abschluss des Mietvertrags für Lokal II als Unternehmer anzusehen gewesen, weshalb ihn die Rügeobliegenheit des § 16 Abs 1 Z 1 MRG treffe, der er jedoch nicht entsprochen habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs beider Antragsteller nicht Folge. Da es unstrittig zur Übertragung der hier gegenständlichen Mietrechte auf die (nunmehrige) Zweitantragstellerin Mitte 2009 gekommen und verfahrensgegenständlich auch der Antrag auf abstrakte Feststellung der Teilunwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung vom 6. 6. 2007 sei, sei diese durch die Entscheidung über die angemessene Mietzinshöhe unmittelbar in ihrer rechtlich geschützten Stellung betroffen. Sie falle daher unter den materiellen Parteibegriff des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG und sei dem Verfahren beizuziehen.

Bei bloßer Vermietung von Räumlichkeiten sei zwar die Unternehmereigenschaft erst bei Notwendigkeit einer Betriebsorganisation des Vermieters (also für etwa fünf Mietobjekte) erkannt worden. Bei Verpachtung einer organisierten Erwerbsgelegenheit liege aber schon im Verpachtungszeitpunkt denknotwendig die, und sei es erst zuvor durch den Verpächter (wie hier) durch Zusammentragen der Unternehmensbestandteile geschaffene Erwerbsgelegenheit vor. Andernfalls gäbe es nichts zu verpachten. Selbst die Verpachtung eines erst zu eröffnenden Unternehmens liege nur bei Zurverfügungstellung der betriebsfähigen Unternehmensbestandteile vor. Die Anmietung des Lokals I sei noch als Gründungsgeschäft anzusehen. Ab dem Zeitpunkt dessen Verpachtung sei der Erstantragsteller aber als Unternehmer tätig gewesen und habe auch Lokal II nicht bloß als Geschäftsraum untervermietet, sondern verpachtet. Der Erstantragsteller sei am Erfolg des in seinem Eigentum stehenden Unternehmens interessiert, sodass er spätestens bei der ersten Verpachtung als Unternehmer anzusehen gewesen sei. Ihn habe deshalb im Zeitpunkt des zweiten, kein Gründungsgeschäft im Sinne des § 343 Abs 3 UGB mehr darstellenden Mietvertragsabschlusses für Lokal II die Rügeobliegenheit des § 16 Abs 1 Z 1 MRG getroffen, der er nicht nachgekommen sei.

Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 10.000 EUR übersteigend. Den Revisionsrekurs erklärte es für zulässig, da zur Frage der Rügeobliegenheit eines Geschäftsraummieters, der neuerlich für ein weiteres von ihm zu verpachtendes Unternehmen Räumlichkeiten anmiete, eine Rechtsprechung des Höchstgerichts fehle.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs beider Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Antragsstattgebung, hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung.

Dem tritt der Antragsgegner in seiner Revisionsrekursbeantwortung entgegen, in der primär die Zurück , in eventu Abweisung des gegnerischen Rechtsmittels beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig und berechtigt , weil die Rechtsansicht der Vorinstanzen zur Unternehmereigenschaft des Erstantragstellers im Sinne des § 16 Abs 1 Z 1 MRG korrekturbedürftig ist.

1.1. Unstrittig ist, dass dem Erstantragsteller vom Antragsgegner als Vermieter ein Weitergaberecht eingeräumt wurde, von dem durch Übertragung der Mietrechte an die Zweitantragstellerin per 15. 6. 2009 auch Gebrauch gemacht wurde. Die Vertragsübernahme tritt dann ein, wenn dem Vermieter der Übergang der Rechte und Pflichten bekannt gegeben wurde (RIS Justiz RS0032747; RS0032700). Eine solche Bekanntgabe an den Antragsgegner wurde von diesem gar nicht bestritten und ergibt sich auch aus der Zustellung einer Gleichschrift des Schriftsatzes ON 13 (samt Beilagen) an ihn. Seither ist die Zweitantragstellerin als Mieterin des Lokals II aufgrund des Mietvertrags vom 6. 6. 2007 anzusehen.

