JudikaturJustiz3Ob20/97f

3Ob20/97f – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Juli 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) L*****, 2.) Andreas P*****, beide vertreten durch Dr.Erhard Hackl und Dr.Karl Hatak, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) Harald H*****, 2.) Maria Rita H*****, beide vertreten durch Dr.Michael Buresch und Dr.Ilse Korenjak, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch und Änderung eines Abtretungsvertrages infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25.Oktober 1996, GZ 12 R 171/96t-11, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 18.Juli 1996, GZ 7 C 7/96f-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind wie weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz zu behandeln.

Text

Begründung:

Die Beklagten waren Gesellschafter der Firma S***** GmbH mit Sitz in Wien, und zwar der erste Beklagte mit einem einer voll einbezahlten Stammeinlage von S 125.000,- und die zweite Beklagte mit einem einer voll einbezahlten Stammeinlage von S 75.000,- entsprechenden Geschäftsanteil. Mit dem zwischen den Streitteilen als Notariatsakt geschlossenen Abtretungsvertrag von 28.12.1994 wurden diese Geschäftsanteile an die klagende GmbH abgetreten, wobei der Abtretungspreis S 250.000,- einerseits und S 150.000,- andererseits betrug und Ratenzahlung vereinbart wurde. Der zweite Kläger übernahm als Privatperson die Verpflichtung zur Bezahlung des Abtretungspreises von insgesamt S 400.000,- als Bürge und Zahler. Auf die Forderung des ersten Beklagten wurden von der Klägerin S 166.666,66 und auf die Forderung der zweiten Beklagten S 100.000,-

bezahlt. Mit den Beschlüssen des Erstgerichtes vom 7.2.1996, 7 E 424/96k und 7 E 425/96g-2 wurden den Beklagten gegen die Kläger auf Grund des vollstreckbaren Notariatsaktes vom 28.12.1994 zur Hereinbringung von Kapitalforderungen von S 83.333,33 bzw S 50.000,-

die Forderungsexekution nach § 294 EO, die Forderungsexekution nach § 294 a EO sowie die Fahrnisexekution jeweils mit einer Maßgabe bewilligt.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger zu Punkt 1.) das Urteil, der Anspruch gegen die Kläger aus dem Abtretungsvertrag vom 28.9.1994, zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt worden sei, sei erloschen und die Exekutionen würden für unzulässig erklärt. Zu Punkt

3.) wird die Änderung des zwischen den Beklagten und der klagenden GmbH als Notariatsakt geschlossenen Abtretungsvertrags vom 28.12.1994 in seinem Punkt 2 dahin begehrt, daß der Abtretungspreis für den Geschäftsanteil des ersten Beklagten S 120.000,- und der Abtretungspreis für den Geschäftsanteil der zweiten Beklagten S 70.000,- beträgt. Weiters wird die Abänderung des Vertrages in dessen Punkt 4 dahin begehrt, daß dieser zur Gänze entfällt. Hilfsweise (zu Punkt 3.) wird der Ausspruch begehrt, daß der Abtretungsvertrag in seiner Gesamtheit rückwirkend aufgehoben werde. Wiederum in eventu dazu wird das Urteil begehrt, die von den Klägern als Gesamtgläubigerin geltend gemachte Schadenersatzforderung gegenüber dem ersten Beklagten im Ausmaß von S 210.000,- und gegenüber der zweiten Beklagten im Ausmaß von S 80.000,- bestehe zu Recht. Diese Forderung werde gegen die offene Forderung der Beklagten aus dem Abtretungsvertrag vom 24.12.1994 aufgerechnet.

