JudikaturJustiz2Ob46/13y

2Ob46/13y – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. April 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** S*****, vertreten durch Dr. Christian Boyer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. F***** B*****, vertreten durch Dr. Heinz Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.034,14 EUR und Zwischenantrag auf Feststellung (Streitwert 10.000 EUR) sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. Jänner 2013, GZ 38 R 230/12y 44, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 1. August 2012, GZ 37 C 461/10y 37, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt , seine Entscheidung durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, allenfalls auch 30.000 EUR übersteigt, und ob der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erklärt wird.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht bestätigte die Zurückweisung eines Zwischenfeststellungsantrags des Beklagten durch das Erstgericht. Die Bedeutung der begehrten Feststellung (der Unwirksamkeit bestimmter Mietvertragsklauseln) reiche nicht über den konkreten Rechtsstreit hinaus und die Vorfrage sei für das Hauptbegehren nicht präjudiziell. Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands und die Zulässigkeit des weiteren Rechtszugs erübrige sich aufgrund der gebotenen Analogie zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO.

In seinem Revisionsrekurs führt der Beklagte zur Zulässigkeit unter anderem aus, dass es sich um eine Bestandsache handle und die Beschränkungen des § 502 Abs 2 und 3 ZPO nicht gelten würden.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist nicht zu folgen.

1. § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist nur auf die erstmalige Zurückweisung eines Zwischenantrags auf Feststellung durch die zweite Instanz sinngemäß anzuwenden (vgl RIS Justiz RS0039705). Die Bestätigung der Zurückweisung eines Zwischenantrags auf Feststellung ist analog § 528 Abs 2 Z 2 ZPO wie die Bestätigung der Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen anfechtbar. Der Revisionsrekurs ist in diesen Fällen trotz Vorliegens von Konformatsbeschlüssen der Vorinstanzen nicht jedenfalls unzulässig (RIS Justiz RS0119816, auch [T1]; RS0118457, auch [T1 und T2]; RS0044455 [T2 und T3]; 1 Ob 290/04k; 6 Ob 171/10f; 5 Ob 218/10k).

2. Zweck der Sonderregelung über die Zulässigkeit der Revision bzw des Revisionsrekurses gemäß § 502 Abs 5 Z 2 bzw § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist, die in den in Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 5 JN gefällten Entscheidungen in Fällen, in denen der Verlust des Bestandobjekts droht, unabhängig von Bewertungsfragen revisibel zu machen. Zur Lösung von Abgrenzungsfragen ist darauf abzustellen, ob etwas mit der Frage der Auflösung des Bestandvertrags so eng zusammenhängt, dass ein getrenntes Schicksal in der Anfechtbarkeit unbefriedigend wäre (RIS Justiz RS0120190; RS0043006 [T2]; RS0042988).

3. Unter die Ausnahme von der wertmäßigen Revisionsbeschränkung fällt nicht nur der Ausspruch über die Kündigung, die Räumung oder das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags, sondern auch die gleichzeitige Entscheidung über andere Ansprüche, soweit sie unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallen, also etwa über einen Anspruch auf Zahlung rückständigen Mietzinses. Solche anderen bestandrechtlichen Fragen hängen mit der Frage der Auflösung des Bestandvertrags meist so eng zusammen oft ist der eine Anspruch für den anderen präjudiziell dass ein getrenntes Schicksal in der Anfechtbarkeit unbefriedigend wäre. Dies ist bei einer ausschließlich auf Zahlung gerichteten Klage ohne gleichzeitige Entscheidung über die Kündigung, Räumung oder des Bestehens oder Nichtbestehens des Bestandvertrags nicht der Fall (RIS Justiz RS0042922, auch [T5]).

4. Im vorliegenden Fall ist aufgrund der Klagseinschränkung das Räumungsbegehren nicht mehr Entscheidungsgegenstand. Die Klage ist nur mehr auf Zahlung gerichtet. Zu urteilen ist weder über eine Aufkündigung, noch über die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens eines Bestandvertrags. Es droht auch nicht der Verlust des Bestandobjekts. Fragen, welche mit der Auflösung des Bestandvertrags eng zusammenhängen, sind daher nicht zu entscheiden. Somit liegt kein Fall des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vor. Die Anrufung des Obersten Gerichtshofs ist daher zulässig, wenn der Wert des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt, das Rekursgericht den Revisionsrekurs zulässt und die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO abhängt. Übersteigt der Wert des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR, so kann der bestätigende Beschluss zweiter Instanz je nach Zulassungsausspruch mit ordentlichem oder außerordentlichem Revisionsrekurs bekämpft werden.

5. Das Rekursgericht hätte daher einen Bewertungsausspruch tätigen und aussprechen müssen, ob der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erklärt wird. Die Unterlassung einer erforderlichen Bewertung durch das Berufungsgericht ist im Fall der Erhebung einer Revision bzw wie hier: eines Revisionsre-kurses unabhängig von der Streitwertfestsetzung durch den Beklagten vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmen (vgl RIS Justiz RS0042296 [T2]).

Der Akt ist daher dem Rekursgericht zwecks Bewertung und Vornahme eines Zulassungsausspruchs zurückzustellen.

Rechtssätze
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