1.2. Die Bestimmung des § 234 ZPO, wonach die Veräußerung der streitverfangenen Sache auf den Prozess keinen Einfluss hat, ist im außerstreitigen Verfahren nicht anzuwenden (RIS Justiz RS0108771 [T1]; M. Mohr in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht § 37 MRG Rz 89 mwN). Bei einem in die Zukunft weisenden Begehren ist im Fall eines Eigentümerwechsels während des Verfahrens von Amts wegen der Rechtsnachfolger beizuziehen. Kommt es nach einem Verfahren vor der Schlichtungsstelle zur Rechtsnachfolge erst während des gerichtlichen Verfahrens, so schadet es nicht, dass der Erwerber dem Verfahren vor der Schlichtungsstelle nicht beigezogen war (RIS Justiz RS0108771).

Zu Recht ist daher das Rekursgericht davon ausgegangen, dass (auch) die Übernehmerin der Mietrechte (als Zweitantragstellerin) dem Verfahren beizuziehen ist, weil ihre Interessen durch eine stattgebende Entscheidung über die ua begehrte Feststellung der Teilunwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung vom 6. 6. 2007 als neue Vertragspartnerin des Antragsgegners unmittelbar berührt werden könnten. Der vorliegende Antrag besitzt auch Wirkung für die Zeit vor der Übertragung der Mietrechte auf die Zweitantragstellerin und hat deshalb weiterhin auch Bedeutung für den Erstantragsteller.

Beiden Antragstellern kommt deshalb im Einklang mit ihrer materiellrechtlichen Stellung auch die Parteistellung zu (vgl 5 Ob 87/89 = WoBl 1990/6 [zust Würth ]).

2.1. Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass der in § 16 Abs 1 Z 1 MRG verwendete Begriff des Unternehmers mit jenem in § 1 KSchG gleichzusetzen ist; die Rügeobliegenheit des Geschäftsraummieters besteht also nur dann, wenn der Mietvertragsabschluss „zum Betrieb seines Unternehmens gehört“, gleichzeitig aber kein Geschäft vorliegt, das „eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebs ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen hiefür tätigt“ (§ 1 Abs 1 Z 1 und Abs 3 KSchG). Ein Mietvertragsabschluss, der sich als Gründungsgeschäft eines angehenden Unternehmers darstellt, lässt also eine Mietzinsüberprüfung nach Maßgabe des § 16 Abs 1 Z 1 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG auch ohne unverzügliche Rüge des Unternehmers zu (RIS Justiz RS0109568). Die Ausnahmeregelung des § 1 Abs 3 KSchG gilt nicht nur für das erste Gründungsgeschäft, das der zukünftige Unternehmer tätigt, sondern für all die Geschäfte, die zur Aufnahme des Betriebs erforderlich sind (RIS Justiz RS0117660 = 3 Ob 180/02w).

Eine Analogie des Unternehmerbegriffs in § 16 Abs 1 Z 1 MRG zum Unternehmerbegriff des Umsatzsteuergesetzes wird wegen des andersartigen Regelungszwecks dieses Gesetzes abgelehnt (RIS Justiz RS0109569 = 5 Ob 20/98x = SZ 71/19).

2.2. Für den Unternehmerbegriff des KSchG ist kein bestimmtes Mindestmaß an geschäftlicher Tätigkeit erforderlich, sondern nur die Regelmäßigkeit und Methodik der ausgeübten Tätigkeit maßgeblich (vgl RIS Justiz RS0065380). Eine bestimmte Betriebsgröße der Unternehmen des § 1 KSchG, ein Mindestkapital oder eine sonstige Mindestorganisation sind nicht erforderlich ( Kathrein in KBB 3 § 1 KSchG Rz 3). Maßgeblich ist nur, dass sich eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit in Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft als unternehmerisch darstellt, weil die Beurteilung als Verbrauchergeschäft nur vom funktionellen Verhältnis zwischen den Streitteilen abhängt (RIS Justiz RS0065309). Es muss zur Beurteilung der Anwendbarkeit der Vorschrift über das Verbrauchergeschäft konkret geprüft werden, ob sich eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit einer Person in Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft mit einer bestimmten Person wegen der auch dazu erforderlichen dauernden Organisation als unternehmerisch darstellt, weil die Beurteilung als Verbrauchergeschäft nur von dem funktionellen Verhältnis zwischen den Streitteilen abhängt (RIS Justiz RS0065241).