Zur Begründung führen die Kläger im wesentlichen aus, daß auf die Abtretungspreise noch S 83.333,33 und S 50.000,- offen seien. Der Exekutionstitel (Notariatsakt vom 28.12.1995) sei anzupassen, weil sich die Kläger hinsichtlich der für die Geschäftsanteile wertbestimmenden Faktoren bei Abschluß des Vertrages in Irrtum befunden hätten. Erst lange nach Vertragsabschluß sei ihnen bekanntgeworden, daß der erste Beklagte bei der von ihm vor dem Vertragsabschluß vorgelegten Vermögensdarstellung der GmbH wider besseres Wissen offene Posten nicht aufgenommen habe, obwohl er zu einer umfassenden Aufklärung verpflichtet gewesen sei. Insgesamt seien Verbindlichkeiten von über S 1,5 Millionen nicht angegeben worden. Weiters seien den Klägern Projektlisten vom ersten Beklagten übergeben worden, in denen diverse Projekte als in hohem Maße vorbereitet und realisiert bezeichnet worden seien. Auch diese Behauptungen hätten sich in hohem Maß als unrichtig herausgestellt, wobei der erste Beklagte als Geschäftsführer der S***** GmbH naturgemäß über alle diese Umstände Bescheid gewußt habe und damit die Kläger wissentlich und willentlich getäuscht habe. Hätten diese bei Abschluß des Vertrages über die tatsächliche wirtschaftliche Lage der S***** GmbH Bescheid gewußt, hätte die erste Klägerin die Geschäftsanteile lediglich um den angemessenen Preis von S 120.000,-

bzw S 70.000,- erworben und der zweite Kläger die Haftung als Bürge und Zahler gar nicht übernommen. Die Abtretungsvereinbarungen bildeten einen einheitlichen Vertrag und seien nach dem erkennbaren Parteiwillen der Kläger für diese nur von Interesse gewesen, wenn sie in dem Sinne eine Einheit bildeten, daß sie sich wechselseitig bedingten. Die Ungültigkeit der einen Abtretungsvereinbarung habe notwendigerweise die Unwirksamkeit der anderen zur Folge. Auf Grund von List und Irrtum föchten die Kläger die Verträge an und begehrten eine Vertragsanpassung in der aus dem Spruch ersichtlichen Form.

Da die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nicht der Vereinbarung entsprochen habe, die Geschäftsanteile aber trotzdem einen objektiven Wert und einige Bedeutung besäßen, begehrten die Kläger auf Grund Gewährleistung eine Preisminderung im Ausmaß der geltend gemachten Vertragsanpassung.

Den Klägern sei durch die schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch den ersten Beklagten ein Schaden entstanden, der den Klägern als Gesamtgläubigern aus dem Titel der culpa in contrahendo zu ersetzen sei. Der zweiten Beklagten sei das Fehlverhalten des ersten Beklagten gemäß § 1313 a ABGB voll zurechenbar. Der erste Beklagte hafte durch sein Verhalten für den gesamten Schaden im Ausmaß von S 210.000,-, die zweite Beklagte für den Schadensteil von S 80.000,- solidarisch mit diesem. Soweit überhaupt noch offene Forderungen der Beklagten nach den begehrten Rechtsgestaltungen vorhanden seien, würden die Schadenersatzforderungen der Kläger diesen aufrechnungsweise entgegengehalten.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung und begnügten sich auf den Hinweis darauf, daß die Kläger in Punkt 9 des vollstreckbaren Notariatsaktes auf dessen Anfechtung verzichtet hätten.

Die Kläger erwiderten, daß der Anfechtungs- verzicht unwirksam bzw jedenfalls sittenwidrig und ein Verzicht auf eine Anfechtung wegen Arglist nicht möglich sei. Es sei nicht möglich gewesen, die Tatsachen im Sinne des § 35 EO, die bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Notariatsaktes vorhanden gewesen seien, in einem etwaigen Erkenntnisverfahren oder sonst geltend zu machen.

Das Erstgericht wies die Klage (einschließlich beider Eventualbegehren ab). Es traf lediglich die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zur Auffassung, daß die von den Klägern erhobenen materiell-rechtlichen Einwendungen gegen das Zustandekommen des Notariatsakts im Oppositionsprozeß nicht überprüft werden könnten. Die in Punkt 3.) und 4.) des Urteilsbegehrens begehrten Abänderungen des Notariatsakts seien nicht Gegenstand einer Oppositionsklage, die nur zur Feststellung des Erlöschens des der Exekution zugrundeliegenden Anspruchs führen könne. Die Kläger behaupteten keine den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen, sondern Umstände, aus denen sich ergeben solle, daß der Anspruch überhaupt niemals (im Umfang des Titels) bestanden habe. Im Oppositionsprozeß könne aber nach der Rechtsprechung über Gültigkeit und rechtswirksames Zustandekommen eines vollstreckbaren Notariatsakts nicht abgesprochen werden. Materiell-rechtliche Einwendungen gegen das Zustandekommen eines solchen, wie zB Geschäftsunfähigkeit oder Irrtum und Arglist, seien nur auf Grund einer in § 39 Abs 1 Z 1 EO erwähnten Klage möglich. Hiefür stünden auch weder die Klage nach § 36 EO noch die nach Art XVII EGEO zur Verfügung.

