JudikaturJustiz5Ob151/12k

5Ob151/12k – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** S*****, 2. H***** S*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Robert Fuchs, Rechtsanwalt in St. Valentin, gegen die beklagte Partei S***** S*****, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, wegen Feststellung (12.000 EUR), Herausgabe (1.000 EUR), Beseitigung (1.000 EUR) und Unterlassung (1.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 25. Juni 2012, GZ 1 R 86/12s 14, womit der Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 9. Mai 2012, GZ 1 R 86/12s 8, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 897,72 EUR (darin 149,62 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Landesgericht Steyr wies die Klage a limine mit der Begründung zurück, dass über den von den Klägern geltend gemachten Anspruch bereits in einem Verfahren vor dem Bezirksgericht Enns rechtskräftig abgesprochen worden sei. Über Rekurs der Kläger hob das Oberlandesgericht Linz mit Beschluss vom 9. 5. 2012, GZ 1 R 86/12s 8, den Beschluss über die Zurückweisung der Klage auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens auf. Dieser Beschluss wurde auch dem Beklagtenvertreter zugestellt.

Die Beklagte erhob hierauf gegen diesen Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 9. 5. 2012 einen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof, den das Oberlandesgericht Linz zurückwies und den Klägern Kosten für die erstattete Revisionsrekursbeantwortung zuerkannte. Die Grundsätze des Judikats 61 neu (= SZ 27/290) würden für alle Fälle, in denen das Erstgericht die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen vor Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen und das Rekursgericht dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens aufgetragen habe, gelten. Gegen einen solchen a limine gefassten Zurückweisungsbeschluss habe die bislang am Verfahren nicht beteiligte gegnerische Partei kein Rekursrecht. Die Revisionsrekursbeantwortung der Kläger sei zweckmäßig und daher auch zu honorieren.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Zurückweisungsbeschluss des Gerichts zweiter Instanz ersatzlos zu beheben und ihrem Revisionsrekurs im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Klagezurückweisungsbeschlusses Folge zu geben.

Die Kläger begehren in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat hiezu erwogen:

1. Handelt das Gericht zweiter Instanz bei der Zurückweisung eines an den Obersten Gerichtshof gerichteten (Revisions )Rekurses als Durchlaufgericht, so kommen die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO nicht zum Tragen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 514 Abs 1 ZPO auch dann bekämpfbar, wenn in der Sache der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig wäre (RIS Justiz RS0044507 [T9 und T10]; RS0112633 [T3]; RS0044005; 6 Ob 225/09w; 2 Ob 56/11s; Zechner in Fasching / Konecny ² IV/1 § 523 ZPO Rz 1; Kodek in Rechberger ZPO 3 § 519 Rz 6). Der Rekurs der Beklagten gegen die Zurückweisung ihres Rechtsmittels durch das Gericht zweiter Instanz ist damit unabhängig von den sonst gegebenen Beschränkungen zulässig (vgl RIS Justiz RS0044547); er ist aber nicht berechtigt.

2. Zutreffend hat das Gericht zweiter Instanz darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof seit dem Judikat 61 neu (= SZ 27/290) in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz vertritt, dass der Beklagte einen Beschluss der zweiten Instanz, mit dem die erstgerichtliche Zurückweisung einer Klage a limine litis aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage aufgetragen wurde, nicht anfechten kann (RIS Justiz RS0039200; Zechner in Fasching/Konecny ² IV/1 Vor §§ 514 ff Rz 77 mwN; Mayr in Fasching/Konecny 2 § 230 ZPO Rz 6; Stumvoll in Fasching/Konecny 2 § 87 ZPO Rz 13 mwN). Dieser Grundsatz gilt für alle a limine Zurückweisungen von Klagen (3 Ob 69/92; 8 ObA 46/06g), also auch für den Fall der Zurückweisung wegen des wie hier vom Erstgericht angenommenen Prozesshindernisses der rechtskräftig entschiedenen Sache. Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin war sie im Vorprüfungsverfahren über die Klage noch nicht Partei des gerichtlichen Verfahrens. Daran vermag auch die Zustellung der Klage an sie gleichzeitig mit der Entscheidung des Rekursgerichts nichts zu ändern. Maßgebender Zeitpunkt ist hier die Beschlussfassung erster Instanz (6 Ob 222/04x mwN). Weder die zuvor erfolgte Vollmachtsanzeige des Vertreters der Beklagten noch die auf dessen Ersuchen durchgeführte Übersendung von Aktenkopien können die für die Streitanhängigkeit (§ 232 ZPO) erforderliche Zustellung der Klage ersetzen. Erst mit der formellen Zustellung der Klage wird der Beklagte in das Prozessrechtsverhältnis einbezogen und so Partei des Verfahrens ( Fasching in Fasching 2 Einl I Rz 134).

3. Nach überwiegender Lehre (s dazu Mayr in Rechberger ZPO 3 § 41 JN Rz 3; Ballon in Fasching 2 I § 46 JN Rz 6 f jeweils mwN) und herrschender Rechtsprechung (RIS Justiz RS0039200) entfaltet ein a limine gefasster Zurückweisungsbeschluss keine Bindungswirkung für den Beklagten. Daher steht dem Beklagten im fortgesetzten Verfahren grundsätzlich die Möglichkeit offen, das Fehlen von Prozessvoraussetzungen einredeweise geltend zu machen (vgl Mayr aaO Rz 6). Damit geht regelmäßig ein erhöhter Rechtsschutz einher, sodass der Verweis der Beklagten auf Art 6 Abs 1 MRK keinen Anlass bietet, von der herrschenden Rechtsprechung abzugehen.

4. Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz über den Kostenpunkt und zwar sowohl über die Verpflichtung zum Kostenersatz als auch über die ziffernmäßige Festsetzung des Kostenbetrags sind grundsätzlich und ausnahmslos unzulässig ( Kodek in Rechberger ZPO 3 § 528 Rz 36; RIS Justiz RS0044233 [T11, T22]; 6 Ob 36/09a). Soweit sich der Rekurs auch (eventualiter) gegen die Kostenentscheidung des Gerichts zweiter Instanz wendet, ist er daher nicht zulässig (vgl auch RIS Justiz RS0017148). Darauf ist inhaltlich nicht einzugehen.

5. Damit kommt dem Rekurs der Beklagten insgesamt keine Berechtigung zu. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht daher auf §§ 41, 50 Abs 1 und 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
6