2.3. Als Unternehmer im Sinne des KSchG wird ein Bestandgeber anzusehen sein, wenn die Beschäftigung von dritten Personen (zB eines Hausbesorgers), das Vorliegen einer Mehrzahl dauernder Vertragspartner (Mehrzahl von Mietverträgen, die eine nach kaufmännischen Grundsätzen geführte Buchhaltung erfordert), und/oder längerfristige Vertragsbindungen bestehen und die Einschaltung von anderen Unternehmen oder Erfüllungsgehilfen erforderlich ist (RIS Justiz RS0065317; Kosesnik-Wehrle in Kosesnik Wehrle , KSchG³ § 1 Rz 8; Mayrhofer/Nemeth in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang³ § 1 KSchG Rz 34; Dehn in Krejci , RK UGB § 1 Rz 26). Als annähernde Richtzahl für die Mehrzahl von Vertragspartnern wurde angenommen, dass der private Hauseigentümer (noch) als Verbraucher anzusehen sei, wenn in seinem Haus nicht mehr als fünf Mietgegenstände in Bestand gegeben werden (RIS Justiz RS0065317 [T1]; SZ 53/103; 7 Ob 105/99p = immolex 2000, 100; Kathrein aaO Rz 5). Allein deshalb, weil sich jemand keiner Hilfspersonen oder keines Erfüllungsgehilfen bedient, ist er aber nicht zwingend als Verbraucher anzusehen (RIS Justiz RS0065317 [T2]). Es sind jeweils die Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen (RIS Justiz RS0065317 [T3]). All das gilt auch für den Untervermieter (7 Ob 105/99p).

Die Beweislast dafür, dass die Bewirtschaftung einer Liegenschaft oder von Bestandobjekten keine dauernde Organisation erforderlich macht und deshalb ein Privatgeschäft auf seiner Seite vorliegt, trifft den selbstverwaltenden Eigentümer bzw Verfügungsberechtigten (RIS Justiz RS0065394), sofern sich die Eigenschaft als Verbraucher nicht ganz klar aus den Umständen ergibt (RIS Justiz RS0065264).

2.4. Wird ein Unternehmen verpachtet, ist nur der Pächter während der Dauer der Pacht als Unternehmer gemäß § 1 Abs 1 KSchG anzusehen, weil er das Unternehmen betreibt und Dritten gegenüber als Vertragspartner auftritt (4 Ob 137/91 = RIS Justiz RS0061195 = SZ 64/177; 1 Ob 778/81 = RIS Justiz RS0065350 = SZ 55/51; vgl auch 5 Ob 290/70 = RIS Justiz RS0087499 = SZ 43/238; Mayrhofer/Nemeth aaO Rz 46; Artmann/Herda in Jabornegg/Artmann , Kommentar zum UGB § 1 Rz 11; Dehn aaO Rz 7).

3. Zu klären ist daher, ob der Erstantragsgegner bei Abschluss des Mietvertrags für Lokal II als Unternehmer im Sinn von § 1 Abs 1 Z 1 und Abs 2 KSchG anzusehen war oder nicht. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt 6. 6. 2007 an, weil die (am 30. 3. 2007 für die Anmietung des Lokals II vereinbarte) Option als vertraglich begründetes Gestaltungsrecht definiert wird, ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen (RIS Justiz RS0115633 [T2]; RS0017078; RS0019191), sodass dieses erst mit Ausübung der Option (und nicht schon mit deren Vereinbarung) zustande kommt.

3.1. Zum Lokal I steht nur fest, dass darin ein Geflügelgeschäft mit Imbisslokal betrieben wurde und dass es der Erstantragsteller „sofort nach Anmietung“ an einen Dritten „verpachtete“; Näheres zum Inhalt des Pachtvertrags (Gegenstand, Betriebspflicht, Rückstellungsverpflichtung) blieb ungeklärt. Der Sachverhalt bietet auch keine Grundlage dafür, der Erstantragsteller habe im Lokal I je ein Unternehmen betrieben oder das vor Abschluss des Mietvertrags dort geführte Unternehmen erworben; ebenso wenig dafür, der Erstantragsteller habe die Geschäftseinrichtung dafür angeschafft.

Unterstellt man dennoch im Sinn der Rechtsmeinung des Rekursgerichts und des Antragsgegners den Abschluss einer Unternehmenspacht durch den Erstantragsgegner mit dem Dritten, ginge dadurch aber (wie zu Punkt 2.4. dargelegt) eine allenfalls zu bejahende Unternehmerstellung des Erstantragsgegners in Verbindung mit dem Lokal I verloren.

Soweit sich das Rekursgericht auf die Entscheidung 4 Ob 137/91 (= SZ 64/177) und die daraus wörtlich wiedergegebene Passage beruft, wird übersehen, dass es dabei um die Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Legitimation zum Einschreiten im Sinne des § 2 UWG ging (vgl RIS Justiz RS0079467), sodass diese Ausführungen für die hier zu beurteilende Frage nicht einschlägig sind.