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Kläger gab das Berufungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Urteil nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,- übersteige und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Ergänzend zu den Rechtsausführungen des Erstgerichtes vertrat das Berufungsgericht noch die Auffassung, daß auch die Geltendmachung von Gewährleistungsmängeln die Bestreitung der (gänzlichen oder teilweisen) Rechtswirksamkeit des Vertrages bedeute, worüber niemals im Oppositionsprozeß abgesprochen werden könne. Diese Ausführungen seien aber auch auf die hilfsweise eingewendeten Schadenersatz-Gegenforderungen anzuwenden, weil auch diese Forderungen auf Tatumstände abzielten, die bereits bei Abschluß des Abtretungsvertrages, somit bei Entstehung des Exekutionstitels, gegeben gewesen und nicht erst nachträglich eingetreten seien. Auch die tatsächliche wirtschaftliche Lage der S***** GmbH sei bereits bei Abschluß des Abtretungsvertrages gegeben gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Klägern gegen dieses Urteil wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene außerordentliche Revision ist sowohl zulässig als auch im Sinne ihres hilfsweisen Aufhebungsantrages berechtigt.

Auch die Revision der Kläger gegenüber der zweiten Beklagten ist nicht jedenfalls unzulässig, obwohl diesbezüglich der Streitwert des Hauptbegehrens S 50.000,- nicht übersteigt, weil gemäß § 57 Abs 2 JN Zinsen und Kosten bei der Streitwertberechnung außer Betracht zu bleiben haben und sich bei der Oppositionsklage gegen Geldforderungen der Streitwert nach der Höhe der betriebenen Forderung richtet (Angst/Jakusch/Pimmer EO13 § 35 E 237; zuletzt ÖA 1994, 33). Da wegen der Eigenschaft des zweiten Klägers als Bürge und Zahler Solidarhaftung der Kläger für die betriebenen Forderungen besteht, kommt § 55 Abs 2 JN zur Anwendung. Eine Zusammenrechnung der Ansprüche der beiden be- treibenden Parteien und nunmehrigen Beklagten erfolgt jedoch nicht, weil sie zur Hereinbringung ihrer auf dem Verkauf ihrer jeweiligen GmbH-Anteile beruhenden For- derungen getrennte Exekutionsverfahren führen und eine Solidarberechtigung im Sinne des § 11 Z 1 ZPO nicht vorliegt. Zu berücksichtigen ist aber, daß die Kläger in Punkt 3.) des begehrten Urteilsspruches (gemäß §§ 870 bis 872 ABGB) zusätzlich ein Rechtsgestaltungsbegehren (SZ

27/158; SZ 61/238 = JBl 1989, 241 = MietSlg 40.071 = ÖBA 1989, 627 =

RdW 1989, 96 = WBl 1989, 96; Klang/ Gschnitzer ABGB2 IV 136;

Rummel/Rummel ABGB2 § 871 Rz 19; Schwimann/Apathy ABGB2 V § 871 Rz 29; Fasching III 54; derselbe ZPR2 Rz 1111) auf Vertrags- anpassung erheben und dazu auch zwei Eventualbegehren stellen. Nach Lehre und Rechtsprechung ist nun § 56 Abs 1 JN analog auch auf Eventualbegehren anzuwenden (SZ 25/163; 14 Ob 96/86; Mayr in Rechberger Rz 1 zu § 56 JN; Fasching I 350; derselbe ZPR2 Rz 259). Beim zweiten Eventualbegehren handelt es sich offensichtlich (zumindest zum Teil) um ein Feststellungsbegehren, das auf das Bestehen einer Geldforderung gerichtet ist. Ein solches Begehren ist aber (jedenfalls bei Fehlen einer niedrigeren Bewertung durch den Kläger: vgl E bei Stohanzl ZPO MGA14 § 56 Nr.7) ein in einem Geldbetrag bestehender vermögensrechtlicher Streitgegenstand im Sinn des § 56 Abs 2 JN. Eines Bewertungsausspruches durch das Gericht zweiter Instanz im Sinne des § 500 Abs 2 Z 1 ZPO bedarf es bei derartigen Feststellungsbegehren nicht (5 Ob 545/79; SZ 55/74 uva; zuletzt RZ 1991/56). Da die Kläger ihr Rechtsgestaltungsbegehren aus demselben Tatsachenkomplex ableiten wie das Klagebegehren nach § 35 EO, besteht zwischen den beiden Begehren der in § 55 Abs 1 Z 1 JN bezeichnete Zusammenhang, sodaß die Streitwerte zusammenzurechnen sind. Daraus folgt nun aber zwingend, daß der Entscheidungsgegenstand, was die zweite Beklagte betrifft, gegenüber beiden Klägern S 50.000,-

übersteigt.

Die außerordentliche Revision ist jedenfalls schon deshalb zulässig, weil, wie in ihr richtig ausgeführt, die Frage, ob die Oppositionsklage auch auf einen Preisminderungsanspruch gestützt werden kann, bisher vom Höchstgericht nicht zu beantworten war.

Die Revision ist auch berechtigt.

Daß sich der Verpflichtete zur Verteidigung gegen eine ungerechtfertigte Exekutionsführung aus einem vollstreckbaren Notariatsakt des Rechtsbehelfssystems der EO und damit auch der Oppositionsklage nach § 35 EO bedienen kann, ist wohl unstrittig (SZ 7/305 = ZBl 1926/15 (abl Petschek]; 3 Ob 2044/96a; Heller/Berger/Stix 377; Rech- berger/Oberhammer/Bogensberger, Der vollstreckbare Notariatsakt 72 f). Da es sich beim vollstreckbaren Notariatsakt nicht um eine gerichtliche Entscheidung handelt, müssen die den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen erst nach dessen Entstehen eingetreten sein.

Mit der bereits zitierten E 3 Ob 2044/96a vom 23.4.1997 hat der Oberste Gerichtshof an der Rechtsprechung festgehalten, daß im Oppositionsstreit weder über die Gültigkeit noch über das rechtswirksame Zustandekommen des Notariatsaktes abgesprochen werden kann, daß dies vielmehr nur auf Grund einer der in § 39 Abs 1 Z 1 EO erwähnten Klagen möglich ist (so schon RPflSlgE 1983/3 und NZ 1973, 189).

Nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung kommt es nun bei Gestaltungsrechten darauf an, ob diese vor dem nach § 35 EO maßgeblichen Zeitpunkt ausgeübt hätten werden können. Insbesondere wird zur Aufrechnung vertreten, daß solche mit schon vor diesem Zeitpunkt entstandenen Gegenforderungen grundsätzlich keinen Oppositionsgrund darstellten (Nachweise bei Rechberger/Simotta EO2 Rz 347). Dieser Rechtsfrage braucht aber, was die offenbar mit der Klage (Seite 8 oben) erklärte Aufrechnung mit Schaden- ersatzansprüchen angeht, hier keiner grundlegende Erörterung. Wie der Oberste Gerichtshof schon in der E 3 Ob 2044/96a dargelegt hat, beachteten die Entscheidungen RPflgSlgE 1983/3 und 3 Ob 89/65 den Umstand nicht, daß im Vergleich zu gerichtlichen Exekutionstiteln dem vollstreckbaren Notariatsakt die Präklusionswirkung derselben mangels Rechtskraft fehlt (Kralik, Die Vollstreckbarkeit der Notariatsurkunde, in Erster Kongreß des österreichischen Notariates 1964, 21 [37]; Rechberger/ Oberhammer/Bogensberger, Notariatsakt 76; Oberhammer, JAP 1996, 105 [106]).