Weder mit der Vorbereitung noch mit dem Eingehen eines Pachtvertrags zum Lokal I kann daher die Qualifikation des Erstantragstellers als Unternehmer beim späteren Abschluss des Mietvertrags für Lokal II begründet werden. Für die Annahme einer aus einer anderen Tätigkeit des Erstantragstellers ableitbare Qualifikation als Unternehmer vor dem 6. 6. 2007 bietet der festgestellte Sachverhalt aber keinen Anlass.

3.2. Zum streitgegenständlichen Mietvertrag für Lokal II steht zwar fest, dass der Erstantragsteller die Geschäftseinrichtung und ausstattung von einer vom Antragsgegner verschiedenen Person erwarb; allerdings war der davor (nur für etwa 10 Monate geführte) Betrieb eines Geflügelimbisslokals schon seit etwa 2 Jahren eingestellt, der erst vom Vertragspartner des Erstantragstellers nach der Übergabe des Lokals wieder aufgenommen wurde. Die Führung dieses Betriebs durch den Erstantragsteller ist daher ausgeschlossen.

Selbst wenn man ungeachtet der unklaren Feststellung des Erstgerichts zur Art des Bestandvertrags („vermietete bzw verpachtete“: S 8 des Ersturteils) auch für Lokal II mit Rücksicht auf die Judikatur, wonach die Möglichkeit der Verpachtung eines Unternehmens vor der Betriebsaufnahme nicht ausgeschlossen werden könne (RIS Justiz RS0020269; RS0020581; RS0029483; RS0020528), die Vereinbarung einer Unternehmenspacht zwischen dem Erstantragsteller und dem späteren Betreiber des Geflügelimbisslokals II annehmen wollte, wäre für den Antragsgegner nichts gewonnen. Auch in diesem Fall könnte nämlich abermals aus dem Betrieb des verpachteten Unternehmens nicht die Stellung des Erstantragstellers als Unternehmer im Sinn des § 1 KSchG abgeleitet werden (vgl Punkt 2.4.).

3.3. Damit bleibt nur mehr die Möglichkeit, den Erstantragsteller wegen des Umstands, dass er (ursprünglich) zwei Mietverträge eingegangen ist, um die beiden Objekte selbst wieder sei es in Gestalt von Pacht oder Untermiete weiter zu geben, als Unternehmer anzusehen.

Auch wenn nach der Judikatur betont wird, dass das Abstellen ua auf fünf in Bestand gegebene Objekte als bloße Richtzahl zu werten ist, und eine Gesamtbetrachtung der Faktoren vorzunehmen ist, verlangt schon der Abschluss von nur zwei derartigen Verträgen die Verneinung einer solchen Qualifikation. Angesichts dieser geringen Anzahl ist nämlich weder von der Notwendigkeit einer besonderen, dauernden Organisation und Methodik dieser, wohl auf Gewinn ausgerichteten Tätigkeit auszugehen noch vom Erfordernis der regelmäßigen Beiziehung anderer Unternehmen, Personen oder von Erfüllungsgehilfen. Da die Kriterien für die Behandlung eines mehrfachen Bestandgebers als Unternehmer deshalb beim Erstantragsteller nicht erfüllt sind, ist von seiner Eigenschaft als Verbraucher beim Eingehen des Mietvertrags vom 6. 6. 2007 für Lokal II auszugehen. Überlegungen zum Gründungsgeschäft nach § 1 Abs 3 KSchG erübrigen sich daher.

4. Der Erstantragsteller konnte eine unternehmerische Rügeobliegenheit nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG somit gar nicht verletzen, weshalb seine Geltendmachung der (Teil )Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung vom 6. 6. 2007 durch den Antrag bei der Schlichtungsstelle nach § 16 Abs 8 MRG vom 7. 2. 2008 fristgerecht erfolgte.

Daher bedarf es einer Auseinandersetzung mit der Höhe des angemessenen Hauptmietzinses, was zur Aufhebung der abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen und zur entsprechenden Ergänzung des erstgerichtlichen Verfahrens führen muss. Dem Revisionsrekurs war daher im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben.

5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Erst mit der endgültigen Sachentscheidung können die gebotenen Billigkeitserwägungen angestellt werden (RIS Justiz RS0123011 [T1]).

Rechtssätze
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