Demnach ist jede zivilrechtliche Aufrechnungserklärung, die nach Errichtung des Notariatsaktes abgegeben wurde, ein Umstand, der mit Oppositionsklage geltend gemacht werden kann. Somit erweist sich die Revision, was das Begehren nach § 35 EO betrifft, als berechtigt. Der völlige Mangel von Feststellungen über die behauptete Schadenersatzforderung in den Urteilen der Vorinstanzen muß zu deren Aufhebung führen.

Zu unrecht wenden sich jedoch die Revisionswerber gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Anfechtung eines vollstreckbaren Notariatsaktes stelle ebenso wie die geforderte Preisminderung keinen tauglichen Oppositionsklagegrund dar.

Was zunächst die Gewährleistung angeht, verlangt § 933 ABGB ausdrücklich deren Geltendmachung mittels gerichtlicher Klage oder Einrede. Nach hRspuL beziehen sich die Fristen des Abs 1 dieser Gesetzesstelle nicht bloß auf die Durchsetzung der Rückabwicklungs- und Leistungsansprüche sondern auf die Rechtsgestaltung selbst (SZ

47/138 = EvBl 1975/183 = JBl 1976, 35; JBl 1982, 38 = Miet 33.149,

37.079; JBl 1987/383 = NZ 1987, 204; JBl 1995, 322; Gschnitzer in Klang IV/12, 540 und 555; Koziol/Welser I10, 263; Binder in Schwimann ABGB2 V § 933 Rz 32; Kurschel, Die Gewährleistung beim Werkvertrag 118). Für die Wirksamkeit außergerichtlicher Rechtsgestaltung traten dagegen Kulka (JBl 1974, 358) und Reischauer (in Rummel2 Rz 1 zu § 933) ein. Letzterer beruft sich vor allem darauf, daß es einen Wertungswiderspruch bedeute, bei Verzug außergerichtlichen Rücktritt nach §§ 918 ff ABGB zuzulassen, dagegen nach Übernahme der Sache, obwohl oft ein Mangel unerkannt oder unerkennbar sei, gerichtliche Wandlung bzw Minderung zu verlangen. Der seinerzeitige Gesetzgeber habe bloß die Kategorie der Gestaltungsrechte noch nicht gekannt. Auch das KSchG gehe bei Drittfinanzierung von der Möglichkeit aus, die Gewähr- leistung dem Unternehmer gegenüber außergerichtlich geltendzumachen.

Diese durchaus beachtlichen Erwägungen vermögen aber letztlich gegenüber dem hier doch völlig eindeutigen Gesetzestext nicht zu überzeugen. Richtig ist zwar, daß in den EB zur RV für das KSchG (744 BeilNR 14.GP 38) davon die Rede ist, daß derjenige Käufer, den § 18 KSchG (beim drittfinanzierten Kauf) schützen soll, seine Zahlungen an den Drittfinanzierer nicht einfach "wortlos" einstellen dürfe; "er muß vielmehr diejenigen Ansprüche, auf die er seine "Einwendungen" gegenüber seinem Geldgeber stützt, gegenüber dem Verkäufer auch geltend machen, wobei freilich deren außergerichtliche Geltendmachung ausreicht". Aus dieser Passage der Gesetzesmaterialien kann jedoch keineswegs gefolgert werden, nach Ansicht des Gesetzgebers könnte generell jeder Käufer dem Verkäufer beliebige Einwendungen ohne gerichtliche Geltendmachung entgegenhalten. Soweit es an dieser Stelle auch um Gewährleistung geht, ist nämlich § 933 Abs 2 ABGB zu beachten, der bei entsprechender Mängelanzeige innerhalb der gesetzlichen Frist die Einrede perpetuiert. § 18 KSchG behandelt aber gerade das Recht des Verbrauchers, die Befriedigung des Geldgebers zu verweigern, sodaß einredeweises Berufen auf den angezeigten Mangel ausreicht. Soweit es um Gewährleistungsrechte geht, kann daher die fragliche Wendung lediglich als Hinweis auf § 933 Abs 2 ABGB verstanden werden. Dementsprechend soll eben der Verbraucher den angezeigten Mangel auch dem unter Kreditrückzahlung fordernden Finanzierer entgegengehalten können, ohne selbst den Verkäufer klagen zu müssen, wozu er mangels Drittfinanzierung beim einfachen Ratengeschäft aufgrund der zuletzt genannten Gesetzesstelle nicht genötigt wäre. Im übrigen erscheint der aufgezeigte Wertungswiderspruch nicht so gravierend, daß es erforderlich erschiene, § 933 ABGB teleologisch auf Rückabwicklungs- und Leistungsansprüche zu reduzieren, wie Reischauer meint.

Anders als bei der Geährleistung ergibt sich bei der Anfechtung wegen List und Irrtums aus dem Gesetz nicht zwingend, daß dies nur gerichtlich geschehen könne.

Dennoch ist es nach der stRsp erforderlich, sofern es zu keiner einvernehmlichen Vertragsaufhebung (SZ 56/96) oder - Anpassung kommt, die Unwirksamkeit des Vertrages bzw die Vertragsanpassung nach § 872 ABGB im Prozeß mit Klage oder Einrede geltendzumachen (zur Arglist s etwa SZ 52/22 = JBl 1980, 424 (F.Bydlinski) = Miet 31/17; JBl 1982, 36; zum Irrtum s EvBl 1958/160; SZ 44/59; HS 9445; Miet 36.077 etc. zuletzt JBl 1996, 578). In der Lehre haben sich nunmehr Apathy (in Schwimann ABGB2 V Rz 30 zu § 871) und auch Rummel (in Rummel ABGB2 Rz 19 zu § 871) der entgegengesetzten Ansicht von Kerschner (Irrtumsanfechtung, insbesondere beim unentgeltlichen Geschäft 61 ff) angeschlossen, der auch die Wirksamkeit der bloß außergerichtlichen Anfechtung vertritt. (Zur älteren L, die die gerichtliche Geltendmachung verlangt s. Gschnitzer in Klang2 IV/1 136 mwN). Wie nun von diesem Autor durchaus eingeräumt wird, führt eine historische Auslegung zum Ergebnis, daß der Gesetzgeber von einer prozessualen Durchsetzung der Irrtumsanfechtung ausging. Selbst wenn man Kerschner zugesteht, daß unter teleologischen Gesichtspunkten auch eine außergerichtliche Rechtsgestaltung gute Gründe für sich hat, wiegen seine Argumente doch nicht schwer genug, um von der gesicherten Rechtsprechung abzugehen. Denn selbst wenn man sich - gäbe es die dargestellte Rechtsprechung nicht - seinen Erwägungen anschlösse, ergibt sich daraus nicht, daß das Erfordernis gerichtlicher Irrtumsanfechtung (Anfechtung wegen Arglist) zu sach- oder prinzipienwidrigen (vg F. Bydlinski in Rummel2 Rz 25 zu § 6) Ergebnissen führen würde. Es scheint daher mit der Wahrung der Rechtssicherheit, zu der der Oberste Gerichtshof aufgerufen ist (§ 502 Abs 1 ZPO), unvereinbar zu sein, ohne zwingende Gründe von der gesicherten Judikatur abzugehen.

Mit diesem Ergebnis steht es auch durchaus im Einklang, daß sich die Kläger im vorliegenden Rechtsstreit auch keineswegs auf eine außergerichtliche Vertragsanfechtung oder Preisminderung berufen haben, sondern eine solche, wie sich aus der Klage ergibt ("begehren..... Vertragsanpassung", "begehren....... Preisminderung"), eben gerade gerichtlich begehren.

Nach der einhelligen Judikatur handelt es sich nun bei beiden

Rechtsinstituten um Rechtsgestaltungen im Prozeß, auch wenn nicht

unbedingt ein Gestaltungsklagebegehren erforderlich ist (Nachweise

bei Apathy aaO und Reischauer aaO). Die Gestaltungswirkung tritt aber

erst mit Rechtskraft des (vom Anfechtenden bzw

Gewährleistungsberechtigten begehrten) Urteils ein (Dittrich/Tades

ABGB 34 § 871 E 86; JBl 1987, 383 = NZ 1987, 204; die Rechtskraft

nicht ausdrücklich erwähnend SZ 61/238 = JBl 1989, 241 = Miet 40.071

= ÖBA 1989, 627 = RdW 1989, 96). Bei der Oppositionsklage muß aber

der Umstand, auf den der Kläger seine Einwendungen stützt, wie bei jeder Klage bis spätestens Schluß der Verhandlung erster Instanz eingetreten sein. Das ist aber, wie dargelegt, eben nicht der Fall, wenn erst im Oppositionsprozeß Anfechtung wegen List oder Irrtums oder Preisminderung geltend gemacht wird, die Rechtsgestaltung käme daher zu spät. Entgegen der Ansicht von Rechberger/Simotta (Exekutionsverfahren4 Rz 347) stellen somit die dargestellten Gestaltungsrechte, weil sie eben gerichtlich geltend gemacht werden müssen in keinem Fall - und somit auch nicht, wenn Exekutionstitel ein vollstreckbarer Notariatsakt ist, taugliche Oppositionsklagegründe dar.

Schließlich ist die Rechtsrüge auch deshalb im Ergebnis berechtigt, weil sich die Unterinstanzen zu unrecht nicht inhaltlich mit dem über die Oppositionsklage hinaus erhobenen Urteilsbegehren beschäftigt haben. Diesbezüglich wurde die örtliche Unzuständigkeit des Erstgerichtes nicht geltend gemacht, ebensowenig der Umstand, daß wegen der Geltung der Eventualmaxime im Oppositionsprozeß, nicht aber im Verfahren über die übrigen (Rechtsgestaltungs- und Feststellungs )Begehren nicht über alle im selben Verfahren entschieden werden dürfte (SZ 2/134; Miet 18.665/22; 3 Ob 2309/96x). Diese Mängel können somit nicht aufgegriffen werden, weil sie jedenfalls gemäß § 104 Abs 3 JN geheilt sind. Sollte das zweite Eventualbegehren materiell zu behandeln sein, stünde diesem jedenfalls nicht das Fehlen eines rechtlichen Interesses aus der Erwägung entgegen, daß mit der Oppositionsklage auch all das erreicht würde, was mit der Feststellungsklage erreichbar wäre (vgl zuletzt SZ 60/88 mwN). Die behaupteten Schadenersatzansprüche gehen ja über die betriebenen Ansprüche hinaus. Im übrigen wird aber allenfalls das erforderliche Feststellungsinteresse zu prüfen sein.

Nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung sind die bürgerlichrechtlichen Gewährleistungsvorschriften auch auf die Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung anzuwenden (Nachweise bei Koppensteiner GmbHG Rz 13 zu § 76). Im Gegensatz zur Auffassung in Deutschland (vgl Hachenburg/Zutt GmbHG8 Anh 15 Rz 21) wird von einem Teil der Lehre auch die Auffassung vertreten, daß Mängel, die das Unternehmen betreffen, auch dann als Mängel der Beteiligung aufzufassen sind, wenn es sich nur um die Veräußerung eines Anteils handelt (Nachweise bei Koppensteiner aaO). Nach Koppensteiner soll dies zumindest dann gelten, wenn Eigenschaften des Unternehmens zugesichert wurden oder eine Garantie vorliegt und der Mangel auf den Wert des Unternehmens als ganzem und damit auch auf den des Anteils durchschlägt (aaO). Näheres ist hier im Rahmen des Aufhebungsbeschlusses nicht zu erörtern, festzuhalten bleibt aber, daß auch die Geltendmachung einer Preisminderung nicht von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist.

Schließlich wird im fortgesetzten Verfahren auch die Berechtigung der geltend gemachten Vertragsanpassung wegen arglistiger Irreführung zu prüfen sein.

Dabei wird auch auf die Frage einzugehen sein, ob und inwieweit die Kläger - wie von den Beklagten eingewandt - auf die Geltendmachung von Vertragsanpassungs- und Preisminderungsansprüchen verzichtet haben, allenfalls auch auf die Geltendmachung von Gegenforderungen.

Aus den dargelegten Gründen ist die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen erforderlich, und zwar zweckmäßigerweise in die erste Instanz, weil bisher noch kein Beweisverfahren stattgefunden hat und die geltend gemachten Klagegründe materiell noch überhaupt nicht geprüft wurden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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